Mugen Tsukuyomi – Träume sind Schäume von Rabenkralle ================================================================================ 8. Shikamaru gähnte. Die Preisverleihung hatte ihren öden Höhepunkt erreicht, da sich keiner mehr für diese billigen Plastikpokale zu interessieren schien. Er lugte zu seinem besten Freund herüber, der der Grund war, warum er sich noch nicht aus dem Staub gemacht hatte. Chouji blickte sich nervös im Saal um und sah sehr niedergeschlagen aus. Eine halbe Stunde war es her, dass sich sein Date zum Pudern auf die Frauentoilette verzogen hatte und nur sein Anstand hielt ihn davon ab, ihn darauf hinzuweisen, dass das Mädchen ihn sitzen gelassen hatte. „Siehst du sie hier irgendwo?“, fragte Chouji plötzlich. Verzweiflung schwang seiner Stimme mit. Shikamaru blinzelte, sah sich eingehend um und schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, Kumpel.“ Auf seiner Stirn breitete sich die trübseligste Dackelfalte aus, die er je gesehen hatte. Zögernd tätschelte er seinem besten Freund den Rücken. Er hatte keine Lust, in den Liebeskummer hineingezogen zu werden, aber da es sich um Chouji handelte, hatte er keine Wahl. Dieser schlug sich deprimiert die Hände vors Gesicht und murmelte: „Bin ich nicht liebenswert genug?“ „Unsinn“, sagte er aufmunternd. „Sie wird ihre Gründe haben, warum sie gegangen ist.“ „Bestimmt bin ich ihr zu fett!“, jammerte Chouji. Shikamaru seufzte innerlich. „Wenn sie nicht erkannt hat, was für ein großes Herz du hast, ist sie es eh nicht wert.“ Sein bester Freund starrte ihn unglücklich an. „Aber sie war so nett und süß“ – er schnappte nach Luft – „und dir kann’s egal sein, schließlich hast du dir ein heißes Teil geangelt.“ „Ich wollte sie nicht mal“, log er. „Wenn du willst, kannst du diese durchgeknallte Nymphomanin haben!“ Chouji starrte ihn mit glasigen Augen an. Shikamaru glaubte schon, er würde dem zustimmen, doch er schüttelte den Kopf. „Was würde so eine hübsche Frau von einem Klops wie mir wollen?“, wimmerte er. „Hör auf, dich zu bemitleiden“, sagte er. „Im Übrigen ist es null erstrebenswert, was diese Irre möchte. Es sei denn, du stehst drauf, benutzt, noch mal benutzt und geohrfeigt zu werden.“ „Sie ist nicht deine Freundin?“ Er hob die Brauen. „Würde eine richtige Freundin so was machen?“ Chouji glotzte ihn einen Moment sprachlos an, dann sagte er: „Und ich war schon dabei, dich zu beneiden.“ „Wenn das Drumherum nicht stimmt, kann man’s getrost vergessen.“ „Dann macht es keinen Spaß?“ „Nicht unter diesen Bedingungen“, sagte Shikamaru. „Also warte auf eine Frau, die es ernst mit dir meint und dich nicht wie einen Sklaven nach Bedarf in Beschlag nimmt.“ Sein bester Freund stieß einen überraschten Pfiff aus. „Und das lässt du mit dir machen?“ Er biss die Zähne zusammen. Choujis Frage traf es auf den Punkt. Warum ließ er das mit sich machen? Er war erwachsen und musste sich von keiner Frau herumschubsen lassen. Wenn es doch wirklich so schlecht wäre, wie er es ihm beschrieben hatte. Dann wäre es ein Leichtes, Temari in ihre Wüste zu schicken. Falls sie wie angedroht noch mal bei ihm antanzte, blieb er standhaft. Und wenn er sich seine Freiheit mit einem dämlichen Spiel zurückholen musste! Diese Frau hatte ihn genug ausgenutzt. Ein seliges Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Jetzt nicht mehr.“ --- „Rück ihn wieder raus!“ Tenten, die ihren ergaunerten Preis bewunderte, wandte sich unbeeindruckt zu Kiba um. „Vorhin konntest du ihn nicht schnell genug loswerden“, erinnerte sie ihn, „also warum sollte ich ihn dir wiedergeben?