Between Heaven and Hell von Lady_Red-Herb ================================================================================ Kapitel 4: Liebe und Schmerz ---------------------------- Sie hatten noch eine ganze Weile lang schweigend zusammengesessen, und irgendwann war Piers doch noch einmal eingeschlafen, und auch Chris hatte sich ein wenig Ruhe gegönnt. Der Entschluss stand fest, und der Soldat war doch erleichtert, dass Piers gleich zugesagt hatte, auch, wenn er eigentlich auch gar keine andere Entscheidung erwartet hatte. Als würde Piers sich einfach so mitnehmen und im schlimmsten Fall umbringen lassen. Aber ein wenig Angst war durchaus da gewesen. Immerhin hatte der junge Soldat sich in China geopfert, um Chris und all die anderen Menschen zu retten. Und wenn er nun eine Gefahr für eben diese Menschen war, dann wäre es vielleicht doch möglich gewesen, dass Piers sich ein weiteres Mal opferte. Aber das tat er nicht, und das ließ Chris aufatmen. Piers hatte tatsächlich einen kurzen Moment darüber nachgedacht, Chris zu sagen, dass es besser war, wenn er sich von der B.S.A.A. abholen ließ, wenn sie die Tests durchführten und versuchten, ihm das Antivirus zu verabreichen. Dass er sich, wenn es nicht wirkte, lieber töten ließ, als eine Gefahr für die Menschen, vor allem für ihn, zu sein. Doch es war Chris’ Blick gewesen, der ihn letztendlich von dieser Entscheidung abgehalten hatte. Diese Mischung aus Erleichterung und Angst. Erleichterung darüber, dass Piers wieder bei ihm war, Angst davor, dass er ihn so schnell wieder verlieren konnte. Piers wollte das nicht. Er wollte nicht weg von Chris, er wollte nicht sterben. Schon gar nicht, nachdem er durch irgendein Wunder eine zweite Chance erhalten hatte. Er würde das Virus schon irgendwie unter Kontrolle bringen, er würde es schaffen. Und wenn doch nicht, wenn er letzten Endes doch nicht gegen das C-Virus ankam, dann konnte er sich immer noch selber umbringen, solange er sich dann noch irgendwie kontrollieren konnte. Denn Chris würde ihn nicht einmal dann töten, das wusste der Scharfschütze genau. Nein, sein Captain würde sich lieber freiwillig von ihm umbringen lassen, als sein Leben zu beenden. Das war irgendwie ja süß, aber das Wissen schmerzte auch, und es machte die ganze Sache nicht leichter. Piers stand unter Druck. Er musste sich um jeden Preis beherrschen, er musste gegen das Virus ankommen und durfte sich keine Schwäche erlauben. Denn das Letzte was er wollte, war Chris zu verletzen oder gar zu töten. Er liebte ihn doch immerhin. Und vielleicht war es an der Zeit, ihm das doch zu gestehen. Piers war sicher, dass Chris ihn dann nicht einfach stehen lassen und gehen würde. Auch, wenn der Ältere seine Liebe nicht erwiderte, würde er bei ihm bleiben und ihn beschützen, das wusste er ganz genau. Das war eben einfach Chris’ Art. Aber wenn das passierte, wenn sich herausstellte, dass der Captain nichts für ihn empfand, dann würde es nur umso schwerer für Piers werden, in seiner Nähe zu sein. Immer bei ihm, wissend, dass er ihn nie haben konnte, so nah Chris auch bei ihm war. Seufzend lehnte Piers sich zurück und musterte Chris, der noch immer schlief. Er hatte sich diese Ruhe auf jeden Fall verdient, um im Schlaf wirkte der Soldat so verletzlich und irgendwie niedlich. Der Scharfschütze lächelte matt, seufzte noch einmal und streckte zögernd eine Hand aus, um kurz ganz sanft über die Wange des Schlafenden zu streichen. Als dieser sich etwas regte, stoppte Piers mitten in der Bewegung und hielt für einen Moment die Luft an. Doch Chris wachte nicht auf. Er bewegte sich nur noch einmal ganz leicht, gab ein leises Seufzen von sich und schlief dann tief und entspannt weiter. Der junge Soldat atmete etwas auf, lehnte sich wieder zurück und betrachtete Chris einfach weiterhin. Er fragte sich, ob dieser gerade wohl etwas träumte, und wenn, ob es ein schöner Traum war. Ob er auch schon von ihm geträumt