Last Desire 4.5 von Sky- (Another Desire) ================================================================================ Kapitel 15: Ein großes Geschenk ------------------------------- Am nächsten Morgen wachte Andrew noch vor Oliver auf, da dieser bis spät in die Nacht wohl noch am Telefon herumgewerkelt hatte, um den Klingelterror zu beenden. Aber das war ja auch nicht wirklich schlimm, so hatte Andrew auch mal die Gelegenheit, das Frühstück vorzubereiten, nachdem Oliver es schon so oft gemacht hatte. Damit konnte er ihm auch mal eine Freude machen. Nachdem er gestern in der Dusche umgekippt war, fühlte er sich inzwischen wie neugeboren und hatte richtig gute Laune. Er fühlte sich sogar so gut, dass er dabei „Titanium“ sang und gar nicht mehr sein Grinsen aus dem Gesicht bekam. Irgendwie staunte er selbst darüber, dass er so gut drauf war und fragte sich auch, warum er denn eigentlich so eine gute Laune hatte, aber er dachte einfach: das muss wohl die Liebe sein. Als er gerade dabei war, Kaffee zu kochen und Rührei zuzubereiten, kam Oliver in die Küche geschlurft, nuschelte ein „Guten Morgen“ und gähnte laut. Er sah wirklich müde aus und hätte wahrscheinlich noch eine Stunde Schlaf gut gebrauchen können. Da sein Haar oft nach dem Aufwachen vollkommen zerzaust war, hatte er es wie immer zu einem Zopf zusammengebunden. Er setzte sich sogleich an den Tisch und goss sich eine Tasse Kaffee ein. Als er Andrew so sah, lächelte er und bemerkte „Du scheinst ja richtig gute Laune zu haben, oder?“ „Kann schon sein. Ist es so offensichtlich?“ „Na hör mal. Dir strahlt ja regelrecht die Sonne aus’m Arsch und du singst sogar dabei noch. So habe ich dich ja noch nie erlebt. Egal was du nimmst, du solltest mal öfter was davon nehmen.“ Verlegen wich Andrew seinem Blick aus und sagte nichts. Schließlich setzte er sich zu ihm und nahm auch selber einen Schluck Kaffee. „Dafür braucht man sich nicht zu schämen, wenn man nach gutem Sex auch gute Laune hat. Dann weiß ich ja, dass ich auch alles richtig gemacht habe.“ Hier wurde Andrew hochrot im Gesicht und wäre in diesem Moment am liebsten im Boden versunken. Warum musste Oliver immer alles so unverblümt sagen? Zum Glück waren sie alleine, sonst wäre das ja noch schlimmer! Dann aber wechselte Oliver das Thema. „Morgen treffen wir uns übrigens mit den Kids, wir wollen eine alte Fabrikhalle mit Graffiti verschönern. Und nachher wollte ich noch zum Anime Store und mir noch ein paar Sachen holen.“ „Hast du nicht schon genug Animes?“ „Man kann nie genug haben. Ich wollte mir noch unbedingt die One Piece Filme, den Anime „No.6“ und die Mangareihe „Naru Taru“ holen. Du kannst ja gerne mitkommen, wenn du willst.“ Naja, das war jetzt nicht gerade Andrews Interessengebiet und so lehnte er ab. „Ich werde hier erst mal wieder Ordnung schaffen und danach ein wenig spazieren gehen. Außerdem muss ich noch ein paar Sachen haben.“ „Okay. Einen Moment, ich muss dir noch was geben, bevor ich es vergesse.“ Damit stand Oliver auf und verließ kurz die Küche. Er kam wenig später mit einem Umschlag zurück und überreichte ihn Andrew. Dieser verstand nicht so wirklich, was das sein sollte und so fragte er „Was ist das?