Last Desire 7 von Sky- (L x BB) ================================================================================ Kapitel 5: Ein Gespräch unter Brüdern ------------------------------------- Da sich die Untersuchung bei L zuhause etwas schwierig gestaltet hätte, wurde Jeremiel ins Krankenhaus gebracht, wo Hester ihn gründlich untersuchte. Angefangen von psychologischen Gesprächen bis hin zur medizinischen Untersuchung. Sie prüfte ihn auf Herz und Nieren und schickte ihn schließlich ins CT. Nachdem sie die Auswertungen hatte, setzte sie sich mit L ins Büro, um mit ihm über die Ergebnisse zu sprechen. Sogleich fragte er „Wo ist Jeremiel?“ „In Dr. Creeds Büro. Dort ist er gerade dabei, eine 14-fach kodierte Himitsu Bako zu knacken. Und wenn er damit fertig ist, kriegt er von mir ein Kryptex mit. Der wird erst mal eine Weile beschäftigt sein. Also, ich hab mir die CT-Auswertungen mal genauer angesehen, da du mir gesagt hast, er leide unter einem Defekt im Limbischen System.“ „Und hast du was finden können?“ „Nein und genau das ist ja das Verrückte: ich habe keinerlei Anormalitäten gefunden. Sein Gehirn unterscheidet sich nicht großartig von dem eines gesunden Menschen und sein IQ ist genauso hoch wie deiner. Er weist eine sehr hohe Auffassungsgabe auf und lernt auch ziemlich schnell. Ich hab ihn intensiv gesprochen und was ich feststellen konnte war, dass er zwar eine sehr hohe Intelligenz und ein erstaunliches Allgemeinwissen besitzt, allerdings ist er vollkommen unerfahren im sozialen Umgang mit anderen Menschen und hat enorme Schwierigkeiten im Verstehen, Erkennen und Ausdrücken von Gefühlen. Und er versteht auch sonst nicht viel von Sarkasmus und Ironie und Redewendungen kann er auch nicht nachvollziehen, wenn man es ihm nicht erklärt. Im Grunde ist er sogar noch schlimmer als du. Auf mich wirkte er offen, sehr kooperativ, ruhig und eher friedfertig. Er gibt an, unter Amnesie zu leiden und tatsächlich weisen einige Symptome darauf hin, weil er keinerlei persönliche Erinnerungen hat. Aber wenn man jetzt diese Eva-Geschichte hinzuzieht, könnte ich von folgendem Sachverhalt ausgehen: als Sam gestorben ist, verlor er seine Seele. Eva setzte daraufhin eine neue in seinen Körper, die aber keine Erinnerungen hat. Ganz einfach aus dem Grund, weil Jeremiel Lawliet selbst nie gelebt hat. Was wir da also haben ist der echte Jeremiel. Was mich aber verwundert ist, dass der angebliche Schaden im Limbischen System gar nicht vorhanden ist. Und rein medizinisch könnte so etwas unmöglich behoben werden. Ganz einfach aus dem Grund, weil es keine Möglichkeiten gibt. So etwas wäre weder durch chirurgische Eingriffe, noch mithilfe von Medikamenten behandelbar. Er weist auch keine Spuren einer Operation auf, lediglich an seiner Brust, wo die Kugel ihn getroffen hat. Und selbst diese Wunde ist viel zu schnell verheilt.“ Dann steckt also tatsächlich Eva dahinter. Sie hatte den Hirnschaden behoben, seine Wunde schneller heilen lassen und dann eine neue Seele in den Körper gepflanzt, nämlich die von Jeremiel. „Und wie schätzt du ihn ein? Könnte er eine Gefahr darstellen?