Vampireheart von Tsuki_no_Hime (SessKago) ================================================================================ Kapitel 4: Missing ------------------ Die Tage zogen nur so dahin, seit Kagome mit Sesshomaru reiste. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit. Sie machte sich noch immer viele Gedanken, die hauptsächlich ihren Freunden galten. Wobei… Würden sie noch immer Freunde sein, wenn sie sich gegenüberstünden? Würden sie denken, Kagome habe sie verraten? Betrübt schaute sie zu Boden und wäre dabei fast gegen einen Baum gelaufen, hätte sie Sesshomaru nicht dafür bewahrt. Tadelnd blickte er auf ihre schmächtige Gestalt hinab. „Du solltest dich auf den Weg konzentrieren und nicht in der Vergangenheit leben. Das Geschehene kann man nicht rückgängig machen. Das bleibt selbst den stärksten Dämonen verwehrt.“ Er hatte Recht. Kagome seufzte. „Ich…“ Sie schüttelte den Kopf, um sich selber davon abzuhalten ihre Gedanken und Gefühle laut auszusprechen, doch Sesshomaru las die Angst in ihren Augen. Das Braun ihrer Iris glich einem endlosen Abgrund, in dem sie versuchte jegliche Belange ihres Menschseins zu verschließen, doch für ihn war es ein Leichtes hinter die Fassade zu blicken. „Wovor fürchtest du dich?“ Erstaunt sah Kagome ihn an. War sie so leicht zu durchschauen? „Vor der Zukunft. Vor dem, was noch alles geschehen wird. Ich fürchte mich davor, dem nicht gemessen zu sein.“ Warum sie sich ihm öffnete war ihr unklar und auch Sesshomaru erstaunte ihre Ehrlichkeit. Sie hatte scheinbar keinerlei Scheu sich ihm so ungeschützt auszuliefern und schien auch keine Bedenken zu haben, dass er sie für schwach halten könnte. Doch, und das war ihm mehr als suspekt, erkannte er ihr keine Schwäche an. Nein, ganz im Gegenteil. Sie war stark, auch wenn sie es selber nicht erkannte. Kagome war stärker, als alle Menschen denen er vorher begegnet war. Darunter zählte nicht nur ihre körperliche Stärke. Ihr Hauptmerk lag dabei eher auf ihrer seelischen Verfassung und ihrer Willenskraft. „Du solltest dir nicht zu viele Gedanken machen. Alles kommt so, wie es kommen muss.“ Nachdenklich biss sich Kagome auf die Unterlippe. Eine Angewohnheit, die sich einfach nicht ablegen konnte. Sesshomarus Worte ergaben einen unergründlichen Sinn und doch schafften sie es nicht ihr die Sorgen zu nehmen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, wie sehen, aber nicht gesehen werden. Die zwei Blickwinkel eines Geschehens, die im Standpunkt einer unterschiedlichen Auffassungsgabe betrachtet werden können. Ein weiterer tonloser Seufzer entrann ihrer trockenen Kehle. Sie sollte bald wieder Flüssigkeit zu sich nehmen. Ihr Hals begann unangenehm zu kratzen. „Sesshomaru?“ Ein kurzer Blick bedeutete Kagome weiterzusprechen. Er würde ihr zuhören, auch wenn er nichts dergleichen verlauten ließ. Er mochte es ihre Stimme zu hören. Ein Gedanke, den er nur mit sich selbst teilte. „Warum tust du das alles?“ Fragend hob er eine Augenbraue, verstand nicht ganz worauf sich ihre Frage spezifizierte. Da musste sie schon genauer sein. Kagome schien ihren Fehler zu verstehen und schlug sich innerlich gegen die Stirn. Er konnte ja nicht ihre Gedanken lesen. Zum Glück. „Warum hast du mir deine Geschichte erzählt? Warum kümmerst du dich um mich? Warum bist du so anders zu mir, im Gegensatz zu den vorherigen Treffen? Ich dachte, du verabscheust Menschen…“ Und wieder wurde er mit jenen Fragen konfrontiert, auf die er selber keine Antworten kannte. Doch konnte er sich dieser Schwäche bekennen. Ein Blick in Kagomes Augen genügte um wenigstens diese Frage zu bejahen. „Ich weiß es nicht.“ Verstehend nickte Kagome ihm zu, zog es aber vor zu schweigen. Sesshomarus Geduld war nicht gerade lang gespannt und sie wollte diesen Faden nicht zum zerreisen bringen, auch wenn sie noch so viele offene Fragen hatte, die sie ihm gerne gestellt hätte. Er schien ihren inneren Disput zu erkennen. Ein kaum sichtbares Schmunzeln legte sich auf seine Lippen, bevor er sein Augenmerk dem sich verdunkelnden Himmel zukommen ließ. „Wir sollten einen Unterschlupf suchen. Ein Gewitter zieht auf.