Last Desire 3 von Sky- (L x BB) ================================================================================ Kapitel 8: L und Jamie ---------------------- „Hey hallo!“ Jemand rüttelte ihn sanft und langsam kam L wieder zu sich. Immer noch war ihm schwindelig und sein Kopf dröhnte. Außerdem war ihm entsetzlich heiß. Wahrscheinlich wieder sein Fieber… „Auf dem Boden darf man doch nicht schlafen. Das ist doch viel zu kalt und unbequem!“ Zwei Hände packten ihn und halfen ihm hoch. L schaute auf und erkannte einen Mann von ungefähr 24 Jahren mit brünettem Haar, der eine ungewöhnliche Augenfarbe besaß. Sein rechtes Auge war blau, das andere braun. Er hatte ein gutmütiges und unschuldiges Lächeln und sprach etwas langsam. „Geht es Ihnen besser?“ fragte er und sah L mit aufgeweckten und schon fast kindlichen Augen an. Irgendetwas war seltsam an ihn, das bemerkte der Detektiv sofort. Sofort streckte der Mann ihm die Hand entgegen und sagte in einem Tonfall, der auch von einem kleinen Jungen stammen konnte „Hallo, ich heiße Jamie, Jamie Miller. Ich komme aus Amerika!“ Ein Tourist also. Irgendwie scheint er ja ganz nett zu sein, aber er redet wie ein erwachsenes Kind, dachte L und betrachtete ihn schweigend. Ob er vielleicht geistig zurückgeblieben ist? „Danke für die Hilfe“, sagte L und wollte sich zum Gehen wenden, doch der 24-jährige folgte ihm einfach. „Ich habe mich verlaufen“, sagte Jamie und hielt ihn am Arm fest. „Ich war am Kanrei-Schrein und wollte ein Andenken kaufen. Da habe ich mich wohl verlaufen und wollte zum Hotel zurück. Aber ich weiß nicht, wo ich bin und ich weiß nicht, was da auf den Schildern steht! Das ist eine ganz andere Sprache als bei uns. So komische Linien und Zeichen.“ Jamie folgte ihm einfach und schien wohl irgendwie zu hoffen, dass man ihm weiterhelfen würde. So wie er sprach, wirkte er wie ein Kind, das sich verlaufen hatte und nun nach seinen Eltern suchte. L blieb stehen und überlegte sich, was er tun sollte. Weiter nach Beyond suchen, oder diesem Jamie zu helfen, der anscheinend nicht selbst zurechtkam? Offenbar hatte der keine Ahnung, wo er war und wohin er gehen sollte und er verstand nicht ein einziges Wort Japanisch. Folglich also war er wohl ziemlich aufgeschmissen, wenn er alleine war und wenn er wirklich geistig behindert war, dann war es unverantwortlich, ihn hier ganz alleine zu lassen. Wer weiß, was dann passieren würde. Womöglich geriet er noch an die Yakuza oder an irgendwelche Kriminelle, die ihn noch entführen, oder gleich umbringen würden. Und so naiv und kindlich wie er wirkte, würde er nicht mal die Gefahr erkennen, wenn sie direkt vor ihm stünde. Also blieb L wohl erst mal nichts anderes übrig, als ihm zu helfen. Wenn diesem Jamie Miller etwas zustieß, nur weil er ihn zurückgelassen hatte, würde er sich noch lange Zeit Vorwürfe machen. Und so wie der ihm hinterher lief, würde er ihn sowieso nicht so schnell loswerden. „Also gut, ich helfe dir.“ „Dankeschön!“ rief Jamie und umarmte ihn. „Das ist wirklich sehr nett! Jetzt kann ich endlich wieder zurück.