Rise of the Titans von Raija ================================================================================ Kapitel 34: Luftballon ---------------------- Kapitel 35 - Luftballon Sanft umspielte das kühle Wasser meine nackten Waden, während ich die Zehen im Sand vergrub. Eine leichte Brise wehte vom Land aufs Meer und eine Möwe schwebte kreischend in der Luft. Den Blick hatte ich in die Ferne gerichtet, die Hände um ein kleines Schiff aus Plastik mit Stoffsegel gelegt, das ich am Strand gefunden hatte. Ein einzelnes Teelicht flackerte in dem Spielzeug. Langsam bückte ich mich und setzte das Schiffchen ins Wasser. Der Wind blies in die Segel und steuerte die Nussschale hinaus in die Ostsee. Ich dachte an meine Mutter, versuchte ihr Gesicht herauf zu beschwören, doch erinnerte ich mich nur an sie, wie ich sie von Fotos kannte. Dann kam mir die Zeit in den Sinn, in der ich reiste und mich schließlich in Lappland nieder ließ, wo ich mir ein eigenes kleines Hundecamp aufbaute. Dabei dachte ich an Sarah, meine erste und einzige Angestellte, und wie ich ihr das Hundeschlittenfahren beigebracht hatte. Kurz musste ich schmunzeln, als ich an ihre erste Fahrt zurück dachte. Der Tag, an dem ich Levi das erste Mal begegnet war, schob sich in meine Gedanken, gefolgt von dem Training mit seinem Team und dem Abend auf dem Rummel, wo wir uns auf einem Riesenrad geküsst hatten. Ich dachte an Gunther und Erd, die mir immer mit ihrer guten Laune zur Seite gestanden hatten, an Auruo und dessen kecke Sprüche. An Petra, mit der ich Freundschaft geschlossen und in mein Herz gelassen hatte. Und schließlich an meinen Vater. Trotz all der Schwierigkeiten und Unstimmigkeiten, die wir jemals hatten, war er dennoch immer mein Ein und Alles gewesen. Ich erinnerte mich an die Freude, die er ausgestrahlt hatte, als er endlich an der Forschung über die Titanen beteiligt war und dachte wehmütig an unsere Zukunftspläne zurück. Während ich beobachtete, wie das Licht der Kerze auf den Wellen hin und her wiegte und dabei immer kleiner wurde, verlor ich jegliches Zeitgefühl. Ein Vibrieren in meiner Hosentasche riss mich aus meiner Bekümmerung. Ich holte mein Smartphone hervor, das mich abermals daran erinnerte, dass nur noch drei Prozent der Akkuleistung übrig waren. Dieses kleine Ding war die letzte materielle Erinnerung an mein Leben der letzten 26 Jahre. Ein Leben, das ich so nie wieder führen würde. Nachdenklich wiegte ich es in meiner Hand auf und ab, ehe ich ausholte und es in die See warf. „Dein iPhone?“, fragte Levi, der plötzlich neben mir auftauchte. Ich zuckte mit den Schultern. „Nun brauche ich es nicht mehr.“ Er kramte in seiner Hosentasche und brachte sein Handy zum Vorschein. Auch er holte aus und ließ es einige Meter von uns entfernt in den Wellen verschwinden. „Das wollte ich schon lange mal machen“, sagte er und klang dabei erleichtert. Ich kicherte. „Lass uns aufbrechen.“ Damit wandte er sich um und watete zurück zum Strand. Ich warf noch einen Blick auf das Meer, schloss die Augen und sog ein letztes Mal dessen salzigen Duft tief ein, ehe ich Levi folgte. Der Wagen, mit dem wir unterwegs waren, machte nach einigen hundert Kilometern wegen einem leeren Tank schlapp, weswegen wir uns nach einem neuen Auto umsehen mussten.Der Katen fand es ebenso wenig toll, denn er wurde wieder in den Rucksack verfrachtet, welchen ich mir auf den Rücken schnallte. Mittlerweile hatte ich ein echt schlechtes Gewissen dem armen Tier gegenüber. Ich machte gerade einen Kombi ausfindig, dessen Türen nicht abgeschlossen waren, da rief Levi nach mir. „Was ist?