“ Als die Ärztin das hörte, musste sie schmunzeln, als hätte L gerade einen Witz erzählt. „Glaub mir, der würde keiner Fliege was zuleide tun. Viel eher würde er sofort klein bei geben und sich schnellstmöglich darum bemühen, einen Weg zu finden, um es friedlich zu klären. Zwar hat er eine Amnesie, aber er scheint dennoch zu wissen, wer er vorher war bzw. wer vorher in seinem Körper gelebt hat. Und so wie er auf mich wirkt, scheint er deswegen auch Schuldgefühle zu haben. Meiner Ansicht nach strebt er sehr danach, dich näher kennen zu lernen und sich auch mit Beyond und Andrew zu versöhnen und mit ihnen gut auszukommen. Von ihm hast du also keine Gefahr zu erwarten.“ Das genügte L und er bedankte sich bei Hester für die Hilfe. Er ging ins Büro, wo sie Jeremiel gelassen hatten und dieser war mit der Himitsu Bako und dem Kryptex auch schon längst fertig. Er wartete geduldig und als Hester und Beyond hereinkamen, erhob er sich und sah sie mit diesem nichts sagenden Gesicht an. „Sind noch weitere Untersuchungen vorgesehen?“ „Nein“, antwortete Hester. „Wir sind soweit fertig. Du kannst mit L wieder gehen.“ „Dann möchte ich mich für die Hilfe bedanken, Dr. Holloway.“ Damit reichte er ihr die Hand zum Abschied, wobei ihm aber anzumerken war, dass er sich noch nicht ganz hundertprozentig sicher war, ob das auch wirklich richtig war. Ein sehr deutliches Anzeichen dafür, dass er keine Erfahrung im Umgang mit anderen Menschen hatte. Sie verabschiedeten sich von Hester und verließen das Krankenhaus. Doch anstatt direkt nach Hause zu fahren, gingen sie in ein Cafe, wo L sich direkt einen großen Eisbecher bestellte, Jeremiel hingegen brauchte eine Weile, um sich ebenfalls für einen Eisbecher zu entscheiden. Dabei bemerkte der Detektiv sofort am Gesichtsausdruck seines Zwillingsbruders, dass dieser wohl nicht genau wusste, was Eis war. Und als er es dann probierte und dann ganz verwundert bemerkte „Das ist ja kalt“, da wurde L bestätigt. „Hast du noch nie Eis gegessen?“ Unsicher zuckte der Blondhaarige mit den Achseln. „Keine Ahnung. Aber da ich in meinem Leben als Sam Leens auch kein Schmerzempfinden hatte und deshalb weder Hitze noch Kälte wahrnehmen konnte, ist vieles noch sehr neu für mich. Auch wusste ich nicht, wie Zucker oder Salz schmeckt. Ich vermute, dass die Hirnschäden sich nicht bloß auf das Limbische System beschränkt haben, sondern auch andere Areale betroffen waren. Und das hat Eva ebenfalls ausgeglichen.“ Jeremiel begann nun sein Eis zu essen, wobei er aber ein wenig zu schnell aß und dann ein Auge zukniff und eine Hand dagegen presste. „Au, das tut weh.“ „Da sollte man schon aufpassen. Wenn man zu schnell zu viel Eis isst, kann man Kältekopfschmerzen oder umgangssprachlich Hirnfrost bekommen. Das lässt aber schnell wieder nach.“ „Und warum essen die Leute das dann, wenn sie davon Kopfschmerzen bekommen können?“ „Weil es eben schmeckt und besonders im Sommer gut tut, wenn es heiß ist.“ L beobachtete ihn die ganze Zeit über genau und erkannte recht schnell, dass Hesters Diagnose den Nagel wirklich auf den Kopf traf. Jeremiel hätte jetzt eigentlich die besten Fluchtmöglichkeiten, doch er blieb. Selbst auf das Risiko hin, wieder zu Beyond zurückkehren zu müssen. Und auch sonst machte er einen ganz friedfertigen Eindruck. „Hast du sonst irgendwelche Fragen?“ „Ja. Ich möchte gerne mehr über dich wissen. Was waren unsere Eltern denn für Menschen und was hast du gemacht, als sie gestorben sind?