Last Desire 9.5 Teil 2 von Sky- (Uncertain Desire) ================================================================================ Kapitel 14: Wassermelonen ------------------------- Die Polizei verhaftete Monica wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung und Drogenhandel und noch einiger anderer Delikte. Sie wurde nach mehreren Tagen Verhandlung zu einer Gefängnisstrafe von 5 Jahren verurteilt. Ihr bester Anwalt hatte sie nicht davor bewahren können und sie selbst war von Marcel Lewinski gnadenlos vor dem Staatsanwalt, dem Richter und der Jury auseinandergenommen worden. Ezra hatte seine Aussage nur widerwillig gemacht und wirkte teilnahmslos und niedergeschlagen. Die Presse riss sich förmlich darum und hätte den 16-jährigen wahrscheinlich noch länger in die Mangel genommen, hätten Nastasja und die anderen ihn nicht schnell weggebracht. Seitdem er mit seiner Mutter endgültig gebrochen hatte, war er kaum aus seinem Zimmer rausgekommen und lag die meiste Zeit nur im Bett und sprach mit niemandem. Schließlich aber kam Elion zu ihm ins Zimmer, nachdem er mit Akira rausgegangen war und hatte auch etwas mitgebracht. „Ich hab dir gebratene Nudeln mit extra scharfer Sauce vom Chinesen mitgebracht.“ „Danke, hab aber keinen Hunger…“ Elion nahm Akira von der Leine, der sofort zu Ezra eilte und damit begann, ihm das Gesicht abzulecken. Doch selbst er konnte die getrübte Stimmung des 16-jährigen nicht heben. Dennoch wollte Elion nicht so einfach aufgeben. Er setzte sich zu ihm ans Bett und zog seine Handschuhe aus. „Das mit deiner Mutter beschäftigt dich immer noch sehr, nicht wahr?“ Er bekam zwar keine Antwort darauf, wusste aber, dass er mit seiner Vermutung richtig lag. „Glaub mir Ezra, ich kenne das sehr gut. Mit mir ist es ja auch nicht anders. Meine Mutter hat mich auch nie geliebt und es ist hart zu hören, wenn die eigene Mutter einen nicht liebt. Aber du weißt: sowohl ich als auch Mum und der Rest der Familie sind für dich da und wir werden dich nicht alleine lassen. Mag sein, dass dich deine leibliche Familie nicht liebt, aber du hast doch jetzt eine Familie. Mum liebt dich nicht weniger als Sheol, mich oder ihre Söhne und wenn du dich erinnerst, dann ist sie doch eigentlich das, was du dir immer von deiner Mutter gewünscht hast.“ Ja, das stimmte und natürlich wusste Ezra das. Aber es tat ihm einfach so weh zu wissen, dass seine Mutter ihn am liebsten abgetrieben hätte, wenn es nicht zu spät gewesen wäre. Und als er wieder daran dachte, kamen ihm wieder die Tränen. „Bin ich… bin ich denn so abstoßend, dass sie es nicht fertig bringt, mich zu lieben? Ist es denn so schlimm, mich als Sohn zu haben?“ „Nein, so etwas darfst du nicht denken, nicht mal für eine Sekunde. Nicht du bist es, der irgendetwas falsch gemacht hat. Der Fehler liegt einzig und allein bei deiner Mutter und nicht bei dir. Du bist ein wunderbarer Mensch und das darfst du nicht vergessen. Und wenn du abstoßend oder nicht liebenswert wärst, dann würde ich doch wohl das nicht machen.“ Und damit ergriff Elion Ezras Hand, zog ihn zu sich heran und küsste ihn. Es war ein liebevoller und inniger Kuss und sogleich drückte der Proxy ihn aufs Bett nieder, wobei er ihm tief in die Augen sah. „Ezra, ich liebe dich und es kümmert mich nicht, wenn du mich beleidigst, mir eine reinhaust oder mir sogar an den Haaren ziehst. Für mich wirst du immer das Wichtigste im Leben sein und ich werde niemanden so sehr lieben für dich. Deshalb werde ich auch in Zukunft nicht auf deine Zurückweisungen hören, wenn ich spüre, dass du in Gefahr bist oder es dir nicht gut geht. Das habe ich dir versprochen. Selbst wenn die ganze Welt sagt, dass du abstoßend bist, für mich wirst du es niemals sein. Denn… dafür liebe ich dich einfach viel zu sehr.“ „Warum?