Persona: Shadows of Mirror von ShioChan (Kagami no Kage) ================================================================================ Kapitel 121: CXXI – Culture Festival - Part IV ---------------------------------------------- Sonntag, 27.September 2015 – Schulfest 2. Tag später Nachmittag Der Tag neigte sich langsam dem Ende und während sich der Himmel sanft orange färbte versammelten sich die Schüler der Jûgôya vor der großen Freilichtbühne, welche extra für diesen Tag aufgebaut wurde. Noch wenige Stunden zuvor hatte hier das Schulorchester ein Konzert zum Besten gegeben, doch nun waren alle nur noch auf den Höhepunkt dieses Festes gespannt. Nachdem Shuya vor einigen Wochen mithilfe einer Petition dafür gekämpft hatte mit seiner Band „Blue Butterfly“ auf dem Schulfest auftreten zu dürfen und damit mächtig die Werbetrommel gerührt hatte, wollten nun alle wissen, was sie erwarten würde. Auch Mirâ und ihre Freunde hatten sich mittlerweile vor der Bühne eingefunden und suchten sich einen Platz, von welchem aus sie gut sehen konnten. Alle waren anwesend. Selbst Yasuo und Masaru, ja sogar Kuraiko, hatten sich zu ihnen gesellt. Auch sie wollten wissen, was für Musik der Blau-Violetthaarige gemeinsam mit seiner Band machte. Doch noch mussten sie sich etwas gedulden. Stattdessen beobachteten sie, wie sowohl Shuya, als auch seine vermeintlichen Bandmitglieder immer wieder auf der Bühne hin und her rannte, diese verließen und wieder zurückkamen, und so nach und nach alle Instrumente, Mikrofone und die ganze Technik an ihren Platz brachten. Sobald diese an ihrem Platz war schlich eine zierliche Gestalt über die Bühne, welcher man selbst auf die Entfernung ansah, dass sie blasser als Mehl war. Zudem wirkte sie ziemlich müde, doch schien genau zu wissen, was sie tat. Ab und an gab es einen kurzen Soundcheck, bevor das Gewusel weiter ging. So ging das eine gute halbe Stunde, bis auch das letzte Instrument an seinem Platz und das letzte Kabel in der richten Steckdose war. In dieser Zeit hatte sich auch der Platz vor der Bühne gut gefüllt, sodass dem Beginn eigentlich nichts mehr im Wege stand. Das schienen auch die einzelnen Bandmitglieder von Blue Butterfly so zu sehen und sie begaben sich an ihre Instrumente. Nun konnte man auch genau sehen, wie sich die Band zusammensetzte. So bestand diese aus einer Gitarristin, einem Bassisten, einem Schlagzeuger, einem Keyboarder und Shuya als Sänger. Die Gitarristin, die auch das einzige Mädchen in der Gruppe war und links neben Shuya stand, hatte dunkelbraune lange Haare, mit gebleichten Spitzen. Um ihren Kopf hatte sie ein schwarz-weißes breites Haarband, ähnlich dem von Naoto. Sie trug die Bluse der Uniform offen und hinter dem Rücken zusammengebunden, während sie die Ärmel nach oben gekrempelt hatte. Darunter erkannte man ein weißes Top. Um ihre Hüfte und über dem roten Rock der Uniform hatte sie eine schwarz-hellblaue Jacke gebunden, welche stark an die Weste erinnerte, welche ihr blau-violetthaariger Bandkollege ständig trug. Bei genauerer Betrachtung fiel sogar auf, dass alle Mitglieder etwas ähnliches trugen, nur eben teilweise als Pullover, Weste oder eben Jacke. Der Bassist, der rechts neben Shuya stand, war ein großgewachsener junger Mann, mit blonden, am