Persona: Shadows of Mirror von ShioChan (Kagami no Kage) ================================================================================ Kapitel 142: CXLII – Im Inneren des Dungeons -------------------------------------------- [ ~Dienstag, 13. Oktober 2015~ ] [ -Neumond- ] [ *Später Abend* ] [ Spiegelwelt – Dungeon ] Eine leichte Erschütterung ließ die Wände des nur spärlich beleuchteten Raumes erzittern, wodurch sich etwas Schutt aus den bröckeligen Sandsteinwänden löste und zu Boden rieselte; genau auf den blonden, jungen Mann, welcher bewusstlos auf dem Boden lag. Die kleinen Steinchen, fielen ihm ins Gesicht und auf die Stirn, was ihn leicht zusammenzucken ließ. Langsam öffnete er endlich seine blauen Augen und ließ seinen Blick etwas schweifen, um sich kurz zu orientieren. Jedoch konnte er nicht viel erkennen, da alles um ihn herum ziemlich verschwommen wirkte. Vorsichtig tastete er den Boden ab, bevor er der Meinung war genügend Halt zu haben, um sich abzustützen. „Urgh“, vorsichtig drückte sich Hiroshi nach oben und berührte mit seiner anderen Hand seine schmerzende Stirn. Nur ganz langsam kehrte seine Orientierung wieder zurück, während die Schmerzen hinter seinen Schläfen allmählich nachließen und er in der Lage war den Blick wieder zu heben und diesen schweifen zu lassen. Wo war er hier? Direkt zu seiner Rechten befand sich eine beigefarbene Wand, dessen einzelne Ziegel schon ziemlich viele Risse aufwiesen. Er folgte dem Bauwerk nach vorn, wo es auf eine Ecke traf, an die eine Mauer vom gleichen Typ traf. Dazwischen fielen ihm verschiedene Möbelstücke wie Sessel und Stühle auf, welche teilweise in Boden und Wand verschwunden waren. Vorsichtig sah er nach oben zur Decke, welche sich jedoch auch nicht stark vom Rest des Raumes unterschied. Erneut bröckelte etwas Sand herunter, weshalb der junge Mann den Blick abwandte, um nichts von dem Dreck in die Augen zu bekommen. Stattdessen sah er sich weiter um. Überall in diesem Raum standen weitere Möbelstücke, wie Regale, ein Tisch und ein kleiner Fernsehschrank, die jedoch ebenfalls teilweise in den Wänden und dem Boden verschwunden war. Selbst der große Flachbildfernseher war nur zur Hälfte zu erkennen. In seinem Rücken befand sie eine große Fensterfront, bestehend aus gläsernen Verandatüren, die wohl eigentlich in den im Dunkeln liegende Garten führten. Jedoch wirkte es nicht so, als könnte man wirklich durch sie hinausgehen, denn das ganze wirkte wie eine große Fototapete, die nur auf die Wand aufgeklebt wurde. Davor erkannte er einen Moment später eine weitere Person, welche noch immer bewusstlos am Boden lag. „Ochibi?“, noch während er den Spitznamen seines Kohais aussprach, fiel ihm ein entscheidendes Detail auf, woraufhin er sich dieses Mal erschrocken umsah, jedoch nicht fand was er suchte. Die Anderen waren verschwunden. Wurden sie getrennt? Wenn ja, wo waren sie dann? Noch einmal sah sich der junge Mann um und blieb letzten Endes an einer großen braunen Schiebetür hängen, welche sich gegenüber der falschen Fensterfront befand und als einziges in diesem Raum wirkte, als sei sie real. Murrend, aufgrund seiner schmerzenden Knochen, erhob sich der Blonde und ging auf besagten Durchgang zu, um diese zu öffnen. Vorsichtig griff er in die Öffnung, welche als eine Art Türklinke fungierte, und versuchte das Hindernis vor ihm zur Seite zu schieben. Jedoch vergebens, denn die Tür blockierte. Er versuchte es daraufhin noch einmal, allerdings mit dem gleichen Ergebnis. Den widerspenstigen Durchgang musternd trat er einen Schritt zurück und überlegte einen Moment, was er nun machen könnte, wandte sich dann allerdings ab und entschied sich erst einmal dafür den jüngeren Schüler zu wecken, welcher mit ihm hier eingesperrt war. Zielstrebig ging er auf den Rotbraunhaarigen zu, hockte sich neben ihn und rüttelte ihn vorsichtig: „Ochibi, oi! Aufwachen.