“ brachte Ezra mit Mühe hervor, ohne dass seine Stimme zu zittern begann und schlug Elion das Kissen ins Gesicht. „Warum sagst du immer solche Sachen? Verdammt noch mal, immer sagst du irgendetwas, woraufhin ich dann nicht weiß, was ich sagen soll, weil ich total durcheinander bin und am liebsten würde ich nur heulen. Ich kann das nicht abschalten und ich hasse das! Ich hasse es, die ganze Zeit immer nur weinen zu müssen. Warum immer bei euch? Warum?“ Und während er das rief, schlug er wieder mit dem Kissen nach Elion und traf ihn wieder und wieder, wobei er seine eigenen Gefühle nicht mehr unter Kontrolle bekam. Daraufhin nahm der Proxy ihn in den Arm und heftig schluchzend vergrub Ezra sein Gesicht in dessen Schulter. „Du hast einfach zu viel in dir aufgestaut. Und irgendwann muss das mal raus. Und als du diesen LSD-Trip hattest, warst du ohnehin so verstört gewesen, dass wir echt Angst um dich hatten. Und immerzu hast du einen Namen gerufen… Lucy war das.“ Als Ezra sich wieder an diese schrecklichen Horrorbilder erinnerte, die er im Club gesehen hatte, da drückte er sich noch fester an Elion und zitterte am ganzen Körper. „Es ist meine Schuld, dass sie tot ist…“, brachte er hervor und konnte kaum seine Stimme unter Kontrolle bringen. „Ich hätte sie damals beschützen sollen. Sie… sie ist direkt vor meinen Augen gestorben.“ „War sie eine Freundin?“ Ezra schüttelte den Kopf und versuchte sich die Tränen wegzuwischen, doch seine Hände zitterten so heftig, dass er sie kaum unter Kontrolle halten konnte. „Lucy war Audreys Tochter. Das war meine zweite Pflegefamilie, die mich ja exorziert hat. Sie kam mit schrecklichen Entstellungen zur Welt. Aus ihrem Kopf und aus ihren Unterarmen wuchsen noch mehr Arme und sie wurde im Keller gehalten wie ein Tier. Ich wurde genauso im Keller eingesperrt und da Lucy nie einen richtigen Bezug zu ihren Eltern hatte, hielt sie mich irrtümlich für ihren Vater. Sie… sie war damals vier Jahre alt gewesen und ich hab gesehen, wie sie sie umgebracht haben. Audrey hat ihr mit einem Beil die überflüssigen Arme abgetrennt und sie… sie ist…“ Ezra sprach nicht weiter und weinte. Er brauchte auch nicht weiterzusprechen, denn Elion wusste schon, was los war. Der arme Junge musste damals mit ansehen, wie das Mädchen verblutet ist. Kein Wunder, dass dieser LSD-Trip so traumatisierend für ihn war, wenn diese Erinnerungen an damals wieder in seinem Kopf herumgespukt waren. „Ezra, dafür kannst du nichts. Mensch, was dir alles passiert ist, das war furchtbar und dass das mit deiner Mutter dich so sehr an dieses kleine Mädchen erinnert, wusste doch keiner von uns. Warum hast du denn nicht mit uns darüber geredet?“ „Na weil… ich hatte doch sonst nie jemanden zum reden. Mein ganzes Leben ist schon beschissen und ich wollte nicht, dass es noch beschissener aussieht, wenn auch noch das mit Lucy rauskommt. Ich hatte eben Angst. Und ich… ich hab selbst jetzt noch verdammt große Angst. Da hörst du es, ich bin ein Angsthase und ein Feigling und ich hasse das. Ich hab Angst davor, dass du mich eines Tages verlassen könntest, dass Nastasja mich nicht mehr haben will und dass ich wieder im Ghetto lande und mit diesen ganzen Drecksäcken schlafen muss, um über die Runden zu kommen.“ „Du bist kein Feigling, Ezra. Ein Feigling ist jemand, der einfach wegläuft. Aber du besitzt den Mut zu sagen, dass du Angst hast. Du hast dich deiner Mutter gestellt und ihr die Meinung gesagt. Du hast den Mut besessen, vor Gericht gegen sie auszusagen und ihr die Stirn zu bieten. Glaub mir bitte wenn ich dir sage, dass ich selten einen so mutigen Menschen wie dich getroffen habe. Aber dass du Angst hast, ist nicht schlimm. Du bist eben noch ein Kind und man hat immer Angst, egal wie alt man ist. Wichtig ist nur, dass wir uns nicht von unserer Angst beherrschen lassen.