Ansatz glatten und an den Spitzen nach außen stehenden kurzen Haaren. Er trug eine schwarze Jeans, welche an einigen Stellen etwas aufgerubbelt war und an dessen linker Seite eine silberne Kette baumelte. Wie Shuya hatte er die schwarze Weste mit den blauen Elementen und darunter ein graues Shirt an. Um seine Handgelenke erkannte man mehrere Lederarmbänder. Sowohl der Keyboarder, als auch der Drummer hielten sich mehr im Hintergrund, jedoch erkannte man, dass es sich bei zweiterem um den jungen Mann handelte, welcher sich noch kurz zuvor um die Technik gekümmert hatte. Er hatte hellbraune, wuschelige Haare und wirkte etwas lustlos hinter dem massigen Schlagzeug. Er trug einen schwarzen Pulli, welcher ebenfalls mit blauen Elementen besetzt war. Der Keyboarder wiederum wirkte voll bei der Sache. Er hatte schwarze Haare, welche sein linkes Auge verdeckten und unter der schwarz-weißen Beanie hervorschauten, die von den Farben her an das Haarband der Gitarristin erinnerte. Er trug die gleiche Jacke, wie das Mädchen der Gruppe, mit hochgekrempelten Ärmeln, unter welcher man den Pullover der Uniform erkennen konnte. Seine Handgelenke waren mit schwarzen Stulpen bedeckt. Shuya, welcher die Jacke seiner Uniform ausgezogen hatte, sodass man die schwarz-blaue Weste, die er immer trug, genau sehen konnte, war der einzige, welcher ohne Instrument nach vorne trat. Mit geschlossenen Augen stand er konzentriert auf der Bühne und hielt dabei das Mikro fest in seiner rechten Hand, bereit sofort loszulegen. „Welche Art von Musik macht Nagase eigentlich?“, hakte Masaru nun doch mal nach. Er hatte eigentlich überhaupt keine Ahnung, was für eine Art Band Blue Butterfly war. Zwar hatte er eine Vorahnung, da er ungefähr den Musikgeschmack des Blau-Violetthaarigen kannte, doch sicher war er sich nicht. Eins war ihm jedenfalls klar, einigen Lehrern würde es wahrscheinlich nicht gefallen und er würde sich am Ende mit Sicherheit noch einiges anhören dürfen. Doch nun war es eh zu spät sich über irgendwelche Konsequenzen Gedanken zu machen. Irgendwie würde er es schon erklären können. Als Hiroshi ihn angrinste und meinte, dass er es nur abwarten sollte, wurde er jedoch nur in seiner Vermutung bestätigt. Also seufzte er, denn jetzt war es sowieso zu spät einen Rückzieher zu machen. Stille kehrte ein, bis der junge Mann am Schlagzeug dreimal mit seinen Drumsticks aufeinanderschlug und daraufhin laute, powervolle Musik erklang, welche sich durch Keyboardsound und Gitarrenriffs hervorhob. Widererwartend war jedoch nicht Shuya derjenige, welcher den Gesang eröffnete, sondern das einzige Mädchen der Band. Erst nachdem sie einige Zeilen gesungen hatte, stieg auch der Blau-Violetthaarige in das Lied mit ein, sodass ein Wechselgesang der beiden entstand. Nur während des Refrains erklangen ihre Stimmen gemeinsam, bevor sie wieder in den sich abwechselnden Gesang verfielen. Nicht einmal verlor ihr Song an Power, selbst dann nicht, wenn Shuya wie ein aufgedrehtes Duracellhäschen über die Bühne sprang. Und das geschah nicht nur einmal. Die anderen Lieder, welche sie von sich zum Besten gaben, nahmen sich in punkto Härte und Power nichts und klangen trotzdem durch die abgestimmten Stimmen ihrer beiden Sänger klar. So sorgten sie dafür, dass selbst