L - You have changed my World von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 45: Lug und Trug ------------------------ Lug und Trug Ich erstarrte schlagartig zu Eis, während sich meine Hand schützend auf die verdächtige Stelle an meinen Hals legte, auf welche Matsuda gerade gedeutet hatte. Eine unangenehme bedrückende Stille schien sich unterdessen immer weiter in den lichtdurchfluteten Hauptzimmer unseres Hotels auszubreiten und sogar die Zeit war offensichtlich in Versuchung geraten, für quälende ewig erscheinende Minuten, einfach so den Atem anzuhalten, denn sämtliche Blicke der Anwesenden lasteten nun erwartungsschwer auf meinen Schultern und doch sagte niemand im Raum auch nur ein einziges Wort. Unregelmäßig wie gleichso schmerzhaft setzte sich mein erschrockenes Herz unwillig wieder in Bewegung, während mein Verstand bereits jetzt schon die Grenzen des sich willkürlich schwindelnd drehenden Karussells in meinen Kopf erreicht hatte und mir somit das vollständige Begreifen der momentanen Situation fast unmöglich machte. War es wirklich das, was ich vermutete? Hatte mir L wahrlich in diesen leidenschaftlichen Stunden der Nacht einen Knutschfleck verpasst, ohne das ich es auch nur im geringsten bemerkt hatte? Aber selbst wenn dem so wäre, wieso hatte ich diesen dann eben beim Duschen nicht entdeckt? Nachdenklich strichen meine Finger sanft über die besagte Stelle, doch je länger ich irritiert darüber nachgrübelte, desto bewusster wurden mir indessen zwei Dinge - erstens mussten meine langen Haare zu Beginn den verräterischen Fleck verdeckt haben und zweitens war ich eben so schnell aus der Dusche geeilt, das ich nicht einmal mehr einen prüfenden Blick in den Spiegel getätigt hatte. Das war die einzigste plausible Erklärung für diesen Umstand und ich verfluchte mich unterdessen einerseits selber, aber anderseits - Wie hätte ich auch wissen können, das L mir so ein Ding verpasst hatte? Allerdings beantwortete das für mich nur die Entstehung dieser unangenehmen Sachlage und nicht wie ich letztendlich wieder aus dieser herauskommen sollte. Immer schneller und schneller flogen meine verwirrten Gedanken durch die unzähligen Wolken aus Fragen am Himmel der Möglichkeiten, welche jedoch bei jedem Auftreffen hoffnungslos auseinander zu driften schienen und sich somit hämisch lachend vor meinem nach Antworten haschenden Verstand spielerisch flüchteten. Unruhig glitten meine blaugrauen Augen irritiert wie ebenso haltlos von einem Ermittler zum nächsten und ich versuchte nebenher inständig eine Lösung für das bestehende Problem zu finden, bevor mein unsteter Blick letztendlich prüfend auf dem schwarzhaarigen Detektiven hängen blieb. Dieser hingegen starrte die junge Frau lediglich forschend, wenn dennoch gleichso unlesbar, mit seinen dunklen Seen entgegen und beobachtete angespannt die sich zuspitzende Lage um ihn herum. Wenn Zahra jetzt nur einen einzigen Fehler beging, nur ein einziges falsches Wort anbrachte oder ihn auch nur mit einem zu eindeutigen Blick maß, dann könnten sie beide und somit ebenfalls ihr unvorhergesehen romantisches Abenteuer, rücklings und unabwendbar auffliegen, worauf er wahrlich getrost verzichten konnte. Abschätzend schweiften seine aufmerksamen dunklen Augen unmerklich über die fragend wie auch ebenso deutlich lauernd dreinschauenden Gesichtszüge der zwei anwesenden Beamten und zeitgleich begann auch sein Herz damit unnatürlich hart seinen aufgewühlten Körper mit zunehmend mahnenden Schlägen zu malträtieren. Was sollte er tun, wenn die Ereignisse der letzten Nacht jetzt plötzlich ans Tageslicht kamen? Was, wenn die SOKO herausfand, das er auf Grund seines eigenen Versagens in Bezug auf seine Selbstkontrolle, die Ermittlungen im Fall Kira in solch einem Maße in Gefahr gebracht hatte? Das wäre schlicht und ergreifend eine beispiellose Katastrophe für ihn und auch seinen Ruf als Meisterdetektiv – mal ganz abgesehen davon, das es die Peinlichkeit seiner eigenen körperlichen, biologisch bedingten, Schwäche gegenüber der jungen Frau mit einschloss. Nein, er musste irgendwie dafür Sorge tragen, das dieser nicht mehr rückgängig zumachende Fauxpas vor der Sonderkommission geheim blieb und nebenher musste er sich ebenso etwas Einfallen lassen, damit ihm niemals wieder solch ein scharfes Schwert im Nacken sitzen konnte. So aufregend und gut sich diese neuen Erfahrungen mit Zahra auch angefühlt haben mochten und so unbestreitbar er inzwischen ebenso wusste, das sich diese Emotion namens Liebe durch nichts was ihm bekannt war verdrängen ließ – umso so mehr gelangte er, nicht zuletzt durch die augenblickliche unglückliche Konstellation von Umständen, zu der Überzeugung, das für jemanden in seiner Position einfach kein Platz war, für solch geahndete soziale Interaktionen. Weder zum jetzigen Zeitpunkt, noch in Zukunft. Aber zunächst musste er nun erst einmal mit dem eindringlichsten Problem fertig werden und seinen wie somit auch Zahras Kopf irgendwie aus der sich immer enger zuschnürenden Schlinge herausziehen, was seine Gedankengänge neuerlich auf dieses verräterische Indiz lenkte. Abermals traf sein undefinierbarer Blick die überrascht wie gleichso nachdenklich wirkenden blaugrauen Augen von Zahra, während er versuchte, all seine verstreuten Überlegungen auf einen plausibel klingenden Lösungsansatz hin zu drängen und sich nebenher darum bemühte, sich nichts von diesen ertappt anfühlenden, nervösen inneren Chaos in ihm nach außen hin anmerken zu lassen. Die Wände des Zimmers schienen sich inzwischen unaufhaltsam immer weiter