Last Desire 4.5 von Sky- (Another Desire) ================================================================================ Kapitel 3: Aufräumaktion ------------------------ Die Nacht hatte Andrew problemlos durchgeschlafen und er fühlte sich auch gleich viel besser. Einzig das Chaos im Haus dämpfte seine gute Laune ein klein wenig und in der Küche traf er sogleich auf Oliver, der am Herd stand und das Frühstück vorbereitet hatte. Wie schon am Tag davor zeigte er seine Kochtalente und setzte sich sogleich mit einer Tasse Kaffee zu Andrew an den Tisch. „Du siehst deutlich besser aus als gestern, Andy. Hast du gut geschlafen?“ „Ja. Und die Kopfschmerzen sind auch wieder weg. Ich fühl mich auch viel besser.“ Oliver goss Kaffee ein und widmete seine Aufmerksamkeit schließlich der Morgenzeitung, die er eher halbherzig überflog und wohl nur Sachen durchlas, die auch sein Interesse weckten. Andrew selbst schwieg die meiste Zeit und überlegte sich, was er wohl sagen sollte. Und Oliver entging nicht, dass seinem Mitbewohner wohl irgendwas auf dem Herzen lag und er irgendwie ziemlich angespannt wirkte. „Sehe ich morgens so gruselig aus?“ „Wie bitte?“ „Du wirkst ziemlich nervös und das schon seit gestern. Wenn du irgendetwas hast, dann sag es ruhig.“ Doch Andrew schüttelte den Kopf und sagte sofort „Nein, schon gut. Es ist nichts, ich will dir nicht noch mehr zur Last fallen.“ Doch seine gesamte Körperhaltung sagte etwas anderes, das sah doch ein Blinder und auch dieses scheinbar fröhliche Lächeln durchschaute man auch sofort. Ach daher weht der Wind, dachte sich der Hacker und aß etwas von seinem Rührei. Der Gute hat also immer noch seine Probleme damit, Hilfe anzunehmen, ohne gleich zu denken, er wäre eine Belastung. Na, das wird sicher noch ein gutes Stück Arbeit mit ihm werden. Aber das krieg ich auch schon hin. Der wird sich noch wundern. „Du fällst mir nur dann zur Last, wenn du nichts sagst und ich mir meinen Teil zusammenrätseln muss, was dir gerade durch den Kopf geht. Wenn du mit mir redest, können wir eine Lösung für das Problem finden. Und deine Probleme lösen sich nicht dadurch, wenn du einfach schweigst und sagst, alles ist okay. Ich dachte, du wolltest dein Leben in den Griff bekommen und dich ändern.“ Da hatte er auch wieder Recht und Andrew sah wohl ein, dass er wohl darüber reden musste, was ihn so beschäftigte. Auch auf die Gefahr hin, dass er Oliver vielleicht damit nerven würde. „Ich bin dir ja echt dankbar, dass du mich aufgenommen hast. Aber irgendwie komme ich mir wie ein totaler Schmarotzer vor, weil ich hier einfach so wohnen darf und nichts mache. Und… na ja, irgendwie stört mich einfach das ganze Chaos hier im Haus. Ich weiß ja, dass es dein Haus ist und ich mich da nicht beschweren sollte…“ „Es ist nicht nur mein Haus“, unterbrach Oliver ihn und hob eine Hand, um zu signalisieren, dass Andrew still sein sollte. „Du bist hier nicht mein Gast, sondern mein Mitbewohner und wenn dich das Chaos hier stört, dann ist es doch okay, wenn du das sagst. Bevor du noch vor lauter Ärger ein Magengeschwür kriegst, können wir doch überlegen, was wir dann dagegen tun sollen. Und wenn du eine Aufgabe brauchst, um kein schlechtes Gewissen zu haben, dann können wir uns ja gemeinsam überlegen, was du tun könntest, um mich zu unterstützen. Ist doch alles kein Problem! Für alles gibt es eine Lösung, man muss sich einfach nur zu helfen wissen und auch darüber reden.