Last Desire 8 von Sky- (L x BB) ================================================================================ Kapitel 10: Weitere offene Fragen --------------------------------- L wunderte sich schon, wo Beyond denn hingegangen sein könnte, da kam dieser auch schon kurz darauf wieder zurück und hatte eine Thermoskanne bei sich. Dieser schraubte die Kanne auf, goss etwas von dem Inhalt in eine Tasse und reichte sie L. „Austrinken“, wies der Serienmörder an und setzte sich neben ihm aufs Bett. Doch der Detektiv zögerte noch und fragte „Was ist das?“ „Rumikos Spezialrezept. Das hilft dir, wieder zu Kräften zu kommen. Glaub mir, das Zeug wirkt wahre Wunder.“ „Seit der Sache mit dem Alkohol traue ich dir überhaupt nicht mehr in solchen Sachen.“ „Dann gestatte kurz…“ Damit nahm Beyond kurzerhand die Tasse, trank einen Schluck und gab sie wieder an L zurück. „Ich glaube, ich werde selbst noch eine Stärkung nötig haben, um einem so sturen Esel wie dir in den Hintern zu treten.“ L grummelte etwas leise und missmutig vor sich hin, dann aber gab er nach und trank den Inhalt der Tasse. Zuerst dachte er, es wäre eine einfache Brühe, aber wie sich herausstellte, waren da ziemlich viele Kräuter beigemischt. Und es war auch Alkohol drin, auch wenn dieser schon fast vollständig verkocht war. „Was genau ist da drin?“ „Eine ganze Menge. Knoblauch, Ingwer, Lavendel, Meerrettichbaum, Rosmarin, Salbei, Schwarzkümmel und dazu noch ein Schuss Rotwein und noch viele andere Sachen. Während meines Medizinstudiums habe ich auch die Wirkung von Kräutern studiert und Rumiko hat dann auf dieser Basis ein Rezept entwickelt, wodurch ihr ein Mittel gelungen ist, um Leute wieder auf die Beine zu bringen. Und du trinkst jetzt alles brav aus, dann legst du dich schlafen.“ L zögerte noch einen Moment, aber dann trank er auch den Rest. „So und das trinkst du jetzt die nächsten zwei Tage morgens, mittags und abends. Dann geht es dir auch wieder viel besser. So und jetzt ruhst du dich aus. Schlaf ist das beste Mittel gegen Erschöpfung.“ Da er sowieso ziemlich müde war, legte sich der Detektiv hin und kuschelte sich sogleich an Beyond. „Danke“, sagte er nach einer Weile und legte seinen Kopf auf Beyonds Brust ab. „In solchen Momenten bin ich wirklich froh, dass du bei mir bist. Weißt du, ich bin es gewohnt, immer zu funktionieren und immer voll und ganz bei der Sache zu bleiben, ganz egal was auch passiert. Aber diese Dinge, die in den letzten Wochen passiert sind, haben mich zum allerersten Mal in meinem Leben wirklich an die Grenze getrieben und ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie viel ich noch aushalten kann.“ Beyond legte einen Arm um ihn und drückte ihn an sich. „Wir haben alle unsere Grenzen, selbst du und ich. Wir sind auch nur Menschen und es macht dir auch niemand einen Vorwurf, wenn du nicht mehr weitermachen kannst, weil es zu viel für dich wird. Aber dann ist es wichtig, wenn du mit uns redest oder zumindest mit mir. Wir beide sind schon so lange zusammen und haben so viel erlebt, da kannst du dich auch darauf verlassen, dass ich dir zur Seite stehen und dir helfen werde, wenn es dir nicht gut geht. Immerhin habe ich dich ja auch gesund gepflegt, als du krank geworden bist.“ Zärtlich strich Beyond ihm durchs Haar und ehe sich die beiden versahen, waren sie auch schon eingeschlafen. Beyond wachte schon recht früh wieder auf, während sich L gar nicht aufwecken ließ. Und da sich der Gute sowieso noch ausruhen sollte, ließ der BB-Mörder ihn noch eine Weile schlafen und traf im Wohnzimmer auch schon Jeremiel an, der gerade ein Telefonat zu Ende führte. „Na?