und weiter auf mich zu zubewegen, sodass mir das Atmen in dieser trügerischen Enge mit jeder Minute fühlbar schwerer wurde und meine sich überschlagenden Gedankengänge sich schmerzhaft pochend an einen winzigen Punkt meines Kopfes zusammen zu kauern begannen. Die Luft im Raum wurde merklich mit jeder Sekunde die verging beständig stickiger und hätte ich es nicht besser gewusst, so hätte ich darauf geschworen, das man die elektrisierende Anspannung jeden Moment als kleine knisternde bunte Blitze wahrnehmen würde können. Noch immer hatte keiner der Anwesenden auch nur einen Laut über seine Lippen gebracht, aber die unverhaltene Skepsis der beiden Polizisten wuchs sichtbar mit jeden verstreichenden Augenblick in ihren erwartungsvollen Gesichtern, unterdessen mir L anscheinend einfach nur versuchte, ein Loch in den Kopf zu starren. `...Herr Gott...Musste sich dieser Vampir auch ausgerechnet an meinem Hals fest saugen?...` merkte mein überreizter Verstand prompt genervt an und ich schloss zeitgleich für einen Moment bestärkend meine Augen, um seinen prüfenden Blick wenigstens für eine kurze Minute zu entgehen, sodass ich mich letztendlich voll und ganz auf eine halbwegs logisch klingende Option konzentrieren konnte. Jedoch was sollte ich den SOKO-Mitgliedern denn schon erzählen? Die Wahrheit kam jedenfalls nicht in Frage, obwohl ich erhebliche Zweifel daran hatte, das sie mir solch eine Story überhaupt abgekauft hätten. Immerhin wussten selbst die Zwei wie Ryuzaki tickte, denn in sozialer oder gar beziehungstechnischer Hinsicht war er auf den ersten Blick nun einmal ziemlich unbeholfen und selbst ich hätte bei einer derartigen Geschichte sicherlich erhebliche Bedenken angemeldet, wenn L mich in der vorangegangenen Nacht nicht eines besseren belehrt hätte. Allerdings gab es leider nicht allzu viele Möglichkeiten, die einen solchen Fleck dem gesunden Menschenverstand rechtfertigen konnten, da die Entstehung eines Hämatoms immer mit einer Fremdeinwirkung von Außen einherging, solange keine krankheitsbedingte Vorgeschichte griff. Was also hatte ich noch für Optionen? Ich konnte ihnen ja schlecht erzählen, das ich die Treppe runter gefallen war. `...Dann könntest du ihnen auch gleich verraten, das sich L letzte Nacht nicht unter Kontrolle hatte und über dich hergefallen ist...Die Glaubwürdigkeit der beiden Storys ist in etwa die selbe...` folgte sogleich spöttische aus meinen Gedanken und ließ mich derweilen resigniert ausatmen, währenddessen ich mich innerlich erneut zur Ruhe zwang. Aber irgendetwas musste ich den Ermittlern auftischen und das so schnell wie Möglich, bevor das Misstrauen in ihren Gesichtern wie auch das fantasierende Kino in ihren Köpfen überhand nehmen konnte. Somit holte ich noch ein aller letztes Mal tief Luft und richtete anschließend mein Augenmerk neuerlich, jedoch diesmal mit einem eindeutig entschuldigenden Ausdruck, wieder auf die beiden Polizisten, ehe ich plötzlich erschrocken inne hielt, als jemand mit unerwartetem Nachdruck nach meiner Hand griff, welche noch immer beschützend an meinem Hals ruhte. L war mittlerweile der Tatenlosigkeit von Zahra überdrüssig geworden, denn je länger sie einfach nur so regungslos dastand und verbissen zu der Sache schwieg, desto unglaubwürdiger erschien jeglicher Erklärungsversuch für dieses verräterische Indiz seines Kontrollverlustes gegenüber den beiden Beamten. Er konnte deutlich in ihren blaugrauen Augen wie auch in den verschiedenen Regungen ihrer Mimik ausmachen, das die junge Frau tief in ihren Gedankengängen zu diesem ungeplanten Gegebenheiten versunken war und das sie weiterhin krampfhaft einen Ausweg aus diesem unfreiwilligen Hindernisparcours suchte, doch was in einzelnen die Pfade ihrer Überlegungen kreuzte, das vermochte er noch immer nicht genau zu bestimmen. Auch wenn sich seit ihrer ersten Begegnung ihre Beziehung zueinander unbestreitbar verändert und sie sich immer weiter angenähert hatten, so war es ihm bis Heute dennoch nicht gelungen, Zahra zu hundert Prozent in ihrem Handeln und in ihrem Denken zu durchschauen. Selbst jetzt, nach all den Monaten und all ihren gemeinsamen Erlebnissen, konnte er lediglich Mutmaßen, was in der jungen Frau vor sich ging und wie sie sich in solch einer Situation verhalten könnte. Zahra war und blieb für ihm ein Rätsel, ganz gleich wie viel Zeit anscheinend auch vergehen mochte, und das war eine Schlussfolgerung, die ihn in diesem Moment nur noch weiter merklich beunruhigte. Ihr Unberechenbarkeit war einer der Dinge, die er zugegeben an ihr mochte und zeitgleich aber ebenso so sehr an ihr hasste, denn es machte jegliche Situation mit ihr einfach unkalkulierbar für ihn. Selbst wenn er nicht daran glaubte, das die junge Frau den SOKO-Mitgliedern die Wahrheit über ihre „Verletzung“ verraten würde, so konnte er sich dessen dennoch nicht gänzlich Sicher sein und umso mehr sie mit sich selbst zu hadern schien, desto unwohler wurde dem schwarzhaarigen Detektiven in dieser unvorhersehbaren Sachlage. Dies alles ließ letzten Endes nur einen für ihn halbwegs berechenbaren Schluss zu und das bedeutete, das er jetzt selbst in dieser Situation aktiv werden musste, bevor es zu spät war. Daher erhob er sich mit diesem Gedankengang zielstrebig von seinem Sessel und war mit nur wenigen leisen Schritten auch schon neben Zahra angekommen, wo er sogleich entschlossen nach dessen Hand klaubte, während er sich ihr gleichzeitig weiter näherte, um den besagten Knutschfleck augenscheinlich einer genaueren Untersuchung zu unterziehen. Sofort richtete sich