Persona: Shadows of Mirror von ShioChan (Kagami no Kage) ================================================================================ Kapitel 131: CXXXI – Schmerzhafte Erfahrung ------------------------------------------- Mittwoch, 07.Oktober 2015 Müde öffnete Mirâ ihr Schuhfach, um ihre schwarzen Slipper gegen ihre Schulhausschuhe zu wechseln. Leise seufzend schlüpfte sie aus den Lederschuhen, stellte diese in ihr Fach und schlüpfte dann in die von der Schule gestellten Treter. Als sie sich wieder aufrichtete, um die Tür ihres Regales zu schließen, bemerkte sie eine Person, die neben ihr stand. Erschrocken wandte sie sich dieser zu und erkannte kurz darauf Matsurika, welche sie breit grinsend ansah. „Guten Morgen, Mirâ-senpai“, grüßte sie freudestrahlend, nicht darauf eingehend, dass sie ihrer Senpai gerade einen riesigen Schrecken eingejagt hatte. „Gu-guten Morgen, Matsurika. Ist etwas passiert? D-du strahlst so“, hakte die Ältere nach, woraufhin das Strahlen im Gesicht der Jüngeren nur noch heller wurde. Plötzlich hakte diese sich bei der Violetthaarigen unter und zog sie etwas mit sich, damit andere nicht mitbekamen, worüber sie gleich reden würden. Sie rückte noch ein Stück näher, damit auch wirklich nur Mirâ hörte, was sie sagte: „Hör mal. Ich hab dir doch mal erzählt, dass ich mich in Hiroshi-senpai verliebt habe. Oder? Letztens habe ich gehört, dass er immer noch keine Freundin hat und anscheinend auch niemanden, an dem er Interesse hat. Oder fällt dir da jemand ein?“ Überrascht sah die Zweitklässlerin die Schwarzhaarige an, doch schüttelte dann den Kopf. Natürlich kannte sie niemanden. Bis gestern hätte sie vielleicht noch Emiko genannt, doch bei dieser wusste sie ja mittlerweile, in welcher Beziehung sie zu Hiroshi stand. Und jemand anderes fiel ihr auch nicht ein. Trotzdem machte sich in ihr plötzlich ein ungutes Gefühl breit. Sie wusste worauf die Vermutung der Jüngeren hinauslaufen würde und irgendwie passte es ihr nicht, auch wenn sie wusste, dass Hiroshi für die Jüngere nichts empfand. Trotzdem… Matsurika jedoch bekam von ihren Gedanken nichts mit und freute sich nur umso mehr: „Siehst du? Und genau deshalb möchte ich meine Chance ergreifen und ihm heute Nachmittag meine Gefühle gestehen.“ „EH!?“, schrak die Ältere überrascht zurück, obwohl ihr bewusst war, was kommen würde. Es jedoch direkt von der Jüngeren zu hören, war dann doch etwas anderes. Ganz von dem unguten Gefühl abgesehen, welches sich in Mirâs Magen breitmachte, empfand sie wirklich Respekt für die Erstklässlerin, dass sie sich zu diesem Schritt entschieden hatte. Sie selbst traute sich dies immerhin bei Masaru immer noch nicht. Doch war dies wohl der ungünstigste Zeitpunkt den Blonden mit so etwas zu konfrontieren. Erst am Vortag wurde ihm eine Strafe angedroht, dafür, dass er einen jüngeren Schüler verletzt hatte. Noch stand zwar nichts zu einhundert Prozent fest, jedoch würde das mit Sicherheit folgen haben. Dabei freute sich der junge Mann schon auf das Turnier in 14 Tagen. Mirâ ahnte, dass er aufgrund dessen nicht gerade pfleglich mit seinem Umfeld umgehen würde, selbst wenn er sonst sehr rücksichtsvoll war. Mit Sicherheit würde das in einem unerträglichen Drama enden. Aus diesem Grund entschied sich Mirâ die Jüngere lieber zu warnen: „Hör mal Matsurika. Vielleicht ist das gerade ein echt ungünstiger Zeitpunkt mit sowas zu Hiroshi-kun zu gehen.“ Geschockt sah die Schwarzhaarige sie an und ließ nicht einmal zu, dass sie weitersprach: „Wie kommst du darauf? Wenn nicht heute wann denn dann? Wer weiß ob ich es zu einem anderen Zeitpunkt nochmal schaffe… Moment. Kann es sein, dass du mich abhalten willst, weil du selber in ihn verliebt bist? Du willst also verhindern, dass ihn dir jemand wegschnappt. Oder?