“ fragte der Serienmörder und gesellte sich zu ihm. „Mit Liam am Flirten?“ „Ich dachte mir, ich rufe ihn besser an, bevor er sich Sorgen macht. Bei dem, was gestern passiert ist, dachte ich, er würde mir Vorwürfe machen. Aber er klang eher erleichtert. Ich soll euch übrigens ausrichten, dass Andrew außer Gefahr ist. Der Parasit ist nicht wieder ausgebrochen und es geht ihm einigermaßen gut. Allerdings ist er noch nicht bei Bewusstsein.“ Bei dieser Nachricht atmete Beyond erleichtert auf und war heilfroh, dass es doch nicht allzu schlimm um seinen besten Freund stand. „Und wie geht es dir?“ „Ganz gut soweit. Ehrlich gesagt kann ich mich an den Sturz selbst kaum erinnern. Ich weiß nur, dass dieses Mädchen zu mir gesprochen hat und sagte, dass es ihr Leid täte und sie es nicht gewollt habe. Und sie bat mich, dass ich „Elion“ retten sollte. Der Name sagt mir leider nichts, aber Andrew soll angeblich die Antwort haben. Und dann hat sie mir Dinge gezeigt. Ich sah ein Zimmer voller Stofftiere und Zeichnungen an der Wand. Eine Spieluhr spielte eine Melodie und ich glaube, dass es Tears in Heaven war. Der Raum sah wie ein Kinderzimmer aus, aber es hatte kein Bett, keine Fenster, nur nackte Wände und eine Stahltür. Und dann sah ich meine Mutter, wie sie mit jemandem redete. Sie gab ihm einen Würfel oder besser gesagt einen Tesserakt und sie sagte, er dürfe ihn niemals ablegen und solle gut darauf aufpassen. Dieser Tesserakt würde ihm eines Tages helfen und bis dahin müsse er versuchen, stark zu bleiben. Dann hat sie ihn umarmt und dann etwas gesagt… Sie sagte „Your name is Elion, because you are my sun“. Ich glaube, wir müssen diesen Elion finden. Er hat irgendetwas mit meiner Mutter zu tun und womöglich ist er auch einer der Proxys. Vielleicht kooperiert er ja mit uns, wenn er schon mit meiner Mutter eine engere Verbindung hatte. Einen Versuch wäre es ja Wert. Und dann soll ich mehr über das so genannte Unborn-Phänomen herausfinden und was es mit Projekt AIN SOPH auf sich hat.” Elion… Moment mal, das war doch der Kerl, von dem Andrew gesprochen hatte. Das war derjenige, der ihn damals immer besuchen kam, bevor er ermordet worden war. Aber Andrew hatte doch gesagt, dass er tot sei und es war so gut wie ausgeschlossen, dass er sich irrte. Nun, dieser Dr. Brown war doch auch wieder am Leben. Warum also sollte dann nicht auch dieser Elion wieder leben? Beyond dachte noch einen Schritt weiter. Wenn dieser Elion tatsächlich ein Proxy war, dann konnte er doch derjenige gewesen sein, der Andrew entführt hatte. Oder etwa nicht? Nun, dazu mussten sie Andrew befragen, falls dieser das Gesicht seines Entführers gesehen hatte. „Was ist eigentlich mit L?“ fragte Jeremiel und betrachtete Beyond mit Augen, die eine Mischung aus Sams und L’s Augen waren. „Schläft er noch?“ „Er ist ein wenig angeschlagen und ich dachte, es tut ihm auch mal gut, wenn er etwas länger im Bett liegen bleibt. Aber sag mal, was hast du da?“ L griff sich eines der Blätter und fand darauf eine Formel. Das war doch die unvollständige Formel aus Nastasja Kasakowas Notizbuch. Und so wie es aussah, hatte Jeremiel bereits einige passende Komponenten gefunden. „Sag bloß, du hast das Rätsel geknackt.“ „Nun, es ist mir gelungen, die Formel zu vervollständigen, aber ich weiß leider immer noch nicht, wozu sie da ist. Das Rätsel versuche ich noch zu entschlüsseln.