mein Blick geschockt auf dessen Ursache und mein Herz stellte im selben Moment übergangslos seine Arbeit ein, als ich mir der unerwarteten Nähe von L an meinem Gesicht gewahr wurde. Mir musste sichtbar sämtliche Farbe verloren gegangen sein und ich hielt instinktiv synchron die Luft an, indessen mir ein wohliger wenn auch nicht minder besorgniserregender Schauer über den Rücken lief, als mit einmal unangekündigt seinen warmen Atem erinnerungsschwerer gegen meine Haut brandete. Völlig überrumpelt stand ich für einige Minuten einfach nur da, gefangen in den Bildern unserer gemeinsamen Stunden und spürte, wie mein Körper ungewollt auf seine unvorhergesehene körperliche Wärme wie auch seinen mir nun unausweichlich in die Nase steigenden herben Duft reagierte, bevor ich mir neuerlich unserer gegenwärtigen Situation wieder bewusst wurde, sodass sich postwendend ein unübersehbar verärgerter Ausdruck in mein Gesicht schlich. „Sag mal Ryuzaki...Hast du nen Knall?...Was soll das werden, wenn es fertig ist?...“ gab ich umgehend empört von mir und versuchte meine eine Hand indessen ruckartig aus seinem Griff zu entwinden, währenddessen ich ihn mit meiner Anderen bestimmt von mir wegdrückte. Hatte der eigentlich noch alle Tassen im Schrank? Was ging denn nun schon wieder in seinem Kopf ab? Warum musste er mir nur so auf die Pelle rücken, wenn er doch ganz genau wusste, was da an meinem Hals zusehen war? Meine Augen verfinsterten sich und mein Blick wurde lauernd wie gleichso prüfend, unterdessen ich mir den Schwarzhaarigen mit hochgezogener Braue besah, ehe ich jedoch kurz darauf bereits die entrüstete Stimme von Aizawa in meinen Ohren vernehmen konnte. „Können Sie uns vielleicht mal erklären, was genau Sie da gerade tun Ryuzaki?...“ kam der nicht weniger überraschte wirkende Ermittler der sich noch immer entschieden zur Wehr setzenden Zahra unterstützend zur Hilfe, nachdem er sich endlich von seinem ersten Schock erholt hatte. Matsuda wie auch er selbst waren dieser kuriosen Gegebenheiten mit deutlicher Skepsis entgegen getreten, obwohl sich keiner der Beiden auch nur im entferntesten Vorstellen konnte, dass die am naheliegenste Erklärung für dieses verdächtige Hämatom an Zahras Hals tatsächlich zutreffen konnte, aber sie machten sich trotz dessen ebenso unverhohlene Sorgen um sie. Dennoch war er nun sichtlich erstaunt über das sich ihm bietende Szenario, denn die junge Frau schien von der Nähe des Detektiven nicht gerade sehr begeistert zu sein und auch nach seinem Geschmack kam er der Brünetten entschieden zu dicht, was in ihm allerdings zeitgleich die Frage nach dem Warum laut werden ließ. Immerhin war L nicht wirklich der kontaktfreudigste Mensch den er kannte, um genau zu sein hielt er nicht besonders viel von den Manieren des Schwarzhaarigen und selbst jetzt war für ihn ganz offensichtlich die Wahrung der Privatsphäre von anderen Personen wiedereinmal ein Fremdwort. L hingegen hatte derweilen merklich mit sich selbst zu kämpfen, denn auch bei ihm löste die Wärme und der Geruch ihres Körpers eindeutige Erinnerungen wach, welche sich nicht minder aufwühlend unnachgiebig in seinem Inneren ausbreiteten, wodurch es für ihn sichtlich schwer wurde, seine unleserliche Fassade den Polizisten gegenüber aufrecht zu erhalten. Aber er durfte sich jetzt schlicht und einfach nicht von seinen Gefühlen ablenken lassen, sondern musste sich auf seinen zurechtgelegten Plan konzentrieren, wenn er die unterschwelligen Spekulationen, die dieses Indiz mit sich brachte, im Keim ersticken wollte. Also zwang er seine überreizten Nerven bewusst zu Ruhe und bemühte sich all seine schwirrenden Gedanken auf das bevorstehende Theaterstück zu konzentrieren, während er ein wenig perplex fühlte, wie sich die junge Frau gegen sein Handeln zu sträuben begann. Nachdrücklich bedeutete sie ihm mit ihrer Geste Abstand zu halten und auch in ihren düsteren Blick konnte er unleugbar das lesen, was sie ihm kaum wenige Sekunden später vor allen Anwesenden fragte. Doch so schwer es ihm auch fiel – L blieb in seiner Rolle und sinnierte indessen darüber nach, ob Zahra sein kleines Spielchen bereits jetzt schon durchschaut hatte oder ob dieser Ärger, welcher sich unumwunden in ihren blaugrauen Augen spiegelte, wirklich echt war. „Ich habe lediglich etwas überprüft...“ gab der junge Detektiv kurz darauf tonlos preis, ehe er noch einen letzten wachsamen Blick in das verdunkelte Gesicht von Zahra warf und dann anschließend sofort wieder von ihr abließ, bevor er sich letzten Endes gespielt gelangweilt neuerlich zurück auf seinen Platz begab. Mit einem überraschten wie gleichso verständnislosen Blinzeln maß ich den davon trottenden Ryuzaki und ein kurzer forschender Seitenblick auf die beiden Ermittler zeigte mir, das diese mindestens genauso überrumpelt von dieser skurrilen Aktion waren, wie ich selbst. Was sollte den das jetzt schon wieder bedeuten? Wieso verhielt er sich mit einmal so seltsam? Er hatte doch bestimmt schon wiedereinmal irgendetwas geplant, denn anders war dieses Verhalten für mich in Bezug auf jemanden wie L nicht rational zu erklären, nur was wollte er damit erreichen? Hatte er etwa vor so zu tun, als ob er von der ganzen Geschichte nichts wusste und ich sollte schlussendlich zusehen, wie ich da alleine wieder heraus kam? `...Das sähe ihm nur allzu ähnlich...` merkte mein logischer Verstand auch umgehend missmutig an und sogleich folgte ein nicht minder lauerndes „Was hast du überprüft Ryuzaki?...