Last Desire 7 von Sky- (L x BB) ================================================================================ Kapitel 7: Beyonds Engagement ----------------------------- Da Jeremiel aufgrund des drückenden Wetters sehr unter Kopfschmerzen litt und auch die ganze Aufregung nicht spurlos an ihm vorbeigegangen war, musste er sich hinlegen. Watari gab ihm noch etwas gegen die Kopfschmerzen und da man ihm nicht zumuten konnte, im Keller zu schlafen, wurde er solange in L’s Zimmer einquartiert. Nach einer Weile kam der Detektiv mit den Pandaaugen ins Wohnzimmer, nachdem er fertig geduscht hatte. „Was ist mit ihm?“ „Das Wetter macht ihm zu schaffen. Ist auch wirklich ziemlich drückend da draußen.“ L nahm sich auch eine Tasse Tee und bemerkte, dass Beyond gar nicht mehr so aggressiv war, als er über Jeremiel sprach. Und das war schon ziemlich ungewöhnlich, besonders da er sogar ein wenig bedrückt klang. „Was habt ihr denn besprochen, während ich im Bad war?“ Beyond senkte den Blick und aß noch einen Keks. Er dachte noch einen Augenblick nach und erklärte dann „Er hat auch so einiges durchgemacht in der Zeit, wo wir nach Sam gesucht haben. Erinnerst du dich an Norman Hayes, der dich in der Gasse angegrapscht und dich mit dem Messer bedroht hat?“ „Du meinst den Kerl, den ihr so eingeschüchtert habt, dass er nach San Diego abgehauen ist?“ Beyond nickte und fuhr fort. „Als Rumiko und ich ihn in die Mangel genommen haben, da hat er zugegeben, dass er für eine Mafiagruppe arbeitet, die junge Männer und Frauen als Sexsklaven bei illegalen Auktionen versteigert. Dabei gibt es auch echt üble Typen, die ziemlich krank im Kopf sind. Ein solches Beispiel ist ein gewisser Gerald Fincher. Er hat sich drei Sklaven gehalten, denen er die Augen ausgestochen, die Stimmbänder und die Achillessehnen durchgetrennt hat. Fincher selbst ist später genauso übel zugerichtet von einem Typen versteigert worden, der sich Mr. R nennt. Jeremiel ist ebenfalls an Norman geraten und hatte wohl nicht so viel Glück wie du, L. Er hat mir erzählt, dass der Bastard ihn mit Schlafmitteln betäubt und dann verkauft hat. Und bevor er gegangen ist, sagte er mir, dass der Mann, an den er verkauft worden war, dieser Gerald Fincher war.“ L sah ihn mit einem Blick an, der ein Stück weit Entsetzen zeigte. Er konnte es nicht fassen und fragte „Und was ist dann passiert?“ „Evas Bruder hat ihn da rausgeholt. Allerdings hat der sich dann an ihn vergriffen.“ L schüttelte den Kopf und konnte nicht glauben, was Jeremiel zugestoßen war. Warum hatte er denn nichts gesagt? „Und als wir im Keller miteinander gesprochen hatten, da hat er noch extra diesen Bruder angerufen, damit er nicht herkommt.“ „Offenbar scheint er in einer ähnlichen Klemme zu stecken wie Andy, als der noch unter der Fuchtel dieses Dr. Browns war. Und… da ich sowieso erkannt habe, dass er nicht Sam ist, denke ich wirklich, dass wir ihm helfen sollten.“ Das kam nun doch sehr überraschend für L und so ganz wusste er gar nicht, was er dazu sagen sollte. Hatte Beyond etwa wirklich gerade gesagt, dass er nichts dagegen hatte, wenn Jeremiel vorerst bei ihnen blieb? Was ist denn mit ihm passiert? „Wow“, murmelte L und warf noch ein paar Stück Würfelzucker in seine Tasse. „Damit hätte ich ja jetzt nicht gerechnet. Vor allem nicht, weil du so aggressiv warst.