“ Nicht, dass ihn Regen und Sturm hindern würden, seinen Weg fortzusetzen, doch Kagome war noch immer menschlicher Natur, wenn auch nur zum Teil. Er wollte es einfach nicht verantworten, dass sie erkrankte und somit unfähig sein würde weiter zu reisen. Die Angelegenheit um Nereza duldete keinen größeren Aufschub, denn umso länger sie Kagomes Blut in sich vereinte, umso größer wurde ihr Kraft. Sie musste nur lernen es zu kontrollieren und es mit ihrer dämonischen Seite zu verbinden. Ein Unterfangen, welches ihr vorerst wohl alles abverlangen würde. Noch war sie verwundbar. Diese Zeit galt es zu nutzen und zu ihrem Vorteil auszulegen. Besorgt wandte er sich wieder Kagome zu. Noch klebte nicht das Blut Unschuldiger an ihren Händen. Nur dieses vermochte es, sie endgültig in jene Killermaschine zu verwandeln, wie auch Nereza eine war. Seine Aufgabe war es dafür zu sorgen, dass es nie so weit kommen würde. Doch er merkte, wie langsam ihre Instinkte Überhand ergriffen und ihre innere Bestie nach Blut verlangte. Es wurde Zeit ihr bald wieder Nahrung zu suchen. Sie selbst jagen zu lassen, kam ihm nicht in den Sinn. Nicht, solange Menschen in der näheren Umgebung ihre Behausungen bezogen. Als die dunkle Wolkenfront gänzlich die Sonne verdeckte und somit den Tag zur Nacht machte, erwachte in Kagome wieder dieses Gefühl, welches sie in letzter Zeit bereits des Öfteren gespürt hatte. Es war eine Mischung zwischen Sehnsucht und Begierde. Sie konnte es nicht so recht beschrieben und doch brachte es sie beinahe um den Verstand. Ihre andere, dämonische Hälfte wollte wohl die Oberhand ergreifen und sie führen, doch Kagome kämpfte mit all ihrer Kraft dagegen an. Ja, sie war ein Monster. Doch sie würde niemals zulassen, dass dieser Zustand ihr ganzes Sein vereinnahmen würde. Lieber fuhr sie in die Hölle ein. Standhaft glitt ihr Blick raus aus der Hölle und hinein in den strömenden Regenguss, den das Land bitternötig hatte. Es war nicht gut bestellt um die Ernten dieses Jahr. Der Sommer brachte die Dürre mit sich und ließ alle gezüchteten Pflanzen verdorren und auch die Viehbestände gingen ein. Hungersnöte und Krieg waren die Resultate dessen. In ihrer Ära kannte sie so etwas gar nicht. Natürlich waren auch dort die Sommer oftmals sehr heiß, doch hatten sie Supermärkte und fortschrittliche Technik, die meist auch den Tieren zugute kam. Manchmal vermisste sie ihre Zeit, ihre Freunde und allem voran ihre Familie. An anderen Tagen jedoch wünschte sie sich nichts sehnlicher als ihr Leben unbefristet im Mittelalter zu verbringen. Dies war nun ihre Heimat. Ihre Mutter schien es zu wissen, denn so wie diese sie immer bei ihren Abschieden anblickte, wirkte es, als ob sie sich nie wieder sehen würden, als ob ihre Mutter die Hoffnung auf ein Wiedersehen fast schon gänzlich begraben hätte. Und doch gönnte sie Kagome ihr Glück, sprach sie nicht einmal darauf an. Ob sie selber wohl selber auch so stark sein könnte, wenn es sich um ihre Tochter handeln würde? Kagome wusste es nicht. „Worüber denkst du so angestrengt nach?“ Erschrocken zuckte sie zusammen, als plötzlich Sesshomarus sonore Stimme an ihr Gehör drang. Er schien wirklich interessiert. „Ich dachte nur gerade über meine Heimat nach.“ Knapp nickte er ihr zu. Nur das regelmäßige Prasseln des Regens vermochte die wieder einkehrende Stille zu durchbrechen. Kagome mochte die Stille nicht, auch wenn diese ihr mehr als gelegen kam um ihre Gedanken zu ordnen. Doch sie wollte nicht über das früher und heute denken, hieß es doch, dass sie gleichzeitig auch ihre Freunde mit einbezog. Der Schmerz saß tief und Reue überkam sie. *Ich vermisse euch.