“ aus meinem Mund hinterher, ehe auch nur einer der beiden SOKO-Mitglieder die Gelegenheit dazu hatte, das Wort zu ergreifen. Aufmerksam verfolgte L die Geschehnisse hinter seinem Rücken, indessen ihm bereits die Tonlage der jungen Frau nur allzu deutlich verriet, das sie irgendetwas an seinem Plan gewittert hatte und doch wusste er im Augenblick nicht zu sagen, ob dieser Umstand gut oder schlecht für ihn war. Wenn sie mitspielte war es gut und wenn nicht, dann hatte er unleugbar ein neues unschönes Problem am Hals, was seinen unruhigen Puls sogleich nochmals ein beachtliches Stück in die Höhe schnellen ließ. „Nun...Wenn dieses Hämatom wirklich das wäre, was Matsuda mit seiner Aussage anzudeuten gedachte, dann wäre dies vielleicht eine recht unterhaltsame Diskussion geworden, aber...sieht man sich die Form der Ränder und den Verlauf der Einblutungen unter der Haut genauer an, dann ist dies ausgeschlossen...“ gab er seine halb wahre Erläuterung zu seinen eben getätigten Beobachtungen ab, denn er wusste nur allzu gut und das auch ohne das er sich den Fleck hätte eingehender betrachten müssen, das dieser im Gegenteil unleugbar genau das war, wonach es aussah. Es war ein Knutschfleck. Sein Knutschfleck um es treffend auszudrücken, aber dies würde er niemals zugeben, denn es war mehr als ein Zeichen der Leidenschaft für ihn. Es war ein unbestreitbares Mal seiner eigenen Schwäche und diese Tatsache machte ihn wie auch seinem Ego dadurch nur umso mehr zu schaffen. „Wenn ich Sie richtig verstehe, heißt das, das dieser blaue Fleck durch eine stumpfe Gewalteinwirkung entstanden ist, richtig...?“ nahm nun geistesanwesend Aizawa den Faden von der vorangegangenen Ausführungen grüblerisch wieder auf und maß unterdessen Zahra mit einem abermaligen prüfenden Seitenblick, welcher ihm jedoch sogleich mit einem eindeutig warnenden Ausdruck in ihren Augen quittiert wurde. Ich lauschte derweilen fassungslos wie ebenso aufmerksam den an den Haaren herbeigezogenen Ausführungen des jungen Detektiven und war nebenher doch ein wenig überrascht, das ihm die beiden Polizisten offensichtlich diesen unverhohlenen Schwachsinn abzukaufen begannen, bevor ich mir dem skeptisch dreinschauendem Gesicht von Aizawa gewahr wurde. Dieser Ausdruck von Zweifel in seiner Mimik missfiel mir zusehends und ich musterte ihn mit einem eindeutigen „Versuchen Sie es nicht mal...“ Blick, als ich bemerkte das er sich neuerlich darum bemühte, eine wiederholte Aussicht auf meinen Hals zu erhaschen, bevor jedoch meine Aufmerksamkeit plötzlich auf Matsuda umgelenkt wurde. „Sie meinen also, das Zahra sich irgendwo gestoßen haben muss oder?...Kann es sein, das sie vielleicht wiedereinmal schlafgewandelt ist?...“ stimmte nun auch das jüngste Mitglied der Beamten fragend in die Diskussion ein, nachdem er endlich aus seiner perplexen Starre erwacht war und dem bisherigen Geschehen folgen konnte. „Nein, das halte ich für ausgeschlossen...Zahra hat bereits vor geraumer Zeit ihre nächtlichen Wanderungen eingestellt...Ich vermute eher, das dies auf ihre unbestreitbare Tollpatschigkeit zurück zuführen ist...“ kam auch schon prompt widersprechend von Ryuzaki zurück und zeitgleich ging ein kurzes unüberhörbar empörtes Raunen durch den Raum, derweilen mir gleichzeitig ungläubig die Gesichtszüge entglitten. Ich konnte kaum glauben, was er mir da gerade unterstellte, nur um seine eigene Haut aus dieser wohl ziemlich unangenehmen Lage zu retten. Der hatte doch echt den Schuss nicht mehr gehört. Hätte er sich nicht irgendetwas anderes einfallen lassen können? Das war doch wirklich nicht zu fassen, das er mich tatsächlich als Unglücksrabe darstellte, nur um einen Verdacht von sich abzulenken. Das war einfach zu viel für meine geschröpften Nerven. „Jetzt halt aber mal die Luft an Ryuzaki...“ entkam es postwendend angefressen über meine Lippen und ich fühlte, wie der Ärger in mir immer weiter aufzukochen begann, sodass ich beruhigend meine Hände zur Faust ballte, um diesen unter meiner Kontrolle zu behalten. L bemerkte allerdings sofort, das die angespannte Stimmung in Zimmer nun eindeutig in eine neue, noch unberechenbarer, Richtung kippte und dennoch hatte er im Augenblick absolut keine Lust darauf, sich abermals auf irgendwelche langatmigen Debatten mit Zahra einzulassen. Ihm stank dieser Tag bereits gewaltig und alles was er inzwischen wollte, war seine heißgeliebte Ruhe und sein früheres perfekt geregeltes wie gleichso voraus kalkulierbares Leben zurück, welches sie ihm ,seit ihrem damaligen Auftauchen im Hotel, mit jeden vergangenen Tag ein Stück weit genommen hatte. Sie allein war der Grund dafür, das er überhaupt erst in so eine Lage wie diese gekommen war. „Ich spreche lediglich die Wahrheit aus Zahra...Und wenn es nicht Kira ist, dann wird dir irgendwann einmal deine unleugbare Tollpatschigkeit zum Verhängnis werden...“ warf er missmutig in den Raum und sofort wurde er nicht minder scharf von Aizawa mit einem „Ryuzaki das reicht jetzt...“ zurecht gewiesen. Meine Augen wurden noch einige Nuancen dunkler als seine Worte meinen angesäuerten Verstand erreichten und ein spürbarer schmerzhafter Stich machte sich in meinem Brustkorb breit, was meine Wut nur noch mehr neue Nahrung zugeben schien, aber trotzdem hielt ich mein überschäumendes Gemüt bestimmt zurück. „Wenn du so weiter machst, werden weder Kira noch meine Tollpatschigkeit jemals irgendeine Gelegenheit dazu haben L...