“ „N-nein, darum geht es doch gar nicht… es ist nur…“, begann Mirâ, doch kam nicht sonderlich weit. Mit einem Ruck ließ die Jüngere sie los und schaute ihr wütend ins Gesicht: „Du bist gemein, Senpai! Die ganze Zeit tust du so, als hättest du kein Interesse an ihm. Und kaum sage ich dir, dass ich ihm sagen will, was ich empfinde, willst du mich davon abhalten. Das ist gemein! Ich hasse dich!“ Ohne, dass Mirâ die Möglichkeit hatte sich wirklich zu erklären, war die Jüngere plötzlich davongerannt. Vollkommen ratlos stand die Violetthaarige im Gang und sah der Erstklässlerin nach, während sie die Blicke der anderen Schüler auf sich spürte. Hatte sie hier einen Fehler begangen? Hätte sie Matsurika nichts sagen sollen? Dabei hatte sie es nur gut gemeint, immerhin war Hiroshi wirklich nicht sonderlich gut aufgelegt. Doch irgendwie beruhigte sich in diesem Moment auch wieder das ungute Gefühl in ihrem Magen. So als sei sie erleichtert. Aber wieso nur? Es war nicht das erste Mal, dass sie so reagierte. Bei Emiko war es das Gleiche. Sie seufzte laut. Irgendwas stimmte doch nicht mit ihr. Immer noch ruhten die Blicke der anderen Schüler auf ihr, doch sie ignorierte sie und machte sich nun auf den Weg in ihr Klassenzimmer. Nach dem Unterricht würde sie noch einmal das Gespräch mit Matsurika suchen und sich bei ihr entschuldigen, in der Hoffnung, dass sie dieses Mal die Chance bekommen würde sich zu erklären. Als sie am Nachmittag dabei war im Kyudo-club aufzuräumen, entglitt ihr erneut ein langer und nicht gerade leiser Seufzer. Sie hatte den Tag über immer wieder versucht mit Matsurika ins Gespräch zu kommen, doch kaum hatte diese sie gesehen, hatte sie sich beleidigt umgedreht und war davonstolziert. So würde sie sich doch niemals erklären können. Natürlich hätte sie Megumi um Hilfe bitten können, allerdings wollte sie die Kleine nicht in ihre Angelegenheiten mit hineinziehen. Die Freundschaft der beiden stand immerhin schon einmal auf der Kippe. Wegen so etwas wollte Mirâ das nicht wieder aufs Spiel setzen. Trotzdem war die Sache echt verstrickt. Wieder seufzte sie laut, während sie eigentlich die freien Bögen wegpacken wollte, dabei aber wieder in ihre Gedanken versunken innehielt. „Das war ja ein laaaaaaanger und intensiver Seufzer“, ließ eine weibliche Stimme neben ihr sie zusammenzucken. Dabei hätte sie beinahe die ganzen Bögen fallen lassen. Schnell hatte sie diese an sich gedrückt, damit sie nicht gen Boden wanderten, und wandte sich dann an die Person neben sich. Dort erkannte sie Amy, welche sie breit Grinsend ansah. „Amy-senpai… erschrick mich bitte nicht so…“, murmelte Mirâ und packte nun endlich die Gegenstände in ihrer Hand an ihren vorgesehenen Platz. Die Blonde verschränkte die Arme hinter dem Rücken und sah die Jüngere fragend an: „Ist etwas passiert, dass du so seufzt. Das sieht dir eigentlich gar nicht so ähnlich. Beim Training warst du auch nicht wirklich konzentriert.“ Die Violetthaarige schwieg. Es stimmte. Sie war durch die Sache mit Matsurika wirklich ziemlich durcheinander. Zum einen, weil sie sich immer noch Gedanken darüber machte, ob es ein Fehler war. Und zum anderen, weil ihr eigenes Gefühl sie diesbezüglich so durcheinanderbrachte. Ihr Blick wanderte zu Amy, die sie immer noch erwartungsvoll ansah. „Weiß du…“, begann sie und erklärte daraufhin der Älteren was vorgefallen war. Diese hörte aufmerksam zu: „Ich verstehe… du hast es nur gut gemeint, aber sie hat dich nicht mal ausreden lassen. Und nun geht sie dir aus dem Weg. Richtig?