“ Er brauchte einige dieser Versuche, ehe der Jüngere endlich reagierte, leicht zusammenzuckte und die Augen öffnete. „Hiroshi-senpai? Wo sind wir? Was ist passiert?“, fragte er leise, während er sich langsam aufsetzte und dann ebenfalls kurz den Blick schweifen ließ. „Gute Frage… und ehrlich gesagt habe ich darauf keine Antwort“, auch Hiroshi sah sich noch einmal um, in der Hoffnung etwas herauszufinden. Ihm kam es so vor, als hätte er das hier alles schon einmal gesehen, konnte jedoch nicht zuordnen wo. Die Möbel, der Aufbau, die Einrichtung… alles hier erinnerte ihn an etwas, da es aber mit den Sandsteinwänden, an denen Fackeln hingen, alles so surreal wirkte, konnte er nicht sagen woher. Wo hatte er das nur schon einmal gesehen? „Sieht ja echt chaotisch hier aus…“, murmelte Ryu neben ihm, „Sind wir in dem Dungeon? Ich erinnere mich noch daran, wie Mirâ-senpai die Haustür zu ihrem Haus öffnen wollte…“ Plötzlich fiel es Hiroshi wie Schuppen von den Augen: „Natürlich! Das hier ist das Wohnzimmer!“ Überrascht sah der Jüngere zu seinem Senpai: „Wohnzimmer?“ Angesprochener nickte: „Ja… ich habe mich gewundert, wieso mir die Einrichtung hier so bekannt vorkommt. Das hier ist das Wohnzimmer von Mirâs Familie.“ „So?“, wieder ließ der Rotbrünette den Blick schweifen und blieb nun auch an der Schiebetür ihm gegenüberhängen, „Dort drüben ist eine Tür…“ „Ja schon“, begann der Blonde und erklärte dem Kleineren dann, dass er bereits versucht hatte sie zu öffnen, dies jedoch nicht geschafft hatte, „Scheint, als wären wir hier gefangen. Und wo die anderen sind, weiß ich auch nicht.“ Hiroshi erhob sich und half dem Jüngeren dann auch wieder auf die Beine. „Ich vermute, dass wir einen Mechanismus finden müssen, um hier heraus zu kommen. Den anderen geht es bestimmt ähnlich und wir treffen sie wieder, wenn wir es schaffen zu entkommen“, erklärte Ryu anschließend. Zustimmend nickte der Größere: „Den Gedanken hatte ich auch schon. Die Frage ist, wo sich dieser Mechanismus befindet. Es wird wohl etwas sein, dass hier nicht hingehört…“ Beide junge Männer starrten in den Raum hinein und versuchten irgendwie zu ergründen, welcher Gegenstand für sie relevant sein könnte. Allerdings kannten sich beide nicht in Mirâs Haus aus. Zwar war Hiroshi bereits einige Male hier zu Besuch gewesen, jedoch hatte er sich dabei nie so intensiv umgesehen, dass er nun irgendwelche Besonderheiten erkennen könnte. Ryu wiederum war noch nie hier gewesen, sodass er erst recht nichts dazu sagen konnte. Sie suchten also ins Blaue und wussten genau, dass ihnen dafür nicht unendlich Zeit blieb. Sie mussten Junko immerhin um jeden Preis retten. Mit jeder Minute, die sie länger in dieser Welt war, schwebte sie mehr und mehr in Gefahr; das war ihnen beiden mehr als bewusst. Also legten sie sich einen Plan zurecht und entschieden getrennt zu suchen. Jeder nahm sich eine Ecke vor und suchte dort nach verdächtigen Gegenständen oder versteckten Räumen. So breitete sich kurz darauf Stille aus, welche nur durch die Geräusche der beiden jungen Männer unterbrochen wurde, die sie beim Suchen machten. „Ne Senpai“, unterbrach der Jüngere jedoch nach einiger Zeit die Stille. „Hm?“, kam es nur aus der anderen Ecke des Raumen. „Kann ich dich etwas fragen?