“ Und dann auch noch einer von der anhänglichen Sorte, dachte der etwas angeschlagene Detektiv und versuchte sich wieder zu befreien. Noch nie in seinem Leben hatte er mit solchen Menschen direkt zu tun gehabt und er war sich auch nicht wirklich sicher, wie er mit diesem Jamie am besten umgehen sollte. Was sollte er tun? Wie viel würde der denn überhaupt von dem verstehen, was man ihm sagte? Jamie selbst schien sich riesig zu freuen, dass er jemanden gefunden hatte, der ihm helfen konnte und folgte L brav hinterher wie ein Kind. „Tut mir Leid, wenn ich Probleme mache. Ich bin nicht gerade klug, verstehen Sie? Mein Papa meinte, ich bin nicht klug genug, um auf eine richtige Schule zu gehen wie andere. Er sagte, mein IQ wäre 75 und damit bin ich zu dumm dafür. Aber Ruby sagte, dass ich nicht dumm bin. Denn dumm sind nur Menschen, die dumme Sachen machen. Ich bin bloß etwas langsamer.“ Nun, mit einem IQ von 75 war er wirklich nicht gerade eine große Leuchte. Zwar war er nicht geistig behindert in dem Sinne, aber er galt trotzdem als lernbehindert und konnte damit nicht auf eine normale Schule. Irgendwie erinnerte er L unfreiwillig an eine reale Version von Forrest Gump. Streng genommen hatten sie beide den gleichen Intelligenzquotienten und damit auch wahrscheinlich dieselbe geistige Entwicklung. Nun, in dem Falle wäre der Umgang mit ihm wohl nicht allzu schwierig. „Also Jamie, in welchem Hotel wohnst du denn?“ „Das Be-Be-Be…“ Hier geriet der 24-jährige ins Stottern und kniff angestrengt die Augen zusammen, während er versuchte, den Namen auszusprechen. Offenbar hatte er nicht nur einen etwas niedrigen IQ, sondern neigte auch noch zum Stottern. Der arme Kerl hatte es sicher nicht gerade leicht im Leben. L ahnte, dass er mit ihm noch viel Geduld brauchte. Doch dann hatte sich Jamie wieder gefangen und sagte ganz langsam, damit er nicht wieder ins Stottern geriet „Das Be-i-kan-Ho-tel.“ Das Beikan-Hotel also. Nun, das war nicht sonderlich schwer zu finden und vielleicht hatte L ja Glück und lief womöglich sogar Beyond über den Weg. „Okay Jamie, ich weiß wo das Hotel ist. Ich bring dich eben dorthin.“ „Dankeschön. Sie sind echt nett. Wissen Sie, Sie erinnern mich an einen Freund, den ich schon ganz lange kenne. Sein Name ist Beyond, Beyond Birthday.“ L blieb abrupt stehen, als er den Namen hörte. Dieser Jamie kannte Beyond? Konnte es etwa sein… „Jamie, bist du mit einer Frau hergekommen?“ Der 24-jährige nickte und erklärte „Ruby ist mit mir zusammen hergeflogen. In einem Flugzeug! Wir wollen nämlich heiraten und Ruby wollte Beyond fragen, ob er Trauzeuge sein will.“ „Ruby?“ „Ja, sie ist meine beste Freundin. Meine einzige Freundin und ich liebe sie sehr. Sie heißt eigentlich Rumiko, aber als ich klein war, konnte ich ihren Namen nicht aussprechen, ohne zu stottern. Also habe ich sie immer Ruby genannt.“ L konnte nicht fassen, was er da hörte. Rumiko war verlobt und wollte bald heiraten? Dann hatte Beyond etwa die Wahrheit gesagt, dass er nichts mit Rumiko hatte? „Verstehen sich Beyond und Rumiko gut?“ „Ja, sie sind Bruder und Schwester. Aber… sie haben nicht die gleichen Eltern, weil sie nicht verwandt sind.“ Ich bin so ein verdammter Vollidiot. Warum nur habe ich Beyond nicht vertraut? Er hat mir wirklich die Wahrheit gesagt und mich nicht betrogen. Er hat sich nur mit seiner Adoptivschwester getroffen und mit ihr geredet. Am liebsten hätte sich L hundert Male dafür eine reingehauen, dass er Beyond einfach so zugetraut hatte, er würde ihn mit dieser Rumiko betrügen. Er hatte wirklich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte und wahrscheinlich würde Beyond ihm das niemals verzeihen. Jamie sah ihn mit seinen kindlichen Augen an und neigte mit einem fragenden Blick den Kopf ein wenig zur Seite. „Sind Sie ein Freund von Beyond?“ „Ja, ein sehr guter sogar. Aber ich habe einen großen Fehler gemacht. Ich habe ihm sehr wehgetan und ihm Dinge gesagt, die gar nicht stimmen. Und jetzt ist er sauer auf mich und ist abgehauen.