“ „Nun, unsere Mutter Nastasja kam ursprünglich aus Russland. Sie war Humanbiologin und hat an dem künstlichen Gedankenschaltkreis geforscht. An viel kann ich mich leider selber nicht erinnern, weil sie gestorben ist, als ich erst fünf war. Sie war zwar viel beschäftigt, aber sie war auch eine sehr liebevolle Mutter. Aber sie konnte auch ein wenig eigen sein, wenn sie wollte. Watari meinte, dass meine Sitzhaltung und mein Charakter eher von ihr kommen. Also kommst auch du nach ihr. Mein Aussehen habe ich aber von meinem Vater Henry. Er war Physiker und war ein etwas ruhiger Mensch. Während unsere Mutter manchmal sehr temperamentvoll sein konnte, war er eher der ruhigere Pol. Und dann gab es noch Frederica.“ „Ah! Von ihr habe ich schon gehört. Sie hat Evas Familie zusammengeführt und ist gestorben.“ L nickte und wieder musste er an den Anblick ihrer Leiche denken. Wie abgemagert und elend sie ausgesehen hatte… „Ja, sie war für mich wie eine große Schwester. Wenn ich Kummer hatte, weil unsere Eltern arbeiten waren, da hat sie mich oft getröstet und mir Geschichten von Evas Familie erzählt. Als Mutter und Vater getötet wurden, brachte Dr. Joseph Brown Frederica ins Institut und unterzog sie unzähligen Experimenten. Bevor Mutter starb, gab sie mich in Wataris Obhut und er verließ zusammen mit mir England. Sie wollte, dass er mich versteckt, damit ich vor Dr. Brown in Sicherheit bin und er keine Möglichkeit hat, auch mich zu töten. Von da an hat Watari meine Ausbildung übernommen und ich löse schon schwierige und anspruchsvolle Kriminalfälle seit ich acht Jahre alt bin.“ Jeremiel betrachtete ihn und nickte zwischendurch. Und wenn man genau hinsah, da sah man auch die Bewunderung und Anerkennung für seinen Bruder. „Und den Kira-Fall hast du auch gelöst.“ „Ja ganz Recht. Daran erinnerst du dich?“ „Es ist keine persönliche Erinnerung, deshalb weiß ich das auch. Ich weiß auch, dass du und Beyond ein Paar seid.“ Als L das hörte, blickte er ihn mit geweiteten Augen an und war erstaunt, dass Jeremiel das wusste. Dieser legte sein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und beobachtete seinen jüngeren Zwillingsbruder genau, als versuche er genau zu erkennen, was dieser wohl gerade fühlte. „Ach echt?“ fragte L schließlich, wobei er nicht verhindern konnte, dass er ein wenig rot im Gesicht wurde. Sein Bruder nickte und erklärte „Ja. Ehrlich gesagt fand ich es zuerst ein wenig seltsam, dass zwei Männer zusammen sind, da ich immer der Ansicht war, dass Sex allein zu Fortpflanzungszwecken dient. Aber seit ich mich mehr mit zwischenmenschlicher Beziehung auseinandergesetzt habe, verstehe ich auch, dass es ebenfalls ganz normal ist, wenn sich zwei Menschen lieben, auch wenn sie beide das gleiche Geschlecht haben. Deshalb finde ich es nicht schlimm. Solange du mit ihm glücklich bist, freut es mich natürlich.“ Jeremiel lächelte, nur wirkte es ein wenig unbeholfen, als hätte er noch nicht sonderlich viel Erfahrung darin. Aber dennoch wirkte es sehr ehrlich und man musste ihm einfach glauben, dass er sich für seinen jüngeren Zwillingsbruder freute. Aber dann schwand dieses Lächeln wieder und Jeremiels eisblaue Augen wirkten ein wenig traurig. „Ich weiß, dass ich als Sam Leens Dinge getan habe, die wirklich unverzeihlich sind und es tut mir auch aufrichtig Leid, was ich Beyond und Andrew und all den anderen Menschen angetan habe. Hätte ich die Macht dazu, dann würde ich das alles