“, fragte Ryu nach einer kurzen Pause. „Sicher“, kam es wieder nur knapp zurück. Wieder zögerte der Jüngere. Er wusste nicht genau, ob es eine gute Idee war dieses Thema jetzt anzusprechen. Andererseits wusste er auch nicht, wann er wieder die Gelegenheit dazu bekommen würde, alleine mit Hiroshi zu sprechen. Meistens war dieser immerhin von seinen Freunden umgeben; auch denen die nicht zu ihrem Team gehörten. Das machte es für Ryu schwierig an ihn heranzukommen und in aller Ruhe ein Vieraugengespräch zu führen. Er wollte dieses Thema auch nicht vor anderen aufwärmen, immerhin wusste er auch nicht, wer alles in die Sache eingeweiht war und wer nicht. In Schwierigkeiten bringen wollte er den Älteren nämlich auch nicht weiter. Nach einiger Zeit des Schweigens spürte er plötzlich den fragenden Blick seines Senpais auf sich ruhen, weshalb er endlich ansprach was ihn bewegte: „Ähm… ich wollte dich fragen, w-was der Grund war, wieso… du in der Mittelschule gemobbt wurdest. Ich meine… wenn man dich so sieht, würde man nicht glauben, dass sich das jemand überhaupt trauen würde.“ Es folgte noch einmal kurzes Schweigen, weshalb Ryu es bereits bereute das Thema angesprochen zu haben, doch dann erhob der Blonde endlich die Stimme: „In der Mittelschule war ich total schwächlich und hatte kein Selbstvertrauen. Ich habe mich prinzipiell hinter Akane versteckt, die jedes Mal dazwischengegangen ist, wenn mich jemand geärgert hat. Ich habe immer versuch jedem Streit aus dem Weg zu gehen und konnte mich auch nicht wehren… weder körperlich, noch verbal“, erklärte er, während er seine Such fortsetzte, „Dazu kam, dass ich in Wirklichkeit auch ziemlich helle Haare habe. Dann noch meine für Japaner untypischen blauen Augen. Das war für viele ein gefundenes Fressen mich als Ausländer zu beschimpfen oder ähnliches…“ „Du sagtest deine Freunde hätten dir geholfen…“, der Rotbrünette beugte sich nach unten, um in ein offenes Regalfach zu schauen. „Ja… als Shuyan im zweiten Jahr der Mittelschule in meine Klasse kam, hat er gleich mitbekommen, was Sache ist und mir versucht zu helfen. Hat ne Weile gedauert, aber letzten Endes habe ich es mit seiner Hilfe aus diesem Strudel herausgeschafft“, erklärte der Ältere in aller Ruhe, „Und Akane habe ich auch viel zu verdanken. Ohne ihren Beistand wäre ich wohl schon viel früher an der ganzen Schikane zerbrochen…“ „Zerbrochen?“ Noch einmal wurde es kurz still, woraufhin Ryu das Gefühl bekam eine Grenze überschritten zu haben, die er nicht hätte überschreiten sollen. Besorgt sah er zu Hiroshi, welcher in seinem Tun kurz gestoppt hatte, sich jedoch nur einen Moment später wieder in Bewegung setzte. „Gegen Ende des zweiten Jahres der Mittelstufe hatte ich kurz denk Gedanken mich vom Dach der Schule zu stürzen…“, sagte er dann ziemlich trocken, „Hätte Shuya mich nicht aufgehalten, hätte ich das wohl auch in die Tat umgesetzt…“ Erschrocken zuckte der Jüngere zusammen und sah seinen Senpai vollkommen verstört an, während dieser sich jedoch nicht weiter beirren ließ und seine Suche fortsetzte. Ryu wusste nicht, was er darauf hätte erwidern können. Auch ihm wurden schlimme Dinge angetan, jedoch hatte er bisher noch nie den Gedanken sich etwas anzutun. Sicher tat es weh und war schwer, allerdings hing er dann doch zu sehr an seinem Leben. Was musste dem Älteren nur alles widerfahren sein, dass er mit diesem absurden Gedanken gespielt hatte. Das schlechte Gewissen machte sich plötzlich in Ryu breit. Mit Sicherheit fiel es Hiroshi nicht leicht darüber zu sprechen und nun hatte er diese schlimme Sache wieder hervorgeholt. Dabei gab es gerade wichtigeres, als alte Kamellen aus ihrer Mittelschulzeit. Er wollte zu einer Entschuldigung ansetzen, um das Thema damit zu beenden, doch stoppte plötzlich, als sein Teamkamerad etwas gefunden zu haben schien. „Ah“, sagte er plötzlich und bückte sich noch etwas tiefer, „Das passt hier irgendwie nicht hinein… oder was meinst du?