“ Warum erzähle ich ihm das denn alles? Er wird doch wahrscheinlich sowieso nicht verstehen, was ich ihm sagen will. Doch irgendwie beschlich ihn das Gefühl, als wüsste Jamie doch, worum es geht und er ergriff L’s Arm. Und als er hörte, dass sein Begleiter ein sehr enger Freund von Beyond war, begann er ihn einfach zu duzen. „Hast du ihn lieb?“ „Ja…“, antwortete der Detektiv zögernd und fragte sich, was der 24-jährige denn nun vorhatte und was er überhaupt von ihm wollte. „Wenn du ihn sehr magst und ihm wehgetan hast, dann musst du dich bei ihm entschuldigen und ihm sagen, dass du ihn lieb hast. Weißt du, Beyond ist oft ganz schnell sauer, wenn man ihm wehgetan hat. Aber er beruhigt sich auch wieder und dann musst du ihm sagen, dass es dir Leid tut. Dann wird er dir ganz sicher wieder verzeihen!“ Jamie schien sich seiner Sache sehr sicher zu sein, aber L wusste nicht so genau, ob er auf seine Worte wirklich vertrauen konnte. Er wirkte viel zu naiv und mit dem geistigen Entwicklungsstand eines Kindes hatte er sicherlich auch nicht wirklich viel Ahnung. „Ich glaube nicht, dass du das verstehst.“ „Nur weil ich nicht klug bin so wie andere, heißt das nicht, dass ich nichts von Liebe verstehe. Ruby liebt mich, auch wenn ich nicht so klug bin wie sie und Beyond. Sie sagt, ich wäre der Einzige, der sie glücklich machen kann und dass es ihr egal ist, ob ich etwas langsamer bin als andere und vieles nicht verstehe. Ich liebe sie, ich will sie heiraten und dafür sorgen, dass sie immer glücklich ist. Und ich will unserem Kind ein guter Vater sein, auch wenn ich ihm vielleicht nicht viel beibringen kann. Denn Rumiko weiß viel mehr als ich und sie hat nicht so viele Probleme mit dem Lesen wie ich. Aber meine Mama hat gesagt, dass man alles schaffen kann, wenn man es wirklich will. Also werde ich Ruby ein guter Ehemann und meinem Kind ein guter Vater sein. Auch wenn ich niemals so klug sein werde wie andere Menschen.“ Dann war das Kind, welches Rumiko erwartete, also von Jamie und nicht von Beyond? Großer Gott, wie kann ein Mensch mit einem so hohen IQ nur so dumm sein? Da war selbst Jamie deutlich vernünftiger. „Und ich dachte, Beyond würde mit Rumiko fremdgehen.“ „Aber sie sind doch Geschwister. Das wäre doch falsch!“ „Das weiß ich ja jetzt. Aber ich habe es vorher nicht gewusst.“ „Dann musst du dich entschuldigen.“ Vielleicht sollte ich aufhören, immer so kompliziert zu denken und manche Sachen einfach mal so sehen wie Jamie. Obwohl sein IQ nicht mal für die normale Regelschule reicht, scheint er in solchen Dingen viel vernünftiger zu sein. Ganz einfach deshalb, weil er nicht so kompliziert ist und vieles so einfach sieht. Aber wie schaffte er das denn nur? Hatte er denn etwa nie Zweifel, dass eine so wunderschöne Frau wie Rumiko, der wahrscheinlich die Männer scharenweise hinterher rannten, vielleicht das Interesse an ihn verlieren würde? „Hast du denn nie daran gedacht, dass Rumiko einen anderen Mann lieben würde, der vielleicht klüger ist?“ „Nein, warum denn?“ fragte der 24-jährige und schüttelte den Kopf. „Ruby liebt mich, obwohl ich nicht sehr klug bin und vieles nicht verstehe. Und das würde sie doch nicht, wenn sie einen Mann mögen würde, der viel schlauer ist als ich.