rückgängig machen und manchmal habe ich mir einfach gedacht, dass es besser gewesen wäre, wenn ich niemals existiert hätte. Ich meine, es wusste doch sowieso kaum ein Mensch von mir. Weder du, noch unsere Eltern. Lediglich Eva und ihr Bruder sowie Dr. Joseph Brown und sein Sohn wussten von mir, aber… in meinem letzten Leben habe ich nichts als Leid verursacht. Deshalb mache ich Beyond keinen Vorwurf, dass er mich umbringen wollte. Aber dennoch hoffe ich, dass sich eines Tages vielleicht ein Weg findet, dass er mir verzeihen kann.“ „Das warst doch nicht du, sondern Sam Leens. Ihr zwei seid vollkommen verschiedene Personen und du kannst nichts dafür, was er getan hat. Zumindest ist das meine Ansicht. Auch Hester sagte, dass du nicht Sam bist und von dir keine Gefahr zu befürchten ist. Deshalb besteht für mich auch kein Grund, dich für Sams Taten zur Verantwortung zu ziehen. Das würde ich tun, wenn er zurückkehren würde. Aber das ist so gut wie ausgeschlossen, weil er tot ist und du jetzt in diesem Körper lebst. Ich bedaure auch sehr, dass das mit Beyond beinahe eskaliert wäre.“ „Und was ist mit dir? Was hast du mit mir jetzt vor?“ „Nun, ich würde dich gerne noch eine Zeit lang im Auge behalten. Allerdings muss ich da noch so einiges mit Beyond klären. Er war nämlich alles andere als begeistert und wir haben uns auch ziemlich gestritten.“ Nun regte sich eindeutig etwas in Jeremiels Gesicht. Er sah seinen Bruder schon fast mit einem mitleidigen Blick an und dass er ein schlechtes Gewissen hatte, ließ sich nur schwer übersehen. „Das ist allein meine Schuld, dass du dich mit ihm gestritten hast. Vielleicht sollte ich mit ihm reden und die Dinge richtig stellen.“ Diese Idee redete L ihm schnell wieder aus. Zwar war das wirklich nett gemeint, aber er fürchtete wirklich noch, dass Beyond noch kurzen Prozess machen würde. Und solch eine Eskalation wollte er lieber verhindern. „Lass das lieber, das wäre keine sonderlich gute Idee. Er ist ja sowieso erst mal bei seiner Adoptivschwester, die wird ihm auch noch mal ein paar Takte sagen.“ „Aber kann ich denn nichts tun? Immerhin ist es doch erst wegen mir zu diesem Streit gekommen und ich möchte auch nicht, dass wegen mir die Beziehung zerbricht.“ „Ach glaub mir, wir haben schon Schlimmeres erlebt. Ich hab zum Beispiel gedacht gehabt, Beyond hätte eine Affäre weil ich bis zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass er eine Adoptivschwester hatte. Und schließlich dachte ich sogar, Rumiko wäre schwanger von ihm, bis sich dann der wahre Sachverhalt aufgeklärt hat. Aber da hat Beyond auch schon angedroht gehabt, die Beziehung zu beenden, weil ich ihm nachspioniert habe. Und auch mit Andrew war das nicht einfach gewesen, weil Beyond und er damals zusammen waren und ich Sorge hatte, Beyond könnte sich wieder für ihn entscheiden. Aber auch das haben wir geschafft und Andrew ist ein guter Freund geworden. Ich denke, wenn wir dem Ganzen etwas Zeit geben, wird sich das auch mit dir regeln.“ „Da habt ihr ja schon einiges erlebt“, bemerkte Jeremiel und war erstaunt, dass die Beziehung seines Bruders so turbulent war. L konnte dem nur zustimmen und erklärte „So einfache Zankereien sind bei uns alltäglich, weil Beyond und ich eben in mancher Hinsicht sehr verschieden sind. Und wir neigen beide dazu, immer unseren Willen durchsetzen zu wollen und da sind Streitereien eben vorprogrammiert. Aber daran kann eine Beziehung auch wachsen.