“ Elion wollte noch weiterreden, doch da küsste Ezra ihn schon und umarmte ihn. Sofort erwiderte der Proxy den Kuss und hielt den 16-jährigen fest, wobei er ihm durchs Haar streichelte. Schließlich, als Ezra sich beruhigt hatte und er nun doch Hunger bekam, aß er die gebratenen Nudeln und wenig später kam Nastasja rauf und klopfte an die Tür. „Ezra, Elion, kommt ihr mit? Wir fahren zu Andrew und Oliver.“ „Wozu denn?“ „Eine kleine Überraschung.“ Beide sahen sich etwas überrascht an und verstanden nicht so ganz, doch Nastasja blieb verschwiegen und neben ihnen kam natürlich auch Sheol mit. Schließlich, als sie bei den beiden Verlobten waren, wurden sie auch schon aufs Dach gebeten. Und bei sich hatten sie einige Kisten. Sheol war der Erste, der verwundert war, als er sah, dass Oliver eine Wassermelone rausholte. „Feiert ihr Iren eure Polterabende immer mit Wassermelonen?“ Oliver und Andrew lachten, als sie das hörten und erklärten „Nein, das ist kein Polterabend. Der kommt ja erst morgen. Das Melonenwerfen ist so eine kleine Tradition bei uns und wir wollten euch mal herzlich dazu einladen. Es ist eigentlich ganz banal und simpel: jede der Melonen steht für ein Problem, was euch auf den Schultern lastet. Ihr könnt es auch gerne laut rausschreien und dabei werft ihr mit voller Kraft die Melone vom Dach.“ „Ihr seid doch bescheuert“, rief Ezra sofort und schüttelte den Kopf, denn er konnte nicht glauben, dass das wirklich etwas bringen sollte. Nastasja zeigte sich erstaunt über diese etwas unkonventionelle Therapie und Sheol kugelte sich vor Lachen. „Das ist ja geil“, rief er und musste wieder lachen. „Wer hat sich das denn ausgedacht?“ „Mein verstorbener Freund Elijah“, erklärte Oliver und nahm eine Wassermelone in die Hand. „Als er, Ridley und ich uns damals im Krankenhaus kennen gelernt haben, waren wir alle todkrank. Ich brauchte ein Spenderherz, Ridley eine Knochenmarkspende und Elijah hatte eine kaputte Lunge. Wir waren oft mit unserem eigenen Tod konfrontiert, als wir noch jung waren und die Melonentherapie hat uns ein Stück weit geholfen, den Frust loszulassen. Und da diese etwas unschönen Ereignisse mit Monica waren, dachten wir uns, dass wir für euch ein paar Wassermelonen organisieren, falls jemand mal Frust abbauen will. Also, wer will als Erstes?“ „Ich will!“ rief Sheol sofort und nahm sich eine. Er stellte sich direkt ans Geländer des Daches und holte aus, wobei er laut rief „Diese blöde Barbiepuppe soll unsere Familie in Ruhe lassen. Ich finde sie zum Kotzen!“ wobei er die Melone nach unten schleuderte. Und daraufhin zerschlug sie auf dem Boden. Und natürlich war er absolut begeistert davon. Sinnlose Zerstörung und Melonenzerdeppern war eben etwas, wofür man ihn sofort begeistern konnte. Als Nächstes wollte es Nastasja ausprobieren. Und sie hatte gleich mehrere Baustellen, die sie loswerden wollte. Angefangen davon, dass sie Sheol ständig daran erinnern musste, dass er gefälligst sein Zimmer aufzuräumen habe (wobei er nebenbei behauptete, dass Ordnung eh überbewertet wurde) bis hin zu Joseph Brown und seinem Sohn, die sowohl ihre Familie auseinandergerissen, als auch Elions und Sheols Leben fast zerstört hätten. Und natürlich erwähnte sie auch Monicas Aktion, als sie die nächste Melone herunterwarf. Elion selbst verzichtete darauf. Er hatte nicht wirklich etwas, worüber er sich so dermaßen aufregte und außerdem traute er sich nicht ans Geländer, weil er eben etwas unter Höhenangst litt. Schließlich war Ezra der Letzte, der übrig geblieben war. Immer noch zögerte er und verstand nicht so wirklich den Sinn hinter dieser Aktion. „Das ist doch bescheuert“, rief er und schüttelte den Kopf. „Wie sollen mir denn ein paar olle Melonen helfen, meine Probleme zu lösen?