Schicksalsfäden von Nakuj (Jeder verdient eine zweite Chance (Uchiha-center)) ================================================================================ Kapitel 17: In die richtige Richtung ------------------------------------ Noch nie war es ihm so schwergefallen, stillzusitzen. Viel lieber wäre er gerannt oder hätte sich anderwärtig verausgabt, doch das stand nun wirklich nicht zur Debatte. Außerdem schlug sein Herz bereits so schnell, dass man meinen könnte, er würde soeben einen Marathon absolvieren. Wenn er es recht bedachte, wusste er auch nicht, mit welcher Begründung er hätte aufstehen sollen oder was er dann tun würde, weshalb es vielleicht sogar ganz gut war, dass er eine Beschäftigung hatte – auch wenn diese vorerst nur darin bestand, die Füße still zu halten. Sasukes Hände waren in seinem Schoß zusammengefaltet, die Ellbogen ruhten auf seinen Oberschenkeln. Er war sich unschlüssig darüber, was nun passieren würde. Die Unbekannte hatte sich nach wenigen Sekunden in Richtung Wand gedreht und einige Fingerzeichen geformt, woraufhin sich eine Öffnung aufgetan hatte. In ihrem Inneren war es überraschend modern eingerichtet, sodass er sich nun auf einem hölzernen Stuhl wiederfand, der, so ungern er das auch zugeben musste, außerordentlich bequem war. Er starrte auf die weiße Tischplatte vor ihm. Sie zeigte noch keine wirklichen Gebrauchserscheinungen. Vermutlich wurden hier nicht sonderlich oft „Gäste“ empfangen. Er hob seinen Blick kein einziges Mal, sondern klebte förmlich an dem einen kleinen Kratzer, der den Gegenstand verunstaltete. Das war ihm tausendmal lieber, als die Blicke seiner Familie zu erwidern. So brauchte er nicht zu sehen, wie sie ihn musterten und jeden seiner Züge regelrecht in sich aufsaugten. Es war ihm unangenehm, verständlicherweise, und doch konnte er sich nicht so recht darüber aufregen. Alle drei saßen sie ihm gegenüber – ihre Stühle waren ebenso wie seiner mit einem äußerst weichen Kissen bestückt – und hatten keinen Mux von sich gegeben. Auch er war stumm geblieben, aber nur, weil er nicht wusste, was er zuerst hätte sagen sollen. Es gab zu vieles, das er sie fragen wollte, zu viele Vorwürfe, aber auch Entschuldigungen, die ihm auf der Seele brannten. Auch wagte er es nicht, sie anzusehen, aus Angst vor dem Ausdruck in ihren Augen. Es war ihm unheimlich, diese Verwirrung im Blick seines Vaters zu erkennen und diese Unverständnis, die er bisher nicht mit seinem Bruder hatte verwinden können oder wollen. Aber am schlimmsten traf ihn wohl der Ausdruck in den Iren seiner Mutter. Was er da sah, waren ihre blanken Nerven, bis aufs Äußerste gespannt. Außerdem zitterte sie, was ihr selbst aber nicht richtig klar zu sein schien. In diesem Moment verfluchte er sich und seinen Stolz dafür, dass er zu viel Schiss davor hatte, seinen Hintern hoch zu kriegen und sie in den Arm zu nehmen. Er ballte die Hände zu Fäusten. Es gab so vieles, das er nicht verstand. Wie kamen sie hier her? Warum waren sie nicht, so wie er, gealtert? Und was hatte diese Frau damit zu tun? In eben diesem Moment sah er aus dem Augenwinkel, wie sie erneut durch die Öffnung des Raumes trat. Er war verwirrt. Wann war sie denn nach draußen gegangen? Er musste sich wieder auf das Geschehen konzentrieren. Es würde niemandem helfen, wenn er sich zu sehr von seinen Gefühlen verwirren ließ. Mit zusammengezogenen Augenbrauen hob er seinen Blick und richtete ihn direkt auf die Unbekannte. Sie trug eine Schüssel, die sie, kaum dass sie die Distanz überwunden hatte, auch schon vor ihm abstellte. Unverständnis gepaart mit einer gewaltigen Ladung Wut rollte über ihn hinweg. Das konnte doch nur ein Scherz sein, oder? „Suppe?