“ „Wie will man denn eine Formel lösen, wenn man nicht mal weiß, wozu sie da ist? Also das ist mir wirklich ein Rätsel, aber wenn du damit klar kommst…“ Jeremiel setzte seine Arbeit fort und schwieg. Er wirkte ein klein wenig nachdenklich und schien sich über irgendetwas Sorgen zu machen. „Erzähl schon, was bedrückt dich?“ „Ich mache mir Sorgen wegen meinem Bruder. Er sieht seit einiger Zeit ziemlich angeschlagen aus und dann noch die Aufregung gestern mit Liam. Ich wollte nicht, dass es ihm so schlecht deswegen geht. Deshalb habe ich ja auch versucht, es irgendwie geheim zu halten weil auch Liam meinte, dass es nur Ärger geben würde.“ „Ach, der kriegt sich wieder ein. Es ist nur so, dass er einen ziemlichen Beschützerinstinkt für dich entwickelt hat. Außerdem ist es ja auch neu für ihn, dass er jetzt einen Zwillingsbruder hat. Der Grund, wieso es ihm momentan nicht so gut geht, ist einfach der, weil es ein bisschen viel für ihn geworden ist. Die Eva-Geschichte ging ihm schon an die Nieren, denn er hat auch viel über seine Familie erfahren und diese ganzen Zwischenfälle waren ja auch nicht ohne. Es hat nicht unbedingt nur mit dir zu tun, es ist einfach das Gesamtpaket. Aber ich habe Rumiko gebeten, ihr Spezialrezept zu mixen und damit dürfte es ihm bald wieder besser gehen. Wichtig ist, dass wir uns erst mal um ihn kümmern.“ „Kann ich irgendwie helfen?“ „Ja, du könntest nachher mal ein paar Sachen besorgen gehen, die ich brauche.“ „Okay, mach ich gerne.“ Nachdem Beyond die Liste fertig geschrieben hatte, gab er sie Jeremiel, in dessen Gesicht schlagartig das Leben zurückgekehrt war und man sah ihm an, dass er sich freute, seinem jüngeren Bruder irgendwie helfen zu können. Bevor er sich aber auf den Weg machte, kam er noch mal zu Beyond zurück. „Liam hat sich übrigens mehr über das Unborn-Phänomen erkundigt, konnte allerdings nichts herausfinden. Er sagte aber, es müsse sich vermutlich um ein medizinisches Phänomen handeln und in dem Falle bräuchten wir einen Spezialisten, der sich mit seltenen Krankheiten auskennt. Vielleicht sollten wir Hester anrufen und sie fragen, ob sie etwas darüber weiß. Ich habe sie leider noch nicht erreichen können.“ „Wahrscheinlich ist sie wieder in einer Operation. Da reagiert sie nur auf L’s private Nummer. Leider weiß ich nicht, wo er es überhaupt aufbewahrt. Da müssten wir also L fragen, wenn er wieder wach ist. Aber der Tipp ist gut. Mensch, hinterher wirst du noch selbst zum Detektiv.“ Jeremiel lächelte und es sah auch ein klein wenig verlegen aus. Inzwischen war er wirklich nicht mehr als der alte Jeremiel wiederzuerkennen, auch wenn er manchmal wie L etwas humorlos sein konnte. Aber er wirkte dennoch deutlich lebhafter als sein jüngerer Bruder. Nachdem er gegangen war, sah sich Beyond das an, was Jeremiel gezeichnet hatte. Er hatte wirklich Talent, das musste der Serienmörder zugeben. Eines der Bilder zeigte diese Zelle, die aussah, als würde ein Kind dort leben. Eine Gestalt kauerte in einer Ecke und machte sich so klein wie nur möglich. Und auf einer anderen Zeichnung war ein Würfel zu sehen, in dessen Inneren sich ein weiterer Würfel befand. Ein Hyperkubus oder auch „Tesserakt“. Daneben waren diverse Formeln aufgeschrieben, die aber seltsamerweise gar nicht Jeremiels Handschrift trugen, sondern die von seiner Mutter. Seltsam, das hat doch eindeutig er gezeichnet. Also wieso dann diese andere Handschrift? Kann er etwa tatsächlich Handschriften imitieren? Wow, der Junge steckt ja voller Überraschungen. Die Zeichnungen waren sehr detailliert und zeigten auch das Tesseraktnetz und einen Rhombendodekaeder als Hülle der Tesserakt-Projektion in 3 Dimensionen. Anscheinend hatte Nastasja einen Hang zur Mathematik und Geometrie. Aber