“ „Er ist eben halt dein Bruder und wenn Rumiko auch so etwas passieren würde, dann würde ich ihr natürlich auch sofort helfen. Und da wir beide nun mal zusammen sind, da ist es doch wichtig, dass wir an einem Strang ziehen, anstatt immer nur zu streiten. Ich gebe zu, dass ich mich immer noch sehr schwer damit tue, ihn als Jeremiel und nicht als Sam zu sehen. Und ich werde auch nie aufhören, Sam für das zu hassen, was er getan hat. Aber das alles an Jeremiel auszulassen ist auch keine Lösung. Wenn du sagst, dass du ihn hier aufnehmen willst, um ihn vor diesem Kerl zu beschützen, dann unterstütze ich dich natürlich und werde mein Bestes geben, um gut mit ihm auszukommen.“ L war immer noch sprachlos und wusste nicht, was er sagen sollte. Aber er war zugleich auch sehr erleichtert, dass sich dieses Problem endlich geregelt hatte und sogleich beugte er sich zu ihm herüber und gab ihm einen Kuss. „Das bedeutet mir wirklich viel, Beyond.“ „Ja schön und gut“, sagte der Serienmörder schließlich. „Nur gibt es da noch ein dickes Problem: was ist mit den anderen? Willst du ihn vor Andrew, Oliver und Rumiko verstecken oder was hast du vor? Die wissen doch, wer er ist und was Sam Leens getan hat. Und du weißt, wie Andy reagiert: der wird die totale Panikattacke kriegen, wenn er ihn sieht.“ Ja stimmt, das müsste auch irgendwie geregelt werden. Und man hatte ja schon gemerkt, wie heftig Andrew jedes Mal reagierte, wenn er den Menschen sah, der ihm seine Familie und sein Zuhause genommen hatte. „Tja, Rumiko wird da wahrscheinlich entspannter reagieren. Sie ist ja eine von der Sorte, die niemanden vorschnell verurteilt und da sie den Sachverhalt schon kennt, wird sie ihm sicherlich eine Chance geben wollen. Und Jamie ist zu gutmütig, um schlecht über ihn zu denken. Was Oliver sagen wird, kann ich leider noch nicht sagen aber mit Andy wird das eindeutig eine Schwerstgeburt werden. Ich denke, ich geh nachher mal alleine zu ihm hin und rede mit ihm. Ich glaube es ist das Beste, wenn ich mit ihm rede.“ „Das denke ich auch. Ihr seid immerhin sehr enge Freunde und auf dich wird er da wohl eher hören. Insbesondere, weil du ja auch deine Erfahrungen mit Sam Leens hast.“ Nachdem sie eine Weile miteinander geredet hatten, machte sich Beyond auf den Weg. Da er keine Probleme mit der Hitze hatte, entschied er sich, zu Fuß zu gehen. Draußen war wirklich viel los und es herrschte überall ziemlich viel Gedränge. Zugegeben, der kleine Spaziergang tat auch ganz gut, um die Gedanken zu sortieren. Zwar hatte er auch so langsam eingesehen, dass Jeremiel nicht Sam Leens war und er auch keine bösen Absichten verfolgte, aber dennoch musste er das alles erst einmal sacken lassen. Das war ja auch ziemlich viel gewesen. Und wenn er so daran dachte, dass L sich auf die Seite seines Bruders gestellt hatte… war das wirklich nur Hass auf Sam gewesen, oder sprach da nicht vielleicht auch ein Stück weit die Eifersucht aus ihm heraus? Ja gut, er war vielleicht eifersüchtig gewesen und er war es auch jetzt noch. Warum denn auch nicht? Er hatte L vorher mit niemandem teilen müssen und hatte ihn ganz allein für sich gehabt. Und jetzt hatte er einen Bruder. Einen älteren Zwillingsbruder, dem er jetzt helfen und in die Familie integrieren wollte. L war jetzt nicht nur allein für ihn da und daran musste er sich jetzt wohl oder übel gewöhnen. Ach Mensch, ich bin auch wirklich ein Esel. Immerzu habe ich L Vorwürfe gemacht, wenn er eifersüchtig war und ich hatte immer gedacht, dass mir so etwas nie passieren würde. Aber so wie es scheint, ist es jetzt so. Ich bin eifersüchtig auf Jeremiel, weil er sich jetzt in L’s Leben hineindrängt und ihn jetzt braucht. Die beiden sind nun mal Brüder und es ist verständlich, dass sie einander näher kennen lernen wollen. 