“, fragte ich, als ich bei ihm ankam. Er stand neben einem Anhänger und schien angestrengt nachzudenken. „Hilf mir mal“, forderte er mich auf und deutete auf einen großen Stoffsack. Zusammen brachten wir eine riesige Plane ans Tageslicht, die wir auf der Straße ausbreiteten. Danach schnappten wir uns die Ecken auf der gleichen Seite und zogen sie zu einem großen Holzkorb mit ca. 1,5m Durchmesser. Da fiel auch bei mir der Groschen. „Ist das ein Heißluftballon?“, fragte ich baff. „Nach was sieht es denn sonst aus?“ „Kannst du das?“, wollte ich von ihm wissen und beobachtete, wie er mit geschickten Handgriffen die Seile des Ballons am Gestell des Korbes befestigte. „Ich hab es ein paar Mal gemacht“, brummte er, was mich jedoch nicht wirklich beruhigte. Wollte er tatsächlich mit mir Heißluftballon fahren? Gemeinsam installierten wir die Gasflaschen und Levi checkte noch einmal alle Knoten und Verbindungen. Mittlerweile schlug mir das Herz bis zum Hals, weil ich begriff, dass ich in wenigen Minuten augenscheinlich meine erste Fahrt mit einem Ballon erleben würde. Währenddessen wühlte Levi in einigen Taschen, die er auf dem Anhänger gefunden hatte. Er drückte mir einen Kompass, eine Karte, eine Signalpistole und eine Machete in die Hand, die ich im Korb verstaute. Danach kramte Levi einen riesigen Ventilator aus dem Anhänger, den er vor der Öffnung des Ballons abstellte und mittels Zugseil startete. Der Ballon wurde aufgeblasen und entfaltete sich zu voller Größe. Levi drehte das Gas auf und entzündete den Brenner. Mit vereinten Kräften richteten den Korb auf und stiegen ein. Keine Sekunde später hoben wir vom Erdboden ab. Es fühlte sich an, wie in einem Aufzug, der sich in Bewegung setzte, nur um einiges länger und intensiver. Es kribbelte im Magen, als würden tausend Ameisen darin umher wuseln. Ob der Kater auch solch ein Gefühl verspürte? Jedenfalls gab er keinen Mucks von sich. Wir stiegen immer weiter in die Luft, von wo aus wir einen atemberaubenden Ausblick über Deutschland genossen. „Fahren wir überhaupt in die richtige Richtung?“, fragte ich, ohne den Blick von dem Panorama zu wenden. Levi blickte auf den Kompass, dann auf die Karte und erneut auf den Kompass. „Ja“, antwortete er schlicht. Langsam neigte sich der Tag dem Ende zu und die Sonne sank gemächlich gen Erdboden. In der Ferne durchzog eine lange Mauer die Landschaft. „Fast geschafft“, murmelte ich dem Kater zu und betrachtete das Gelände, das die Sonne in kräftiges Gold tauchte. In diesem Moment verstummte der Brenner mit einem letzten Zischen. Es war, als würden wir noch eine Sekunde in der Luft schweben, ehe uns die Schwerkraft nach unten zog. Levi griff nach der Signalpistole und jagte ein Geschoss in den Himmel. Ich umfasste die Halteseile fest und wappnete mich für einen heftigen Aufprall. Wir krachten durch Baumkronen, die unseren Absturz ausbremsten, bis wir mit einem Rums auf dem Boden aufknallten. „Bist du in Ordnung?", fragte Levi nach der unsanften Landung, die uns von den Füßen gerissen hatte, während er sich aufrappelte. „Ich denke schon", sagte ich, zog mich ebenfalls auf die Beine und sah nach dem Kater, der unversehrt schien. Wir blickten uns um, da brachen plötzlich unweit von uns die Äste auseinander und ein kleiner Titan erschien. „Auch das noch", knurrte Levi. Er hob die Signalpistole vom Boden und warf sie mir zu. „Du hast noch zwei Schuss. Sieh zu, dass du Land gewinnst. Ich kümmere mich um den Bastard." Ich holte Luft, um zum Widerspruch anzusetzen, doch ließ mich Levis Blick schweigen. Widerwillig hüpfte ich aus dem Korb und sprintete in die Richtung, in der ich die Mauern vermutete. Als ich noch einmal zurück blickte, sah ich, wie Levi auf den Rücken der 4-Meter-Klasse sprang und die Befestigungsleinen des Ballons von hinten um dessen Hals legte, als dieser mir eifrig folgen wollte. Dann nahmen mir Bäume die