was zum Teufel wollte sie mit diesem Ding denn, wenn es doch gar nicht zu den Eva-Experimenten gehörte? Und überhaupt: sie war Humanbiologin und keine Mathematikerin. Ihr Mann Henry war Physiker gewesen, da hätte man das ja noch verstehen können, aber was wollte sie mit einem Hyperkubus-Gebilde? Eine Spielerei wird es wohl nicht gewesen sein, wenn sie ihm einen dieser Proxys gegeben hatte. Und inwiefern sollte dieser Tesserakt helfen? Tja, so ganz wurde er ja nicht schlau daraus. Am besten war es, Watari zu fragen. Also rief er ihn erst mal zu sich und zeigte ihm die Zeichnung. „Können Sie etwas damit anfangen?“ Der alte Mann rückte seine Brille zurecht und setzte sich. „War das bei Nastasjas Aufzeichnungen?“ „Nein, Jeremiel hat diese Zeichnung angefertigt und sogar ihre Handschrift kopiert. Diese Sariel, mit der er zusammengestoßen ist, hat ihm offenbar einige Bilder gezeigt und sie bat uns, Elion zu helfen. Das war jener alte Freund von Andy, der angeblich verstorben ist.“ Watari dachte nach und versuchte seine Erinnerungen an damals wieder aufzufrischen, doch da das Ganze über 20 Jahre zurücklag, gestaltete sich dies auch nicht gerade einfach. „Also ich weiß, dass Nastasja recht spontan mit dieser Idee kam. Sie hat nicht erzählt, wofür sie einen Hyperkubus konstruieren wollte und wozu er gut war. Ich war selbst verwundert, wieso sie sich mit Physik und Mathematik beschäftigte, obwohl sie Humanbiologin war, aber sie war wie besessen davon, diesen Hyperkubus zu bauen, dass sie auch nachts durchgearbeitet hat. Ihr ganzes Büro war voll von Zeichnungen und mathematischen Formeln. Und dann hat sie eines Tages all diese Aufzeichnungen verbrannt.“ „Wie bitte? Sie hat sie verbrannt?“ fragte Beyond irritiert, denn eigentlich war Nastasja jemand gewesen, der alles aufbewahrte, was wichtig sein könnte. Also warum sollte sie dann die Pläne für den Tesserakt verbrennen? Auch Watari gab dies Rätsel auf. „Ich war natürlich auch verwundert und auch ein Stück weit erschrocken, weil Nastasja so viel Arbeit hineingesteckt hat. Aber sie sagte, es wäre das Beste. Sie wollte nicht, dass noch mehr von ihren Erfindungen als Waffe missbraucht werden, deshalb musste sie die Pläne zerstören. Den Tesserakt selbst habe ich nie zu Gesicht bekommen und ich war mir auch nicht sicher, ob er überhaupt existiert.“ „Existieren tut er ja anscheinend. Sie hat Elion den Tesserakt gegeben und ihm wohl gesagt, dass dieser ihm eines Tages helfen wird und er dürfe ihn niemals ablegen. Wenn dieser Würfel tatsächlich etwas mit den Proxys zu tun haben sollte, dann würde ich gerne wissen was. Irgendwie sehe ich da keinen Sinn. Eine Humanbiologin baut plötzlich einen vierdimensionalen Würfel von dem keiner weiß, wozu er da ist und was sie damit vorhatte. Und fragen können wir sie ja auch nicht mehr. Es gibt nicht mal Aufzeichnungen und somit hat sie alles wortwörtlich mit ins Grab genommen. Naja, da macht man nichts dran. Haben Sie vielleicht L’s Privathandy irgendwo, damit ich Hester erreichen kann? Ich wollte sie fragen, ob sie etwas über das Unborn-Phänomen weiß.“ „Unborn-Phänomen?“ fragte Watari und wurde hellhörig. Seine Reaktion zeigte, dass er offenbar etwas wusste. Und da ließ sich Beyond nicht lange bitten und fragte auch sofort „Na los, spucken Sie’s schon aus. Was wissen Sie darüber?