“ „Ich hab mich mit dem Vorstand bequatscht. Immerhin hast du die Pläne für den GSK fertig gestellt und da Dr. Kasakowa seit zwanzig Jahren tot ist, hast du die Patentrechte. Und da sie absolut begeistert von den Ergebnissen des Prototyps sind, wollen sie dich damit beauftragen, einen weiteren Schaltkreis zu konstruieren. In dem Umschlag sind zwei Schecks, die Vention dir ausstellt. Der erste ist eine Entschädigung für die Dinge, die Dr. Brown dir angetan hat und zudem noch eine Art Schadensersatz, weil er den GSK als seine Arbeit verkauft hat. Auf dem anderen Scheck ist der Vorschuss, den sie dir zahlen, wenn du den Schaltkreis bauen solltest.“ Andrew öffnete den Umschlag und holte die beiden Schecks heraus. Ihm verschlug es fast die Sprache, als er die Summen sahen, die da aufgeschrieben waren und er wäre beinahe umgekippt. Das war so viel Geld… Wie um alles in der Welt konnte das möglich sein? Vor knapp zwei Wochen hatte er noch rein gar nichts gehabt, nicht mal Papiere oder sonst irgendwelche persönlichen Sachen und jetzt hielt er zwei Schecks mit Millionenbeträgen in Händen. „Da-das ist… aber… ich habe noch gar nicht den Gedankenschaltkreis gebaut, Oliver. Ich hab nur die Pläne fertig gestellt, das war es auch schon.“ „Das weiß ich. Aber es ist niemanden sonst auf der Welt gelungen, Dr. Kasakowas Pläne zu entschlüsseln und die fehlenden Komponenten zu finden, die es braucht, um einen elektronischen Gedankenschaltkreis und damit eine künstliche Seele zu bauen. Damit hast du selbst L übertroffen und bewiesen, zu was du fähig bist. Deshalb bin ich auch der festen Überzeugung, dass du es schaffen kannst, einen Schaltkreis zu bauen, der sogar den bei weitem übertrifft, den du jetzt trägst. Du kannst alles schaffen, wenn du nur an dich glaubst. Und ich glaube daran, dass du es schaffen kannst.“ „Und… wie viel Zeit hätte ich dafür?“ „Vention gibt dir einen Zeitrahmen von zwei Jahren. Das heißt, du hast erst mal keinen Zeitdruck und mit dem, was du hast, kannst du in der Zeit sogar zwei oder mehr Schaltkreise bauen. Du hast die vollständigen Pläne, du trägst selbst einen solchen und außerdem habe ich sämtliche Forschungsergebnisse von Dr. Brown zusammengesammelt. Ich würde dir auch dabei helfen, den GSK zu bauen, daran soll es nicht scheitern. Aber mir war es wichtig, dass du auch für deine Arbeit honoriert wirst, die du damals geleistet hast und dass du vor allem dafür entschädigt wirst, dass du zehn Jahre lang als Versuchskaninchen missbraucht wurdest. Streng genommen könntest du Vention verklagen, weil sie deine Pläne als ihre ausgegeben und gegen deinen Willen deinen Körper zu Versuchszwecken benutzt haben. Nicht zu vergessen die zehn Jahre Freiheitsberaubung und die Geschichten, die Dr. Brown dir angetan hat. Da dies einen großen Skandal für Vention bedeuten würde, kommen sie dir entgegen und bieten dir eine Entschädigungssumme von zehn Millionen Dollar an, wenn du mit deiner Geschichte nicht vor Gericht gehst und damit auch nicht zur Presse rennst. Gleichzeitig bieten sie dir den Auftrag an, einen zweiten Gedankenschaltkreis zu bauen und würden dir fünf Millionen im Voraus zahlen und weitere zwölf Millionen, wenn es dir gelingen sollte, einen funktionsfähigen Gedankenschaltkreis zu bauen.