“ Er hatte größte Mühe, zumindest halbwegs ruhig zu bleiben. Was sollte er denn damit!? Was er wollte, waren Antworten, Erklärungen und das erste, was sie tat, war ihm eine Suppe zu bringen!? Schon war er auf den Beinen und ließ seine Hände auf den Tisch niedersausen. Die Schüssel schwankte bedrohlich, kam jedoch schnell wieder zum stehen. Aus roten Augen funkelte Sasuke die Frau an. „Du warst über eine Woche in der Höhle eingesperrt“, kam es leise von seinem Gegenüber. Sie blieb ganz ruhig und verzog keine Mine, so, als gäbe es nichts weiter zu sagen. Zitternd vor Wut ließ Sasuke sich wieder auf seinen Stuhl fallen. Er musste sich zusammenreißen, wenn er Antworten haben wollte. Tot würde sie ihm diese schließlich nicht mehr geben können. „Was soll der Scheiß?“ Seine Stimme hatte einen tiefen Klang angenommen, zeugte davon, wie kurz er davor stand, seine Selbstbeherrschung über Bord zu werfen. Ihm war klar, dass sie wusste, dass er damit nicht bloß die Suppe meinte. Kein Laut war zu hören. Es war, als hätten alle Beteiligten die Luft angehalten. Sie warteten darauf, dass sich nun alles aufklären würde und darauf, dass ihnen eröffnet würde, was sie zu Spielfiguren in diesem Plan machte. Die Spannung war beinahe schon greifbar. Einen kurzen Moment sah die Frau ihn an. Ihre Sharingan waren nicht aktiviert, weswegen dunkles Schwarz, umrahmt von dichten Wimpern, in seine Augen blickte. Sasukes Ungeduld verschwand, als er den Wirbelsturm von Emotionen in ihnen erkannte. Da ahnte er, weswegen sie hierher geholt worden waren und was der Auslöser dafür war, der Grund. Er selbst kannte diese Gefühle und er hasste sie. Er hasste sie aus tiefstem Herzen und das schon, seit er ein kleiner Junge gewesen war. Genauer gesagt, seit er damals alles verloren hatte, was ihm lieb und teuer gewesen war. Eigentlich brauchte er ihre Erklärung gar nicht mehr zu hören. Die Geschichte der Frau kannte er freilich nicht, aber ihr Blick war seinem ähnlich. Früher hatte in seinen Augen derselbe Ausdruck gestanden und deshalb glaubte er, sie zu verstehen. Er empfand keine Sympathie, wohl eher das Gegenteil, aber er konnte sie nicht länger für ihre Taten verurteilen. Wenn er ehrlich war, hatte er das auch nie getan. Er hatte es nicht verstanden, aber das musste noch lange nicht bedeuten, dass es falsch war. Warum sollte ihm nie etwas Gutes widerfahren dürfen? Warum sollte er nicht auch einmal Glück haben, ohne es gleich hinterfragen zu müssen? Noch immer war er skeptisch, was die sonderbare Auferstehung seiner Familie anbelangte, aber er wollte nicht länger zweifeln. Es ging ihm an die Substanz und er merkte, dass er ausgebrannt war. Er war müde geworden. Irgendwie hatte er es leid, dieses ständige Wütend-sein, und seine Rache hatte ihn auch nicht glücklich gemacht. In diesem Moment kam es ihm vor, als würde etwas in ihm zerbrechen. Wahrscheinlich würde er nie glücklich sein. Selbst, wenn er alles und jeden gerächt hatte, wenn nichts mehr da war, würde er seinen Seelenfrieden nicht finden können. Innerhalb weniger Sekunden war ihm das klargeworden. Es hatte gereicht, die Hilflosigkeit und Verzweiflung in den Augen eines anderen zu sehen, diese Gefühle, die auch er so viele Jahre lang empfunden hatte und zum Teil immer noch empfand. Eigentlich wollte er wütend sein, weil diese Frau nicht seinen Weg gegangen war. Aber jetzt sah er einen anderen. Sie hatte sich Hilfe gesucht, war nicht verrückt geworden und hatte, und das sah er ganz deutlich, noch nie jemanden der Rache wegen umgebracht. Er war noch nicht bereit, ihre Methode anzuerkennen oder gar als Alternative in Betracht zu ziehen, aber er wollte sehen, wie weit sie damit kam. Er war neugierig und den Ausdruck in ihren Augen würde er weiter verfolgen und dann, wenn er eine Veränderung entdeckt hätte, würde er sich seine Meinung bilden. Er würde mitspielen, aber nur so lange, wie er einen Nutzen darin sah. Alles andere interessierte ihn nicht. Die Frau setzte sich zu ihnen an den Tisch und blickte in die Runde. Anfangs kamen ihre Worte stockend und waren wohlüberlegt, doch je mehr sie sprach, desto mehr wurde sie mitgerissen. Ihre Geschichte sprudelte regelrecht aus ihre heraus und mit jeder Sekunde die verging, erkannte Sasuke, wie ähnlich ihre Vergangenheit der seinen wirklich gewesen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)