“ meinte ich bitter, während ich verbissen die in mir aufwallenden Emotionen krampfhaft herunterschluckte und anschließend mit einem lautem Knall im Badezimmer verschwand. Schwer lehnte ich mich mit einem tiefen Aufseufzen auf den Rand des Waschbeckens und schloss für einen kurzen Moment beruhigend meine Augen, um den in mir brodelnden Ärger wie auch meine durcheinander streuenden Gedanken auf ein für mich erträgliches Maß zu senken. Ja, ich war sauer und auch wenn ich seine Handlungsweise bis zu einem gewissen Punkt hin nachvollziehen konnte, so hatten mich seine letzten Worte trotz allem nicht minder schmerzhaft getroffen. Nachdenklich drehte ich nebenher den Hahn auf und schmiss mir anschließend einige Hände voll des kühlen Wassers in mein erhitztes Gesicht, ehe ich mein grübelnden Blick hinauf in den Spiegel richtete. Stillschweigend besah ich mir das tropfnasse Antlitz der jungen Frau vor mir und beobachtete für eine Weile, wie die kleinen durchsichtigen Perlen sich streichelnd ihren Weg über meine Haut suchten, währenddessen ich nebenbei aufmerksam auf die Stimmen im Hauptzimmer lauschte. Die Ermittler, insbesondere Aizawa, empörten sich noch immer über die unangemessene Aussage des schwarzhaarigen Detektiv, aber dieser schien sich in keinster Weise auf irgendeine Form von Rechtfertigungen einzulassen, sondern hatte sich inzwischen wohl dazu entschlossen, die Polizisten fürs erste einfach zu ignorieren. Auf jeden Fall sah es so aus, als ob dieses unabgesprochene Ablenkungsmanöver tatsächlich funktioniert hatte und die Vermutungen rund um den Knutschfleck vorerst einmal im Sande verlaufen waren, selbst wenn ich mir weiterhin nicht wirklich sicher war, das in Aizawa nicht doch noch ein kleiner Funke des Zweifels glimmte. Forschend wanderten meine blaugrauen Augen hinunter zu der Ursache dieses morgendlichen Aufruhrs und sofort zuckte meine Braue amüsiert wie gleichso fassungslos nach oben, als mein skeptischer Blick auf das Objekt meines Interesses fiel. `...Da hat aber jemand ganze Arbeit geleistet...Von wegen stumpfe Gewalteinwirkung...Das kann er dem Weihnachtsmann erzählen...und nicht einmal der würde ihm das abkaufen...` merkte mein Verstand sofort argwöhnisch an und warf auch gleich ein sarkastisches ` ...Sieht eher nach einem verlorenen Kampf mit dem Staubsauger aus...` hinterher, was mir dennoch unbewusst ein winziges belustigtes Grinsen entlockte. Das würde ich ihm noch heimzahlen, denn niemand, nicht einmal L, durfte mir ungestraft so ein Ding verpassen. Doch die Hauptsache war, das diese wilden Spekulationen offensichtlich erst einmal vom Tisch waren, auch wenn mir die Art und Weise wie wir das bewerkstelligt hatte nicht wirklich gefiel, aber dadurch war ich der Erklärungsnot nach den genauen Umständen zu der Entstehung dieses Fleckes hoffentlich entgangen und die Mitglieder der SOKO gaben sich mit dem zufrieden, was sie jetzt wussten. Dennoch war der Pein wie auch der Ärger über seine Worte spürbar Real gewesen und irgendwo in mir blieb eine ungute mahnend flüsternde Stimme zurück, welche dem augenscheinlichen Schauspiel von L mit unverhohlener Skepsis gegenüber trat. Eine Unsicherheit über die Ernsthaftigkeit und auch der Absicht hinter seinem eben getätigten Verhalten, denn ich wusste inzwischen nur zu genau, wie wenig ihm mit Sicherheit diese Entwicklungen in Hinsicht auf den Kira-Fall gefielen und seine deutliche Verärgerung über die neuen Morde im Zusammenhang mit unserem romantischen Abenteuer war mir vorhin ebenfalls nicht entgangen. Tief atmete ich noch einmal durch und versuchte letztendlich diese bedrohlichen Gedanken mit all meiner Willensanstrengung in die hinterste Ecke meiner Seele zu verbannen, denn im Augenblick hatte ich dafür absolut keine Zeit. Immerhin war Kira nun wieder aktiv und ich war in erster Linie eine BKA-Beamtin, welche genau der Sonderkommission angehörte, die diesen Massenmörder zur Strecke bringen sollte. Auch wenn es mir noch so schwer fiel und ein bestimmter Teil meines Verstandes sich ausnahmslos mit diesem Detektiven beschäftigte, so durfte ich trotz alledem nicht meine Aufgabe in diesem Team vergessen. Somit trocknete ich mir entschlossen die letzten verbleibenden Wassertropfen in meinem Gesicht ab und begab mich schlussendlich entschieden erneut zurück in das Hauptzimmer, um meine Ermittlungsarbeit nahtlos wieder aufzunehmen. Den größten Teil des restlichen Tages verbrachte ich also damit, mir wiedereinmal meinen gemarterten Kopf über all die nicht zusammenpassenden Teil des Puzzles zu diesem Kira zu zerbrechen, indessen ich mich gleichzeitig versuchte von meinen Grübeleien über den schwarzhaarigen Detektiven abzulenken. Die beiden Polizisten hatten nach einem letztmaligen forschenden Blick endlich Ruhe gegeben und widmeten sich nun ebenso wieder ihrer Arbeit innerhalb der SOKO, während L sich ununterbrochen in ignorantes Schweigen hüllte. Watari hatte nach der Beendigung des Rundganges mit Choco einen leicht verwirrten Eindruck auf mich gemacht, bevor er mir schließlich einen besorgten wie gleichso fragenden Blick geschenkt hatte, welchen ich allerdings mit einem beruhigenden Lächelnd und einen geheimnisvoll geflüsterten „Wenn das Siegel bricht...