Bleiches Kreuz einer Liebe von Sternenschwester (OS - AusPru/ angedeutet SpaAus) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ende des 18. Jahrhundert Hitzig zerrte Roderich am Hemd des anderen und half Gilbert sich des lästigen Kleidungsstückes zu entledigen. Rote Augen blitzten ihm mit einer Spur Vorfreude und Überraschung entgegen. Roderich wiederstand seine Genugtuung über Gilberts Erstaunen mit einem breiten Grinsen zu offenbaren. Stattdessen begnügte er sich mit einem leichten Lächeln, welches den anderen regelrecht anstachelte. Er hätte es wissen müssen, dass Gilbert mit allem gerechnet hatte, nur nicht dass er es sein würde, der den ersten Schritt wagen würde und dabei war ihn zu verführen. Natürlich nicht, wie hätte der Saupreuß darauf kommen sollen? Er war doch nur Österreich, das Land, welches, um es in Gilberts Worten auszudrücken, einen regelrechten Stock im Arsch hatte. Doch mit was Roderich nicht gerechnet hatte, war wie verklemmt sich der Preuße zeigte, kaum wurde aus Spiel ernst und er nicht mehr die Gesellschaft als Schutz um sich wusste. Wie gut konnte er sich an die Röte auf den bleichen Wangen erinnern, als er beschlossen hatte hinter zugesperrten Salontüren die Initiative zu ergreifen. Dabei hatte alles ziemlich harmlos angefangen, er hatte Preußen im Salon empfangen, Kaffee kommen lassen und bewusst politische Themen vermieden. Er hatte nach Zerstreuung gesucht, sich dabei von seinem Gesprächspartner ablenken lassen wollen, wissend dass dieser schon seit längeren schon viel zu sehr seine Gedanken unwissend in Besitz nahm und das ohne politische Hintergründe. Auf der einen Seite war es ihm mehr als bewusst gewesen, dass es schwachsinnig war sich mit dem Subjekt, das seit kurzem sein Gefühlsleben durcheinander brachte, in einem Raum zu setzen, in der Hoffnung seine Faszination würde abflauten, kaum konnte er sich von den zutreffenden Vorurteilen überzeugen, welche er, Kind seiner Zeit, dem Preußen anheftete. Doch nichts davon war eingetreten, mehr war eine Neugier angefeuert worden, zu sehen, wie weit er gehen könne oder zu was es führte. Er selber sah das Ganze noch immer als Spiel an. Eine kleine Unterhaltung, auch wenn sie sehr an der Grenze des Geschmacks kratzte. Aber verglichen mit den Ausschweifungen, die er einst in Paris miterlebt hatte, ordnete Roderich diesen Zeitvertreib noch im Rahmen des Möglichen ein, auch wenn er sich völlig im Klaren war, dass der Preis, sollten sich die verschlossenen Türen als nur halb so dick erweisen, recht hoch war. Doch die Unsterblichkeit wurde, selbst wenn man in Betracht zog, dass sie alle ein anders Zeitempfinden hatten, langweilig und monoton, wenn man nicht hin und wieder bereit war, sich kleineren Herausforderungen zu stellen. Roderich spürte wie sein Jabot aufgeknotet wurde und reckte den Hals ein wenig höher damit der Preuße einen besseren Zugriff zu dem hinderlichen Kleidungsstück bekam. Geräuschlos segelte das weiße Halstuch auf den Boden, während Gilbert kurz innehielt, offenbar ein wenig unschlüssig, was ihm nun dieser Schritt zum Vorteil gebracht hatte. Amüsiert richtete sich Roderich auf und beobachte ohne Hohn das bleiche Gesicht, welches seinem noch immer erregend nahe war. Die zaghafte Unsicherheit, schlecht verborgen in der Mimik des anderen empfand der Österreicher beinahe schon als niedlich, doch er hütete sich davor dies auszusprechen, wäre er doch dann auch nur ein Geschädigter, wenn er die Stimmung durch eine unbedachte Wortwahl zerstörte. Selbstsicher streckte er eine Hand aus, ließ sie quälend langsam über die knöchernen Schultern gleiten bis er dann den Griff um den Nacken verstärkte um den Zögerer mehr zu sich zu ziehen. Er sah noch wie sich die bleichen Lider ein wenig über die roten Idren schoben und lächelte wieder innerlich über die Unbeholfenheit des Preußen. Er wusste, dass Gilbert in Sachen der Sexualität einst sehr geprägt worden war von den Dogmen der Zeit als er fest in kirchlicher Hand war, aber er hätte nicht gedacht, dass dies derartige Auswirkung bis zu ihrer aktuellen Zeit haben würde. Die fremden Hände, welche in diesen wenigen Augenblicken unentschlossen auf seiner Haut geruht hatten, begannen wieder sich einen Weg unter den leichten Stoff seines Hemdes zu suchen und über seine Haut zu streichen. Diskret dirigierte Roderich eine dieser Hände von seiner Hüfte weg, zu den ersten der Knöpfe des Rüschenhemdes und Gilbert verstand, denn nach einiger Zeit lösten sich die Obersten. Wohlig und erregt streckte Österreich sich durch als Hände erforschend über seinen Oberkörper fuhren, während er den herrlich warmen Atem des anderen hinter seinem Ohr spüren konnte. Plötzlich spürte er einen leichten Ruck an der linken Halsseite und erstaunt blinzelte er zu seiner Brust. Gilbert hatte sich indes ein wenig aufgerichtet und hob leicht eine der Hände. Die langen, bleichen