“ Andrew musste sich setzen, denn so ganz hatte er die Tatsache noch nicht verdaut, dass er jetzt einen so gewaltigen Geldsegen bekam. Wenn man es so bedachte… Vor nicht gerade mal zwei Wochen hatte er kein Geld, keine persönlichen Sachen, eigentlich gar nichts gehabt und hatte sich notgedrungen von Oliver aushalten lassen. Und jetzt bot Vention ihm zehn Millionen Dollar Entschädigung an und noch mal fünf Millionen im Voraus, wenn er es schaffte, innerhalb von zwei Jahren einen funktionsfähigen Gedankenschaltkreis zu bauen. Und dann würde er noch mal zwölf Millionen kriegen. Wie konnte das nur so kommen? Oliver erklärte es ihm. „Vention will an den GSK, das ist nun mal Fakt. Aber Problem ist, dass du den Prototypen hast und wenn sie ihn dir rausnehmen, stirbst du. Also bleibt denen nichts anderes übrig, als jemanden zu finden, der in der Lage ist, einen zweiten zu bauen und da Dr. Brown verschwunden ist und kaum sonst jemand in der Lage ist, die Pläne zu verstehen, wollen sie dich mit ins Boot holen und dir diesen Job anbieten. Die wissen, dass du echt was im Kopf hast und wenn der Gedankenschaltkreis tatsächlich Menschen ein zweites Leben ermöglicht oder sie aus dem Koma holen kann, dann wäre das ein enormer Durchbruch in der medizinischen Forschung. Das wäre mit Sicherheit würdig für den Nobelpreis und damit gleichzeitig eine enorme Werbekampagne für Vention. Also wollen sie in dich investieren. Aber keine Sorge! Wenn du sagst, du würdest es nicht hinkriegen, kannst du den Auftrag ablehnen. Wenn du dir das zutraust und sagst, du willst es versuchen, werde ich dich natürlich unterstützen und dir dabei helfen, den Schaltkreis zu bauen. Und du brauchst auch kein schlechtes Gewissen wegen der Entschädigung zu haben. Das Geld steht dir zu und außerdem wird sich Vention das Geld von Dr. Brown wiederholen. Ich muss ihm ohnehin noch die zehn Millionen wieder abnehmen, die er unterschlagen hat. Also wird es einzig und allein Dr. Brown schaden, wenn du die Kohle annimmst.“ Andrew war vollkommen sprachlos und wusste gar nicht, wie ihm geschah. Passierte das hier gerade wirklich, oder träumte er noch irgendwie? „Das… das ist…“ „Nicht mal Ansatzweise eine angemessene Entschädigung für die zehn Jahre, die für dich die Hölle gewesen waren. Geld kann nichts wieder gut machen, was du erlitten hast. Die zehn Jahre kann dir niemand mehr zurückgeben und du leidest immer noch darunter. Sieh das Geld also als eine gute Investition an, dass wenigstens deine Zukunft besser wird.“ „Aber gleich so viel?“ „Missbrauchsopfer kriegen im Durchschnitt 3,4 Millionen zugesprochen. Selbst wenn du den Auftrag ablehnen oder es nicht schaffen solltest, den GSK zu bauen, darfst du die fünf Millionen behalten und kriegst die zwölf Millionen trotzdem ausgezahlt. Andy, mit dem Geld kannst du dir ein neues Leben aufbauen und brauchst dir keine finanziellen Sorgen mehr machen. Hat mich ein bisschen Zeit und Nerven gekostet, aber Ridley war auch der Meinung, dass dir eine Entschädigung zusteht und er hat auch recht schnell eingelenkt. Und du brauchst wie gesagt kein schlechtes Gewissen haben. Vention ist ein steinreicher Konzern, da tut denen eine solche Summe nicht sonderlich weh.