“ Er fletschte die Zähne. „Weil er rechtmäßig mir gehört.“ Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte sie ihn an. „Dann gibst du also zu, dass dein Traum unrealistischer als alle anderen ist?“ Er presste die Lippen aufeinander. Wenn er sich das Teil wiederholte, bestätigte er damit nur, dass er die Wahl der Juroren akzeptierte. Und das tat er nicht. „Guck dir die beiden Flitzpiepen dort an.“ Tenten deutete auf Lee und Gai, die sich mit einer ihrer Kraft-der-Jugend-Nummern zum Affen machten. „Meinst du, es gibt jemanden, der diesen Preis mehr verdient hat als ich?“ Kiba beobachtete die Zwei, die gerade versuchten, ein paar Frauen als Gewichte für Liegestütze zu gewinnen. Es war ein jämmerlicher Anblick. „Das ist kaum zu überbieten“, gab er zu und ballte die Hände zu Fäusten. „Aber verdammt noch mal, ich möchte rechtmäßiger Besitzer von so einem Plastikpokal sein!“ Tenten bettete ihr Kinn auf den Händen und stellte ihren Denkerblick zur Schau. Schließlich erwiderte sie: „Ich glaub, ich hab da ’ne Idee ...“ --- Mit deutlich besserer Laune schlenderte Chouji zum Buffet. Sein bester Freund hatte immer die richtigen Worte parat, um ihn aufzuheitern. Irgendwann fand er schon ein Mädchen, das ihn so mochte, wie er war und bis dahin wartete er geduldig. Er schnappte sich einen Teller und legte sich ein paar schöne Stücken gegrilltes Fleisch auf. Er übersprang die grünen Beilagen und fixierte seinen Blick auf den Teller mit den Kroketten. Ein Typ stand davor und als er sich verzog, war nur eine übrig. Missgestimmt schürzte Chouji die Lippen und schlurfte den Tisch entlang. Er holte mit der Gabel aus, um sich die letzte zu sichern, aber bevor er sie aufspießte, schlossen sich zwei Essstäbchen um die verlockende goldbraune Kruste. Er blies die Wangen auf und wollte loswettern, doch der Anblick der goldenen Augen der Frau vertrieben jeglichen Widerspruch aus seinem Mund. „Sorry“, sagte Karui, „klau ich dir gerade dein Essen?“ Er starrte ihr ins Gesicht. Er war viel zu fasziniert von ihrer dunklen Hautfarbe und ihren leuchtenden roten Haaren, um sich über eine Krokette das Hirn zu zermartern. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Danke“, sagte sie heiter. „Du bist ein echter Gentleman.“ Verdutzt sah er sie an und brachte keinen Ton heraus. „Du siehst nicht aus, als würdest du gern dein Essen teilen“, erklärte sie und lächelte keck. Als er wieder nichts erwiderte, lachte sie auf. „Falls du deine Sprache wieder findest und dir langweilig ist“ – sie deutete auf den übernächsten Tisch – „ich sitze gleich hier.“ Karui machte kehrt und balancierte ihren Teller zu ihrem Platz. Chouji starrte ihr unschlüssig auf den Rücken. Das Thema Mädchen hatte er für heute abgehakt, aber … Er umklammerte seine Gabel fester, schluckte und folgte ihr. --- Shikamaru runzelte die Stirn, als er sah, wie sich sein bester Freund zu der Rothaarigen aus Kumogakure setzte. Er wusste, dass sie nicht das nette Mädchen von nebenan sein konnte, so brutal, wie sie Naruto vor dem Kagetreff zusammengeschlagen hatte, doch das ahnte Chouji nicht. Und schlimmer als eine gewisse Frau aus der Wüste konnte sie nicht sein. Das hoffte er für seinen Freund. Er leerte sein Glas und liebäugelte mit einer Flasche Sake, die irgendwer vor ihm platziert hatte. Seine rechte Hand umfasste den Hals, dann schob er sie nach kurzem Innehalten von sich. Ein benebeltes Gehirn war das letzte, das er an diesem allzu absurden Abend gebrauchen konnte. Von den berühmt berüchtigten