diejenigen, die keinen Metal mochten begannen mit zu wippen. Völlig gebannt schaute sich die Gruppe um Mirâ das Konzert ihres Kumpels an. Grinsend sprang er immer wieder über die Bühne und interagierte mit dem Publikum, um es noch ein wenig mehr anzuheizen. Obwohl es sich bei den fünfen nur um eine Schülerband handelte, wirkte ihr Auftritt ziemlich professionell, was Mirâ eigentlich am meisten erstaunte. Allerdings hatte sie bisher nur ein richtiges Konzert gesehen und das war das von Akisu während des Tsukinoyo gewesen. Deshalb konnte sie natürlich keinen richtigen Vergleich ziehen, aber sie fand den Auftritt wirklich fesselnd. Mit einem lauten Knall endete das Konzert, welches die Schülerband an diesem Abend spielen durfte und plötzlich kehrte Stille auf dem Platz vor der Bühne ein. Dann, ganz zögerlich, begann der Applaus, welcher immer lauter wurde und durch pfeifen und rufe untermalt wurde. Schwer atmend standen die einzelnen Bandmitglieder vor der jubelnden Masse und überblickten alles mit großen Augen, als könnten sie nicht glauben, dass das gerade wirklich passiert war. Erst einige Minuten später schien es bei ihnen so richtig angekommen zu sein und einige der Mitglieder begangen bis über beide Ohren zu grinsen. „Vielen Dank, dass ihr uns heute alle so zahlreich zugehört habt“, sprach Shuya ins Mikrofon. „Und wir möchten uns auch ganz herzlich für die tolle Unterstützung bedanken. Ohne euch hätten wir heute nicht auftreten dürfen. Vielen Dank“, rief das einzige weibliche Mitglied in ihr Mikro, „Wir hoffen ihr hattet heute genauso viel Spaß wie wir.“ Jubel erschallte von der Masse an Schülern, was die beiden Frontmitglieder wieder grinsen ließ. „In wenigen Minuten beginnt der Abschluss des Culture Festivals mit der Rede des Direktors und dem Höhepunkt des heutigen Abends, dem diesjährigen Feuerwerk“, ertönte plötzlich die Stimme eines Mitglieds des Mediaklubs aus den Lautsprechern der Schule. „Ihr habt es gehört. Viel Spaß beim Feuerwerk euch allen“, damit verabschiedete sich Blue Butterfly von den anderen Schülern und verließ schnurstracks die Bühne. Auf diese trat kurz darauf der Direktor der Schule und stimmte eine Rede an, in welcher er sich bei den Schülern für ihre aufgeopferte Zeit bedankte, mit welcher sie diesen Tag zu einem echten Erfolg gemacht hatten. Kurz schweifte er ab, als er davon erzählte, wie sehr sich das Schulfest in den letzten Jahren gewandelt hatte, was für ihn jedoch nichts Schlechtes bedeutete. „Meine lieben Schüler. Genießt nun alle den Höhepunkt dieses Wochenendes, bevor es an die Aufräumarbeiten geht und ihr morgen wieder in eine erfolgreiche Woche starten könnt“, beendete er anschließend seine Rede, welche von verhaltenem Beifall kommentiert wurde, während er selbst die Bühne wieder verließ. Die Aufmerksamkeit aller versammelten Schüler richtete sich mit einem Mal gen Himmel, als dort mit lautem Knall eine aus Lichtpartikeln bestehende Blume auftauchte. Ein Raunen ging durch die Reihen, bevor die nächste Rakete gen Himmel stieg und erneut allgemeines Erstaunen erzeugte. Mit strahlenden Augen blickte Mirâ nach oben und beobachtete wie nach und nach immer wieder Raketen in verschiedensten Farben explodierten. Damit war das Schulfest offiziell beendet. Hiernach stand