“ Überrascht, dass ihn der Ältere so normal ansprach sah Ryu diesen kurz an, ehe er sich in Bewegung setzte und sich zu dem Blonden begab. Dieser zeigte mit einem kleinen Lächeln auf das kleine Fach, welches nur zur Hälfte aus dem Boden guckte, woraufhin sich der Erstklässler hinkniete und einen Blick hineinwarf. Darin erkannte er einen kleinen rot-weißen Teddybären, welcher dort irgendwie fehl am Platz wirkte. Überrascht wandte er sich noch einmal Hiroshi zu, welcher ihm nur mit einem Lächeln zunickte, woraufhin Ryu seinen Arm in die Öffnung steckte und versuchte das kleine Plüschtier zu greifen. Da die Öffnung gerade einmal so breit war, dass er seinen Arm hindurchstecken konnte, musste er blind nach dem kleinen Bärchen angeln. „Senpai, wegen gerade eben… tut mir leid, wenn ich damit taktlos einen wunden Punkt getroffen habe. Das ist sicher etwas, was dich ziemlich belastet“, sprach er dann aus, was ihm auf der Seele brannte. Der Ältere neben Ryu ließ sich auf den Boden sinken und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, während er ihm ein kleines Lächeln schenkte: „Schon okay. Klar werde ich nicht gerne daran erinnert, aber das ist auch ein Teil von mir. Außerdem sehe ich keinen Grund dir das zu verheimlichen… Also mach dir darüber keine Gedanken. Das ist vergangen.“ Plötzlich grinste der Größere breit, was dem Jüngeren ein Lächeln auf das Gesicht zauberte, welches jedoch erstarb, als er etwas Weiches zu fassen bekam. „Ah ich hab ihn“, schnell zog er seinen Arm aus dem Fach heraus und hatte dabei das kleine Kuscheltier in seiner Hand. Lange konnte er sich allerdings nicht darüber freuen, als er im Augenwinkel ein rotes Licht erkannte. Just in diesem Moment wurde er plötzlich zur Seite gezogen, während ihn gerade so eine Feuerwalze verfehlte, die das Mobiliar neben ihn zu Asche verbrannte. Erschrocken wandte er seinen Blick auf die Mitte des Raumes, wo sich nun mehrere Wesen befanden. Zwei von ihnen entpuppten sich als junge Frauen mit langen blonden Haaren, die jeweils ein grünes Kleid trugen, das mit goldenen Elementen bestickt war. Auf ihrem Rücken befanden sich große weiße Engelsflügel, welche sie weit ausgesteckt hatten. Zwischen ihnen stand ein männliches Wesen mit einem länglichen Kopf, dessen schwarzer Körper von einem roten Muster durchzogen war, dass an die Streifen eines Tigers erinnerte. In seiner rechten Hand hielt er eine riesige Fackel, von der eine ungeheure Wärme ausging. „Was zum Geier…?“, setzte Hiroshi an. Ryu wusste sofort was sein Senpai mit dieser überraschten Aussage sagen wollte: Diese Gegner sahen anders aus, als die, die ihn vor einiger Zeit angegriffen hatten, als er Mika die ganzen Sachen gebracht hatte. Zwar kannte er sich in dieser Welt noch nicht so gut aus, wie seine älteren Mitstreiter, jedoch hatten diese ihm erzählt, dass die Monster, welche sie Shadows nannten, nicht menschlich aussahen. So hatte er es auch damals erlebt. Diese hier wirkten jedoch absolut menschlich und noch dazu umgab sie eine merkwürdige Aura, die sich gänzlich von den Wesen unterschied, die sie bisher kannten. In diesem Moment fielen den beiden wieder die Worte Megumis ein, welche sie gewarnt hatte, dass sich etwas in dieser Welt verändert hatte und diese drei Gegner vor ihnen waren wohl der beste Beweis