hatte? Ein stummer Fluch kam über Piers’ Lippen und er murrte leise, ehe er den Kopf über sich selber schüttelte. Er musste endlich damit aufhören, so etwas zu denken. Das war nun wirklich nicht die richtige Zeit, um sich mit Gefühlen auseinander zu setzen. Zumindest nicht mit diesen Gefühlen. Und er konnte Chris auch nicht einfach von diesen berichten. Es gab nun weitaus Wichtigeres, und Chris hatte es so sicherlich schon schwer genug für ihn. Immerhin riskierte der Captain hier gerade Kopf und Kragen, nur um ihn weg und in Sicherheit zu bringen. Da musste er es ihm nicht noch schwerer machen, als es vermutlich ohnehin schon war. Piers schloss nun wieder die Augen, atmete tief durch und dachte ein wenig nach. Er fragte sich, was wohl passieren, was alles auf sie zukommen würde. Selbst wenn sie in Afrika sicher waren und diese Sheva ihnen half, bedeckt zu bleiben, war da immer noch Wesker. Wenn dieser wirklich lebte, wenn er noch dort war, würde es auf jeden Fall zu einem Kampf auf Leben und Tod kommen. Und dieses Mal würde Chris nicht eher Ruhe geben, bis Wesker wirklich tot und am besten in Stücke gerissen vor ihm lag, das war Piers durchaus klar. Er würde sich davon überzeugen, dass es wirklich vorbei war, und dass der Blonde nie wieder Ärger machen konnte. Und wenn er nicht lebte? Wenn Chris’ Sorgen unberechtigt waren und Wesker mausetot war? Piers fragte sich, was dann sein würde? Würden sie in Afrika bleiben oder weiterreisen? Würden sie dann irgendwo zusammen wohnen bis sie alt waren? Das wäre etwas gewesen, das dem jungen Soldaten durchaus sehr gefallen hätte. Aber irgendwie glaubte er nicht, dass Chris etwas dergleichen plante. Er wusste ja nicht, wie sehr er sich da irrte. Eigentlich hätte alles so leicht sein können, denn sie wollten beide genau das Gleiche. Sie liebten einander und sie wollten zusammen bleiben, wollten aufeinander aufpassen und einander beschützen. Aber keiner von ihnen wagte es, dem Anderen eben genau das zu gestehen. Sie beide hatten Angst, dass das Gegenüber diese Gefühle nicht erwiderte. Und so machten sie es sich komplizierter, als es eigentlich hätte sein müssen. Als er leise seinen Namen hörte, blinzelte Piers leicht, und er merkte, wie er in dem Sessel etwas zusammengesunken war. Anscheinend war er irgendwann doch noch einmal eingeschlafen. Er murrte leise, öffnete die Augen ganz und blickte direkt in Chris’ Gesicht, das sich ganz nah an seinem befand. Unbewusst hielt der Scharfschütze die Luft an und starrte dem Älteren direkt in die braunen Augen. „Was… was ist, Captain?“, murmelte er, beherrscht, nicht zu verlegen zu klingen. Aber vermutlich war er ohnehin bereits knallrot angelaufen. Er schluckte leicht und wartete ab, während Chris so nah bei ihm blieb und ihn fast ein wenig besorgt zu mustern schien. „Du hattest wohl einen Albtraum. Du warst ziemlich unruhig, und du… du hast meinen Namen gemurmelt…“, erklärte Chris dann, während er sich leicht verlegen den Nacken rieb. „Ziemlich… sanft…“ Er erhob sich, atmete tief durch und drehte sich dann um, wandte Piers somit den Rücken zu; eine Geste, die dieser nun ziemlich falsch verstand. Als ihm langsam aber sicher klar wurde, dass der Traum, an den er sich in keinster Weise erinnern konnte, wohl doch nicht so schlecht gewesen war, konnte er sich auch denken, was Chris dahinter vermutete. Und da er sich nun abwandte, war Piers sicher, dass nun erst einmal ein ziemlich langes und ungemütliches Schweigen zwischen ihnen herrschen würde. Das musste er um jeden Preis irgendwie vermeiden. „Captain, ich…“ „Ich bin nicht mehr dein Captain, Piers. Also lass das bitte. Die B.S.A.A. werden wir hinter uns lassen müssen.