“ Auch wieder wahr. Irgendwie scheint Jamie hier der Klügere von uns beiden zu sein, so paradox das auch klingt. Vielleicht sollte ich mir von ihm mal eine Scheibe abschneiden… oh Mann, das klingt ja noch verrückter! Ein Mann, der fast so alt ist wie ich und die geistige Reife eines Kindes hat, kennt sich mit Beziehungen deutlich besser aus als ich und weiß auch offensichtlich viel besser, wie man eine vernünftige Beziehung führt. Und ich lasse mir von ihm Beziehungsratschläge geben. Aber das zeigt doch nur, wie dumm ich eigentlich bin, was das Zwischenmenschliche betrifft. Sie verließen den Park und Jamie folgte L, wobei er sich neugierig nach allen Seiten umsah. Der Detektiv musste deshalb immer wieder aufpassen, dass Jamie nicht in dem Gedränge verloren ging. Als die Menschenmassen dichter wurden, hielt sich der 24-jährige an L’s Arm fest, da er sich nicht besser zu helfen wusste. „Du hast mir gar nicht gesagt, wie du heißt.“ „Ich heiße L.“ „L? Wie der Buchstabe?“ „Ja.“ „Aha. Das kann ich mir leicht merken! Weißt du L, ich habe vorher in einer Schreinerei gearbeitet. Aber der Meister hatte wohl schlechte Laune. Er hat immer so laut rumgeschrieen und war oft unzufrieden. Ich glaube, er hatte einfach einen schlechten Tag, oder vielleicht auch mehr. Er hat mir gesagt, dass einer wie ich zu dumm ist, um zu arbeiten und dass ich es nie schaffen werde. Und dann hat er irgendetwas gesagt, das ich nicht ganz verstanden habe. Jedenfalls haben Ruby und Beyond mir dann einen Job in einer Behindertenwerkstatt besorgt. Der Meister dort ist sehr nett, ich mag ihn viel lieber als den anderen. Er sagte mir, dass auch jemand wie ich arbeiten kann, wenn er es will. Selbst wenn er nicht so klug ist wie andere.“ Seine Augen leuchteten regelrecht, als er von seiner Arbeit sprach und man sah ihm wirklich an, dass es ihm Spaß machte. Überhaupt strahlte er eine unglaubliche Lebensfreude aus und irgendwie war das ziemlich ansteckend. Schließlich zeigte ihm der 24-jährige stolz ein rotes Band, welches er sich um das linke Handgelenk gebunden hatte. „Als ich noch klein war, da habe ich Ruby versprochen, dass wir heiraten werden, wenn wir groß sind. Aber da ich keine Ringe hatte, habe ich ihr ein rotes Schleifenband geschenkt und ich trage meines an der Hand. Zwar haben wir jetzt richtige Ringe, aber das Band hier erinnert mich immer daran, dass ich sie sehr liebe und immer für sie da sein werde, um für sie zu sorgen.“ Jamie schien nicht nur jemand zu sein, der sehr vertrauensselig und gutgläubig war, er redete offenbar auch sehr gerne. Gut gelaunt schlenderte er neben L her und beobachtete alles aufmerksam um sich herum. „Ruby hat sich ganz große Sorgen gemacht, als Beyond einfach gegangen ist, ohne sich zu verabschieden. Sie war traurig und hat auch geweint, weil sie Angst hatte, ihm könnte etwas passieren. Ich glaube, er ist gegangen, weil er einsam war. Wir waren zwar für ihn da, aber er hat wohl gedacht, er würde nicht zu uns gehören und wollte Ruby nicht zur Last fallen. Als sie erfahren hat, dass er nicht mehr alleine ist und jemanden gefunden hat, der ihn glücklich macht, da hat sie vor Freude fast geweint.“ Jamie musste kichern, als er daran dachte und blieb schließlich vor einem Brautmodengeschäft stehen. Mit großen Augen sah er sich die Kleider an und stellte sich wohl in dem Moment Rumiko in einem Brautkleid vor. Er hatte die Hände in die Jackentaschen gesteckt und hatte ein Strahlen im Gesicht. „Warst du schon mal mit einem Mädchen zusammen?“ „In der Schule… da hat ein Mädchen im Unterricht neben mir gesessen. Meinst du das?“ „Nein. Ich meine, ob du auch ein anderes Mädchen geliebt hast?