25 Jahre haben sie keine Gelegenheit dazu gehabt und nichts voneinander gewusst. Jeremiel hatte all die Jahre kein richtiges Leben und will das jetzt nachholen. Und da ist es ebenso verständlich, dass er mehr über seine Familie wissen will. Dafür ist L nun mal der einzig richtige Ansprechpartner. Ich hab da eigentlich kein Recht, mich da großartig einzumischen und ihm das zu verbieten. Wahrscheinlich ist es für mich deshalb so schwer nachzuvollziehen, weil ich keine leiblichen Geschwister habe. Rumiko ist damals von meinen Eltern adoptiert worden und auch wenn sie all die Jahre eine große Schwester und auch eine Art Mutterersatz für mich war, so sind wir dennoch keine Blutsverwandten. Das sieht selbst ein Blinder. Vielleicht gibt es ja tatsächlich so etwas wie eine unsichtbare Bindung zwischen Zwillingen. So was hört man ja auch. Kann ja sein, dass Jeremiel deshalb so sehr bestrebt ist, L kennen zu lernen. Und was L betrifft, der ist ja sowieso jemand, der alles immer aus einer neutralen Sicht sieht und immer unvoreingenommen an die Dinge herangeht. Das hat bei mir ja schon immer gefehlt. Ich bin da eben jemand, der da auch emotionaler rangeht, deshalb war ich auch als sein potentieller Nachfolger ungeeignet. Ein mal deshalb und weil ich mit meinem anderen Problem zu kämpfen hatte. Während Beyond so nachdachte und die Straßen entlang ging, bemerkte er nicht, wie da jemand aus einer Gasse kam und so stießen sie zusammen. Während der Serienmörder sich noch fangen konnte, stürzte der andere hin und rief „Scheiße Mann, hast du keine Augen im Kopf oder was?“ Auf dem Boden lag ein zierliches Mädchen mit sehr langen brünetten Haaren, welche zu einem Zopf zusammengebunden waren. Sie trug einen graublauen Kapuzenpullover und eine zerschlissene Jeans. Groß war sie nicht, allerhöchstens 1,55m. „Entschuldigung, ich war mit den Gedanken ganz woanders.“ Beyond half ihr hoch und sah dann mit seinem Shinigami-Augenlicht, dass das Mädchen Ezra hieß. Moment mal… das war doch ein Jungenname, oder etwa nicht? Ach herrje, dann war das also kein Mädchen, sondern ein Junge… ein sehr mädchenhafter Junge, bei den langen Haaren. „Dann pass halt besser auf, sonst haust du gleich den nächsten um, verdammt.“ Nun, da der Kerl ja offenbar nicht verletzt war, ging Beyond weiter. Meine Güte, was für ein Kotzbrocken. Er schüttelte den Kopf und bog schließlich um eine Straßenecke. Also wo war er stehen geblieben? Tja, beim Thema Blutsverwandtschaft und Zwillingen. Nun, was das Thema betraf, so musste er wohl oder übel akzeptieren, dass es jetzt noch jemanden in L’s Leben gab, der eine wichtige Rolle spielte. Immerhin musste L das doch auch, als Rumiko und Jamie dazugekommen waren. Na hoffentlich ging das mit Andrew gut, denn sonderlich rosig sah das nicht aus. Das würde noch seine Zeit brauchen, bis er den Mut aufbrachte, Jeremiel eine Chance zu geben. Aber sicherlich würde Oliver da auch noch mithelfen. „Hey!