Rise of the Titans von Raija ================================================================================ Kapitel 25: Nordkapp -------------------- Kapitel 26 - Nordkapp "Zum Nordkapp?" "Ja." "Ernsthaft?" "Ja." "Warum?" "Warum was?" "Warum fahren wir zum scheiß verkackten Nordkapp?" Levi musterte mich skeptisch aus dem Augenwinkel. Er wusste, dass ich dazu neigte zu schimpfen, wenn ich wütend war, dennoch hatte er mich bis dato noch nie so gehört. Ob es noch die Wut auf ihn oder die Hilflosigkeit, die so eine Situation bei den meisten Menschen auslöste, daran schuld an meinem Ausraster waren, oder vielleicht die Kombination aus beidem, vermochte er nicht zu sagen. Konzentriert blickte er wieder auf die Straße, ehe er mir antwortete. "Wir haben dort eine Auffangstation für Flüchtlinge errichtet" "Seid ihr völlig bescheuert?", unterbrach ich ihn fassungslos. Dadurch kassierte ich mir einen bösen Blick von Levi, was mich jedoch völlig kalt ließ. "Na gut, was ist dein Problem?", fragte dieser grade heraus. Du bist mein Problem, hätte ich ihm am Liebsten gegen den Kopf geknallt, aber dem war ja nicht so. Obwohl...eigentlich schon. Kurz ballte ich die Hände zu Fäusten, um nicht direkt wieder in die Luft zu gehen. Als ich die Finger ausstreckte, versuchte ich meine Gedankengänge ruhig und sachlich zu erläutern. "Du hast mir an dem Tag erklärt, dass Titanen sich ohne eine gewisse Helligkeit nicht bewegen, stimmt's?" Ich brauchte nicht erwähnen, welchen Tag ich meinte, denn er wusste auch so, dass ich den Tag meinte, an dem wir uns kennengelernt hatten. Der Tag, an dem er mich mehrfach vor den Titanen gerettet hatte. Ich schaute auf meine Hände, die von Narben übersät waren. An diesem Tag, als Levi mich aus dem Auto gezogen hatte, hatte ich nach Halt gesucht und mir dabei die Scherben der zersprungenen Fensterscheibe in die Hände getrieben. Nun erinnerten sie mich jedes Mal von Neuem, an diese Zeit. "Richtig", bestätigte Levi. "Nun sind wir hier oberhalb des Polarkreises, was heißt, dass im Sommer zu einer bestimmten Zeit die Sonne nicht untergeht. Kurz gesagt: 24 Stunden Sonnenlicht", erklärte ich. Dabei sah ich, wie Levi nachdenklich die Augenbrauen zusammenzog. Anscheinend kam ihm ein Gedanke, worauf ich hinaus wollte. "Umso weiter im Norden, desto mehr Sonne. Wäre es da nicht angebrachter Richtung Süden zu ziehen, wo die Sonne untergeht und man zumindest für einen kleinen Zeitraum am Tag Ruhe vor den Biestern hat?", gab ich zu bedenken. "Im Süden gibt es aber vermehrt große Menschenansammlungen, als im Norden und wie du weißt zieht das die Titanen ebenso an", erläuterte Levi. "Und was ist dann bitte eine Flüchtlingsauffangstation?", hinterfragte ich. Er sah mich an und ihm dämmerte, was das hieß. "Scheiße", zischte er. Es wurde still zwischen uns, denn jeder hing seinen eigenen Gedanken hinterher. "Dennoch sollten wir dorthin fahren", durchbrach er das Schweigen. Er stoppte den Wagen und sah mich an. Als ich nichts erwiderte fuhr er fort: "Das ist die nächstmögliche Gelegenheit von hier weg zu kommen. Erwin hat Schiffe und Hubschrauber organisiert, die die Menschen von dort wegbringen. Was anderes bleibt uns nicht. Oder willst du am nächsten Flughafen ein Flugzeug klauen und kurzschließen?" "Wo werden die Menschen hingebracht?", wollte ich von ihm wissen. "Es wurden einst Mauern erschaffen, die hoch genug sind, um Menschen vor den Titanen zu schützen." City of Hope Ich erinnerte mich an den Foreneintrag, den ich damals gelesen hatte. "Dort ist genügend Platz für so viele Leute?" "Nein, deswegen sollten wir zu Erwin, weil dann bekommst du ganz sicher einen Platz. Einen guten vielleicht sogar noch", dabei sah er nach vorne, wo in der Ferne eine Kreuzung lag. Ich versuchte die Informationen zu verarbeiten. Es gab eine Schutzvorrichtung für die Menschen, jedoch würden nicht alle Platz darin finden. Das