“ Mirâ nickte, woraufhin die Blonde weitersprach: „Ich muss leider gestehen… auch wenn du es gut gemeint hast, ich kann auch verstehen, dass sie so reagiert hat. Bei Verliebten kommt sowas immer falsch an, selbst wenn es nicht so gemeint ist. Ich kenne das… aber um eins klar zu stellen… bist du auch in deinen Kumpel verliebt? Ich dachte immer du stehst auf Masaru.“ Erschrocken sah sich die Jüngere um, um sicher zu gehen, dass niemand ihr Gespräch mitbekommen hatte und atmete dann erleichtert auf, als dies nicht der Fall zu sein schien: „Musst du das so laut herumposaunen? Aber nein. Ich bin nicht in Hiroshi-kun verliebt…“ Eine Hand legte sich auf ihre Schulter, woraufhin sie in Amys lächelndes Gesicht sah: „Dann wird sich das alles wieder klären. Ich denke deine Freundin muss selber die Erfahrung machen. Dann wird sie sich sicher wieder beruhigen. Und dann könnt ihr nochmal in Ruhe darüber sprechen.“ „Meinst du?“, ein Nicken kam als Antwort, „Dann hoffe ich, dass du Recht behalten wirst.“ „Sicher“, lächelte Amy, „Apropos… ich muss mich noch bei dir bedanken.“ Überrascht sah Mirâ ihre Senpai an, welche gleich weitersprach: „Dai kam vor einiger Zeit zu mir und entschuldigte sich dafür, dass er mir nicht besser helfen konnte. Damals, wo es um die Umfrage ging. Er sagte, dass er gerne mehr für mich getan hätte, aber wegen seiner Position nicht viel machen konnte. Ich verstehe das natürlich. Aber es hat mich wirklich glücklich gemacht, dass er nochmal zu mir kam. Vor allem, als er meinte, dass ich ein wichtiges Mitglied des Clubs wäre.“ „Und was habe ich jetzt damit zu tun?“, hakte die Jüngere nach, woraufhin ihr Gegenüber lachte. „Nun tu nicht so. Du hast doch mit Dai darüber gesprochen. Oder? Und daraufhin ist er zu mir gekommen“, meinte die Drittklässlerin, „Deshalb wollte ich mich bedanken. Also dann. Ich muss los. Hab gleich noch einen Termin. Wir sehen uns.“ Damit hatte sich Amy von Mirâ abgewandt und das Dôjô verlassen. Etwas überrascht sah die Violetthaarige ihr nach und legte unbewusst ihre Hand auf ihre Brust, in der sie ein intensives leuchten spürte. Es dämmerte bereits, als die Violetthaarige endlich auf dem Weg zur U-Bahnstation war, um nachhause zu fahren. Etwas missmutig sah sie in den Himmel. Warum musste es um diese Jahreszeit schon so früh dunkel werden? Dabei hätte man sonst noch so viel erledigen können. Stattdessen fühlte man sich bereits am frühen Nachmittag total müde und erschöpft, weil der Körper das Gefühl hatte, dass es schon extrem spät war. Irgendwie nervte das. Sie seufzte und richtete ihren Blick wieder in Richtung Schultor, wo ihr eine Person auffiel, die sich gegen den Pfeiler stützte und gen Boden sah. „Matsurika… du bist noch hier?“, fragte Mirâ, als sie besagtes Mädchen erreicht hatte, „Ich wollte mich für heute Morgen noch entschuldigen. Ich wollte dich nicht verletzen oder so.“ „Hm“, kam es nur nickend von der Schwarzhaarigen. Irgendetwas stimmt nicht. Irgendwie wirkte die Jüngere ziemlich geknickt. Ob etwas passiert war? Mirâ hatte ja eigentlich schon so eine Ahnung, wobei sie hoffte sich zu irren. „Was ist denn los?“, hackte sie deshalb nach. Kurz herrschte Schweigen. Dann jedoch fiel Matsurika ihr in die Arme und brach bitterlich in Tränen aus: „Du hattest Recht, Senpai. Ich hätte es lieber lassen sollen.