“ Beyond blieb stehen, und wandte sich um, da sah er wieder diesen Jungen auf ihn zurennen, mit dem er zusammengestoßen war. Was wollte der denn jetzt schon wieder? Er blieb direkt vor ihm stehen und aufgrund seiner geringen Größe wirkte er irgendwie ziemlich mickrig auf Beyond. Trotzdem sah er ihn mit einem mürrischen und sehr entschlossenen und auch furchtlosen Blick an. „Was willst du?“ Wortlos holte der Junge aus der Bauchtasche seines Kapuzenpullovers etwas hervor, was ganz deutlich nach einem Handy aussah. Moment, das war doch sein Handy. „Das ist bei dem Zusammenstoß runtergefallen.“ „Oh, danke.“ Beyond nahm es entgegen und stellte fest, dass das Handy glücklicherweise keinen Sprung im Display hatte. Er holte schon einen Zehndollarschein hervor, da verfinsterte sich der Blick des Jungen und er rief schon regelrecht vorwurfsvoll „Ich brauch keine verdammten Almosen“ und damit haute er wieder ab. Beyond zuckte gleichgültig mit den Achseln und steckte sein Handy wieder ein. Na wer nicht will, der hat schon… Wenigstens hatte er sein Handy wieder. Wäre ziemlich ärgerlich gewesen, wenn das noch verloren gegangen wäre. Nach knapp einer halben Stunde erreichte er die Chester Avenue, wo Andrew und Oliver wohnten und klingelte an der Haustür. Da aber niemand aufmachte (es war sowieso Musik im Garten zu hören), ging er ums Haus herum in den Hinterhof, um von dort aus auf die Terrasse zu gelangen, wo sich Oliver und Andrew wahrscheinlich aufhielten. Doch kaum, dass er den Hinterhof betrat, traf ihn fast der Schreck, als er einen Panzer sah. Und nicht nur irgendeinen Panzer. Als er das Zeichen darauf erkannte wurde ihm klar, dass da ein verdammter Nazi-Panzer im Hinterhof stand. „Heilige Scheiße“ rief er, als er das Ungetüm sah und sogleich kam Oliver um die Ecke. Er hatte sein Shirt ausgezogen, weshalb man auch seine Tattoos sehen konnte und fröhlich grinsend winkte er Beyond zu. „Hey altes Haus. Wie ich sehe, hast du schon mein Baby bewundert.“ Der Serienmörder schüttelte den Kopf als er das hörte. Das war ja mal wieder so typisch für Oliver. Der mit seinen bescheuerten Hobbys. „Du hast echt ein Rad ab. Wo zum Teufel hast du denn den Nazi-Panzer her und was willst du mit dem Ding?“ „Ich hab ihn in Deutschland bei Ebay ersteigert. Ein Bauer hatte das olle Ding in seiner Scheune, als die Nazis das Ding im Graben zurückgelassen haben. Ich will ihn reparieren und dann einem Geschichtsmuseum stiften. Bin eigentlich fast fertig mit der Arbeit, danach will ich meinen Pilotenschein machen. Aber komm doch erst mal mit. Andy hat sich in die Sonne gelegt und tut aktiv was gegen seine Blässe. Steht ihm auch mal ganz gut zu Gesicht.“ Sie gingen zur Terrasse, wo Andrew auf einer Liege saß und ein Buch las. Es war ein deutscher Roman mit dem Titel „Effie Briest“ und er schien ziemlich vertieft in seine Lektüre zu sein. „Hey Andy, schau mal wer uns besuchen kommt!“ Der Rothaarige schaute von seiner Lektüre auf und war erstaunt und legte sogleich das Buch beiseite. „Beyond, was verschlägt dich denn zu uns?“ Der Serienmörder setzte sich zu ihm und an seinem Gesichtsausdruck ließ sich schnell erkennen, dass es um ernste Dinge ging. Also holte Oliver erst mal kalte Getränke. Sie setzten sich alle zusammen und sogleich kam Beyond zum Punkt. „L hat Jeremiel im Krankenhaus von Hester untersuchen lassen. Und auch ich habe mit ihm gesprochen. Ich war mir sicher gewesen, dass es immer noch Sam Leens ist, der sich nur verstellt und uns täuschen wollte. Und ich hab ihm sogar deine Farbpistole in die Hand gedrückt, Oliver. Aber egal was ich auch gemacht habe, es war zwecklos. Sam Leens existiert einfach nicht mehr. Und auch die Untersuchungen haben ergeben, dass der Schaden im Limbischen System nicht mehr vorhanden ist.