Kopfschmerzen am nächsten Morgen abgesehen. Es war schließlich nicht so, dass er morgen davon noch nicht genug haben würde, weil sein Leben seine bisherige Umlaufbahn verlassen hatte. Ino war stinkwütend auf ihn, weil er sie auf eine falsche Fährte geschickt hatte; seine Mutter fand schon irgendwas, womit sie ihm sein Dasein erschweren konnte – vor allem, nachdem sie seine Freiheit verspielt hatte – und Temari … Ihr tat er keinen einzigen Gefallen mehr. Ihre erspielten Besitzrechte konnte sie sich an den wohl geformten Hintern nageln! Bei dem Gedanken kribbelte es einen Moment in seinem Unterleib. Verdammt, warum musste er sich ausgerechnet jetzt vor Augen halten, wie heiß sie war? Er schluckte den Speichel herunter, der sich in seinem Mund angestaut hatte und griff die Flasche. Er roch daran und schüttelte angewidert den Kopf. Dieses Gebräu würde er nicht mal hinunterkippen, wenn sein Leben davon abhinge. „Lässt die Whiskeydusche schon nach oder was wird das?“ Die Stimme bohrte sich von seinem Gehör bis zu seinem Gehirn. Da war sie wieder, die unersättliche, böse Hexe. Shikamaru setzte die gleichgültigste Miene auf, zu der er fähig war und drehte sich zu ihr um. Seine Augen huschten über ihren Ausschnitt zu ihrem Gesicht. Er stellte den Sake zurück und sagte: „Geht dich nichts an.“ Sie schlug die Beine übereinander und lächelte belustigt. „Soll ich deine Laune wieder in die Höhe treiben?“ Was für eine Frage. Als ob sie nicht den größten Anteil an seinem Befinden hatte. „Danke“, gab er zurück, „ich verzichte.“ Sie lehnte sich vor und betonte so ihr Dekolletee noch mehr. „Du siehst aus, als könntest du eine Aufheiterung gebrauchen“, beharrte sie. Verschwörerisch hob sie die Brauen. „Also in zehn Minuten in der Umkleide?“ Er ignorierte das Kribbeln, das sich in ihm ausbreitete. „Nein“, erwiderte er prompt. „Such dir einen anderen Trottel für deine Heimlichtuerei.“ Ihr Lächeln verschwand. „Ist das der Dank dafür, dass ich dich aus dem Würgegriff deiner Mutter befreit habe?“ „Du hast mich aus gar nichts befreit“, sagte er missgelaunt. „Du hast es nur schlimmer gemacht. Und jetzt verschwinde.“ Er rechnete mit einem Redeschwall, in dem sie weiter auf ihr Recht beharrte, doch stattdessen stand sie auf und ging. Tief atmete er aus. Er hatte nicht gedacht, dass es so einfach werden würde, aber nun fühlte er sich wirklich befreit. --- Als Temari einen gewissen Abstand zu dem Tisch hatte, an dem Shikamaru saß, blieb sie stehen. Sie hatte nicht mit Widerspruch gerechnet, mit dem er es im Grunde nur interessanter machte, aber warum fühlte sie sich so ernüchtert? War sie vielleicht doch zu aufdringlich gewesen und hatte es übertrieben? Okay, die Aktion mit Yoshino und sämtliche Kommentare dazu hätte sie sich schenken können, aber zu allem anderen hatte er sich bereitwillig breitschlagen lassen. In dem Punkt hatte sie sich nichts vorzuwerfen. Sie ließ ihren Blick durch die Menge schweifen. Ihr Tisch war leer und selbst wenn Kankurou dort gesessen hätte, hätte sie keine Lust auf seine Gesellschaft gehabt. Gaara und Matsuri machten die Tanzfläche unsicher und da sie sich nicht dazwischen drängen wollte, blieb ihr nichts anderes übrig, als die nächste halbe Stunde allein zu verbringen. So viel Zeit wollte sie sich lassen, bis sie Shikamaru noch mal auf den Zahn fühlte. Beinahe automatisch trugen sie ihre Füße zu dem Tisch mit den Getränken. Sie nahm sich ein Glas Fruchtbowle und leerte es mit einem Zug. Der Alkohol erwärmte sie von innen und da das Zeug nicht übel schmeckte, schenkte