“ Andrew überlegte kurz, was er denn machen könnte. Kochen fiel schon mal aus. Dafür hatte er überhaupt kein Talent und es war offensichtlich, dass Oliver viel besser darin war. Das Gleiche galt für den Computer. Also was gab es denn, was er machen könnte? Eine Idee kam ihm schließlich. „Ich könnte hier doch Ordnung machen, wenn du das nicht schaffst.“ „Echt?“ fragte der Hacker etwas skeptisch und hob die Augenbrauen. „Du weißt aber schon, was du dir damit antust, ja? Nur um es mal klarzustellen: ich versuch schon seit Jahren, irgendwie Ordnung zu halten, hab es aber nie hingekriegt. Dementsprechend wird da ziemlich viel Arbeit auf dich zukommen. Nun gut, die Kisten können wir nachher gemeinsam ins Lager rüberbringen, damit wir wieder genug Platz haben. Aber vielleicht wäre es besser, ich würde eine Putzkraft einstellen.“ Doch Andrew war fest entschlossen, sich nützlich zu machen und so wenigstens einen kleinen Teil beizutragen. So konnte er wenigstens ein klein wenig Dankbarkeit zeigen, dass Oliver ihn bei sich wohnen ließ und sich um die Wartungen des Gedankenschaltkreises kümmerte. „Es ist schon okay. Du sagtest doch selbst: wenn ich eine Aufgabe brauche, können wir uns was Passendes überlegen. Du kannst keine Ordnung halten, aber ich bin stets von der Ordnung Freund gewesen. Also werde ich mich um das Haus kümmern, wenn du mit deinen Hobbys und deinen Arbeiten beschäftigt bist, wenn das für dich okay ist.“ „Klar ist es das. Aber beim Einlagern der Kisten helfe ich mit. Ein paar von denen sind saumäßig schwer und ich glaub nicht, dass du das alleine packst. Ich frag aber sowieso noch Ridley, ob er mithilft, dann geht es schneller. Ridley ist ein alter Freund von mir. Er ist der Sohn des Konzernleiters bei Vention und wir beide sind quasi wie Brüder. Ich wette, ihr werdet euch super verstehen. Ich ruf ihn gleich mal an und frage ihn, ob er hilft.“ Andrew war noch ziemlich überrumpelt von dieser überraschenden Entwicklung. Oliver diskutierte nicht mal großartig mit ihm, oder versuchte irgendwie, ihm die Idee wieder auszuschlagen Nein, stattdessen erklärte er sich einverstanden und sagte sofort seine Hilfe zu. Damit hatte der 25-jährige nun nicht wirklich gerechnet. Oliver holte sein Handy hervor und wählte eine Nummer. Gut gelaunt rief er „Hey Ridley, du alter Sesselschwitzer, wie läuft es denn so? Du hör mal, ich bräuchte nachher mal deine Hilfe. Ich muss ein paar Kisten einlagern und brauch dabei jemanden mit starken Armen. Was? Klar doch! Ja, kein Problem. Ich richte den anderen schöne Grüße von dir aus. Okay, bis später!“ Damit legte er auf und wirkte zufrieden. „Auf Ridley kann man sich immer verlassen. Der Gute ist echt nicht mit Gold aufzuwiegen. Genauso ein Spaßvogel wie Elijah. Ich glaube, ihr beide werdet euch super verstehen.“ Oliver erklärte, dass Ridley Tanner der einzige Sohn von Walden Tanner, den Konzernleiter von Vention war und nicht nur ein hervorragender Geschäftsmann, sondern auch ein absolut korrekter Kerl war, mit dem man immer Spaß haben konnte. So erzählte er auch von einer Büroparty, als sie alle auf ihren Drehstühlen Hockey während der Mittagspause gespielt hatten. Andrew schüttelte bei diesen Geschichten ungläubig den Kopf. „Und ich dachte, bei Vention läuft immer alles so ernst zu.“ „Wir sind auch ernst bei der Arbeit, aber wir haben auch unseren Spaß dabei. Und nichts ist langweiliger als irgendwelche Anzugträger mit Krawatte, die zum Lachen in den Keller gehen und mit ihrer dicken Rolex in den teuersten Limousinen durch die Gegend fahren und sich irgendwelche Edelnutten auf die Hotelzimmer holen. So einer ist Ridley auch nicht. Auch wenn er verdammt viel Kohle hat, geht er lieber in einen Imbiss und feiert mit seinen besten Freunden. Ganz egal ob die nun steinreich sind oder nicht. Die meisten Freunde kennen wir noch aus dem Krankenhaus.