Sicht. Keuchend erreichte ich das Ende des Waldes. Vor mir erstreckte sich ein weites Feld, dahinter die Mauer, die in diesem Moment unerreichbar schien. Ich überlegte, was ich tun sollte. Sollte ich bis zur Mauer laufen, um Hilfe zu holen? Denn Levi brauchte welche und das so schnell wie möglich. Unentschlossen trat ich von einem Fuß auf den anderen, als ich mir den Gegenstand, den ich schon die ganze Zeit über in der Hand hielt, bewusst wurde. Ich schoss ein weiteres Leuchtsignal in die Luft, bevor ich auf dem Absatz kehrt machte und zurück zu Levi stürmte. Dabei glaubte ich das Läuten von Glocken zu vernehmen, achtete allerdings nicht darauf. Als ich wieder bei Levi ankam, lag dieser in die Ecke des Korbs gedrängt und versuchte sich den Titan mit einer Metallstange, die er ihm in die Brust bohrte, vom Leib zu halten. „Hey du Hohlbirne", rief ich aus und der Titan wandte sich um. Ich zielte mit der Signalpistole auf sein Gesicht und feuerte los. Die Patrone traf ihn zwischen den Augen und explodierte, was ihn blendete. Levi nutzte die Chance, griff nach der Machete und schnitt dem Monstrum ein Stück aus dem Nacken. Der Körper erschlaffte, sank schließlich dampfend zu Boden. Zischend sog Levi Luft in seine Lungen, ließ die Waffe fallen und blickte auf seine Hände. „Was ist los?", fragte ich, derweil kletterte ich zu ihm in den Korb. „Schnapp dir die Plane, wir verstecken uns darunter", reagierte er auf meine Frage. Ich runzelte die Stirn, tat aber, was er mir sagte, wobei mir allerdings nicht entging, dass er knurrte, sobald er die Hände um den Stoff schloss. Wir zogen die Ballonplane über den Korb, sodass wir vorerst für die Umwelt nicht sichtbar waren. Dann nahm ich den Rucksack ab, befreite den Kater, bevor ich eine kleine Taschenlampe hervor kramte. „Was ist mit deinen Händen?", versuchte ich es erneut. Statt einer Antwort zeigte er mir seine Handflächen. Sie waren blutig und die Haut war abgeschürft. „Er hat mir die Seile aus der Hand gerissen", erklärte er, ehe er sie wieder zu Fäuste ballte. „Moment, gib sie mir mal", forderte ich in auf, woraufhin er mich skeptisch musterte, als ich auch noch nach dem Multitool an seinem Gürtel langte. „Was machst du da?", wollte er wissen, wobei sein Misstrauen kaum zu überhören war. Dabei beobachtete er, wie ich zwei lange Steifen aus dem Saum meines T-Shirts schnitt. „Ich habe gehört, dass bauchfrei diesen Sommer wieder total angesagt sein soll", zwinkerte ich ihm zu, woraufhin er die Augen verdrehte. Dann nahm ich beide Stoffstreifen und verband damit seine verwundeten Hände. „Was machen wir jetzt?" Meine Frage sollte unbeantwortet bleiben, denn unvorhergesehen wurde die Plane vom Korb gerissen. Aus Reflex griff Levi nach der Machete und zog mich gleichzeitig hinter sich. Beide verharrten wir in unsere Bewegung und starrten ungläubig auf die Personen, die sich um den Korb versammelt hatten. Wie in Trance richteten wir uns langsam auf. Auch als die Personen uns aus dem Korb halfen, waren wir zu keiner Reaktion fähig. Fassungslos musterte ich die junge Frau vor mir. Das konnte doch nicht sein..! „Ivory", lächelte sie mir entgegen. Dann begriff ich, dass es keine Einbildung war, dass sie wirklich vor mir stand. Ich versuchte die Tränen wegzublinzeln, scheiterte jedoch kläglich. „Petra", rief ich aus und fiel ihr schluchzend in die Arme. Sie lachte und drückte mich fest an sich. Auch Gunther, Erd und Auruo waren anwesend, sowie Erwin, von dem wir ausgegangen waren, dass er sich im abgestürzten Hubschrauber befunden hatte. Einen besseren Empfang hätte ich mir nicht wünschen können. Wir hatten es geschafft, wir waren angekommen, in Sicherheit. City of Hope Mit unseren Freunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)