“ Jamie schüttelte den Kopf und ging weiter. „Nein, Ruby war die Einzige. Die anderen Kinder haben mir immer Steine an den Kopf geworfen und mich durch die Straßen gejagt. Sie hat sich dann immer in den Weg gestellt und die anderen Kinder verprügelt. Ich hab noch nie gesehen, wie jemand so schnell vor einem Mädchen davongerannt ist. Und Beyond war auch dabei. Er hat dafür gesorgt, dass mich die anderen Kinder nie wieder ärgern.“ Selbst als er das erzählte, konnte er nicht anders als fröhlich zu lächeln und es schien so, als würde es keinen einzigen negativen Gedanken in seinem Kopf geben. Als hätte er sich diese kindliche Unschuld bewahrt, die ihn die Welt mit ganz anderen Augen betrachten ließ. L sah sich um und stellte fest, dass sie gerade falsch abgebogen waren. Also gingen sie zurück, um wieder auf den richtigen Weg zu kommen. Jamie redete derweil munter weiter. Er erzählte, dass er als Kind sehr oft gestürzt war, weil er motorische Schwierigkeiten hatte und dass er lange Zeit sehr schlimm gestottert hat. Erst durch einige Therapien hatte er es geschafft, sein Stottern und seine motorischen Probleme in den Griff zu bekommen. Erschwerend kam auch noch hinzu, dass er Legastheniker war und somit einen ganzen Haufen von Schwierigkeiten hatte, die er bewältigen musste. Seine Mutter war gestorben, als er noch klein war und sein Vater war mit ihm völlig überfordert gewesen und hatte ihn wegen seiner Einschränkungen niedergemacht und auch geschlagen. Doch trotzdem hatte sich Jamie seine positive Art bewahrt. Ganz einfach aus dem Grund, weil er glücklich mit seinem jetzigen Leben war und auch nicht in der Lage war, die negativen Dinge im Leben so wahrzunehmen wie ein Erwachsener. „Als ich 14 Jahre alt war, da hatte sich mein Papa laut mit Ruby gestritten und es gab ein ganz schönes Durcheinander. Sie sagte, ich würde glücklicher werden, wenn ich bei ihr wohne. Also bin ich zu ihr gezogen. Sie wohnte in einer großen Universität in einem eigenen Haus. Beyond hat auch dort gewohnt und ich war richtig glücklich, dass wir drei wieder zusammen waren so wie damals, als wir noch Kinder waren.“ Als sie bei einem Floristen vorbei kamen, blieb Jamie wieder stehen und ging schließlich ins Geschäft. Er kaufte einen Blumenstrauß und erklärte „Wenn man jemanden lieb hat, muss man ihm das auch zeigen. Es reicht nicht immer nur, es bloß zu sagen und ich weiß, dass Ruby sich immer sehr über Blumen freut.“ Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, als wird das hier eine Art Unterrichtsstunde in Sachen Liebe. Oder bilde ich mir das etwa nur ein? Womöglich wollte Jamie einfach nur mit jemandem reden. Aber auch wenn er etwas unbeholfen war, langsam und in einer kindlichen Art und Weise sprach und auch ziemlich naiv war, so schien er genau zu wissen, was er sagte. Und wenn L bedachte, dass einer wie Jamie mit einer so wunderschönen und wohlhabenden Frau wie Rumiko verlobt war, hatte er wohl alles richtig gemacht. Nun, so wie er den 24-jährigen einschätzte, interessierte er sich nicht für diese Dinge, sondern liebte Rumiko einfach für ihren Charakter. Und wahrscheinlich war dies auch das Erfolgsrezept für ihre Beziehung, weil sie allein den Charakter des anderen liebten und sich gegenseitig blind vertrauten. Schließlich erreichten sie das Beikan-Hotel und L begleitete Jamie hinauf aufs Zimmer. Als er an die Tür klopfte und diese schließlich geöffnet wurde, erschien tatsächlich Rumiko Karasuma. Ihre Augen waren gerötet, als hätte sie geweint und als sie Jamie sah, konnte sie es zuerst nicht fassen. Er lächelte fröhlich und sagte „Ich habe dir Blumen mitgebracht, Ruby. Ich hoffe, sie gefallen dir.