“ Also war Mirâs Gefühl richtig gewesen. Die Schwarzhaarige hatte also wirklich Hiroshi mit ihren Gefühlen konfrontiert und dieser hatte sie abblitzen lassen. Sie mochte sich ehrlich gesagt gar nicht vorstellen, wie genau er reagiert hatte. Den Tag über war er kaum ansprechbar gewesen und hatte auf Akanes Spitzen ziemlich aggressiv reagiert. Selbst für die Späße von Shuya war er nicht gut aufgelegt gewesen. Dass er aktuell ziemlich in der Schwebe hing, nervte ihn sichtlich. Doch genau dieser Umstand war es, der Mirâ in Bezug auf Matsurika Sorgen gemacht hatte. Nun allerdings hatte sie diese Erfahrung machen müssen und irgendwie tat ihr die Jüngere leid. Es muss wirklich schmerzhaft sein, wenn man von einer Person, für die man Gefühle hegt, abgewiesen wird. Deshalb zog sie die Jüngere etwas näher an sich und strich ihr beruhigend über den Rücken, damit sie sich wieder beruhigen konnte, während diese bitterlich weinte. Zehn Minuten Stunde später saßen beide auf einer der Bänke, die auf dem Schulgelände verteil standen. Immer noch schluchzte Matsurika ab und an, doch hatte sich bisher weitgehend beruhigt. So ruhig, wie es ihr in diesem Moment möglich war, berichtete sie Mirâ darüber, was geschehen war. Wie sie sich mit Hiroshi getroffen und ihm ihre Gefühle offenbart hatte. Zwar versuchte er so freundlich wie möglich zu sein, doch trotzdem wirkte er extrem angespannt. Deshalb fiel auch sein Korb ziemlich böse aus, auch wenn er das mit Sicherheit nicht so gemeint hatte. Matsurika wusste, dass er es wahrscheinlich gar nicht so gemeint hatte, trotzdem tat es weh. Außerdem hatte sie nun tierische Angst, dass er sie dafür hassen könnte. Beruhigend legte Mirâ ihre Hand auf die von Matsurika und sah sie lächelnd an: „Hiroshi hasst dich mit Sicherheit nicht. Weißt du, ich wollte dich heute Morgen genau deshalb davon abhalten, gerade jetzt damit zu ihm zu gehen. Gestern ist etwas passiert, weshalb es sein kann, dass er für die nächsten Fußballspiele gesperrt wird, wenn nicht sogar schlimmer. Deshalb ist er aktuell ziemlich angespannt.“ „D-Das wusste ich nicht“, senkte die Schwarzhaarige den Kopf. „Deshalb wollte ich dich ja warnen“, meinte die Ältere lächelnd, „Aber jetzt ist es leider schon zu spät dafür. Trotzdem solltest du dir sein Verhalten nicht so zu Herzen nehmen.“ „Ich verstehe…“, murmelte die Jüngere, „Dann tut es mir auch leid, was ich dir heute Morgen an den Kopf geknallt habe. Ich war nur irgendwie…“ „Ich verstehe es. Es ist okay“, lachte Mirâ. „Danke, dass du jetzt trotzdem für mich da warst, Senpai. Ich hatte ehrlich gesagt gehofft, dich jetzt noch anzutreffen. Aber ich hätte nicht gewusst, was ich gemacht hätte, wenn dem nicht der Fall gewesen wäre“, erklärte Matsurika ruhig. Die Ältere lehnte sich vorsichtig an ihre Freundin: „Ach, das ist doch selbstverständlich.“ Die Schwarzhaarige lächelte nun ebenfalls und lehnte sich auch kurz gegen die Ältere, bevor sie sich erhob und kurz streckte. „Gut. Keine Zeit weiter Trübsal zu blasen. Wenn es mit einem Freund nicht klappt, dann nutze ich die Zeit halt für meine Projekte“, streckte sie die Faust in die Luft, „Danke nochmal, Senpai. Jetzt geht es mir wieder besser.“ Mehr als ein Lächeln brachte Mirâ nicht über die Lippen, während sie wieder das angenehme Leuchten in ihrer Brust spürte. Gemeinsam verließen die beiden Mädchen daraufhin das Gelände der Schule und verabschiedeten sich wieder voneinander, woraufhin jede von ihnen ihren Heimweg antrat. Doch bevor Mirâ sich in Richtung der U-Bahnstation auf machte, sah sie Matsurika noch einmal kurz nach. Sie schien recht schnell über den Schock hinweggekommen zu sein. Trotzdem war sich die Violetthaarige sicher, dass es nur eine Momentaufnahme war und es mit Sicherheit auch Situationen geben wird, in denen die Jüngere in Tränen ausbrechen würde. Jedenfalls, wenn ihre Gefühle für Hiroshi wirklich echt waren. Endlich drehte sie sich um und bemerkte dabei missmutig, wie sich wieder Erleichterung in ihr breit machte. Schnell schüttelte sie den Kopf und versuchte dieses Gefühl gekonnt zu ignorieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)