dafür. Und diese galt es nun zu besiegen, jedoch verblieb bei beiden jungen Männern das ungute Gefühl, dass ein Fehler in diesem Kampf schlimme Folgen haben würde. [ zur gleichen Zeit an einem anderen Ort ] Ein Geräusch ließ sie zusammenschrecken und die Dunkelheit, welche sich um die herum befand langsam schwinden. Noch einmal zuckte Megumi zusammen und öffnete dann vorsichtig die Augen, um sich kurz darauf in einer eher spärlich beleuchteten Umgebung wiederzufinden. Sie setzte sich auf und versuchte sich erst einmal zu orientieren. Wo war sie? Wieder ertönte ein Geräusch, welches an das Fallen eines Steines auf dem Boden erinnerte, und veranlasste die Brünette dazu ihren Blick schweifen zu lassen. Dabei fiel ihr auf, dass sie sich in einem kleinen Raum befand, welcher von bröckeligen Sandsteinwänden umgeben war, in denen in regelmäßigen Abständen Fackeln steckten, welche für das flimmerige Licht sorgten. Aus den Wänden ragten Möbelstücke, welche sie erst beim genaueren Hinsehen als Küchenschränke identifizierte. Diese waren zum Teil in der Mauer dahinter verschwunden, hingen schief oder sogar verkehrt herum, was dem Ganzen ein ziemlich surreales Bild verlieh. Sie sah sich weiter um und erkannte dann sogar einen Herd, der halb im Boden und halb in der Wand steckte. Daneben befand sich eine halbe Spüle, von welcher sie hauptsächlich noch den Wasserhahn erkannte. „Ach Mist“, ließ sie eine Stimme aufschrecken und sich umdrehen. Daraufhin blickte sie auf Akane, die vor einer braunen Schiebetür stand, welche in diesem Raum noch als realste Version der Einrichtung durchging. Die Ältere rüttelte noch einmal an der Tür, trat dann einen Schritt zurück und betrachtete das Hindernis vor sich. „Ob ich versuchen sollte sie aufzutreten?“, murmelte sie anschließend und wandte sich dann plötzlich Megumi zu, als sie eine Bewegung in ihrem Augenwinkel bemerkte, „Oh du bist endlich wach…“ Die Jüngere nickte, erhob sich und gesellte sich zu ihrer Senpai: „Wo sind wir?“ „Tja gute Frage“, die Zweitklässlerin zuckte mit den Schultern, steckte ihre Hände in die Taschen ihrer Jacke und betrachtete wieder die Tür vor sich, „Der Einrichtung nach zu urteilen würde ich sagen in einem Dungeon, der einer Küche nachempfunden ist.“ Sie bemerkte ein blaues Licht in ihrem Augenwinkel, auf das das Erscheinen von Megumis Persona folgte, mit welcher die Kleine die Umgebung scannte. Dann herrschte kurz Stille, in welcher sich die Jüngere ein Bild von der Situation zu machen schien. Akane schwieg derweil und ließ die Erstklässlerin machen, während sie sich abwandte und den Blick durch den Raum schweifen ließ. Mit Sicherheit gab es einen Mechanismus, der diese Tür öffnete. So war es doch meistens in irgendwelchen RPGs, wenn die Charaktere gefangen waren. Die Frage war nur, wo sich dieser Mechanismus befand. Viel gab es in diesem Raum allerdings auch nicht zu erkunden. Zwar gab es genügend Schränke, die man durchsuchen könnte, aber auch bei ihnen fielen einige bereits durchs Raster, da sie sich aufgrund ihrer Lage gar nicht öffnen ließen. Es sollte also gar kein Problem sein relativ schnell herauszufinden, wie man die Tür öffnete. Allerdings gab es da mit Sicherheit einen Haken. So einfach würden ihre Gegner es ihnen garantiert nicht machen. Da war sich die Brünette ziemlich sicher. Das blaue Licht erlosch und Nechbet verschwand, während sich Megumi wieder Akane zuwandte: „Wir befinden uns tatsächlich in Mirâ-senpais Haus. Anscheinend hat sich der Dungeon auf das gesamte Gebäude ausgebreitet, nachdem Mika-chan es verlassen hatte.“ „Hast du die anderen sehen können?