“ „Jamie!“ Mit Tränen in den Augen umarmte sie ihn stürmisch und drückte ihn fest an sich. „Ich hab mir solche Sorgen gemacht, dass etwas passiert sein könnte. Wo warst du denn nur und warum bist du einfach gegangen?“ „Ich wollte ein Andenken kaufen und habe nicht mehr zurückgefunden. Und dann war ich in einem Park. Wie ich da hingekommen bin, weiß ich aber nicht mehr. Aber L hat mir geholfen. Er hat mich wieder hergebracht.“ Nun löste sich Rumiko wieder von ihm und ihre Augen wanderten zu L. Sie hatten ein ähnliches Rot wie Beyond, doch es wirkte viel wärmer und verträumter. Selbst mit verweinten Augen sah sie wunderschön aus. Überrascht sah sie L an und brachte erst mal kein Wort hervor. Dann, als sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte, fragte sie „Du bist also L, der Freund meines Bruders?“ Er nickte nach einigem Zögern und schon führte Rumiko ihn in die Suite. „Schön dich kennen zu lernen, mein Name ist Rumiko Karasuma, ich bin Beyonds Adoptivschwester. Komm erst mal rein und setz dich.“ Während er sich auf das Sofa setzte, machte Jamie einen Tee und Rumiko suchte erst einmal nach einer Vase für die Blumen. „Ich bin wirklich überrascht“, sagte sie schließlich und kam nach einer Weile zusammen mit Jamie wieder und setzte sich hin. „Dass ihr euch beide so ähnlich seht wie Zwillinge, hab ich nicht gedacht. Zuerst hat Beyond ja noch ein richtiges Geheimnis draus gemacht, wer denn nun sein Freund sei. Aber als er mir gesagt hat, dass es ausgerechnet sein Erzfeind ist, war ich ziemlich sprachlos. Mit so etwas hatte ich nicht gerechnet. Ach Mensch, wo hab ich bloß meine Manieren! Ich möchte mich noch mal von ganzem Herzen bei dir bedanken, dass du Jamie geholfen hast. Das war wirklich nett von dir.“ „Kein Problem. Ich war sowieso auf der Suche nach Beyond gewesen und dachte, er könnte vielleicht hier sein.“ Rumiko goss sich einen Tee ein und gab etwas Kandiszucker dazu. „Nein, er ist wahrscheinlich noch unterwegs. Ich hab ihn vorhin angerufen, weil ich Jamie nicht mehr gefunden habe. Am besten rufe ich ihn direkt mal an, dann braucht er wenigstens nicht mehr in der Kälte zu suchen und er macht sich wahrscheinlich auch schon Sorgen.“ Damit holte blonde Halbjapanerin ein Handy hervor, wählte eine Nummer und rief Beyond an. Sie gab ihm Bescheid, dass Jamie wieder aufgetaucht war und bat ihn, noch mal zum Hotel zu kommen. Dass L bei ihr war, sagte sie nicht, aus welchen Gründen auch immer. Aber anscheinend ahnte sie wohl, dass da irgendetwas war. L lehnte sich zurück und spürte wieder diese Hitze. Es war so verdammt heiß hier drin. Draußen war es deutlich angenehmer gewesen. „Beyond klang vorhin etwas angespannt am Telefon. Ist irgendetwas passiert? Hatte er sich vielleicht mit dir gestritten?“ Also doch. Sie hatte etwas gemerkt. Nun ja, von einer Frau, die schon mit 13 Jahren studiert hatte, war wohl nichts anderes zu erwarten. Er seufzte geschlagen und gab einen Zuckerwürfel nach dem anderen in den Tee. „Wir beide hatten einen ziemlich heftigen Streit und ich glaube, ich habe es endgültig zu weit getrieben. Schlimmstenfalls macht er endgültig Schluss mit mir.“ Rumiko ließ ihre Tasse sinken und sie sah besorgt aus. „Willst du mir darüber erzählen? Vielleicht kann ich ja helfen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)