“ „Oder aber auch zerbrechen.“ Ach Mensch, Jeremiel verstand es aber auch wirklich, mit solchen Kommentaren die Stimmung wieder komplett zu senken und seinen jüngeren Zwillingsbruder zu entmutigen. Wieder musste der Detektiv daran denken, wie Beyond ihn vor die Wahl gestellt hatte. Das war wirklich hart gewesen und natürlich hatte er wirklich Sorge, dass Beyond dieses Mal seine Drohung wahr machte. „Vielen Dank, du machst mir echt Mut…“ „Ach echt?“ Der Blondhaarige sah ihn überrascht an, dann aber begann er langsam zu schalten und fragte „War das jetzt ironisch gemeint?“ „Ja.“ „Oh ach so. Nun, ich kann so was nicht sofort erkennen. Tut mir Leid, wenn ich dich entmutigt habe. Ich hätte wohl besser den Mund halten sollen.“ Nachdem sie ihr Eis aufgegessen hatten, verließen sie das Cafe. Draußen schien die Sonne gnadenlos auf sie herab und es war ziemlich heiß. L entging nicht, dass dies besonders Jeremiel zu schaffen machte. Er wandte sich ihm zu und fragte „Geht es dir nicht gut?“ „Ich vertrage heiße Temperaturen in Kombination mit der prallen Sonne nicht. Da bekomme ich schnell Kopfschmerzen und ich fühl mich auch nicht sonderlich gut.“ Tja, jeder hatte eben seinen persönlichen Schwachpunkt. Und bei Jeremiel schien es offenbar das heiße Sommerwetter zu sein. Also gingen sie zurück zum Wagen, der ja zum Glück eine Klimaanlage hatte. Sie fuhren zurück zum Haus und L fragte sich, ob Beyond wohl immer noch bei Rumiko war. Nun, so wie der sich aufgeregt hatte, würde er sich so schnell nicht mehr blicken lassen. Umso überraschter war er, als er den Serienmörder im Wohnzimmer bei einem Glas Marmelade auf der Couch sitzen sah und wie der sich die Hannibal Lecter Filme anschaute. „Schon wieder zurück?“ fragte der Detektiv erstaunt, als er ihn sah. Beyond wollte schon direkt etwas sagen, doch als er Jeremiel sah, da verfinsterte sich sein Blick ein wenig. Er war immer noch sauer, das sah man ihm direkt an. „Rumiko hat mich hochkant vor die Tür gesetzt und mir den Marsch geblasen. Können wir zwei reden und zwar ohne den da?“ Die letzten Worte klangen recht abfällig, aber das störte Jeremiel nicht weiter. Er entschied sich, Watari ein wenig Gesellschaft zu leisten, damit L und Beyond in Ruhe reden konnten. Der Detektiv mit den Pandaaugen setzte sich zu Beyond hin und nahm seine übliche Sitzhaltung dabei ein. „Und?“ fragte L schließlich, da dieses Schweigen zwischen ihnen beiden langsam unangenehm wurde. „Was hat das Gespräch mit Rumiko ergeben?“ „Nun, es war eher Jamie, der mir ein paar Takte gesagt hat. Also ich gebe zu, dass ich überreagiert habe und dass ich sagte, du sollst dich zwischen mir und deinem Bruder entscheiden, war auch nicht sonderlich fair von mir. Immerhin ist er dein letzter lebender Verwandter und da ist es nun mal verständlich, dass du ihn kennen lernen willst. Wahrscheinlich würde ich auch das Gleiche tun, wenn er mein Bruder wäre. Und es mag ja sein, dass es auch nicht fair ist, ihn für Sam Leens’ Verbrechen zu verurteilen, wenn er nicht Sam ist. Aber das ändert einfach nichts daran, dass mir jedes Mal die Galle hochkommt, wenn ich ihn sehe und ihn am liebsten umbringen würde. Ich hasse ihn nach wie vor und wenn ich in sein verdammtes Gesicht blicke, dann sehe ich einfach niemand anderen als Sam Leens.