“, erwiderte der ältere Soldat, schärfer, als er es eigentlich beabsichtigt hatte. Und natürlich galt seine Wut keinesfalls Piers, sondern den Mitgliedern der B.S.A.A., die ihm eben diesen wegnehmen wollten. „Tut mir leid…“ Chris biss sich auf die Lippen und hob leicht wieder den Blick. Piers’ Stimme klang so schuldbewusst und unsicher, dass sich alles in dem Älteren zusammenzog. Schweigend drehte er sich um, und es wurde gleich noch schlimmer, als er den Scharfschützen nun nicht mehr nur hörte, sondern auch sah. Er hatte sich in dem Sessel zusammengekauert und den Blick stur auf den Boden gerichtet. Etwas Blut tropfte von seiner Lippe, weil er sich diese schon halb zerbiss, doch Piers schien das nicht einmal wirklich zu bemerken. Er wirkte vollkommen abwesend. Den Kopf hatte er auf die Hände gestützt, und diese krallten sich etwas in seine kurzen braunen Haare. „Piers…“ Chris schluckte schwer, trat auf den Scharfschützen zu und ging vor dem Sessel leicht in die Hocke, ehe er die Hand ausstreckte und den Jüngeren leicht an der Schulter berührte. Wie in Zeitlupe hob dieser den Kopf und blickte Chris mit erschreckend leeren Augen an. Dieser Blick… Er sah ihn nicht nur so an, weil er gerade etwas scharf angefahren worden war, da musste noch etwas anderes sein. Da war ein Schmerz in Piers’ Augen, eine Unsicherheit, die Chris nicht verstand, die ihn aber irgendwie schmerzte, und die das Verlangen verstärkte, ihm einfach zu sagen, was er empfand, oder ihn am besten gleich zu überfallen und zu küssen. Aber er tat es nicht, er riss sich zusammen, auch, wenn es ihm nur immer schwerer und schwerer fiel. „Chris, ich… Ich bin…“, begann Piers, schluckte leicht und senkte den Blick wieder auf den Boden, während sich seine Hände zu Fäusten ballten. Passender Moment oder nicht, er konnte einfach nicht mehr anders. Und diese verdammten Gefühle setzten ihm so zu, dass er egoistisch genug war, Chris nun auch noch damit zu belasten. Mehr als ihn abweisen konnte dieser nicht. Und wenn er das tat, dann war Piers es wenigstens los, dann hatte er es gesagt, und diese Spannung würde von ihm abfallen. Sie würde Trauer und Enttäuschung Platz machen, aber dafür hatte er dann Sicherheit und konnte versuchen, diese zu verarbeiten. Das war allemal besser, als so unsicher zu sein und sich die ganze Zeit über vielleicht falsche Hoffnungen zu machen. „Was bist du, Piers?“, wollte Chris nun wissen, und wieder war seine Stimme voller Sorge, und er musterte Piers kritisch. Hatte dieser Schmerzen? Stimmte etwas nicht? Wollte er ihm sagen, dass er es sich doch anders überlegt hatte, und dass er das Risiko nicht eingehen wollte, einmal über den ganzen Globus gejagt zu werden? Oder… „Ich… liebe dich…“ Chris stockte und hielt für einen Moment die Luft an, und er hatte das Gefühl, dass selbst sein Herz für einen Schlag ausgesetzt hatte. Schweigend hockte er da, starrte den Jüngeren an und rang nach Fassung. Das konnte Piers gerade nicht gesagt haben, das war unmöglich. Der Soldat schnappte nach Luft, blinzelte leicht und stand dann ruckartig auf. Das war genau das, was er eigentlich hatte hören, was er ja sogar selber hatte sagen wollen. Er hätte glücklich sein müssen, er hätte Piers nun um den Hals fallen und stürmisch küssen müssen. Aber nichts dergleichen tat er. Stattdessen drehte Chris sich um, blickte aus dem Fenster und schloss leicht die Augen, ohne auch nur das Geringste auf Piers’ Worte zu erwidern. Das konnte einfach nicht wahr sein, er musste träumen. Piers liebte ihn, und er hatte den Mut gehabt, das auch zu sagen. Und was machte er selber nun? Er zog den Schwanz ein und wandte sich einfach ab, ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben. Er war einfach überrumpelt, er hatte damit schlicht und ergreifend nicht gerechnet. Und nun hatte Chris im ersten Moment einfach panisch gehandelt. Als er sich nun wieder umwandte, saß Piers nicht mehr im Sessel. Er hatte sich erhoben und umgedreht und war nun auf dem Weg zur Tür. „Wo… wo willst du hin?