“ „Ridley war im Krankenhaus?“ „Jep. Er war leukämiekrank und wäre beinahe gestorben. Hätte nicht viel gefehlt, aber er hat zum Glück noch die Kurve gekriegt. Und ich mit meinem schwachen Herzen damals war in einer ähnlichen Lage gewesen, das hat uns ziemlich zusammengeschweißt.“ Andrew verschwand schließlich nach dem Frühstück ins Bad, da er eine heiße Dusche dringend nötig hatte. Irgendwie fiel es ihm immer noch ziemlich schwer, sich auf all das hier einzulassen und vor allem, dass Oliver so entgegenkommend und hilfsbereit war. All das kannte er gar nicht und es war ihm auch irgendwie unangenehm, dass andere sich so sehr für ihn einsetzten und ihm halfen. Irgendwie wurde er immer noch von diesem einen Gedanken beherrscht, er hätte das alles nicht verdient. Dabei hatten Oliver und Beyond ihm doch schon oft genug gesagt, dass es nicht schlimm war, sich helfen zu lassen und dass er alleine nicht aus seiner beschissenen Lage herausgekommen wäre. Was bin ich nur für ein Idiot, dass ich mich nicht einfach freuen kann, dass ich bei Oliver lebe und er sich so gut um mich kümmert. Stattdessen jammere ich immer nur herum und bin nie zufrieden. Ich bin echt undankbar… Nachdem er fertig geduscht hatte, betrachtete er sich im Spiegel und ihm drehte sich der Magen um, als er die unzähligen blauen Flecke auf seinem Körper sah. Nicht nur auf seinem Rücken, sondern auch auf seiner Schulter, auf seiner Brust und noch an diversen anderen Stellen. Die noch nicht ganz verblassten Spuren, die ihn an das erinnerten, was Dr. Brown ihm angetan hatte. Er hatte allen Grund, diesen Mistkerl zu hassen, aber er konnte es nicht, zumindest nicht von ganzem Herzen. Stattdessen wollte ein Teil von ihm immer noch zurückkehren. Es klopfte an der Tür und Oliver meldete sich. „Ich hab dir ein paar frische Klamotten vor die Tür gelegt!“ Irgendwie kam ihm das alles so komisch vor, als wäre das hier bloß ein Traum und gar nicht real. Wie lange es wohl brauchte, bis er sich hieran gewöhnt hatte? Tja, das konnte er selbst noch nicht so wirklich sagen. Nach dem Mittagessen kam Olivers bester Freund Ridley Tanner vorbei. Er war ein ziemlich gut gelaunter Mensch und besaß eine ähnlich positive Ausstrahlung wie Oliver. Dafür, dass er der Sohn eines steinreichen Konzernleiters war, schien er gar nicht so steif und ernst zu sein, wie man es von jemandem seines Formats erwarten würde. Stattdessen riss er einen Witz nach dem anderen und grüßte Andrew herzlich, als würden sie sich beide schon ihr ganzes Leben lang kennen. „So, du bist also Ollis neuer Mitbewohner Andrew, richtig? Schön dich kennen zu lernen, ich bin Ridley. Ich hoffe, der Chaot vom Dienst hat dich noch nicht allzu sehr geärgert. Nicht wahr, du alter Ire?“ „Hey, so fies bin ich nun auch nicht, Dumpfbacke! Und schalt ruhig mal einen Gang runter, du machst dem Ärmsten ja noch Angst.“ Ridley, der im ganzen Gesicht Sommersprossen hatte, eine ziemlich teure Brille trug und dennoch etwas zerzaustes brünettes Haar hatte, musterte Andrew neugierig und lächelte schließlich. „Irgendwie erinnert er mich an dich, als ich dich damals im Krankenhaus kennen gelernt habe, Olli.“ „Ich weiß. Bevor ich dich und die anderen getroffen habe, war ich wirklich hoffnungslos. Aber wir sind nicht zum Quatschen hier. Ich wollte die Kisten mit meinen ganzen Erinnerungsstücken ins Lagerhaus bringen, damit ich hier wieder genug Platz habe.