Finger hatten sich in zwei verschiedene Lederbändchen verheddert, wobei die Anhänger herab baumelten und gegeneinander leise klirrten. Das kleine goldene Kreuzchen, welches Roderich einst von seinen ehemaligen Herren zu Zeiten, als er nichts mehr war als eine kleine Mark im Osten, geschenkt bekommen hatte, drehte sich im fahlen Licht blinkend um die eigene Achse. Doch worauf Gilberts Blick ruhte, war nicht das Kleinod aus Babenbergerzeiten, sondern auf einem schlichten Goldring, welcher am anderen, helleren Bändchen hing. Die Kanten waren schon abgewetzt und der Zahn der Zeit hatte das Schmuckstück einen Teil seines Hochglanzes einbüßen lassen, doch durch die murmelnden Lippenbewegungen des anderen konnte Roderich schließen, das der Schriftzug auf der Oberfläche des Ringes immer noch klar zu lesen war. Wie gut konnte er sich erinnern wie kalt ihn geworden war, als er die besitzergreifenden Worte, für immer eingraviert im Edelmetall gelesen hatte und dennoch, er konnte sich von Spaniens Geschenk zum Jahrestag der Verbindung ihrer beiden Häuser nicht trennen. Ihm kam es bis zum heutigen Tage seltsam vor wie erfolgreich sich diese Hochzeiten erwiesen hatten. Schließlich hatten diese einst unscheinbar anmutende Liaison zwischen ihren beiden Herrschernfamilien den Grundstein ihrer beiden Mächte gelegt. Doch das sich daraus eine Ehe Ähnliche Affäre zwischen ihm und den Repräsentanten Spaniens ganz im privaten entwickelt sollte, hatte Roderichs sich unter keinen Umständen erahnt oder gar geplant. So vergas er selbst in den heutigen Zeiten wo diese Verbindung seit vielen Wintern zerbrochen war, regelmäßig dass er das Schmuckstück, welches einst mehr aussagte als ein schlichtes Geständnis der Zuneigung, immer noch um den Hals trug. Das anfängliche Erstaunen über die Schmuckstücke wandelte sich auf Gilberts Gesicht zu einer bitteren Erkenntnis. Resigniert schloss Roderich die Augen, ahnend dass sich nun was störenderes zwischen sie schob als Kleidung oder gar ihre politische Position zu einander. Etwas, was Gilbert nicht schaffen würde auszublenden, denn es streifte sein privates Umfeld. Ein Bereich, der jedem Repräsentanten heilig war, stand doch ihr übliches Alltagsleben streng unter der Fuchtel der politischen Ereignisse. War die Zeit bis zu diesem Punkt wie eine zähflüssige Masse an Roderich vorbei gekrochen und hatte ihr beider Spiel angenehm in die Länge gezogen, galoppierte sie ihm nun im hohen Tempo davon. Die warmen Hände hoben sich von seiner Haut ab und ruckartig entfernte sich Gilbert von ihm, wobei in den aufgerissen Augen deutlich war, zu welcher Schlussfolgerung der Preuße gekommen war. Ein Gedankengang, der auch in Roderich alte Wunden aufriss und sein Gewissen unangenehm involvierte, selbst wenn die betreffende Sache schon Jahrzehnte zurücklag. Roderich richtete sich ein wenig mehr auf, während er noch leicht narkotisiert von der einstigen Erregung dem anderen tatenlos dabei zusah, wie dieser seine achtlos weggeschmissenen Kleidungsstücke wieder einsammelte und dabei unablässig was zu sich murmelte. Der Österreicher versuchte nicht erst den Grund für ihr abruptes Spielende zu verstehen, konnte er sich sehr wohl vorstellen, was den anderen beim Anblick des Ringes schlagartig klar geworden ist. „Gilbert…“, versuchte Roderich sanft die Aufmerksamkeit des anderen wieder einzufangen. Die roten Augen huschten gehetzt zu ihm. Für eine Weile sahen sie sich einfach nur an und Roderich beschlich die Befürchtung mit weiteren Worten den anderen endgültig in die Flucht zu schlagen. „Gilbert… hör mich doch mal an…“ Der Blick des anderen glitt langsam an ihm herab und Roderich wurde klar, dass er in diesem Punkt verloren hatte. „Nein, Roderich, du hörst mir zu. Das alles hier war Wahnsinn und damit beziehe ich mich nicht ausschließlich auf das, was wir sind, Österreich.“ Roderich verengte seine Augen zu Schlitzen, als er sich in seinem Verdacht immer bestätigter fühlte. Durchs Unterbewusstsein gelenkt griff er nach dem Ring, der nun unschuldig mit dem Kreuz auf Höhe seines Herzens baumelte und ballte die Faust herum, als könnte er damit die letzten verronnenen Momente rückgängig machen. Er hasste es, wenn ihm die Situation auf diese Weise entglitt, aber noch mehr malträtierte es ihn, dass ausgerechnet eine längst abgeschlossene Sache in dieser Weise seine Pläne durchkreuzte. „Das ist jetzt schon Jahre, ach was sage ich da Jahrzehnte her, Preußen.“ Warnend hob Gilbert seinen Kopf und Roderich wurde sich bewusst, dass er nun an einer gefährlichen Grenze wandelte. „Mag sein, dass ihr beide seit Jahrzehnten getrennte Wege geht, aber ich bin noch immer sein Freund und habe vor es zu bleiben.“ Mit diesen Worten verschwand Gilbert aus dem Zimmer, die zerflossene Liebe seines Freundes Antonio aufgewühlt hinter sich lassend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)