“ „Es geht einfach um das Sinnbild“, erklärte Andrew. „Am Anfang fand ich diese Idee genauso bekloppt und hab Oliver damals noch für einen durchgeknallten Spinner gehalten. Nun, heute halte ich ihn nur noch für einen besonders liebenswerten Spinner. Jedenfalls muss man das wenigstens ein Mal selbst gemacht haben. Mag sein, dass davon die Probleme nicht weggehen, aber zumindest fühlt man sich besser. Nimm dir einfach eine Melone, denk dann an etwas, das dich vollkommen zur Weißglut bringt und wirf mit aller Kraft die Wassermelone runter. Du wirst sehen, dann wirfst du auch gleichzeitig diese Last von dir ab, wenn du es tust.“ Nachdem Andrew ihm gut zugeredet hatte, nahm Ezra eine Wassermelone in die Hand und stellte sich ans Geländer. Tief atmete er durch und versuchte an irgendetwas zu denken, was ihn aufregte. Seine Mutter… Parson… seine ganzen Freier… die Pflegefamilien… Und so erhob er die Wassermelone und rief mit lauter Stimme „Du kannst mich mal Mum, steck dir dein bescheuertes Geld in den Arsch und sieh zu wo du bleibst!“ und damit warf er die Melone mit aller Kraft herunter. Er spürte, wie sehr es seine Arme beanspruchte und dass es sich irgendwie ganz komisch anfühlte. Nun, es war nicht so, dass er hundert Prozent glücklich war, aber er fühlte sich dennoch so erleichtert. Sogleich wurde ihm die nächste Melone in die Hand gedrückt. „Parson, ich wünsche dir die chemische Kastration an den Hals und dass du im Gefängnis verrottest! Fick dich und deine scheiß Geldeintreiber ebenfalls.“ Und kaum, dass die Melone nach unten segelte, bekam er auch schon die nächste. „Ramon, Tyson, Jack und Ronnie. Ich wünsche mir, dass sie euch im Knast genauso die Ärsche aufreißen wie ihr mir. Ich wünsch euch ein Krebsgeschwür an den Arsch!“ Nach und nach segelte eine Melone nach der anderen nach unten. Irgendwann taten Ezra die Arme weh und er hatte kaum noch Kraft, aber er machte trotzdem weiter. Er machte so lange weiter, bis er wirklich alles gehabt und jedem eine Melone gewidmet hatte, der sein Leben zur Hölle gemacht hatte. Und als er so über das Geländer gebeugt da stand und auf das Obstschlachtfeld hinabsah, da konnte er einfach nicht anders als zu lachen. Es war total verrückt, aber irgendwie hatte diese bescheuerte Aktion geholfen und er fühlte sich tatsächlich erleichtert. Und sogleich hakte sich Nastasja bei ihm ein und wuschelte ihm durchs Haar. „Weißt du Ezra, mein Mann pflegte immer zu sagen „Das Schöne daran, wenn man ganz unten angelangt ist, dann ist das die Tatsache, dass es nur noch bergauf gehen kann.“ Und ich denke, er hat da mehr als Recht. Mag sein, dass es mit dir und deiner Mutter nicht geklappt hat, aber du hast immer noch uns.“ „Genau“, stimmte Sheol mit ein. „Und wer würde einen so verrückten Haufen wie uns denn eintauschen wollen? Na?“ Und Ezra konnte in diesem Moment einfach nicht anders als zu lachen. Sheol und Nastasja hatten vollkommen Recht. Im Grunde passte er doch perfekt in diese bunt zusammengewürfelte Familie. Und im Grunde hatten genau diese verrückten Leute mehr zu ihm gehalten, als seine leibliche Mutter. Mochte vielleicht sein, dass Monica ihn nicht liebte und ihn auch nicht haben wollte. Aber Nastasja und die anderen waren immer für ihn da gewesen. Sowohl, als er nichts und niemanden hatte und eine neue Bleibe brauchte, als auch dann, als Monica aufgetaucht war und er wie hin und her gerissen war. „Ja, da habt ihr eigentlich Recht. Im Grunde habe ich doch Glück, dass ich hier bei euch bleiben darf.“ „Ja und ich habe mir auch schon etwas überlegt, worüber ich mit dir sprechen wollte.“ Damit schaute Ezra fragend zu Nastasja auf und wunderte sich natürlich, was sie denn wollte. Und als hörte, worum es ging, schaltete er zuerst instinktiv wieder auf Defensive. „Da du mein Pflegekind bist, hat das Jugendamt die alleinige Entscheidung über deinen weiteren Verbleib. Meine Idee wäre, dass ich die Adoption beantrage. Da wären wir nicht den Launen des Jugendamts ausgesetzt und es bestünde auch kein Risiko, dass Monica nicht noch irgendetwas drehen könnte.