hieß, dass viele Sterben würden. Einfach so. Wie Vieh. Den Wölfen zum Fraß vorgeworfen. Dann realisierte ich, was er zum Schluss gesagt hatte. "Du kommst nicht mit?" "Ich werde mir vor Ort ein Team zusammenstellen und nach weiteren Überlebenden suchen", sagte er. "Weitere Überlebende?" "Es tauchen immer mehr Nester auf, wir können die Zahl der Titanen nicht mehr in Schach halten. Wir evakuieren gerade die Weltbevölkerung." Ich war sprachlos. Zwar hatte ich mir schon gedacht, dass etwas im Argen lag, doch hatte ich mir die Situation nicht so schlimm vorgestellt. "Die Titanen erobern so zu sagen gerade die Welt?", fragte ich, was sich in meinen Ohren komplett bescheuert anhörte. "Es scheint so." Wieder schwiegen wir. "Dann fahr da vorne links", wies ich ihn schließlich an und deutete auf die Kreuzung vor uns. Levi sah mich verständnislos an, denn im Prinzip war es die falsche Richtung. "Rechts kommen wir nach Hetta und Petra meinte, dass Hanji dort ein Nest ausfindig gemacht hat. Ich denke, wir sollten es umfahren", erklärte ich. Es schien, als würde Levi noch immer zweifeln. "Glaub jemanden, der schon seit Jahren hier lebt und nicht dem Navi. Das hat doch keine Ahnung", motze ich nun. Amüsiert sah er mich an, ehe er den Gang einlegte und weiter fuhr. Die weitere Fahrt verlief größtenteils schweigend. Levi konzentrierte sich auf die Straße, während ich Kater Levi, der sich auf meinem Schoß zusammengerollt hatte, kraulte und aus dem Fenster sah. Dabei beobachtete ich, wie die Landschaft sich immer mehr veränderte. Dominierten zu Beginn unserer Fahrt noch die Wälder, so machten sie, sobald wir das Dreiländereck Kilpisjärvi passiert hatten, immer mehr den steinigen Hügeln von Norwegen platz. Mittlerweile fuhren wir an der Küste entlang. Während sich auf der einen Seite des Autos die Berge, auf deren Spitze teilweise noch Schnee lag, entlangezogen, rauschte auf der anderen Seite das arktische Meer. Ich liebte Norwegen für diese atemberaubende Anblicke und versuchte diese Aussicht zu genießen, was mir jedoch nicht so wirklich gelang. Dafür arbeitete mein Kopf zu sehr. "Wir sollten bald da sein", informierte Levi mit einen Blick auf das Navigationsgerät. Ich sah erst zu ihm, dann zu dem Gerät und schließlich wieder aufs Meer. Mir schlug das Herz bis zum Hals und mir war schlecht vor Aufregung. "Den solltest du gut verstauen. Die Einfuhr von Tieren ist nicht erlaubt." Levi deutete auf den Kater. Ich nickte und griff nach meinem Rucksack im Fußraum. Ich räumte alles raus, außer einen Pullover und den Beutel mit dem Geld. Dann nahm ich den Kater und hob ihn vorsichtig in den Rucksack hinein. Er sah mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank, da ich langsam den Reißverschluss zuzog, nicht ohne ein kleines Luftloch für ihn zu lassen. "Danke", meinte ich. Levi sah mich kurz irritiert an. "Dafür, dass du mir das mit dem Kater gesagt hast. Das hättest du nicht tun müssen." "Noch habe ich dich nicht verpetzt", entgegnete er. Vor uns tauchten Fahrzeuge auf, die in einer Schlange zu stehen schien. Beide Fahrbahnen waren dadurch blockiert. "Natürlich keine Rettungsgasse! Diese Idioten", fluchte Levi. Da konnte ich ihm nur zustimmen. Überall, sei es auf der Autobahn während eines Staues oder hier, waren die Menschen unfähig etwas an den Straßenrand zu fahren, um eine Rettungsgasse bilden, damit Fahrzeuge des Rettungsdienst oder der Polizei ungehindert hindurch fahren konnten. Levi parkte den Wagen und schaltete den Motor aus. "Wir müssen wohl laufen", stellte er unnötigerweise fest, wobei sein Missfallen nicht zu überhören war. Er schnallte sich ab, stieg aus und ging um den Van herum zum Kofferraum. Ich stieg ebenfalls aus und schulterte den Rucksack. Levi kam mit einem Gewehr in der Hand zu mir. Für die Zeitspanne eines Wimpernschlags starrte ich auf die Waffe, denn sie flößte mir gehörigen Respekt