“ schulterzuckend beantwortete, denn ich wusste, das er es irgendwie verstehen würde. Der ältere Herr hatte unterdessen sehr wohl bemerkt gehabt, das sich die Stimmung im Raum nun neuerlich fühlbar verändert hatte und er wusste auch, das zwischen seinem Schützling und Zahra irgendetwas vorgefallen sein musste, denn er kannte mittlerweile auch die junge Frau recht gut, um in ihren Gesichtszügen das ein oder andere lesen zu können. Ihre speziell gewählten Worte ließen seine Vermutung dann zur einer unleugbaren Gewissheit werden und ein kurzes amüsiertes wie ebenso verstehendes Schmunzeln machte sich auf seinen Lippen breit, was ihm jedoch sofort einen knappen warnenden Seitenblick von der Brünetten einbrachte. Ja, die Beiden war für den jeweils anderen in der Tat ein Buch mit sieben Siegeln und das wusste sie wie auch Watari nur zu gut, daher war es für ihn auch nicht allzu schwer ihre unterschwellige Botschaft zu entschlüsseln. Ich hatte keinerlei Zweifel daran, das er mich klar und deutlich verstanden hatte, denn in seinen Augen konnte ich neben eindeutiger Freude ebenfalls die kleinen Spuren von Mitleid entdecken, währenddessen mir sein warmes Lächeln ein bestärkendes „Kopf hoch Zahra..“ zurief, ehe er sich dann in seiner manierlichen Art erneut aus dem Raum zurück gezogen hatte. Niemand und das schloss selbst unseren Meisterdetektiv L ein, konnte erahnen, was mit diesen Worten wirklich gemeint war und dennoch ließ ich unmerklich prüfend meine blaugrauen Augen wachsam über die restlichen Anwesenden schweifen, doch wenn, dann traf ich nur verwirrte oder stirnrunzelnde Gesichter, weshalb ich mich umgehend zufrieden abermals an meine Ermittlungen machte. Noch immer war es mir absolut unverständlich, wie Kira neuerliche Morde begehen konnte, unterdessen Light gut bewacht in seiner Zeller hockte und auch das mehrmalige sichten der Kameraaufnahmen der letzten Nacht, hatten mir keine neuen Hinweise aufgezeigt. Es nervte mich einfach unaussprechlich, das ich einfach nicht weiter kam und sich in mir immer hartnäckiger das Gefühl einzunisten begann, das ich irgendein wichtiges Detail übersehen hatte. Nur was? Immer noch deutete für mich alles auf den Sohn von Herrn Yagami hin, selbst wenn wir es ihm nicht beweisen konnten, aber die Mordserie hatte abrupt nach seiner Inhaftierung aufgehört und jetzt begann sie so urplötzlich wieder von Neuem. Doch wie war das Möglich und warum hatten sich innerhalb der Gefangenschaft die Charakterzüge von Light merklich so stark verändert? Fragen über Fragen, die sich wie eine Lawine aus irritierenden Geröll und bedrohlichen Eis über meine verschwimmenden Gedankengänge hinweg schoben und mich immer wieder aufs Neue schmerzhaft zu quälen begannen. Wie oft schon hatte ich mir genau diese Fragen nun bereits gestellt und keine logisch klingende Erklärung darauf gefunden, was die Resignation in mir von Tag zu Tag potenziell ansteigen ließ, während die Motivation beständig vor jeden Gedanken zu flüchten schien. Ich hatte eigentlich nur noch eine mir rational verständliche Option, wie aus diesem Sumpf von rätselhaften Tatsachen herauskommen könnte, also kramte ich all die zu Beginn angefertigten Übersichten und Tabellen auf meinem Laptop wieder heraus und begann anschließen damit, die verbleibenden Lücken der letzten Monate Stück für Stück aufzufüllen. Wie in einem Wahn tippte ich unnachgiebig eine Aktion nach der anderen in die entstehende Sammlung von Daten ein und war letzten Endes sichtlich überrascht, als sich die beiden Polizisten freundlich wie gleichso erschöpft von mir verabschiedeten. Perplex warf ich einen kurzen Blick auf die Uhr und musste feststellen, das es mittlerweile bereits schon nach Zehn war, doch ich würde nicht aufhören, bevor ich meine Liste an Informationen vervollständigt hatte. Somit nickte ich ihnen nur kurz verstehend zu und konzentrierte mich dann, nach einem knappen prüfenden Seitenblick auf den noch immer schweigenden L , sofort wieder auf den flimmernden Bildschirm meines Computers. Der schwarzhaarige Detektiv dagegen hatte sich nach dem morgendlichen unliebsamen Vorfall in vollständige Verschwiegenheit gehüllt und versucht, seine ständig abschweifenden Gedanken auf die Lösung des Falls zu fokussieren. Auch ihm war immer noch nicht verständlich wie Kira erneut zuschlagen konnte, denn Light hatte keinerlei Anzeichen auf den Videos gezeigt, welche die Reaktivierung der Morde erklären konnten. Musste er also davon ausgehen, das er vielleicht wirklich unschuldig war? Doch wenn dies der Fall war, dann wären alle seine bisherigen Ermittlungsansätze mit einem Schlag zunichte gemacht und er müsste sich widerwillig eingestehen, das ihm wohl oder übel ein Fehler unterlaufen war. Allerdings war die Wahrscheinlichkeit, das er , L , sich geirrt hatte wahrlich mehr als schwindend gering, denn sein scharfer logischer Verstand hatte ihn in all den Jahren seiner Arbeit noch niemals im Stich gelassen und er fühlte einfach, das er auf der richtigen Spur war, auch wenn er es Light bis jetzt noch nicht nachweisen konnte. Doch er würde nicht aufgeben und er würde schon irgendwie an seine Indizien kommen, da war er sich sicher. Nur gab es inzwischen leider ein noch weitaus größeres Problem, das ihm seine Denkprozesse und somit auch die Zentrierung seiner Aufmerksamkeit auf diesen Fall merklich erschwerte, was seine Laune gleichzeitig nochmals ein deutliches Stück in Richtung Keller trieb. Missmutig und ohne sein bewusstes Zutun, schlich sich sein Augenmerk immer wiedermal forschend hinüber zu der jungen gedankenversunkenen Frau auf dem Sofa und zeigte ihm somit überdeutlich auf, wie sehr ihm Zahra mittlerweile bereits beeinflusste. Sie war mehr als ein Ärgernis für ihn und offenbarte ihm Dinge über sich selbst, die er am liebsten niemals Kennen gelernt hätte, denn diese hatten inzwischen sein gesamtes Leben vollkommen auf den Kopf gestellt. Allein die Situation am frühen Morgen hatte ihn zu einer erschreckenden Einsicht gebracht, die in ihm nicht nur Ärger sondern auch eine nicht zu verkennende Spur von Angst ausgelöst hatte, denn ob er es nun wollte oder