“, hakte die Größere nach und bekam als Antwort ein Nicken. „Sie sind alle hier überall verteilt. Als der Dungeon uns eingezogen hatte, wurden wir wohl in Paaren getrennt. Ich vermute, dass wir zueinanderfinden, wenn wir hier rauskommen“, erklärte die Jüngere daraufhin. „Also war meine Vermutung richtig. Das Problem ist, dass die Tür blockiert ist. Wir müssen also den Mechanismus finden, der sie öffnet“, sprach Akane das Offensichtliche aus, „Kannst du mit deiner Persona nicht herausfinden, wo sich der Mechanismus befindet?“ Noch einmal rief Megumi ihre Persona und scannte den Raum, doch schüttelte kurz darauf den Kopf: „Irgendwas hier sorgt dafür, dass ich nicht hinter die Gegenstände schauen kann…“ Ihre Senpai seufzte schwer und kratzte sich im Nacken, während sie sich wieder umsah: „War ja klar. So ist es ja meistens in RPGs. Wäre ja sonst zu einfach…“ Sie setzte sich in Bewegung: „Dann müssen wir wohl selbst suchen. Übernimm du die unteren Schränke. Ich schau in die oberen… ich hoffe, ich komm da ran…“ Megumi musste auf diese Aussage kurz schmunzeln, denn auch Akane gehörte nicht gerade zu den größten Mädchen ihrer Gruppe. Tatsächlich war die Brünette nach ihr selbst die Zweitkleinste in der Gruppe. Auch sie brauchte also für höher gelegene Orte Hilfe. Einen Moment noch blieb ihr Blick auf der Älteren hängen, bevor sich Megumi ebenfalls abwandte und begann zu suchen. Dadurch kehrte kurz Stille ein, die nur durch das Öffnen der Schränke immer wieder unterbrochen. Der älteren Brünetten jedoch schien es irgendwann etwas unheimlich zu werden, weshalb sie kurz darauf das Wort ergriff: „Du stehst doch total auf Animes und Mangas. Oder? Spielst du da auch gerne RPGs oder sowas?“ Von der Frage etwas überrumpelt, zuckte die Jüngere kurz zusammen und musste kurz überlegen, ehe sie weitersuchte und antwortet: „Ab und an spiele ich auch mal RPGs. Aber weil sie so viel Zeit in Anspruch nehmen, ist das eher selten. Wenn, dann müssen sie mich wirklich richtig mitreißen. Du scheinst aber gerne zu spielen. So oft wie du Vergleiche anstellst.“ „Mein Cousin hat mich drauf gebracht. Er zockt wirklich viel. Aber mir geht es da ähnlich, wie dir. Die Spiele müssen mich richtig flashen, damit ich dranbleibe“, erklärte Akane daraufhin, „Spielst du da lieber für dich oder online?“ „Lieber für mich, weil man da nicht an Gruppen oder Zeiten gebunden ist. Aber ich hab vor einiger Zeit mal ein ziemlich altes Online RPG gefunden und angefangen, weil es so gute Kritiken hatte. Leider ist da aber kaum noch einer unterwegs, weshalb ich wieder aufgehört hatte“, erzählte Megumi weiter, „Sagt dir „Innocent Sin“ etwas?“ Die junge Frau auf der anderen Seite des Raumes zuckte zusammen: „J-ja…“ Überrascht von der Reaktion, sah Megumi auf und blickte Akane fragend an, welche das zu bemerken schien. Schnell machte sich diese an das nächste Fach, um weiter zu suchen, ging aber nicht weiter darauf ein. „Hast du es auch gespielt?“, fragte die Jüngere deshalb nach. „Ähm…“, kam als Reaktion nur zurück, auf welche noch einmal kurz Schweigen folgte, ehe die Dunkelbrünette seufzte, „J-ja… aber der Anfang war mir zu unheimlich. Also hab ich gleich wieder aufgehört…“ Erneut musste Megumi schmunzeln, als ihr wieder bewusstwurde, dass ihre Senpai nicht so mit Horror-Dingen klarkam. Da war es eigentlich schon verwunderlich, dass sie sich überhaupt getraut hatte „Innocent Sin“ zu starten. Die Beschreibung ließ eigentlich schon erahnen, dass es sich nicht unbedingt um ein Spiel mit süßen Bildern handelte. Wiederum konnte sie aber gut verstehen, dass man auf