“ L nickte und sah, dass Beyond immer noch voller Aggressionen war. Nur wusste er leider selber gerade nicht, was er am besten dagegen tun konnte, um Beyonds Gemüt zu beruhigen. Schließlich aber fragte Beyond „Und wo warst du jetzt mit ihm?“ „Ich habe ihn von Hester gründlich untersuchen lassen. Und dabei hat die CT-Auswertung ergeben, dass er gar keinen Hirnschaden hat.“ Als Beyond das hörte, runzelte er verwundert die Stirn und fragte „Wie jetzt? Aber er hatte doch einen Schaden im Limbischen System. Das wissen wir doch alle. Da muss Hester irgendetwas übersehen haben.“ „Nein, er ist vollkommen gesund und es war auch nichts auf den Aufnahmen zu erkennen. Eva hat den Hirnschaden vollständig behoben und als Sam gestorben ist, hat sie eine neue Seele in seinen Körper eingepflanzt, nämlich die des wahren Jeremiel. Sie sagt, dass wir von ihm keine Gefahr zu befürchten hätten.“ Der BB-Mörder sagte nichts dazu und er hatte immer noch einen düsteren Blick. Dann aber seufzte er und stellte seine Marmelade beiseite. „Und was hast du jetzt mit ihm vor? Willst du ihn hier behalten?“ „Fürs Erste. Aber ob es eine dauerhafte Sache sein wird, kann ich noch nicht sagen.“ Beyond sah aus, als würde er gleich an die Decke gehen, aber er riss sich zusammen und verschränkte die Arme. „Na gut. Wenn du das so entschieden hast, nützt es ja eh nichts, wenn ich protestiere.“ „Gib ihm zumindest eine Chance. Er will sich ja bemühen, mit dir gut auszukommen.“ „Ich werde es mir überlegen.“ Nun, mehr konnte man von Beyond auch nicht wirklich erwarten. Es war ja schon ein enormer Fortschritt, dass er zumindest bereit war, Jeremiel eine Chance zu geben. „Aber wenn er es wagen sollte, Rumiko und den anderen zu nahe zu kommen und ihnen etwas anzutun, dann wird der noch wissen was es heißt, sich mit mir anzulegen. Nur damit das klar ist. Selbst wenn er einen von ihnen auch nur schief anguckt, dann ist hier wirklich Schluss mit lustig.“ Die Warnung war mehr als deutlich, aber L machte sich da keine großartigen Sorgen, dass von Jeremiels Seite aus irgendetwas zu befürchten war. Er vertraute Hesters Diagnose und auch er glaubte nicht wirklich, dass sein älterer Zwillingsbruder wirklich etwas Böses wollte. „Danke Beyond, das bedeutet mir sehr viel.“ Damit beugte sich der Detektiv zu ihm herüber und gab ihm einen Kuss. Sogleich aber ergriff der Serienmörder seine Hand und drückte ihn auf die Couch nieder. „Gern geschehen. Aber dennoch kommst du mir nicht ungeschoren davon. Ich glaube, da ist eine kleine „Entschädigung“ fällig.“ „Jetzt hier?“ „Natürlich, was hast du denn gedacht?“ „Aber was ist, wenn Jeremiel gleich hier reinkommt?“ „Na und? Ist mir doch egal. Aus der Nummer kommst du jetzt nicht mehr raus, mein Lieber. Und fang mir erst gar nicht damit an, ich sei nicht fit genug dafür. Glaub mir, ich bin fit wie ein Turnschuh und so schnell wirst du dich hier jetzt nicht aus der Affäre ziehen.“ Und so langsam dämmerte auch L, dass es keinen Sinn hatte zu protestieren. Blieb nur zu hoffen, dass Jeremiel jetzt bloß nicht einfach so ins Wohnzimmer kam und sie beide noch sah. Schön und gut, dass er über die Beziehung Bescheid wusste, aber dennoch wollte L es auch nicht unbedingt darauf anlegen, von ihm so gesehen zu werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)