Bücherwelten von Mayari ================================================================================ Prolog: -------- Er war an einem Punkt in seinem Leben angekommen, an dem es hieß eine Entscheidung zu treffen, die sich auf sein restliches Leben auswirken würde. Es war nicht einfach nur die Wahl, welchen Studiengang er wählen sollte. Nein, viel mehr war es die Frage in welcher Stadt er sein Studium absolvieren sollte. Die Wahl des Studienfachs war dabei Nebensache. Er schaute den Katalog durch, den er sich selbst erstellt hatte. Darin war jede Universität mit ihren Vorzügen, Nachteilen und ihrer Umgebung aufgelistet. Er hatte nun schon etliche Male diesen Katalog durchgelesen, markiert und hin und her überlegt. Aber seine Wahl stand schon seit dem ersten Lesen fest. Beim durchblättern des Katalogs blieb er wie immer auf der Seite hängen, auf der DIE Uni abgebildet war, die ihm auf Anhieb gefallen hatte. Und jetzt beschloss er tatsächlich sich dort zu bewerben. Also schaute er nach, was er dort alles studieren konnte und entschied sich für einen ungewöhnlichen Studiengang, den es so bei anderen Universitäten nicht gab. Er schrieb seine Bewerbung. Da mischte sich seine Mutter ein und so geschah es, dass er nicht nur an seine Wunschuniversität eine Bewerbung schickte sondern noch an drei andere Unis. Als er endlich die Antworten bekam – er war so aufgeregt, dass er die Briefumschläge einfach aufriss – las er eine Absage und dann noch eine Absage. Der dritte Briefumschlag kam erst eine Woche später und er konnte es kaum erwarten. Diesmal war die Antwort der Uni da, auf die er gehen wollte. Er riss den Briefumschlag und las: „Wir freuen uns, Ihnen mitzuteilen, dass Sie an unserer Universität das Studium aufnehmen können.“ Er stieß einen Freudenschrei aus und tanzte wie wild durch die Wohnung. Seine Mutter kam und fragte: „Eine Zusage?“ Als Antwort umarmte er sie und rief: „Ich packe meine Sachen und suche eine Wohnung!“ Seine Mutter lachte kurz auf. Sie freute sich für ihren Sohn, denn er war die letzten Tage nur noch auf und ab gegangen. Nun war der Moment gekommen, bei der eine Mutter sich selbst eingestehen muss, dass es Zeit war ihr Kind gehen zu lassen, es auf den eigenen zwei Beinen stehen zu lassen. Und das war sie bereit zu tun. Sie hatte jahrelang daran gearbeitet, dass ihr Sohn auf so viele Eventualitäten vorbereitet ist wie nur irgend möglich. Sie hatte ihn zu einem starken und selbstbewussten jungen Mann erzogen, den sie ruhigen Gewissens auf die Welt los lassen konnte. Sie wischte sich die Hände an der Schürze ab, die sie trug, atmete einmal tief durch und sagte zu sich selbst: „Na dann wollen wir mal!“ Der Umzug in die neue Stadt lag schon mehrere Monate hinter ihm und er stand kurz vor den ersten Klausuren. Er hatte einige neue Freunde gefunden, mit denen er sich ziemlich gut verstand. Doch momentan vernachlässigte er sie eher. Denn wie auf magische Weise zog ihn etwas immer und immer wieder in die uralte Bibliothek der Hochschule. Seit dem ersten Tag, an dem er die Reihen von neuen und alten Büchern abgeschritten war kam er beinahe jeden Tag her um Bücher zu studieren. Meistens nahm er einfach nur irgend eines aus irgend einem der Regale und begann zu lesen. Allerdings beschränkte sich diese zufällige Auswahl des Lesestoffs auf die besonders alten Büchern. Und so verbrachte er auch den heutigen Tag in der Bibliothek. Sie war stärker als sonst besucht und nur im hintersten Teil fand er noch einen freien Tisch. Leises Stimmengewirr prasselte auf ihn ein, während er sich sein heutiges Buch suchen ging. An seinem Tisch zurückgekehrt setzte er sich hin und schlug das Buch auf. Der Autor versprach im Vorwort eine Reise in unbekannte Welten, versprach ein Abenteuer und versprach ihn zu entführen in eine Welt voller Träume, Hoffnung und Liebe. Und so begann er zu lesen. Er war so in sein Buch vertieft, dass er gar nicht mitbekam, dass die Bibliothek leerer und leerer wurde. Als dann plötzlich das Licht aus ging sah er verdutzt auf. Mit einem schnellen Blick auf seine Armbanduhr sah er gleich, dass schon seit über einer halben Stunde geschlossen war. Er stand auf und ging nach vorne zum Tresen um sich das Buch auszuleihen und dann nach Hause zu gehen, doch die Bibliothek war verlassen. Und als er versuchte hinaus zu gehen, bemerkte er auch dass die Türen verschlossen waren. Nachdenklich kratze er sich am Kinn und überlegte was er nun tun könnte. Das sinnvollste was ihm in den Sinn kam war, bei der Polizei anzurufen. Nach kurzem überlegen entschied er sich allerdings dagegen. Warum sollte er nicht diese Chance nutzen die ihm sich da bot und die ganze Nacht zu stöbern und zu lesen. Und so ging er von Tisch zu Tisch, denn er erinnerte sich daran, dass auf einem der Tische eine Lampe stand. Schließlich fand er den Tisch mit der Lampe in der Mitte der Bibliothek. Er setzte sich, schaltete die Lampe an und schlug das Buch wieder auf und las weiter. Er schlug das Buch zu und atmete einmal tief durch. Bis zum Ende hatte er das Buch gelesen und es hatte gehalten, was es versprochen hatte. Mit einem Blick auf die Uhr stellte er fest, dass er doch noch ziemlich lange zum Lesen gebraucht hatte. Nun stand er auf und räumte das Buch zurück ins Regal, aus dem er es genommen hatte. Er lief ein wenig durch die Gänge und hielt Ausschau nach einem Buch, um weitermachen zu können. Doch während er so durch die Gänge schlenderte, bemerkte er, dass er die Bücher nach einer Zeit lang nicht mehr richtig wahrnehmen konnte. Er konzentrierte sich und starrte wie gebannt auf die Stelle, an der er das Bücherregal vermutete, doch dieses, so schien es, verschwamm immer mehr vor seinem Auge. Ihm wurde schwindlig und dann spürte er, wie er den Boden unter den Füßen verlor, doch statt dem harten Aufprall schien er zu schweben. Und schließlich wurde ihm schwarz vor Augen und er verlor das Bewusstsein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)