“ „Meine Tochter hat sich damit beschäftigt. Bevor sie verunglückt ist, war sie nämlich Ärztin. Und sie hatte da mit einem Jungen zu tun gehabt, der am Unborn-Syndrom litt. Der Fall liegt gut 25 Jahre zurück, aber es war ein sehr umstrittener Fall gewesen. Dieser Junge war 17 Jahre alt gewesen. Er hat seinen Vater mit einer Axt erschlagen, seinen Bruder erdrosselt und drei Mitschüler ebenfalls nachts mit einer Axt getötet. Man wollte ihn zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilen, aber Alice fand heraus, dass der Junge aufgrund dieses Syndroms nicht schuldfähig gewesen war. Leider weiß ich nicht genau, was Alice bei ihm diagnostiziert hat, aber Hester hat ihre Unterlagen später mitgenommen und sie studiert. Wenn also jemand Genaueres weiß, dann garantiert Hester.“ Watari erhob sich und begann nach L’s Handy zu suchen, mit dem er Hester rund um die Uhr erreichen konnte. Beyond war überrascht, dass ausgerechnet die Tochter von Watari mit dem Unborn-Phänomen vertraut war. Nun, er hatte auch sonst nicht sehr oft von seiner Tochter gesprochen. Außer eben halt, dass sie Alice hieß und dass sie bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Ein anderes Auto hatte ihren Wagen von der Straße abgedrängt und sie war daraufhin verunglückt. Der Wagen war die Klippen hinuntergestürzt und Alices Leiche konnte nie gefunden werden. War für den alten Knacker sicher ein schwerer Schlag gewesen. Erst verliert er seine Frau, dann seine Tochter und dann stirbt auch noch L’s Mutter, die für ihn ebenfalls wie eine Tochter war. Dann stirbt Frederica, die er wie eine Enkelin geliebt hatte. Wenn das so weitergeht, überlebt Watari uns alle noch. Also mit dem würde ich auch nicht tauschen wollen. Nachdem der gebürtige Engländer das Handy gefunden hatte, gab er es Beyond, der sofort Hester anrief. Aber seltsamerweise ging sie immer noch nicht ans Telefon. Nun… dann versuchte er es eben später. Hester konnte ja nicht stets und ständig bereit stehen, wahrscheinlich war sie gerade einfach verhindert. Während Beyond sich noch ein wenig im Internet mit dem Unborn-Phänomen beschäftigte und auch mehr zu Projekt AIN SOPH herausfinden wollte, schlief L immer noch und machte auch keine Anstalten, aufzustehen. Zugegeben, in dem Spezialrezept waren auch einige Schlaf fördernde Mittel drin und da war es auch nicht sehr verwunderlich, wenn L deshalb auch länger schlief. Wenig später kam Jeremiel mit den Einkäufen zurück und so ging auch Beyond in die Küche, um ihm zu helfen. Gemeinsam begannen sie mit der Arbeit und dabei erzählte Beyond ihm auch, wie er und L eigentlich zusammengekommen waren. Angefangen davon, wie er von Sam Leens niedergeschossen worden war und wie L ihn daraufhin gerettet hatte. Jeremiel war schon etwas überrascht über diese eigentlich recht leichtsinnige Aktion seines Bruders und fragte „Aber war er sich denn nicht im Klaren darüber, wie sehr du ihn gehasst hast?“ „Das schon, aber so ist er eben. Er wollte unbedingt wissen, wieso ich so einen Hass gegen ihn gehegt habe und er hat sich durch rein gar nichts abschrecken lassen.“ „Und wann ist es zur ersten Annäherung zwischen euch gekommen?“ „Das war, nachdem ich endlich wieder bei Bewusstsein war. Ich hatte hohes Fieber und da sind bei mir die letzten Hemmungen irgendwie… weggefallen. Ich bin dann über ihn hergefallen und… nun ja, dann ist es passiert.“ „Ihr habt miteinander geschlafen?“ „Nee, ich hab ihm einen runtergeholt und bin dann ohnmächtig geworden.“ Jeremiel hätte fast sein Messer fallen lassen, als er das hörte. Und wahrscheinlich hatte er in dem Moment auch schon ein gewisses Kopfkino am laufen. Sein Gesichtsausdruck war in diesem Augenblick einfach unbezahlbar. „Und was ist dann passiert?