“ „Echt? Das geht, dass du mich adoptieren kannst?“ Nastasja nickte und erklärte weiter „Ich könnte dich alleine adoptieren und damit wäre das Pflegeverhältnis zwischen Elion und dir beendet und so kannst du problemlos mit ihm zusammen sein. Und du bist dann ein vollwertiger Teil unserer Familie. Dann würdest du allerdings Ezra Alexis Lawliet heißen.“ „Ist mir egal“, sagte der 16-jährige sofort. „Der Name erinnert mich eh nur an meinen Vater. Und wenn ich wirklich für immer bei euch bleiben kann, wenn ich adoptiert werde, dann… dann können wir es doch machen. Aber nur unter der Bedingung, dass Elion nicht mein Adoptivvater wird!“ Nastasja gab ihr Wort und so war es beschlossene Sache. „Okay“, sagte die Russin und nickte zufrieden. „Morgen werde ich den Antrag beim Vormundschaftsgericht einreichen. Mit Monica werden wir auch noch ein ernstes Wörtchen reden, damit sie dem Antrag zustimmt. Wir kriegen das schon geregelt, zusammen als Familie.“ „Die Puderquaste mit ihren aufgespritzten Lippen wird noch sehen was es heißt, sich mit der Familie Lawliet anzulegen“, rief Sheol und grinste breit. Sogleich kniff Nastasja ihm aber auch in die Wange. „Nun mal langsam mit den jungen Pferden. Dass du und Beyond Beweise sammeln wolltet, war ja schön und gut, aber ich möchte ganz bestimmt nicht, dass du noch auf den Trichter kommst, dass es in Ordnung wäre, bei anderen Leuten einfach so einzubrechen und in ihren Sachen herumzuschnüffeln. Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, hm? Wenn man dich erwischt hätte, dann hättest du eine Strafanzeige kriegen können.“ „Weiß ich doch. Deshalb habe ich ja Beyond angerufen, damit er mir hilft. Und er sagte auch, dass es vernünftig war, ihn anzurufen.“ Eines musste sie dem Bengel lassen. Er hatte zwar ziemlich viele Flausen im Kopf, aber er war dennoch vernünftig genug, um wenigstens L oder Beyond um Unterstützung zu bitten. Und letzten Endes hatte er es ja getan, weil er Ezra helfen wollte. Man konnte von ihm sagen was man wollte. Dass er ein typischer Teenager war, der lieber unterwegs war und um die Häuser zog, als seinen Pflichten nachzukommen. Aber war bereit, alles zu tun, um seiner Familie zu helfen. „Wir werden noch eine richtige Familie und dann gehört Ezra ganz zu uns. Dann kann diese Botox-Barbie sehen, wo sie bleibt.“ „Wie ist das denn jetzt eigentlich mit Monica ausgegangen?“ fragte Andrew, der noch nicht auf dem neuesten Stand der Dinge war. „Wir waren leider so mit den Vorbereitungen für die Hochzeit beschäftigt, dass wir kaum etwas mitbekommen haben.“ „Monica wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt und muss außerdem 1,8 Millionen Schmerzensgeld an Ezra zahlen. Ehrlich gesagt finde ich diese Summe ein bisschen zu hoch… Selbst für ihre Verhältnisse.“ „In Amerika ist das eben üblich“, erklärte Oliver. „Da hat sich zum Beispiel mal jemand an seinem Kaffee verbrüht und McDonalds auf Schadensersatz verklagt, weil auf dem Becher nicht draufstand, dass das Getränk heiß ist. Und er hat, soweit ich mich recht entsinne, 700 Riesen gekriegt.“ Verständnislos schüttelte Nastasja den Kopf. „Und deshalb nennen die meisten Menschen auch Amerika das Land der unbegrenzten Dummheiten. Naja, das Geld kann diese Frau ja wohl verschmerzen. Die 1,8 Millionen werden erst mal ordentlich zur Seite gelegt und später kann Ezra seine Ausbildung davon finanzieren, oder sich eines Tages mal ein Auto kaufen, wenn er seinen Führerschein hat.“ „Oder er könnte mal irgendwo hinfahren.“ Und sogleich hatte Andrew eine Idee. Er reichte Nastasja einen Flyer und sogleich als sie näher hinsah, bemerkte sie, dass es der Flyer für einen Ausflugsort an der kalifornischen Küste war. „Ridley hat dort ein Strandhaus und da er sowieso die nächsten drei Monate in Japan ist, stellt er uns das Haus schon mal zur Verfügung. Wir haben schon mit ihm Rücksprache gehalten und er würde euch gerne für die nächste Zeit das Haus überlassen, damit ihr dort Urlaub machen könnt. Nach dem ganzen Stress mit Monica wird das euch allen ohnehin ganz gut tun.