sie sich nach und stellte sich an einen der freien Stehtische, die links und rechts vom Buffet aufgestellt waren. Gedankenverloren aß sie ein paar Salzstangen aus einer Schale vor ihr. Sie bemerkte Kotetsu und Izumo erst, als beide ihr ein unverschämtes Grinsen entgegenwarfen. Temari zog irritiert die Augenbrauen zusammen und öffnete den Mund, um sie wieder loszuwerden, aber der rote Schimmer auf ihren Wangen und die glasigen Blicke sagten ihr, dass das ein aussichtsloses Unterfangen werden würde. Dann schäkerte sie eben ein bisschen mit ihren Prüfungskollegen. Was war schon dabei, zwei Bekannten mit geschätzten zwei Promille im Blut ein gutes Gefühl zu geben? Sie lächelte ihr charmantestes Lächeln und fragte: „Ein netter Abend, oder?“ Izumo hob sein Bierglas und stieß mit seinem Kumpel an. „Jetzt ist er großartig!“, lallte er und starrte ihr ungeniert in den Ausschnitt. Ihre rechte Braue zuckte genervt nach oben, aber solange er keinen körperlichen Übergriff auf sie startete, sollte er von ihr aus glotzen. Sie lehnte sich nach vorn und stützte ihr Kinn auf ihrem Handrücken ab. Die Blicke der beiden Chuunin verfolgten ihr Dekolletee, als wäre es das Interessanteste, was sie jemals zu Gesicht bekommen hatten. So dämlich, wie sie sich bei Frauen anstellten, war es das wahrscheinlich auch. Mit einem Wink ihrer freien Hand deutete sie auf ihr Gesicht. „Meine Augen sind hier oben“, bemerkte sie und lächelte, obwohl sie ihren Kollegen für diese Unverschämtheit am liebsten eine gepfeffert hätte. Izumos Alkoholröte verdunkelte sich und er schaute beschämt weg, doch Kotetsu blieb unbeeindruckt auf den Ansatz ihrer Brüste fixiert. „Rechnet ihr euch Chancen auf einen Preis aus?“, fragte sie freundlich weiter. Kotetsu seufzte und richtete deprimiert seinen Blick von ihr ab. „Nö“, sagte er, „unsere Träume waren so belanglos, dass sie in den Zusammenschnitt im Abspann verbannt wurden.“ Izumo nickte. „Jeder zweite Kerl träumt wohl von ’ner festen Freundin.“ Er grinste anzüglich und fuhr fort: „Shikamaru war da keine Ausnahme.“ Sein Kumpel kicherte mädchenhaft. „Hast ihn sicher schon abserviert, was?“ Temari runzelte die Stirn. „Nein.“ Sie machte eine kurze Pause und musterte die Zwei eingehend. Beide glubschten sie neugierig an. „Ich hab ihn abgeschleppt und mit ihm geschlafen.“ Die beiden starrten sich fassungslos in die Augen und prusteten los. „Guter Witz!“, brüllte Kotetsu und schlug Izumo auf den Rücken. Dieser schnappte nach Luft. „Und was für einer!“, japste er. „Du hast ihn abgeschleppt! Ich kann nicht mehr!“ Die Chuunin wieherten um die Wette und Temari war versucht, zu gehen und sich einen anderen Tisch zu suchen. Stattdessen setzte sie ein künstliches Grinsen auf und trank ihre Bowle aus. Sie hatte nicht vorgehabt, sich zu betrinken, aber die Gesellschaft der zwei Deppen vor ihr machten ihr diesen Gedanken schmackhaft. „War er denn gut?“, flachste Kotetsu weiter. Sie stellte ihr Glas auf dem Tisch ab. „Er ist der Beste, den ich je hatte“, antwortete sie trocken. Zwei Paar betrunkene Augen glänzten sie an, dann warf sie ihren Kopf in den Nacken und brach ebenfalls in Gelächter aus. --- Tsunade rieb sich die Schläfen. Ihr Schädel pochte, in ihrem Kopf drehte sich alles und ihr Magen tanzte den wildesten Samba ihres Lebens. Keine gute Kombination. Sie hielt sich die Hand vor dem Mund und torkelte zur Tür. Erst im dritten Anlauf gelang es ihr, sie zu öffnen. Sie stürzte auf den Flur und legte den Sprint ihres Lebens ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)