“ Sofort wich das Lächeln aus Andrews Gesicht und er sah ihn schon deutlich blasser aus als vorher. Das Thema Sam Leens war ein extrem wunder Punkt bei ihm, was man ihm auch nicht verübeln konnte nach alledem, was er durchgemacht hatte. Diese Nacht im Norington Waisenhaus war das wohl schwerste Trauma, was er davongetragen hatte. „Was soll das heißen?“ „Dass er nicht mehr der Mensch ist, den wir gekannt haben. Sam ist eindeutig tot. Er ist von Dr. Brown erschossen worden und Eva hat eine neue Seele in seinen Körper eingepflanzt. Ich hab ihn erlebt und ihm die Pistole in die Hand gedrückt und ihm gesagt, er solle auf mich schießen. Er hat mir die Pistole vor die Füße geschmissen und ist vor mir weggelaufen, weil er Angst um sein Leben hatte.“ Doch Andrew sah ihn immer noch mit gemischten Gefühlen an und die Angst war nur schwer zu übersehen. „Was macht dich so sicher, dass er wirklich nicht mehr „Sam Leens“ ist? Ich meine, er war doch immer Jeremiel!“ „Nicht direkt“, erklärte Beyond. „Erinnerst du dich daran, als L uns von den Märchen berichtet hat, die Frederica ihm damals immer erzählt hat? Eva teilte ihr Herz mit der Leere, um sie zu einem Teil der Familie zu machen. Und außerdem ist mir noch etwas aufgefallen: all die Jahre war ich nie in der Lage, den Namen von ihm zu erkennen. Stattdessen ist für mich lediglich seine Lebenszeit sichtbar gewesen. Aber ich konnte seinen Namen einfach nicht erkennen, weil er eben „leer“ war. Und ich habe auch eindeutig feststellen können, dass Sam gestorben ist. Doch bei Jeremiel kann ich sowohl seinen Namen als auch seine Lebenszeit sehen. Und seine Lebenszeit unterscheidet sich auch deutlich von seiner alten.“ „Und was verlangst du jetzt von mir?“ fragte Andrew und stand auf, als wolle er gleich die Flucht ergreifen, doch da legte Oliver auch schon einen Arm um ihn. „Soll ich etwa einfach vergessen, was er getan hat? Er hat meine Eltern erschossen und all die anderen Kinder. Er hätte auch mich getötet und das Waisenhaus hat er auch niedergebrannt.“ „Andy, jetzt beruhige dich doch und setz dich.“ Oliver konnte ihm gut zureden und so setzte sich Andrew wieder. Dennoch war er extrem angespannt. Beyond wusste, dass es noch ein enormes Stück Arbeit mit ihm werden würde. „Ich weiß. Er hat mich ja auch mehrfach angeschossen und mich auch vergewaltigt und gefoltert. Ich hätte ihn am liebsten umgebracht, ganz egal was L dazu gesagt hätte. Aber ich konnte es nicht. Ich habe gesehen, dass er Angst vor mir hatte und ich habe ihm auch geglaubt, dass er niemandem etwas tun will. Andy, bitte glaub jetzt nicht, dass ich Sam in Schutz nehme. Wenn der Kerl noch einmal wieder auf der Bildfläche erscheinen sollte, dann ist er ein toter Mann und seinen Kopf präsentiere ich dann gerne auf dem Silbertablett mit Beilage! Aber… es ist nun mal Tatsache, dass er tot ist und dass jetzt ein anderer Mensch in seinem Körper weiterlebt. Nämlich L’s wahrer Bruder.“ Doch Andrew schüttelte nur den Kopf und verkrallte seine Hände in die Lehnen seines Stuhls. „Ich… ich kann das nicht fassen. Beyond, dieser Kerl ist kein Mensch, sondern ein Monster und das hast du doch selbst gesagt.