“ Doch Andrew war immer noch völlig überwältigt und wurde von seinen Gefühlen übermannt. Oliver ging zu ihm hin und nahm ihn in den Arm. Das war alles ein bisschen viel für ihn auf einmal und vor allem hätte er nie im Leben damit gerechnet. Es war schon wieder eine von diesen völlig überraschenden Aktionen von Oliver, die man nicht vorhersehen konnte und die einen regelrecht umhauen konnten. „Seit… seit wann hattest du…“ „Gleich schon an dem Tag, als du bei mir eingezogen bist. Wenn du dich noch recht erinnerst, kam ich doch zwei Stunden zu spät und durfte mir von L und Beyond eine Standpauke anhören. Da war ich bei Vention gewesen und habe die Bedingungen und die Summe ausgehandelt. Es hatte allerdings noch etwas gedauert, bis auch alles abgewickelt war. Die Einverständniserklärung, dass du auf rechtliche Schritte verzichtest und über den Skandal schweigen wirst, kannst du ja noch später unterschreiben. Ich wäre ja gerne viel früher mit den Schecks gekommen, aber da dieses Großprojekt gerade in der Endphase steckte und wir alle unter Zeitdruck standen, hat es sich leider etwas verzögert.“ Doch es dauerte noch ein wenig, bis Andrew wirklich alles so verarbeitet und vor allem realisiert hatte, dass er 27 Millionen bekam und zudem noch die Chance erhielt, für Vention zu arbeiten, wenn er einwilligte, einen zweiten Gedankenschaltkreis zu bauen. Wirklich unfassbar, was Oliver für ihn getan hatte. Er legte sich so sehr ins Zeug für ihn und konnte Vention tatsächlich dazu bringen, ihm so viel Geld zu geben und dann auch noch einen Job anzubieten. Vollkommen überwältigt kamen ihm die Tränen und er umarmte Oliver. „Ich weiß wirklich nicht, wie ich dir dafür danken soll, Oliver. Du nimmst meinetwegen so viel auf dich…“ „Schon gut. Selbst wenn Vention sich komplett quergestellt hätte, ich hätte trotzdem so entschieden, weil ich Anteile am Konzern besitze. Ich bin quasi Mitinhaber, nachdem ich den Konzern vor der Pleite gerettet und ihn wieder auf Kurs gebracht habe. Ich hab es nur nicht eigenmächtig getan, weil ich keinen Stress mit Ridley und Walden haben wollte. Immerhin sind die beiden gute Freunde von mir. Es lag mir aber vor allem sehr an Herzen, dass sie dir diesen Job anbieten, damit du dir auch selber beweisen kannst, dass du mehr kannst, als du dir selbst zutraust. Du hast was auf dem Kasten, Andy. Dir ist etwas Unglaubliches gelungen und lass dir von niemandem sagen, dass du wertlos, nutzlos oder nicht liebenswert bist. Das stimmt alles nicht und wer dir das sagt, der ist einfach nur ein Arschloch und verdient einen Schlag ins Gesicht. Sorry, dass ich das so hart sage, aber es stimmt. Du bist so ein wunderbarer Mensch und in dir steckt so viel. Deshalb darfst du das auch nicht einfach so verschwenden. Niemand verlangt von dir, jemand anderes zu sein so wie damals in Wammys House. Überlege es dir einfach, okay? Nutze dieses Angebot als Chance, um vor allem dir selbst zu beweisen, dass du nicht unfähig oder nutzlos bist. Denk einfach an das Erlebnis in der Kletterhalle: selbst wenn du es nicht ganz nach oben schaffst, so zählt allein die Strecke, die du geschafft hast und dass du über deine Grenzen hinausgegangen bist. Du hast nichts zu verlieren und ich werde dich in jeder Hinsicht unterstützen, wenn du ein Problem hast oder irgendwo Hilfe brauchst. Es wäre mir nur wichtig, dass du es wenigstens versuchst. Glaub mir, das wird vor allem dein Selbstvertrauen enorm stärken. Egal ob du es schaffst oder nicht.“ Oliver ist wirklich unglaublich. Er legt sich so sehr ins Zeug für mich und tut dann noch so, als wäre es das Mindeste, was er für mich tun kann. „Oliver… ich… ich danke dir. Ich glaube, ich werde dir niemals genug danken können, für das, was du für mich tust.