“, fragte Chris, und er schluckte schwer, als Piers stehen blieb, ohne sich zu ihm umzuwenden. Unsicher starrte er auf den Rücken des Jüngeren und biss sich selber wieder auf die Lippen. Er verletzte Piers gerade sehr, obwohl es überhaupt nicht sein musste. Er liebte ihn doch auch, er wollte nicht, dass der Jüngere nun ging, ohne das zu wissen. „Ich kann nicht länger hier bleiben, Chris, ich… ich kann das einfach nicht…“, murmelte der Scharfschütze, und er ließ leicht den Kopf hängen. Irgendwie war das doch anders gelaufen, als er erwartet hatte. Piers war sicher gewesen, es verarbeiten zu können, wenn er erst einmal Gewissheit hatte, doch da hatte er sich geirrt. Ein ‚Ich dich aber nicht’ hätte ihm wohl weniger zugesetzte als diese eine Geste, als das Schweigen, mit dem Chris auf sein Geständnis geantwortet hatte. Er ballte die Hände zu Fäusten, atmete zittrig durch und wandte sich dann doch um. In seinen Augen schimmerte es verdächtig, aber noch kamen keine Tränen, noch schaffte der junge Soldat es, sich zusammenzureißen. Er würde nicht weinen, nicht vor Chris. Er wollte stark sein, er wollte sich selbst jetzt noch beweisen und seinem Captain zeigen, dass er sich zusammenreißen konnte, auch, wenn dieser vor wenigen Momenten noch klar gemacht hatte, dass er nicht mehr sein Captain war. Für Piers jedoch würde er das immer bleiben, ganz egal, was geschah. Und er würde Chris auch immer folgen, überall hin, wenn dieser ihn darum bat. Aber das würde er nun vermutlich nicht mehr. Piers hatte Chris seine Gefühle gestanden, und vermutlich hatte er dadurch alles ruiniert. Immer fester biss er sich auf die Lippen, und er konnte wieder ein wenig Blut schmecken, was ihn jedoch kaum wirklich störte. Es war vorbei, er hatte es vermasselt. Chris hatte ihn abgewiesen, das war mehr als deutlich gewesen. Immerhin hatte dieser nicht einmal ein einziges Wort zu seinem Geständnis gesagt. Nun würde Piers zur B.S.A.A. gehen, das war alles was er noch tun konnte. Nicht, weil er sich durch Chris’ Tun gleich umbringen wollte, sondern schlicht und ergreifend, weil ihn nun nichts mehr hier hielt. Zur Flucht hatte er sich entschlossen, weil er bei seinem Captain hatte sein wollen. Und natürlich wollte er das noch immer. Aber er konnte das einfach nicht mehr. Nicht, wenn der Ältere ihn so abwies, das ertrug er einfach nicht. „Bitte… Piers…!“ Schweigend drehte sich der junge Soldat wieder um, seufzte traurig, schüttelte leicht den Kopf und drückte die Klinke herunter, ehe er langsam die Tür aufzog. Er musste einfach gehen. Vielleicht würde er noch warten, bis er zur B.S.A.A. ging, vielleicht würde es ihm etwas besser gehen, wenn er eine Weile lang alleine gewesen war und nachgedacht hatte. Aber hier bleiben konnte er nicht, nicht jetzt. Nun musste er einfach ein paar Stunden für sich alleine sein und das verarbeiten. Er brauchte Ruhe, er konnte Chris gerade schlicht und ergreifend nicht ansehen. Seufzend öffnete er die Tür also ganz und setzte einen Fuß über die Schwelle, als er mehrere Geräusche vernahm und verwirrt den Blick hob. Grelles Licht blendete ihn, Licht, das direkt auf die Tür gerichtet war, Schritte erklangen, und irgendjemand sagte, er solle stehen bleiben, die Hände heben und sich nicht rühren. Und dann ging alles viel zu schnell. Kräftige Hände packten Piers, noch ehe er der Aufforderung hätte nachkommen können, und zogen ihn nach draußen, mehrere Stimmen riefen etwas, und unter ihnen konnte Piers auch die Stimme seines Captains ausmachen, die seinen Namen schrie, die verlangte, dass man ihn sofort losließ, dass er sonst verdammt ungemütlich werden konnte. Dann ertönten Schüsse, ein Keuchen war zu hören, und ein schwerer Körper ging zu Boden. Erkennen konnte Piers nicht wirklich etwas, dazu war er noch viel zu geblendet. Er hörte sich nur selber Chris’ Namen schreien und versuchte fast panisch, sich aus dem starken Griff zu befreien, um zu seinem Captain zu eilen, ehe irgendjemand ihm einen Schlag in den Nacken verpasste und seine Wahrnehmung ausschaltete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)