“ „Kein Problem. Was hast du denn dieses Mal alles erlebt?“ „Ach das Übliche. Eine Reise nach Afrika, Tauchen mit Haien, Korallenriffe aufgesucht und ich war auf dem Kilimandscharo. Eine Zeit lang war ich Voodoo-Priester und Schamane.“ „Du kommst ja auch immer auf Ideen. Und ich dachte schon, du bist verrückt, als du plötzlich unbedingt alles über Origami wissen wolltest und dein ganzes Büro mit Kranichen zugemüllt hast. Oder als du plötzlich nur noch an Autorennen und Motocross denken konntest und ein Rennen nach dem anderen gefahren bist, als hättest du zu viel Need for Speed gezockt.“ „Oder als ich sämtliche Sekten abgehakt und mich mit sämtlichen Religionen auseinandergesetzt habe.“ „Stimmt. Mal warst du Buddhist, dann Hindu, dann Muslime und dann plötzlich Jude. Echt Mann, ich kenne keinen Menschen, der so sprunghaft ist wie du, mein Freund. Aber zumindest hast du immer wieder genug zu erzählen, wenn du mal vorbeischaust. Und die Kinder freuen sich ja auch immer wieder, deine Geschichten zu hören.“ Gemeinsam begannen sie die unzähligen Kisten zuzukleben, zu beschriften und dann in einem Anhänger zu verstauen, den Ridley mitgebracht hatte. Während Oliver die Kisten beschriftete, zuklebte und in den Hausflur stellte, brachten die anderen beiden alles in den Anhänger. Dabei fragte Ridley nebenbei „Und wie lebt es sich so bis jetzt bei Oliver?“ „Ganz gut“, murmelte Andrew, klang dabei aber nicht gerade überzeugend. „Ich brauch aber wohl noch eine Weile, bis ich mich an diese neue Situation gewöhnt habe.“ „Kann ich verstehen. Oliver kann auch manchmal etwas anstrengend sein, wenn er seine Hobbys auslebt.“ „Kann schon sein, ich hab es bis jetzt noch nicht so richtig miterlebt. Jedenfalls hat er schon etwas seltsame Verhaltensweisen. Ich meine, er schmeißt Melonen vom Dach!“ „Na und? Mach ich auch jedes Mal, wenn der Stress zu viel wird. Ob du es glaubst oder nicht, aber solche Sachen helfen wirklich. Aber auch wenn Oliver ein schräger Vogel sein kann, er besitzt ein großes Herz und ihm verdanke ich mein Leben. Hätte er mir nicht sein Knochenmark gespendet, wäre ich damals garantiert gestorben.“ Andrew hielt inne, als er das hörte. Davon hatte Oliver doch gar nichts erwähnt gehabt. Zwar hatte er erzählt, dass er und Ridley sich im Krankenhaus kennen gelernt hatten, aber von einer Knochenmarkspende war gar nicht die Rede gewesen. Ridley bemerkte die Reaktion, schien aber nicht sonderlich verwundert zu sein und fragte „Er hat dir nichts erzählt, oder?“ „Nein, nicht wirklich?“ „Würde auch nicht zu ihm passen, wenn er es so herumposaunt. Er prahlt nicht gerne mit so etwas, sondern sagt ganz einfach, es wäre eine Selbstverständlichkeit für ihn, anderen Menschen zu helfen und auch ihr Leben zu retten, wenn er die Möglichkeit dazu hat. Immerhin hat er selbst nur durch eine Spende weiterleben können, denn früher oder später wäre er an seinem schwachen Herzen gestorben. Und wenn ich so überlege… Elijah hat damals auch seine Niere für Stacey gespendet, obwohl er selber krank war. Aber er hat nie den Mut verloren und uns unsere Lebensfreude wiedergegeben. Und dank ihm ist Oliver jetzt so, wie er jetzt ist.“ Elijah… Oliver hatte diesen Namen kurz erwähnt. Und auch wenn es nur ein einziges Mal war, so hatte Andrew deutlich gesehen, dass Olivers Augen leuchteten und er regelrecht strahlte, als er Elijahs Namen erwähnte. „Wer ist dieser Elijah?