* Äußerlich versuchte sie stark zu sein. Innerlich war sie noch immer das kleine Mädchen, welches zu ihrem fünfzehnten Geburtstag in den Brunnen gefallen war. Der Sturm nahm zu und grelle Blitze zischten wie scharfkantige Klingen auf die Erde herab. Das Naturschauspiel erinnerte Kagome an Hiten und Manten. Die Donnerbrüder. Es war noch ganz am Anfang ihrer Reise. An jenem Tag lernte sie Shippo kennen, für den sie mittlerweile zu so etwas wie ein Mutterersatz geworden war. Ein melancholisches Lächeln huschte über ihre Mundwinkel, welches Sesshomaru keineswegs verborgen blieb. Er beobachtete sie schon eine Zeit lang aus dem Augenwinkel und erkannte ihren Schmerz an. Er verstand die Menschen einfach nicht. Sie waren so widersprüchlich, ließen sich jedoch gleichzeitig von ihren Gefühlen leiten. Ob es wohl daran lag, dass ihre Lebensdauer begrenzt war, sodass sie ihre Liebe, ihren Kummer und all den Schmerz in ein paar Jahre verpacken mussten? Er verstand es nicht und das war es, was ihn rasend machte. Zitternd umschlang Kagome ihre angewinkelten Beine mit den Armen, versuchte sich so klein wie möglich zu machen, um der beißenden Kälte keine Angriffsfläche zu bieten. Das Zähneklappern konnte sie nur mit großer Mühe unterdrücken. Sesshomaru seufzte lautlos und schüttelte innerlich den Kopf, um den aufkommenden Gedanken niederzukämpfen. Es half nichts. Er verlor den Kampf. „Komm her.“ Erstaunt sah Kagome auf, schaute in seine goldenen Augen, welche die aufflammenden Blitze wie zwei Spiegel reflektierten. Zaghaft erhob sie sich und ging langsam auf ihn zu, ohne ihren Blick abzuwenden. Dicht vor ihm blieb sie stehen und fand sich innerhalb eines Augenaufschlags auf seinem Schoß wieder, angelehnt an seinem warmen, harten Oberkörper. Eine zarte Röte überzog ihre hitzigen Wangen. Warum tat er das nur? Sie wagte es nicht ihn danach zu fragen, aus Angst, der Zauber verflog, welcher Sesshomaru höchstwahrscheinlich in einem Bann gefangen hielt. Oder war in seinem eisigen Herzen vielleicht doch ein Funken Wärme erglommen? Kagome lächelte seelisch bei diesem Gedanken. Sie wünschte es sich. Warum? Eine Antwort blieb ihr verwehrt. Doch war diese so wichtig? Nein, gewiss nicht. Wichtig waren nur die Empfindungen, die sie verspürte, als sie einen Blick in seine goldenen Opale wagte. Wichtig war nur ihr Herz, welches laut und unruhig in ihrer Brust flatterte. Wichtig war nur, dass er bei ihr war. Kaum merklich schüttelte sie den Kopf und schloss die Augen. Verwirrung übermannte sie. War sie etwa kurz davor sich in Sesshomaru zu verlieben? Das durfte unter keinen Umständen passieren! Der Sturm klang erst in den späten Abendstunden ab, sodass sich Sesshomaru dazu entschloss weiter zu ziehen. Sie hatten noch einen langen Weg vor sich. Seine Entscheidung geriet jedoch ins Wanken, als er einen Blick auf Kagome warf, die friedlich an seine Brust gelehnt schlief. Das Lächeln war noch immer nicht von ihren rosigen Lippen verschwunden. Wovon sie wohl träumte? Langsam streckte er seine Hand zu ihrem Gesicht, stoppte jedoch bevor er sein Ziel erreichte. Was gedachte er eigentlich zu tun? Über sich selbst verärgert ließ er die Hand wieder sinken und schaute zum Eingang der Höhle, wo dutzende Glühwürmchen wie Elfen durch die Luft tanzten. „Sesshomaru?“ Kagome regte sich leicht und öffnete anschließend die Augen, bevor sie sich gänzlich aufsetzte ohne den engeren Körperkontakt abzubrechen. „Schlaf weiter.“ Träge schüttelte sie den Kopf und rieb sich gleichzeitig die Müdigkeit aus den Augen. Sie hatte nicht lange geschlafen, eine Stunde höchstens zwei, demzufolge war sie noch immer ziemlich ausgelaugt. Nichtsdestotrotz empfand die keine Notwendigkeit die Rast fortzusetzen und weiterhin Zeit zu vertrödeln. Zeit, die sie nicht hatten. Schwermütig stand sie nun gänzlich auf und brachte somit wieder etwas Abstand zwischen sie. „Wir sollten weiter gehen.“ Auch wenn er es nicht zeigte, so war er dennoch erstaunt über ihre Entschlossenheit und so erhob er sich ebenfalls und ließ gefolgt von Kagome das Lager hinter sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)