nur noch Aufräumen an der Tagesordnung, bevor es am nächsten Tag wieder mit dem regulären Unterricht weiterging. Etwas wehmütig sah die Violetthaarige zu, wie die nächste bunte Blume am Himmel explodierte, als sie an die vergangenen Tage zurückdachte. Sie hatten einiges an Stress gehabt, da die Zeit für die Vorbereitungen des Schulfestes aufgrund der Planung kürzer ausfiel, als normal. Doch trotz aller Widrigkeiten hatten sie es alle geschafft und die zwei Tage zu einem Erfolg gekrönt. Sie selbst hatte dabei ihre eigene Klasse viel besser kennengelernt und auch Seiten einiger Schüler kennengelernt, die sie noch nicht kannte, weshalb sie sich ihrer ganzen Kameraden nun näher fühlte, als noch zu Beginn des Jahres. Damals kam sie mit dem Gedanken an diese Schule, dass sie eh nicht lange hierbleiben würde. Doch nun war sie bereits ein gutes halbes Jahr hier, hatte so viel Schönes und auch Schreckliches erlebt und dabei Freunde gefunden, die ihr sehr wichtig waren. Und dafür, dass sie diese Tage nun mit eben jenen Freunden verbringen konnte, war sie unendlich dankbar. Neben sich bemerkte sie eine Bewegung, weshalb sie leicht zur Seite sah und bemerkte, wie Hiroshi sich neben sie gestellt hatte. Überrascht sah sie ihn an, während er ihr nur ein liebes Lächeln schenkte, welches sie daraufhin erwiderte. Plötzlich jedoch schrak sie zur Seite, als der Blonde mit einem überraschten Ausruf einen Satz nach vorn machte. Grund dafür war Shuya, der ihm mit viel Schwung von hinten den Arm über die Schulter gelegt hatte und ihn damit nach vorne gezogen hatte. Grinsend sah er seinen Kumpel an: „Na! Habt ihr zugeschaut?“ „Was denkst du denn?“, lachte Hiroshi, welcher sich wieder von seinem Kumpel löst. Dessen Grinsen wurde immer größer, während ihm alle bestätigten, wie beeindruckt sie von dem Auftritt seiner Band waren. Selbst Kuraiko hatte ein paar nette Worte für den Blau-Violetthaarigen übrigen, der dies gleich wieder zum Anlass nahm sich der jungen Frau zu nähern. Diese jedoch verpasste ihm nur einen Schlag in die Seite und wandte sich genervt mit verschränkten Armen von ihm ab, während sie schimpfte, dass er das nicht falsch verstehen sollte. Zumal sie nachweislich immer noch über die Aktion des Älteren sauer war, welche er am Vormittag abgezogen hatte. Wo Mirâ wieder beim Thema war: „Sag mal Nagase-kun. Was war das eigentlich für eine Aktion heute Vomittag?“ Erschrocken zuckte Angesprochener zusammen und kratzte sich dann peinlich berührt am Hinterkopf, bevor er erklärte, dass es eine Idee seiner Band gewesen war: „Sie haben gemeint, dass ich beim Spiel gestern sowieso mein erstes Tor in den Sand setze. Ich war etwas selbstüberschätzt und habe natürlich dagegengehalten. Deshalb ist ne Wette draus geworden. Der Einsatz war, dass ich als Mädchen verkleidet durch die Schule laufen muss, wenn ichs vergeige. Naja…“ „Ach deshalb warst du gestern so drauf, als würde die Welt untergehen“, fiel es nun auch Akane auf, woraufhin Shuya nickte. „Tze“, folgte von Kuraiko, „Und deshalb musst du einfach die Jacke eines der Mädchen aus unserer Klasse klauen?“ „Ich hab mich doch entschuldigt…“, kam es von dem Jungen, welcher sich augenblicklich hinter Rin versteckte, „Ich dachte halt, es wäre deine…“ „Hu!?