ein. "Kein 3DMG?", fragte ich nach. "Sieh dich mal um. Siehst du hier irgendwo Bäume? Das Set ist unbrauchbar auf ebenen Gelände." Er ließ mich dastehen, als wäre ich die letzte Idiotin. Eingeschnappt schob ich die Unterlippe vor. Ohne ein Wort lief ich zwischen den Autos entlang los. Während wir Richtung Nordkapp marschierten, betrachtete ich die Fahrzeuge. Hier ein Volvo, da ein Mercedes, dort ein LKW und dann noch ein Oldtimer. Eine Interessante Mischung. Doch irgendetwas stimmte nicht, auch wenn ich nicht bestimmen konnte was. Ich sah zu Levi, der auf der anderen Seite des Autos vorbei lief. Er wirkte hochkonzentriert. Sein Blick schweifte rastlos umher, um jegliche Gefahr sofort zu erkennen. Eigentlich hätte es mich beruhigen sollen, so einen erfahrenen Soldat an meiner Seite zu haben, allerdings spannte ich mich immer weiter an. Da wir bergauf gingen, sahen wir nicht, wie weit es noch war und was sich hinter der Bergkuppe abspielte. Aus dem Nichts stieg ein Helikopter in den Himmel auf. Wir blieben stehen und sahen dabei zu, als sich plötzlich noch etwas anderes erhob. Ein Titan tauchte auf, sprang in die Luft und schlug, einem Volleyballspieler am Netz gleich, den Helikopter Richtung Boden. Der Hubschrauber explodierte beim Aufprall und eine dichte Rauchwolke, gespickt von Flammen, stieg von ihm auf. "Scheiße, ich glaub, da war Erwin drin", vernahm ich es von Levi. Ruckartig wandte ich ihm den Kopf zu. Noch nie hatte ich ihn so fassungslos gesehen. Seine Augen waren weit aufgerissen, während er versuchte, das Geschehene zu verarbeiten. In diesem Moment fühlte ich mich so schwach, so hilflos, so verloren. Unsere Hoffnung war eben vor unseren Augen in die Luft gegangen. Ein Aufschluchzen konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht unterdrücken, während ich ein stummes Gebet gen Himmel schickte. Der Titan wandte sich in unsere Richtung. Sein Interesse schien geweckt, den er stampfte auf uns zu. Levi stand noch immer regungslos da und starrte ungläubig auf das Wrack. "Levi", versuchte ich seine Aufmerksamkeit zu erlangen, doch reagierte er nicht. "Levi!" Munter kam der Titan immer näher. Ich eilte zu Levi, zerrte an seinem Arm, bekam ihn allerdings keinen Millimeter bewegt. "Levi", schrie ich hysterisch, nur schien er noch immer in seiner Starre gefangen. Panisch blickte ich zu dem Titanen, der die Autos unter seinen Füßen zerquetschte , als wären sie aus Pappe. Dabei entdeckte ich den LKW mit dem Propantank auf dem Anhänger. Eine Idee ploppte in meinem Kopf auf und ich verschwendete keine Zeit mit überlegen. Ich hatte es mal in einem Actionfilm gesehen und hatte keine Ahnung, ob es auch wirklich funktionieren würde, doch war es einen Versuch wert. Mit einem Mal riss ich Levi das Gewehr, dessen Gurt er sich umgelegt hatte, von der Schulter. Das schien ihn wieder ins Hier und Jetzt zu holen. "Was?", fragte er, als ich die Waffe ansetzte und losfeuerte. Die Kugel schoss in den Gastank, welcher lautstark explodierte. Der Druck der Explosion war so stark, dass er nicht nur Levi und mich von den Beinen riss, sondern auch den Titanen. Als ich mich aufrichtete, klingelte es in meinen Ohren. Ich steckte einen Finger in meinen rechten Gehörgang, doch minderte das den Tinnitus keineswegs. Levi kam zu mir gestolpert, packte meinen Oberarm und zog mich auf die Füße. "Schnell", befahl er und wir rannten los. Auf dem Weg zurück zum Auto sorgte ich mich um Kater-Levi, der in dem Rucksack ordentlich durchgeschüttelt wurde. Wir erreichten den Wagen und rissen zeitgleich die Türen auf. Sofort startete Levi den Motor, schaltete in den Rückwärtsgang und gab Vollgas. Nach einigen Metern lenkte er stark ein, während er in der selben Sekunde die Handbremse anzog. Das Auto schleuderte einmal um 180° herum. Levi knallte den Vorwärtsgang rein und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)