“ „Natürlich kannst du das. Nämlich, indem du öfter so glücklich sein kannst wie vorhin oder wie auf der Party. Und eines darfst du niemals vergessen: du bist das größte Glück in meinem Leben. Dich so glücklich zu sehen, habe ich mir immer gewünscht und das schon seit dem Tag, als ich mich in dich verliebt habe. Aber immerzu habe ich nur dieses so traurige und hoffnungslose Lächeln gesehen, als hättest du schon längst den Glauben an diese Welt verloren. Es hat mir immer so wehgetan, dich so zu sehen und du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich es mich dann macht, wenn dein Lächeln wirklich eines ist und es auch von Herzen kommt.“ Ich habe wirklich großes Glück, hier bei Oliver zu sein. All die Jahre habe ich mich gefragt, warum ich wieder ins Leben zurückgeholt wurde und warum ich das überhaupt alles ertragen habe. Doch jetzt, da ich mit Oliver zusammen bin, bin ich echt froh, dass ich wieder lebe und dass ich auf Frederica gehört und das Institut verlassen habe. Es hätte mir wirklich nichts Besseres passieren können, als zu Oliver zu kommen. So einen herzensguten Menschen habe ich in meinem Leben wirklich nicht verdient. Mit einem liebevollen Kuss löste sich Oliver von ihm und wischte Andrew die Tränen aus dem Gesicht. „So, ich geh jetzt erst mal ins Bad und bin danach auch gleich weg. Wenn ich wieder zurück bin, koche ich heute was richtig Gutes zur Feier des Tages.“ Damit verabschiedete sich der Hacker von ihm und verließ die Küche. Andrew blieb noch eine Weile sitzen und musste das erst mal verdauen. Das war einfach zu viel für ihn und er konnte nicht glauben, dass das alles hier wirklich passierte. Vor zwei Wochen hatte er nichts gehabt und wollte einfach nur sterben, jetzt lebte er in einem so großen Haus zusammen mit Oliver, der ihn wirklich auf Händen trug und so viel für ihn tat, um ihm seine Lebensfreude zurückzugeben und jetzt hatte er auch noch so viel Geld. Und nicht nur das: er hatte auch noch ein Jobangebot von Vention bekommen, dass er einen Gedankenschaltkreis konstruierte. Sein ganzes Leben war dabei, sich von Grund auf zu verändern und war eigentlich kein Vergleich mehr zu diesem trostlosen Dasein, welches er bis vor kurzem noch gefristet hatte. Vorher hatte er eigentlich nur dahinvegetiert und die gelegentlichen Gespräche mit Frederica waren die einzigen kleinen Lichtblicke gewesen. Aber jetzt hatte er das Gefühl, dass er wirklich lebte und er hatte auch selbst bereits gemerkt, dass er langsam dabei war, sich Olivers Philosophie zu Herzen zu nehmen und einfach das zu tun, was er gerne tun wollte. Nun gut, er war noch ein wenig zögerlich und so ganz traute er sich noch nicht, aber er versuchte es wenigstens und er sprach auch offen über seine Sorgen und Probleme. Vor einer Weile wäre das noch nicht mal im Ansatz vorstellbar gewesen, weil er dazu geneigt hatte, immer alles still zu ertragen und einfach zu lächeln. Nun gut, er war immer noch schüchtern und unsicher und es fiel ihm auch schwer zu glauben, dieses Glück stünde ihm auch wirklich zu, aber er war inzwischen offener als vor zwei Wochen. Nachdem er die Küche aufgeräumt hatte, ging auch er ins Bad und machte sich fertig. Da es draußen ziemlich kalt war, zog er einen Schal und auch Handschuhe an. Da Oliver sowieso in die Innenstadt wollte, fuhren sie gemeinsam mit dem Auto dorthin, dann trennten sich ihre Wege. Andrew musste noch dringend einige Sachen einkaufen, die er noch brauchte und außerdem wollte er etwas ganz Bestimmtes tun. Gestern Abend hatte er ja noch regelrecht gegrübelt, aber inzwischen hatte er sich entschieden und war sich sicher, dass es eine gute Idee war. Und mit Sicherheit würde Oliver nicht damit rechnen, dass er so etwas tun würde. „Hast du deine Uhr an?