nicht – er fing plötzlich an emotional auf sein Umfeld und insbesondere auf Zahra zu reagieren. Ihm hatte die Sachlage um den vermeintlichen Knutschfleck mehr als missfallen, ja, aber da war noch sehr viel mehr in ihm gewesen. Eine Art peinliche Berührung und einen damit ausgelösten Gran, den er nur sehr schwer hatte zurück drängen können, sodass er ganz bewusst seine Worte der jungen Frau gegenüber gewählt hatte. L hatte es krampfhaft versucht zu leugnen, aber je mehr er das tat, umso gewisser wurde ihm letztendlich dieser erschreckende Umstand. Er hatte Zahra mit seiner Aussage absichtlich verletzten wollen, um seinen Frust auf sich selbst an deren Verursacher weiterzugeben und seinen unbestreitbaren Unmut Luft zu machen. Ein unleugbarer Fakt der ihm klar machte, wie viel Gewicht diese irrationalen Gefühle auf ihn auswirkten und wie machtlos er ihnen schlussendlich gegenüber stand. Der Detektiv hatte bereits schon am Anfang geahnt gehabt, das es wahrscheinlich ein großer Fehler war die junge Frau in die Sonderkommission aufzunehmen, aber sein Wille diesen Fall schnellstmöglich zu lösen, hatte über seine ungute Vorahnung triumphiert. Zahra hatte mit der Zeit immer mehr und mehr mit ihrer unlesbaren Art sein Interesse geweckt und ehe er sich versah, hatte er sich ungewollt einer verwirrenden Emotion wie der Liebe gegenüberstellen müssen. So oft hatte er es zu leugnen und zu verdrängen versucht, aber es war für ihn ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, sich ihr zu entziehen und am Ende hatte er all seinen Selbstschutz einfach aufgegeben. Diese eine gemeinsame Nacht hatte die letzte verbleibende Mauer in ihm restlos niedergerissen und das war ein Fehler, der nun nicht mehr Rückgängig zu machen war, aber dennoch bereute er tief in seinem Innersten nicht eine Minute davon. Diese Frau hatte eine Tür in ihm aufgestoßen, die wohl besser verschlossen geblieben wäre und damit etwas freigesetzt, womit L schlicht und ergreifend nicht umzugehen wusste. Er hatte immer gedacht, das er gegen diese irrationalen Dinge immun war und hatte selbst nie wirklich verstanden, warum die Menschen so handelten wie sie handelten. Sein jahrelanges Studium von sozialer Interaktion zwischen Personen hatte ihm zwar erlaubt, bestimmte Verhaltensmuster voraus zusagen, aber richtig nachvollziehen konnte er es dennoch nie. Jetzt allerdings hatte er am eigen Leib zu spüren bekommen, wie wehrlos einem ein einfaches so simples Gefühl machen konnte und das machte ihm irgendwie Angst. Es war etwas, das man nicht planen, berechnen oder logisch erklären konnte, sondern es erforderte Erfahrungen auf einem Gebiet, welches ihm noch immer so unendlichen fremd war. Er hatte durch Zahra eine Welt betreten, die nicht für jemanden wie ihn geschaffen war und welche nicht nur sein, sondern auch das Leben anderen Menschen gefährdete, wie ihm die Ereignisse dieses Tages unverhohlen vor Augen geführt hatten. Sein Leben gehörte seiner Arbeit als Detektiv, es gehörte der Gerechtigkeit, denn er hatte eine Aufgabe übernommen, von der er sich durch nichts ablenken lassen durfte, wenn er diese auch zukünftig weiterhin gewissenhaft ausführen wollte. So schön und friedvoll all diese Emotionen in ihm auch waren, sie hatten einfach keinen Platz in seiner Existenz und das gleiche galt dementsprechend ebenso für Zahra, selbst wenn er wusste, das ihn diese Erfahrungen mit ihr für den Rest seines Daseins begleiten würden. Man konnte nicht einfach vergessen, nur versuchen es zu verdrängen und hoffen, das die Erinnerungen sich nicht allzu oft wieder zurück schlichen. L musste sich letztendlich darum bemühen, sich auf das zu konzentrieren was er war und konnte nicht sich selbst, einschließlich seiner Gefühle, vor das Gesetzt stellen, denn dazu hatte er nicht das Recht. Er musste einfach irgendetwas unternehmen, um den Fängen der jungen Frau und seinen irrationalen Emotionen zu entkommen oder um zu mindestens zu verhindern, das diese noch mehr von ihm Besitz ergreifen konnten. Somit faste er einen Entschluss und wandte sich dann kurz darauf tonlos an die noch immer ruhig arbeitenden Zahra im Raum. Überrascht blickte ich von meinem Laptop auf, als ich plötzlich unvermittelt die dunkle Stimme von Ryuzaki in meinen Ohren vernehmen konnte und mein Herz schlug zeitgleich abermals einen Takt schneller, während ich meine volle Aufmerksamkeit nun auf die spärlich beleuchtete Person vor mir richtete. „Zahra...Ich würde gerne etwas mit dir besprechen...“ kam emotionslos über seine Lippen, derweilen er weiterhin sein Augenmerk unumwunden auf die Bildschirme vor sich legte. Aus meinen zerstreuten Gedanken zu Kira gerissen, stellte ich perplex meinen Computer zur Seite und stand indessen aus dieser Bewegung heraus auf, um mich anschließend behutsam hinüber zu L zu gesellen. Sofort rasten meine Gedanken neuerlich in alle möglichen Richtungen davon und ein, auf schwer zu beschriebene Art und Weise, ungutes Gefühl machte sich in meinem Magen breit, unterdessen ich mit unruhig pochenden Puls direkt neben ihm zum halten kam. Er saß völlig regungslos in seinem Sessel und fixierte mit seinen unleserlichen schwarzen Seen den Monitor, welcher seicht flackernd die Gestalt eines jungen Studenten präsentierte. Der Großteil des Raumes lag in den finsteren Schatten der Nacht verborgen, den die kleine glimmende Tischlampe hatte einfach nicht genug Kraft gegen die dichte Dunkelheit zu bestehen und das kalte schwache Licht der Computer erhellten auch nur einen kleinen unbedeutenden Radius um sie selbst herum. Was hatte er den mitten in der Nacht mir mir zu besprechen? Hatte er etwa irgendetwas entdeckt, was ich selbst bisher übersehen hatte? Gespannt warte ich für einige Minuten absolut lautlos in der Düsterheit neben ihm, bevor es mir aber eindeutig zu viel wurde und ich mich dann leicht genervt selbst an ihn wandte. „Also Ryuzaki...Was ist los?...Hast du etwas gefunden, was uns weiter hilft?...