“ „Ein guter Freund von uns. Als wir damals im Krankenhaus waren, hat er jeden erdenklichen Blödsinn angestellt, um uns und die anderen aufzumuntern. Als ich von der Chemotherapie kam und kaum laufen konnte, hat er mich in einen Rollstuhl verfrachtet und hat sich sogleich ein paar andere Kinder geschnappt, mit denen er durch die Gänge um die Wette gerast ist. Dabei hat er Oliver fast über den Haufen gefahren, so haben wir ihn jedenfalls kennen gelernt. Und ein Mal hat Elijah für einen Jungen, der Krebs im Endstadium hatte und nur noch drei Monate zu leben hatte, eine Nutte bezahlt, damit er nicht als Jungfrau sterben musste. Nun gut, wir alle waren damals minderjährig, aber wir hatten genug Kontakte, um Sachen wie gefälschte Ausweise oder Alkohol zu besorgen.“ Andrew schüttelte den Kopf, als er das hörte und konnte nicht glauben, dass manche Leute so etwas wirklich taten und wie sie auf solche Ideen kamen. Noch nie hatte er gehört, dass eine Gruppe Jugendlicher Ausweise fälschte und einem kranken Jungen eine Nutte bezahlte. „Dann scheint Oliver seine komischen Ansichten auch von Elijah zu haben, oder?“ „Kann man wohl sagen. Weißt du, Oliver und ich mussten immerhin mit der Befürchtung leben, dass wir bald sterben könnten. Und da hat man eben zwei Möglichkeiten: entweder sein Schicksal zu bedauern und bis zum letzten Moment nur zu jammern, oder die restliche Zeit nutzen, um seine Träume zu leben und dann wenigstens glücklich zu sterben. Wir haben uns für die zweite Möglichkeit entschieden und unser Leitmotto „Just Do It“ einfach beibehalten. Wenn ich dir einen guten Rat geben darf, Andrew: mach einfach Olivers Aktionen mit, so bekloppt sie auch erscheinen. Er weiß schon, was er tut.“ „Was, ein Rat? Hat Rat je bei Menschen gegolten?“ rief Oliver zu ihnen herüber und kam nun selbst mit einem Karton herbei, nachdem er all fertig beschriftet hatte. „Was erzählt ihr zwei Hübschen denn über mich?“ „Na, dass du ein schräger Vogel bist und Andrew fragt sich, ob dein Verhalten von einem schlechten Einfluss herrührt.“ „Ach was. Oscar Wilde pflegte in seinem Werk „Das Bildnis des Dorian Gray“ zu sagen: Es gibt weder guten noch schlechten Einfluss, denn jeglicher Einfluss ist unmoralisch.“ Es war schon schräg, wie die beiden alten Freunde miteinander redeten. Sie gingen total locker miteinander um und schienen es dem anderen nicht einmal übel zu nehmen, wenn dieser ihn beleidigte. Als wären die beiden tatsächlich wie Brüder. Nachdem die letzten Kisten verladen waren, fuhren sie alles gemeinsam in eine Lagerhalle, die sich nicht weit vom Hafen entfernt befand und die Oliver extra gekauft hatte, damit er dort seine unzähligen Andenken einlagern konnte. Es waren bereits einige Kisten da und darauf stand fein säuberlich geschrieben, um welches Hobby es sich denn handelte und so wie es aussah, waren es ziemlich viele. „Und was genau machst du mit all den Sachen, wenn sie eingelagert sind?“ „Die bleiben hier und wenn ich wieder Lust auf ein altes Hobby habe, krame ich meine Kisten wieder aus. Und wenn ich jemand anderes für irgendetwas begeistern kann, was ich selbst schon erlebt habe, dann kann ich ihm meine Andenken leihen. Und so habe ich tolle Erinnerungsstücke.“ Sie waren knapp eine Stunde beschäftigt, die Kisten aus dem Anhänger zu holen und einzulagern, dann kehrten sie zurück nach Hause und Oliver gab eine Runde Bier aus. Gemeinsam machten sie es sich gemütlich und erzählten Andrew über gute alte Zeiten und was sie für Blödsinn verzapft hatten. Sie lachten viel zusammen und die Stimmung war ausgelassen und sogar Andrew begann sich allmählich wohl zu fühlen. Schließlich, nachdem sie eine Weile so locker und fröhlich geredet hatten, fragte Ridley „Und du bist tatsächlich derjenige, der die Pläne zum Gedankenschaltkreis fertig gestellt hat und sogar einen Prototypen eingesetzt bekam?