“ „Über Sam habe ich das gesagt. Aber ich hab seine Augen gesehen. Das sind nicht mehr Sams Augen, Andy. Das ist nicht mehr der Mensch, den wir beide hassen und fürchten. Sam ist tot und er wird nie wieder zurückkommen. Sogar ich hab einsehen müssen, dass ich mich geirrt habe.“ Andrew schwieg und war immer noch sichtlich angespannt. Natürlich fiel ihm das schwer zu glauben und er hatte immer noch furchtbare Angst. Schließlich aber war es Oliver, der endlich das Schweigen brach und eine Frage stellte. „Und was genau hat L jetzt mit ihm vor?“ „Jeremiel wird fürs Erste bei uns bleiben. So wie wir erfahren haben, hat auch er in den letzten Tagen viel durchmachen müssen. Ich hab euch ja von diesem Drecksack Norman erzählt, der so bescheuert war, L anzugrapschen. Direkt, nachdem Jeremiel vor euch weggelaufen ist, wurde er von Norman betäubt und als Sexsklave von Menschenhändlern versteigert. Und Evas Bruder, bei dem er gelebt hat, scheint ihn auch ziemlich mies zu behandeln und ihn auch vergewaltigt zu haben.“ „Geschieht ihm ganz Recht“, sagte Andrew und stand wieder auf. Er ballte die Hände zu Fäusten und immer noch zitterte er, doch in seinen Augen war der Hass zu sehen. „Er hat mir mein Leben genauso zerstört wie James. Er hätte besser dort bleiben sollen.“ „Jetzt mach aber mal halblang“, wandte Oliver ein und drückte ihn dieses Mal entschiedener auf seinen Platz zurück, wobei er auch ein klein wenig strenger wurde, was ja eigentlich nicht zu ihm passte. „Jetzt bedenk doch mal, dass auch Beyond kein Unschuldslamm ist. Nichts gegen dich mein Lieber, aber du bist eben gerade das beste Beispiel. Obwohl er drei Menschen umgebracht hat, bist du dennoch mit ihm befreundet und warum? Weil du seine gute Seite kennst. Und du hast dich auch nie von seiner wahnsinnigen Seite abschrecken lassen und ihm geholfen. Wenn es wirklich stimmt und Sam Leens ist tot und der Mann, den wir im Park gesehen haben, war ein ganz anderer Mensch, dann sollten wir ihm doch eine Chance geben. Versuch es doch wenigstens ein Mal. Warum machen wir uns denn nicht nachher ein eigenes Bild? Wenn er wirklich so harmlos ist wie Beyond sagt, dann können wir es doch wenigstens mal versuchen. Immerhin ist Jeremiel L’s Bruder und gehört ja eigentlich auch zur Familie dazu. Und wenn er tatsächlich genauso in Schwierigkeiten steckt so wie du damals, dann können wir doch auch nicht wegsehen. Vergiss nicht was mit dir war und du hast ja sogar noch behauptet, es wäre alles bestens und du bräuchtest keine Hilfe.“ Diesen Argumenten konnte Andrew nicht sonderlich viel entgegensetzen. Er senkte den Blick und kämpfte immer noch mit sich selbst. „Und L meint auch, er ist ungefährlich?“ „Er hat ihn von Hester untersuchen lassen. Und die meint, er würde keiner Fliege was zuleide tun. Viel eher kriegt er einen Heidenschreck, wenn er mich sieht, nachdem ich ihn so dermaßen eingeschüchtert habe…“ Andrew dachte nach und wandte sich an Oliver, den er schweigend ansah. Er schien sich immer noch sehr unsicher zu sein und sagte schließlich „Ich muss erst mal eine Nacht darüber schlafen.“ Und mehr konnte man von ihm auch wirklich nicht erwarten. Beyond war ja schon froh, dass er wenigstens darüber nachdenken wollte. Er blieb noch eine ganze Weile bei ihnen, bis er schließlich zum Abend wieder zurückkehrte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)