“, kam es wieder genervt von der Schwarzhaaren, woraufhin ihr Klassenkamerad augenblicklich komplett hinter Rin verschwand, welche sich ein Kichern nicht verkneifen konnte. Die anderen, mit Ausnahme von Kuraiko und Shuya, fielen in das Lachen mit ein, während zweiterer nur beleidigt die Wangen aufblies. „Ding Dong Dung“, erschallte es plötzlich aus den auf dem Gelände verteilten Lautsprechern und unterbrach damit die ausgelassene Stimmung der Gruppe, „Damit ist das diesjährige Schulfest offiziell beendet. Wir möchten nun alle Schüler bitten sich in ihren Klassen einzufinden, um mit den Aufräumarbeiten zu beginnen.“ „Jetzt kommt der unangenehme Teil“, streckte sich Akane und beobachtete, wie Yasuo sich gähnend von der Gruppe abwandte, um Richtung Schultor zu gehen. Jedoch wurde er von Masaru davon abgehalten: „Wo willst du hin?“ „Nach Hause… bin müde…“, murmelte der Blauhaarige und bekam daraufhin einen allessagenden Blick des Schwarzhaarigen zugeworfen, welcher ihn veranlasste murrend in Richtung Schulhaus zu gehen. Lächelnd sah Akane den Älteren nach, die ihnen zum Abschied noch einmal zuwinkten und wandte sich dann an ihre anderen Teamkameraden. Auch Megumi und Ryu verabschiedeten sich daraufhin und machten sich auf den Weg in ihre Klasse, sodass am Ende nur noch die Zweitklässler übrigblieben. „So, ich verabschiede mich dann. Ich muss langsam zurück nach Aehara“, meldete sich plötzlich Rin zu Wort, die ein Grinsen aufgesetzt hatte, „Danke für die Einladung, Shû-chan. Es war wirklich ein sehr amüsanter Tag.“ „Soll ich dich zum Bahnhof begleiten?“, wandte sich Angesprochener an die Blauhaarige, wurde jedoch plötzlich auch am Kragen im Nacken gepackt. „Und wer soll bitteschön hier aufräumen?“, fragte Kuraiko gereizt. „A-aber ich will Rinacchi doch nur helfen…“, klagte Shuya, bekam jedoch nur einen Dämpfer der Schwarzhaarigen, dass er sich sowieso nur verlaufen würde. Rin kicherte, doch lehnte das Angebot freundlich ab: „Ich komm schon klar, Shû-chan. Aber danke. Außerdem hat deine Freundin recht. Ich hab auch nicht die beste Orientierung, aber mit dir verlaufe ich mich erst Recht.“ „Das ist hart, Rinacchi“, jammerte der Ältere, bekam als Antwort jedoch nur ein erneutes Kichern. „Dann komm gut Heim, Aikawa“, verabschiedete sich Hiroshi von der jungen Frau. Diese nickte: „Vielleicht sieht man sich ja irgendwann mal wieder. Also machts gut. Shû-chan, viel Spaß beim Aufräumen.“ Damit hatte sich die Gleichaltrige von der Gruppe abgewandt und war in Richtung Schultor verschwunden. Noch kurz sahen die Schüler der Jûgôya ihr nach, bevor sie sich nun ebenfalls auf den Weg in ihre jeweiligen Klassen machten, um sich beim Aufräumen zu beteiligen. Mit wackeligen Schritten schlich Megumi etwas später durch die Gänge der Schule und versuchte an den Kartons in ihren Armen vorbei zu schauen, um überhaupt etwas zu sehen. Ganz zu schweigen davon, dass diese viel zu hochgestapelt waren, waren sie auch noch verdammt schwer; vor allem für eine einzelne, zierliche Person wie sie. Trotzdem hatten ihre Klassenkameraden ihr diese Masse aufgedrückt. Ryu wollte ihr helfen, doch bevor er überhaupt dazu kam, ihr etwas abzunehmen, wurde er bereits für andere Aufgaben eingespannt. Erschöpft lehnte die brünette die Kartons gegen die Wand und verschnaufte