“ „Ja aber… wie stellt ihr euch das vor? Ich hab einen Job und…“ „Schon erledigt.“ Die Russin sah das Paar verdattert an und war ein wenig überrumpelt von der Aktion. Diese beiden Schlitzohren hatten einfach so einen Urlaub für sie und ihre Familie geplant, ohne sie einzuweihen? Oh Mann, das war typisch Oliver. Der überrumpelte einfach alle mit seinen komischen Aktionen. Aber es war schon echt lieb von ihnen, dass sie sich solche Gedanken machten. Sie konnte nicht anders als den Kopf zu schütteln und darüber zu schmunzeln. „Ihr seid echt verrückt.“ Und so saßen sie noch den Rest des Tages zusammen und aßen die restlichen Wassermelonen, die bis dahin noch verschont geblieben waren. Gleich am nächsten Tag reichte Nastasja den Antrag auf Adoption beim Vormundschaftsgericht ein und dabei erhielt sie von Marcel Lewinski Unterstützung bei ihrem Plan. Zunächst sah es danach aus, als würde der Plan zum Scheitern verurteilt sein, denn das Gericht sah erst keinen Anlass, etwas am Pflegeverhältnis zu ändern. Doch dann lenkte ganz überraschend Monica ein und erklärte, dass sie Ezra zur Adoption freigeben wollte. Keiner erfuhr, warum sie sich so plötzlich dafür entschieden hatte. Sie sagte auch niemandem ihre Gründe, aber L ließ durchblicken, dass er da was gedreht hätte, um sie zu überzeugen. Und unauffällig wanderte dabei sein Blick zu Beyond, der seinerseits unheilvoll grinste, aber nichts weiter dazu sagte. Da nun Ezra von seiner Mutter zur Adoption freigegeben worden war, lief der weitere Vorgang deutlich leichter ab und so gab es seitens des Vormundschaftsgerichts keine Einwände mehr. Ezra wurde adoptiert und bekam nun den Namen „Lawliet“ als neuen Familiennamen. Als wäre das nicht schon Grund genug zum Feiern, kam selbstverständlich noch endlich die lange erwartete Hochzeit von Oliver und Andrew, wo wirklich alle eingeladen waren. Alle freuten sich und insbesondere Frederica freute sich für Andrew, dass er sein großes Glück gefunden hatte und war eigentlich diejenige gewesen, die am Altar am meisten geheult hatte. Nastasja war da nicht so nah am Wasser gebaut, aber sie feierte ordentlich mit und die ganze Familie war dabei, auch die Hospizkinder, um welche sich Andrew und Oliver in ihrer Freizeit kümmerten. Streng genommen hätte man eigentlich sagen können, dass an diesem besonderen Tag zwei Feste zusammengefeiert wurden. Sowohl Olivers und Andrews gemeinsame Hochzeit, als auch Ezras Adoption in die Familie Lawliet. Was Monica betraf, so kamen noch schwere Zeiten auf sie zu. Nachdem es ihr gelungen war, sich nach der Urteilsverkündung abzusetzen und nach Frankreich abzureisen, kam es zwischen der französischen und der amerikanischen Regierung zu einigen Diskussionen. Man einigte sich darauf, Monica nach Amerika auszuliefern, damit sie dort ihre Strafe absaß. Was ihren Mann Jean betraf, so reichte dieser direkt die Scheidung ein. Seine Begründung war recht einfach: er wolle keine Kriminelle als Frau haben, welche nur seinem Image schadete. So stand Monica am Ende ganz alleine da. Ohne Familie, ohne Mann und ohne Freunde. Und selbst das Geld würde verfließen, denn wer würde schon von einer Künstlerin eine erlogene Biografie kaufen, geschweige denn ihre Bilder, nachdem sie für so große Skandale gesorgt hatte? Im Grunde wussten alle bereits, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis Monica Denaux, geborene Grimes endgültig ruiniert war. Wie es Nastasja prophezeite, war sie vernichtet worden. Und zwar erbarmungslos durch ihre eigene Schuld. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)