“ Andrew bestätigte das und musste dann auch erzählen, wie es dazu kam, dass ihm der Chip eingesetzt wurde. Aber als er sich dann wieder an die Zeit bei Dr. Brown erinnerte, sank er unmerklich zusammen und das entging Ridley durchaus nicht. Er klopfte ihm auf den Rücken und erklärte „James war sowieso ein totales Arschloch, ich konnte ihn nie leiden, aber er hatte was im Kopf. Und als er sich mit unserem Geld abgesetzt hat, hat sich ja gezeigt, was er für ein krimineller Dreckskerl ist. Wie läuft eigentlich die Suche nach ihm? Hast du ihn schon aufspüren können, Olli?“ „Schön wär’s, nur leider war das Institut komplett geräumt und er hat sämtliche Spuren verwischt. Aber wenn ich wieder eine Spur habe, gebe ich sofort Bescheid.“ „Umso besser wär’s. Wenn ich daran denke, was er und sein Vater alles geleistet haben, nur um an die Pläne zu kommen… Mein Vater hatte schon erzählt gehabt, dass er seine eigene Forschungspartnerin getötet hat, ebenso wie ihren Mann. Und angeblich soll er auch ihr Kind getötet haben. Kerle wie er ziehen Ventions guten Namen in den Dreck.“ „Ein Grund mehr für mich, ihn zu finden und zur Verantwortung zu ziehen!“ Sie saßen den ganzen Abend zusammen, dann verabschiedete sich Ridley und wünschte Andrew noch alles Gute. So war es im Haus mit einem Male stiller geworden und dennoch waren sie beide guter Laune und tranken noch ein paar Bier zusammen. Es endete schließlich damit, dass Andrew viel zu spät merkte, dass er keinen Alkohol vertrug und so sank er auf der Couch zusammen und schlief irgendwann mitten in der Nacht ein. Er ließ sich durch rein gar nichts wecken und so ging Oliver zu ihm hin und strich ihm sanft durchs Haar. Irgendwie sieht er ganz schön niedlich aus, wenn er so schläft, dachte er sich und hob den Schlafenden vorsichtig hoch und trug ihn ins Zimmer. Aber wenigstens hatte er heute seinen Spaß und morgen werde ich ihm schon etwas mehr Dampf unterm Hintern machen. Der wird schon noch wieder richtig lachen können, dafür werde ich schon sorgen. Nachdem Oliver ihn ins Zimmer gebracht hatte, legte er Andrew aufs Bett und begann ihn umzuziehen. Dabei dachte er an damals. An die Zeit, als er sich heimlich in Andrew verliebt hatte. Er hatte ihn schon immer für seine Intelligenz bewundert und für seine Leidenschaft für das Meer und die Poesie. Ja, schon damals war er seine erste wahre große Liebe, doch er hatte sich so sehr von seinem Denken beherrschen lassen, dass ein solcher Loser und Chaot wie er niemals gut genug für solch ein Genie sein würde. Und außerdem hätte Andrew ihn sowieso niemals geliebt und nach diesem tragischen Selbstmord hatte er ja ohnehin alle Hoffnung aufgegeben und sich stattdessen auf Elijah eingelassen. Trotzdem war er mit ihm wirklich glücklich gewesen, wenn auch nur für eine kurze Zeit. Aber nun hatte das Schicksal ihn und Andrew zusammengeführt und nun lag es an ihm, den Ärmsten aus seinem Elend zu holen und ihm seine Lebensfreude zurückzugeben. Genauso, wie Elijah damals ihn gerettet hatte… Nachdem Oliver ihn fertig umgezogen hatte, deckte er ihn zu und für einen Moment vergaß er seine guten Vorsätze und gab Andrew einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. „Schlaf gut, Andy. Egal was auch ist, ich werde immer für dich da sein. Das verspreche ich dir.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)