einen Moment. Ihr war ja klar, dass sie so schnell wie möglich alles aufräumen mussten, doch musste es wirklich sein, dass man ihr diese Aufgabe gab? Sie war sich sicher, dass ihre Klasse das mit Absicht gemacht hatte, zumal sie Ryu abgehalten hatten ihr zu helfen. Es machte sie sauer, aber viel dagegen tun konnte sie in diesem Moment nicht. Also hatte sie sich erstmal ihrem Schicksal ergeben, selbst wenn sie sich dafür nun verfluchte. Megumi wandte ihren Blick nach rechts und erkannte bereits die Abstellkammer, zu welcher sie ihr Gepäck bringen musste. Sie hatte es also fast geschafft. Deshalb atmete sie einmal kräftig durch und setzte dann dazu an, die Kartons wieder richtig zu tragen. Dabei hatte sie jedoch so viel Schwung, dass sie nach hinten stolperte und im Begriff war mit Sack und Pack zu stürzen. Plötzlich jedoch packte sie jemand an der Schulter und verhinderte so, dass sie fiel. Gleichzeitig griff derjenige auch nach dem oberen Karton, welcher durch den Schwung beinahe auf sie gefallen wäre. Überrascht riss die Kleine die Augen auf und wandte sich ihrem Retter zu, bevor sich ein rosafarbener Schimmer auf ihren Wangen bildete. "Obata-senpai", brachte sie nur überrascht heraus, als sie den braunhaarigen, jungen Mann mit der gebräunten Haut hinter sich sah. "Alles in Ordnung, Yoshiko-chan?", fragte er nach und erhielt als Antwort ein leichtes Nicken, bevor er ihr half sich wieder richtig hinzustellen und dann die zwei obersten Kartons von dem Stapel nahm, "Ganz schön schwer. Ist das nicht etwas viel für eine Person?" Kurz zuckte die Jüngere zusammen und wandte dann den Blick gen Boden: "Ähm ja... a-aber e-es konnte mir keiner helfen. A-alle waren beschäftigt." Sie spürte Naotos Blick auf sich ruhen, weshalb sie nur schluckte. Doch anstatt darauf zu reagieren wandte sich der Brünette von ihr ab und lief zielstrebig auf das Lager zu. "Ich helfe dir. Das ist viel zu schwer für dich", meinte er dann. Überrascht sah die Kleine auf, doch folgte ihm dann lächelnd: "Vielen Dank, Senpai." Gemeinsam verfrachtete sie die Kisten im Raum, wechselten dabei jedoch kein weiteres Wort. Besonders für Megumi war diese Situation etwas unangenehm. Sie hatte das Gefühl, dass den Älteren etwas beschäftigte, denn solch eine Situation mit ihm kannte sie nicht. Eigentlich hatte er immer irgendetwas zu erzählen, doch seit er ihr die Kartons abgenommen hatte, schwieg er und es war diese merkwürdige Stimmung zwischen ihnen. Hatte sie ihn irgendwie verärgert? Stumm stellte sie ihren Karton in eines der Fächer und überlegte, was sie falsch gemacht haben könnte. "Hör mal", ließ Naotos Stimme sie plötzlich erschrocken zusammenzucken. "J-ja", fragte Megumi verunsichert und drehte sich vorsichtig zu dem Älteren herum. Dieser lehnte mittlerweile an dem Regal ihr gegenüber und hatte die Arme vor der Brust verschränkt, während er sie eindringlich musterte. Ein wenig unangenehm berührt, sah sie wieder zur Seite. "Diese Aktion hier mit den Kisten... hat das deine Klasse mit Absicht gemacht?", fragte er frei heraus und bemerkte dabei, wie die Jüngere wieder kurz zusammenzuckte, "Das wäre schon für eine große, kräftige Person viel zu viel gewesen. Für jemanden von deiner Statur ist das dann erst recht zu viel. Kein normaler Mensch