“ „Ich lag mit hohem Fieber im Bett und war kaum bei Bewusstsein und er hat sich in der Zeit um mich gekümmert. Als ich wieder fit war, haben wir uns wieder gestritten und ich habe dann die Kontrolle über mich selbst verloren. Ich bin in meine andere Seite verfallen und hab ihn angegriffen. Dabei hab ich ihn blutig gebissen und gekratzt und wahrscheinlich wäre es noch viel schlimmer geworden, wenn er sich nicht befreit hätte. Danach hat er mich zu zweieinhalb Monaten Isolationshaft verdonnert. Ich bekam eine Zwangsjacke, eine Augenbinde und wurde so fest an den Stuhl geschnürt, dass ich mich nicht einen einzigen Millimeter bewegen konnte.“ „Das war sicherlich schlimm für dich, oder?“ Beyond musste sich an diese Zeit zurückerinnern. Wie er fast wahnsinnig geworden wäre in dieser dunklen Isolation, in der er sich nicht bewegen konnte. Es war für ihn die Hölle gewesen. „Ja, sehr sogar. Aber hätte L das nicht getan, hätte es nicht lange gedauert, bis ich wieder die Kontrolle verloren hätte. Er wollte mir mit dieser Maßnahme eigentlich nur helfen und ich hab ihm das auch verziehen. Genauso wie er mir verziehen hat, dass ich zwei Male über ihn hergefallen bin und ihn beim zweiten Mal ziemlich böse zugerichtet habe.“ Jeremiel musste schmunzeln bei der Geschichte. „Liam und ich hatten auch so unsere Schwierigkeiten am Anfang. Aber ich denke, daran wächst eine Beziehung auch. Manchmal wirkt ihr beiden wirklich danach, als würdet ihr euch gegenseitig umbringen wollen, aber dennoch seid ihr füreinander da, wenn ihr den anderen braucht. Aber eines verstehe ich nicht: wieso bist du über ihn hergefallen, wenn du ihn so gehasst hast?“ „Das Phänomen nennt man Hassliebe. Manchmal kommt es vor, dass man einen Menschen liebt und gleichzeitig hasst. Das ist schwierig zu verstehen und auch wirklich kompliziert. Ich habe mich damals in L verliebt, als ich ihn das erste Mal gesehen habe als er unter einem anderen Namen mal ins Waisenhaus kam. Aber ich habe ihn gehasst, weil ich ihm die Schuld für Andys Selbstmord gegeben habe. Wir wurden quasi einer Hirnwäsche unterzogen, um eines Tages Nachfolger für L zu werden. Andy und ich waren zwar vom Intellekt her auf seinem Level, aber Andy ist viel zu labil und hat nicht genug Selbstbewusstsein dafür, außerdem kommt er mit diesem Erfolgsdruck nicht klar. Und ich… nun ja, ich besitze nicht die innere Ausgeglichenheit dafür. Da Watari sich diesen ganzen Schwachsinn ausgedacht hat und er weder mir noch Andy damals geholfen hat, bin ich eben nicht sehr gut auf ihn zu sprechen. Es gab aber noch einen weiteren Grund, wieso ich mich so sehr in meinen Hass gegen L reingesteigert habe: Andy war damals abgöttisch in L verliebt und ich wollte ihn nicht hintergehen. Das war auch der Grund, wieso ich mich so sehr dagegen gewehrt habe, meine Gefühle für L zuzulassen. Aber letzten Endes hat dein Bruder mich doch überzeugen können und seitdem habe ich es auch keinen einzigen Tag bereut. Er fühlt sich durch mich lebendig und ich habe das Gefühl, dass ich endlich jemanden an meiner Seite habe, der mich versteht und der mich so liebt wie ich bin.“ Jeremiel schwieg dazu und half Beyond weiter. Dann aber lächelte er und sagte „Eigentlich hatte es doch sein Gutes, dass Sam Leens dich damals angeschossen hat. Sonst wären du und L nicht zusammengekommen.“ „Stimmt. Und als ich meine Amnesie hatte, da hast du mir meine Erinnerungen wiedergegeben. In dem Sinne bist du schon fast ein kleiner Amor.“ Zwar konnte der ältere Lawliet-Zwilling mit diesem Begriff nicht viel anfangen, aber er interpretierte es als freundschaftliches Kompliment und sagte einfach „Danke.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)