“ meinte ich erwartungsvoll und zog nebenher fragend meine Braue in die Höhe, währenddessen ich unterstützend die Arme vor meiner Brust verschränkte. „Nein das nicht...aber...ich möchte, das du wieder zurück in deine eigene Wohnung ziehst...“ kam sogleich ungerührt von ihm als Antwort zurück und er konnte den ihr entgleitenden fassungslosen Ausdruck in ihrem Gesicht beinahe körperlich spüren, auch ohne das er sie dafür ansehen musste. Vollkommen überrumpelt weiteten sich verwirrt wie ebenso ungläubig meine Augen und ich starrte den Schwarzhaarigen für etliche Minuten nur völlig sprachlos entgegen, denn mit solch einer Bitte hatte ich nun absolut nicht gerechnet. Meine Gedanken ergriffen im selben Augenblick ihr Heil in der Flucht und mein Herz hielt für eine bedrohlich anmutenden Weile marternd in seiner Arbeit inne, unterdessen ich mich darum bemühte einen Sinn in seinen Worten zu entdecken. „Wie kommst du denn jetzt plötzlich darauf?...“ gab ich irritiert von mir und kämpfte darum, meine bröckelnde Fassung nicht noch weiter zu verlieren. Was hatte denn das jetzt wieder zu heißen? Wollte er mich los werden? Hatte er etwa vor, sich neuerlich von mir zu distanzieren? Mein Kopf war nur noch ein einziges Chaos, denn mit dem Begreifen der daraus folgenden Konsequenz, machte sich eine ungekannte Angst in meinem Körper breit, welche mich wie ein schleichendes Gift unaufhaltsam zu lähmen begann. Er konnte deutlich aus dem Augenwinkel sehen, wie sich ihre Muskeln unter seinen Worten immer weiter anspannten und auch in seinem eigenen Leib sah es inzwischen nicht sehr viel anders aus, auch wenn er im Gegensatz zu ihr es besser zu verbergen wusste. „Es war abgemacht, das du nur solange hier bleibst, wie es der Schutz deiner Gesundheit erfordert...also...“ führte er prompt seine Ausführungen fort, indessen er sich mit aller Macht darauf konzentrierte, seine teilnahmslose Fassade nach außen hin aufrecht zu erhalten. Mit jedem neuen Satz den ich von ihm vernahm, zog sich die erdrückende ängstigende Enge um meinen Brustkorb noch ein Stückchen weiter zu, sodass mir das Atmen und auch das Erfassen von klaren Gedanken schier unmöglich wurde. Was sollte das? Warum tat er das? Ich verstand es in dem Moment einfach nicht und die Furcht in mir zwang mit jeden Atemzug nur noch mehr der bitteren Galle in meinen Mund hinauf. „L...Was soll das?...Ich...“ begann ich heiser und wurde allerdings abrupt von diesem unterbrochen, als er seinen Kopf ruckartig in meine Richtung bewegte. „Zahra...Das was letzte Nacht passiert ist, war ein Fehler...Es tut mir Leid, wenn ich dir irgendwelche Hoffnungen gemacht haben sollte...“ ließ er vollkommen emotionslos verlauten und starrte ihr derweilen unnachgiebig mit seinen dunklen unlesbaren Seen in ihre vor Schock geweiteten blaugrauen Augen, währenddessen es selbst für ihn nicht zu übersehen war, wie irgendetwas in der jungen Frau im selben Augenblick zerbrach. Ich hörte die Worte, welche mit seiner dunklen Stimme wie ein Echo immer wieder durch das Zimmer hallten und doch waren sie zeitgleich meilenweit von dem Erfassen meinen Verstandes entfernt, derweilen ich fühlte, wie etwas wichtiges in meinem Herzen unter einem grausamen Schmerz einfach erstarb. Mein Kopf, meine Gedanken wie auch mein Körper waren schlagartig Leer und gleichzeitig von einem unaussprechlich Grauen erfüllt, der mich drohte an die Grenzen des Wahnsinns zu treiben. Absolut fassungslos und mit einer unendlichen Verständnislosigkeit blickte ich hinunter in die mir einfach nur undefinierbaren entgegen starrenden dunkeln Seen von L, unterdessen ich versuchte das eben Gehörte irgendwie zu verarbeiten. Doch da war absolut nichts in seinem Blick, das auf irgendeine gefühlsmäßige Regung hindeutete – Gar nichts – und zur selben Zeit erfasste mich eine unsagbare Wut aus Schmerz wie auch Trauer. Mein Körper begann verkrampft zu zittern und ich grub mit aller Kraft meine Fingernägel in meine Handflächen, indessen ich mir hart auf meine bebenden Lippen biss. Das war einfach alles zu viel für mich und kurz darauf erfüllte auch schon der nachhallend Schall meiner Handfläche die dunkle Stille des Raumes, währenddessen ich mit letzter Kraft noch ein tief verletztes „Mistkerl...“ zwischen meinen Zähnen hervor presste, bevor ich anschließend Hals über Kopf zusammen mit Choco lautstark das Zimmer verließ. L hingegen hockte einfach nur da und genoss regelrecht den süßen brennenden Schmerz, welchen ihre Hand gerade in seinem Gesicht hinterlassen hatte, denn er überdeckte etwas noch weitaus schlimmeres, das Tief in seinem Herzen wütete. Nicht ein einziges Mal hob er seinen Blick und sah hinüber zu der Tür, hinter welcher Zahra gerade verschwunden war. Nein, er umklammerte stattdessen mit aller Macht seine inzwischen seicht zitternden Knie und versuchte unterdessen verbissen den so unbeschreiblich verletzten Ausdruck in ihren blaugrauen Augen aus seinen aufgewühlten Gedanken zu verbannen. Es war wohl das Schwerste, was er jemals hatte tun müssen und doch war es für ihn das einzig Richtige gewesen. Es war so einfach das Beste – für ihn und auch für Zahra. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)