würde auf die Idee kommen, jemand zierlichen, wie dich, sowas alleine schleppen zu lassen." Die Brünette schwieg einen Moment. Er hatte die Situation vollständig durchschaut, aber das wollte sie ihm nicht unter die Nase reiben. Sie konnte ihm doch nicht sagen, dass sie in ihrer Klasse immer wieder Opfer von Mobbing wurde. Was würde er dann von ihr denken? Gerade ihm gegenüber wollte sie nicht so schwach wirken, wie sie eigentlich war. Sie schluckte und setzte ein kleines Lächeln auf, während sie sich ihm zuwandte: "N-nein. Ich habe freiwillig gesagt, dass ich das mache. W-wie gesagt, die anderen waren beschäftigt. A-aber danke, dass du dir Sorgen..." Noch bevor sie den Satz beendet hatte, trat der Ältere auf sie zu und knallte seine Hand neben sie gegen das Holz des Regales, was die Kleine einen Schritt zurückweichen ließ. Erschrocken sah sie zu dem Größeren auf und versuchte seinen Gesichtsausdruck zu erkennen, doch aufgrund ihrer Position war ihr dies unmöglich. Während beide Parteien in dieser Position verweilten breitete sich unangenehme Stille aus, die Megumi leicht frösteln ließ. Angst stieg in ihr auf, dass sie den Älteren nun wirklich verärgert haben könnte. Dabei wollte sie doch nur nicht, dass er sich irgendwelche Sorgen machte. "Gestern... hatte Shuyan Hiro gefragt, ob du in deiner Klasse nun zurechtkommst, was mir echt komisch vorkam. Deshalb hab ich Hiroshi nach dem Spiel gefragt, was Shuyan meinte und er hat mir erzählt, dass du in deiner Klasse fertig gemacht wirst", erklärte Naoto plötzlich, was die Jüngere nur wieder leicht zusammenzucken ließ, "Ich habe mich schon immer gewundert, wieso deine Blöcke so zerfetzt aussehen. Aber ich dachte, das liegt an der großen Abnutzung, immerhin zeichnest du ja viel und gerne. Entschuldige... mir ist nie in den Sinn gekommen, dass deine Klasse so etwas..." Überrascht über diese Worte starrte die Brünette ihren Senpai mit großen Augen an und schaffte es nun sein Gesicht zu erkennen, welches wirkte, als würde er sich Vorwürfe machen. Sie seufzte. Vorsichtig legte sie ihm ihre Hand gegen die Brust und veranlasste ihn daraufhin etwas Abstand von ihr zu nehmen. "Du brauchst dich nicht entschuldigen, Senpai. Ich habe es ja auch nie erwähnt. Ich… wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Nein… wohl eher wollte ich nicht, dass du denkst ich sei schwach, weil ich gemobbt werde. Aber davon abgesehen...", meinte sie daraufhin in einem erstaunlich ruhigen Ton, "Solange sie nicht an meine persönlichen Sachen gehen, stört es mich nicht." "Was? Aber das ist nicht in Ordnung", unterbrach Naoto sie. Doch Megumi ließ sich davon nicht beeinträchtigen und setzte ein Lächeln auf: "Das ist mir bewusst... aber ich sehe es trotzdem positiv. Ehrlich gesagt bezweifle ich, dass wir uns kennengelernt hätten, wenn es meine Klasse an diesem einen Tag nicht so übertrieben hätte. Denn dann wäre ich nicht an den Fluss zum Zeichnen gegangen und… du hättest mich wahrscheinlich nie angesprochen. Im Grunde müsste ich ihnen also dankbar sein. Deshalb denke ich immer an diesen Moment, wenn sie es wieder übertreiben… und dann geht es mir wieder besser.