“ Andrew hob sein Handgelenk, um es ihm zu zeigen. „Zwei Mal das Glas herunterdrücken, dann wird der Sender aktiv. Ich hab’s nicht vergessen.“ Irgendwie kommt er mir manchmal wie ein guter Freund, dann wie ein durchgeknallter Spinner und dann wie eine Art fürsorglicher Vater vor. Oliver war eben ein Mann mit vielen verschiedenen Gesichtern. Deshalb schaffte er es auch immer wieder, seine Mitmenschen so zu überraschen. Aber ich kann auch überraschen, der wird sich noch wundern! Nachdem Andrew ausgestiegen war, machte er sich auf den Weg und suchte sogleich die Adresse, die er sich gestern Abend herausgesucht hatte. Weit konnte es ja nicht sein. Tatsächlich fand er nach einer Weile das Studio und wurde sogleich von einem jungen Mann mit brünettem Haar und zierlichem Körperbau begrüßt, der irgendwie nicht so wirklich in diesen Laden passte, sondern eher den Anschein erweckte, er hätte sich versehentlich hineinverirrt. „Guten Tag, kann ich Ihnen helfen?“ „Vielleicht. Meinen Sie, Sie würden das hier hinbekommen?“ Andrew holte aus seiner Tasche eine Zeichnung hervor und zeigte sie dem Mann. Dieser betrachtete die Zeichnung eine Weile und nickte schließlich. „Klar, das ist kein Problem. Dann kommen Sie mal mit.“ Andrew folgte ihm und wurde zu einer Liege geführt. Sogleich begann er seinen Oberkörper zu entkleiden und legte sich hin. „Ist es Ihr erstes?“ „Ehrlich gesagt ja. Die Idee ist mir eher spontan gekommen.“ „Sie haben es sich aber auch gut überlegt, oder? So ein Tattoo bleibt ewig, oder es braucht mehrmalige Laserbehandlungen, um es wegzukriegen.“ „Ja, ich habe es mir gut überlegt.“ „Dann ist ja gut.“ Damit begann der Tätowierer mit seiner Arbeit. Die Nadel stach in die blasse Haut und Andrew biss sich auf die Unterlippe. Er hatte mit Schmerzen gerechnet, trotzdem fühlte es sich unangenehm an und er hätte gerne auf die Schmerzen verzichtet, aber er war trotzdem bereit, sie zu ertragen. Denn er wusste, wofür er das machte und deshalb konnte er damit gut leben. Schließlich, nach knapp ein oder zwei Stunden, war die Arbeit endlich fertig und der Tätowierer legte die Nadel beiseite. „So, das wär’s dann.“ Andrew stand auf und ging zum Spiegel hin, um sich selbst ein Bild davon zu machen. Und tatsächlich sah es genauso aus wie auf seiner Zeichnung. Andrew lächelte zufrieden und zog seine Sachen wieder an. „Wirklich gut geworden. Es sieht sehr schön aus.“ Damit bezahlte er den Tätowierer, legte noch ein kleines Trinkgeld oben drauf und verabschiedete sich dann. Insgeheim war er schon stolz auf sich selbst, dass er diesen Schritt gewagt und einfach mal das gemacht hatte, was er wollte, ohne immer nur an das „wenn“ und „aber“ zu denken. Dieses Tattoo war sein Liebesbeweis für Oliver und auch ein Beweis an sich selbst, dass er mutiger sein konnte, als er selber von sich erwarten würde. Glücklich und zufrieden bog er um eine weitere Straßenecke und war gerade dabei, an einem Cafe vorbeizugehen, da hörte er plötzlich eine weibliche Stimme, die ihn rief „Hey! Sind Sie nicht dieser Andy?“ Sofort drehte er sich um und erkannte, dass es Dr. Rickfield war. Und sie kam direkt auf ihn zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)