das Spiel neugierig werden musste. Ihr war es ja nicht anders gegangen. Sie wandte sich wieder ihrer Suche zu und öffnete den nächsten Schrank, bei dem es überhaupt möglich war, woraufhin sie plötzlich auf einen kleinen schwarz-violetten Teddybären schaute, welcher hier vollkommen fehl am Platz war. Ein merkwürdiges Gefühl breite sich in ihrer Magengegend aus. Mit Sicherheit hatte der kleine Bär etwas zu bedeuten, wenn er nicht sogar der Schlüssel war, um diesen Raum zu verlassen. Trotzdem überkam sie der ungute Verdacht, dass etwas Schlimmes passieren würde, sobald sie ihn berührte. Akane, welche auf der anderen Seite des schmalen Raumes gesucht hatte, bemerkte, dass ihre Mitstreiterin plötzlich erstarrt war und wandte sich dieser fragend zu. Erst als sie einige Schritte auf die Jüngere zugegangen war, konnte sie um diese herumschauen und erkannte daraufhin ebenfalls das kleine Plüschtier. Anders als bei ihrer Teamkameradin löste er in ihr jedoch kein ungutes Gefühl aus, weshalb sie ohne weiteres darauf zuging. „Warum sagst du denn nicht, dass du etwas gefunden hast? Das hier sieht doch ziemlich verdächtig aus“, sagte sie anschließend, während sie nach dem Teddybären griff. Megumi wollte sie davor warnen, doch da war es bereits zu spät und das Kuscheltier, welches nicht größer war, als eine Hand, befand sich bereits in den Fängen der Älteren. Fragend betrachtete diese den Gegenstand, den sie auf ihre Handfläche gesetzt hatte und versuchte dann zu ergründen, wie er ihnen helfen könnte. Ein Geräusch in ihrem Rücken ließ sie aufschrecken, doch bevor sie die Chance bekam sich umzudrehen, wurde sie bereits zur Seite gezogen. Im nächsten Moment zerschellte an gleicher Stelle ein riesiger Eisblock. Erschrocken blickte die Dunkelbrünette auf besagte Stelle und dann zu Megumi, welche sie beiseite gezogen hatte. Erst danach suchte sie die Quelle des Angriffs, welcher relativ schnell ausgemacht war. Dort in der Mitte des Raumes, welcher bis eben noch, bis auf sie und Megumi, leer war, erschienen mehrere kleine schwarze Wesen mit violetter Mütze, welche stark an Mirâs Persona Jack Frost erinnerten und doch anders waren. Für einen Moment überlegte Akane, wo sie dieses Wesen schon einmal gesehen hatte, da es ihr bekannt vorkam, doch im nächsten Moment musste sie bereits erneut mehreren Eisblöcken ausweichen. Um gleichzeitig Megumi zu beschützen, hatte sie diese auf ihre Arme genommen und setzte sie dann in sicherem Abstand wieder ab, während sie die Gruppe von Gegnern betrachtete, welche sich gänzlich von den Gegnern unterschied, mit denen sie es bisher zu tun hatten und aus sechs dieser Wesen bestand. Kurz warf sie einen Blick aus dem Augenwinkel auf ihre Freundin hinter sich, welche bereits am Eingang der Spiegelwelt angesprochen hatte, dass etwas in dieser Welt nicht stimmte. Dem Ausdruck ihres Gesichtes nach zu urteilen gehörte diese Veränderung anscheinend ebenfalls dazu. Dieser Kampf würde sicher kein Zuckerschlecken werden, zumal sie auch noch alleine Kämpfen musste, da es sich bei Megumis Persona hauptsächlich um einen Supporttyp handelte. Andererseits hatte sie den Vorteil die durchschauenden Fähigkeiten ihrer Freundin auf ihrer Seite zu wissen. Akane wandte sich wieder ihren Gegnern zu und begab sich in Kampfstellung. Dass es nicht einfach werden würde, war ihr von vornherein klar gewesen, also würde es jetzt auch nichts bringen, sich darüber zu beschweren. Sie würde einfach wie immer drauflos schlagen, in der Hoffnung sich und Megumi damit aus diesem Raum zu befreien. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)