“ In diesem Moment bemerkte die Jüngere, was sie da gerade von sich gab und wurde mit jedem Mal kleinlauter und leiser, während ihr Gesicht mit jedem Wort dunkler wurde. Im Grunde klang das doch total nach einem Liebesgeständnis. Oder? "A-also... w-was ich m-meine ist, d-dass ich froh bin, d-dass wir dadurch Freunde geworden sind u-und...", murmelte sie und hob dabei den Blick, wobei ihr auffiel, dass auch das Gesicht ihres Senpais einen leichten Rotschimmer hatte. "Hey Megumi, sorry, dass...", ließ beide die Stimme von Ryu aufschrecken, als dieser plötzlich in der Tür stand. Voller Scham nahmen beide Parteien wieder etwas mehr Abstand voneinander. Überrascht sah Megumis Klassenkameraden die beiden Schüler an: "Komm ich ungelegen?" "W-was? N-nein, a-also...", stammelte die Brünette. Der Rotbraunhaarige verschränkte die Arme hinter dem Kopf und wandte sich dann ab: "Ich wollte nachsehen, ob du es alleine schaffst. Aber wie ich sehe hattest du Hilfe. Da bin ich ja beruhigt. Wenn du soweit bist, kannst du nachhause gehen. Wir sind fertig. Bis morgen dann." Damit setzte er sich in Bewegung und ging zurück zur Klasse. "Ähm Ryu-kun...", begann die Brünette, doch da war ihr Teamkamerad bereits verschwunden. Ihr Gesicht glich einer überreifen Tomate. Konnte diese Situation eigentlich noch peinlicher werden, als sie eh schon war? Vorsichtig sah sie zu Naoto, welcher in die Richtung blickte, in die Ryu verschwunden war. Dabei erkannte sie, dass seine Ohren noch immer leicht rot waren, was ihr ein leichtes Schmunzeln abrang. Irgendwie fand sie das süß. Erschrocken zuckte sie jedoch einen Moment später zusammen, als Naoto sich wieder ruckartig zu ihr umdrehte und sein Smartphone aus der Hosentasche kramte. Etwas irritiert beobachtete Megumi, wie ihr Senpai auf dem Gerät herumtippte, bevor er es ihr vor die Nase hielt. Überrascht blickte sie auf das schwarze Telefon, auf dem sie eine Zahlenkombination vorfand, weshalb sie leicht irritiert zu ihrem Senpai guckte: "Eh?" Dieser hatte den Blick wieder etwas abgewandt, um so seine Scham zu verbergen: "Meine Nummer. D-dann kannst du dich ruhig bei mir melden, wenn etwas ist. Dann bin ich sofort zur Stelle." Mit großen Augen sah sie Naoto an und wusste nicht genau, was sie dazu sagen sollte. Schon lange hatte sie vor ihn nach seiner Nummer zu fragen, doch jedes Mal den Mut verloren, wenn sie die Gelegenheit dazu hatte. Und nun gab er ihr diese einfach so. Es kam ihr vor wie ein Traum vor und doch wusste sie, dass es real war. Als sie nicht gleich reagierte, traf sie ein fragender Blick, weshalb sie nun doch endlich aus ihrer Starre erwachte und schnell ihr Handy aus der Rocktasche kramte, um sich die Nummer zu notieren. Einen Moment später klingelte kurz das Telefon des Älteren, welches sie angeklingelt hatte, um ihm so auch ihre Telefonnummer durchzugeben. Auch Naoto wirkte etwas überrascht, doch grinste dann: "Danke. Du kannst mir natürlich auch gern jederzeit einfach so schreiben, wenn dir danach ist." Wieder sah die Brünette ihn mit großen Augen an, doch bevor sie reagieren konnte, wandte sich ihr Senpai mit einem Grinsen von ihr ab und verabschiedete sich erst einmal von ihr, da er noch gebraucht wurde. Mit knallrotem Gesicht sah sie ihm nach und drückte dabei ihr Smartphone an ihre Brust, während sich auf ihren Lippen ein Lächeln bildete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)