The answer to our life von Vienne (Viel Lärm um Nichts...) ================================================================================ Kapitel 2: Incomplete --------------------- Der Schnee glitzerte. Die Sonne strahlte vom stahlblauen Himmel und brachte die weiße Landschaft zum Funkeln. Raben saßen in den kahlen Baumwipfeln und ließen ab und an ein Krächzen erklingen. Der Wind war eisig und nur wenige Menschen waren unterwegs. Anscheinend war es ihnen egal, dass seid Tagen mal wieder die Sonne schien und nicht ständig nur Schnee fiel. Trotzdem verließen sie nicht ihre warmen Wohnungen. Im Jubaan-Park war es still. Das jetzt gelbe Rohrschilf ließ die paar Blätter, die es noch besaß, hängen und wehte sanft im Wind. Ein Paar Stockenten schnatterte aufgeregt und watschelte nahezu empört ins kalte Wasser, als sich ihnen jemand näherte. Usagi hatte keine Schule heute. Es war Samstag. Sie hatte ausgeschlafen und gut gefrühstückt. Wenn auch spät. Als Ami und Makoto sie abholen wollten, lehnte sie dankend ab und murmelte etwas vom Einkaufen. Und das sie später nachkommen würde ins Crown. Es war eine Notlüge, aber es war nötig gewesen. Sie wusste nur allzu gut, dass Mamoru sicherlich auch da war. Und bis jetzt konnte sie ihm so gut aus dem Weg gehen, dass sie ihr Glück nicht aufs Spiel setzen wollte. Einige Meter weiter stand eine Bank. Usagi wischte mit ihrer behandschuhten Hand den Schnee weg und setzte sich, seufzte auf. Warf den Kopf in den Nacken und starrte in den Himmel. Sie hatte keine Ahnung, wie sie bei einer plötzlichen Begegnung mit Mamoru mit ihm umgehen sollte. Nach ihrem Telefonat hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen. Auch wenn Mamoru sie den Tag darauf im Stundentakt angerufen und mit Nachrichten beinahe schon bombardiert hatte. Sie hatte ihn stoisch ignoriert. Jetzt waren bald sechs Tage vergangen und er hatte es scheinbar aufgegeben. Usagi kramte in ihrer Manteltasche nach ihrem Handy und öffnete das Nachrichtenfach. “’Du weißt genau, dass wir uns irgendwann wieder über den Weg laufen werden. Also sei nicht so bockig. Bis dann, Mamoru.’ Ach manno, warum kannst du mich nicht in Ruhe lassen?” Usagi wusste eigentlich selbst, dass auch sie eine Teilschuld traf an dem, was zwischen ihnen passiert war. Doch sie konnte es überhaupt nicht verstehen, dass es Mamoru anscheinend geradezu darauf anlegte, dass die anderen sonst was von ihnen glaubten. Und das wollte sie nicht. Sie wollte keinen von ihnen auf dumme Gedanken bringen. Vorallem wollte sie Rei nicht verletzen. Ihre beste Freundin machte sich immer noch Hoffnungen auf Mamoru. Fast schon ein wenig schwerfällig stand sie auf und steckte ihr Handy wieder zurück in die Manteltasche. Auch wenn sie nicht wirklich Lust darauf hatte, aber sie musste ins Crown. Die Mädchen und Luna und Artemis warteten dort auf sie. Sie ging am Ufer des Sees zurück zum Hauptweg und lief diesen langsam entlang. Betete insgeheim dafür, dass Mamoru schon weg war. Die Mädchen saßen an ihrem Stammtisch. Jede mit einer heißen Schokolade vor sich. Minako war kurz nach Ami und Makoto angekommen und hatte sich gewundert, dass Usagi nicht bei den beiden anderen war. Auf ihre Frage antwortete Ami mit der Notlüge, die ihre Freundin ihr und Makoto aufgetischt wurde. Allerdings hatten die beiden keine Antwort auf Minakos Frage, wo denn nun auch Rei sei. Mit der Blondine waren auch die beiden Katzen gekommen. Eigentlich hatten sie gar nicht vor die Tür gehen wollen. Aber dank eines äußert komfortablen und kuscheligen Tragekörbchens ließen sie sich doch erweichen. Und von Motoki hatten Luna und Artemis sogar lauwarme Milch in zwei Schälchen bekommen. Makoto schaute versonnen aus dem Fenster und sah, wie Usagi daher geschlendert kam. ”Hey, da ist Usagi.” “Sie ist vor Rei da?”, erstaunt legte Ami ihr Buch beiseite und beobachtete wie die beiden anderen, wie Usagi herein kam und direkt zum Tresen ging. “Hallo Motoki.” “Hey Usagi. Heute so spät dran?”, er grinste sie schief an. “Es ist doch Samstag.” ”Trotzdem bist du nicht mit den anderen gekommen.” ”Ich hatte noch was zu erledigen.” ”So? Sicher, dass du nicht eher getrödelt hast, um Mamoru nicht über den Weg zu laufen?” ”Ja, ganz sicher. Ist musste noch etwas für meine Mutter im Buchladen bestellen.” “Aha. Naja, hättest du nicht machen müssen.” ”Wieso?”, sie zog eine Augenbraue hoch. “Er war heute noch nicht da.” Sie starrte Motoki fassungslos an und nahm wie in Trance ihre heiße Schokolade entgegen. Auf dem Weg zum Tisch ihrer Freundinnen arbeitete ihr Gehirn auf Hochtouren. Sie überlegte hin und her. Aber sie kam auf keine plausible Antwort auf den fehlenden Grund seines Fernbleibens. Ihren Freundinnen entging es nicht, wie sich Usagi gedankenverloren zu ihnen setzte. “Ist alles okay?”, Minako schaute sie fragend an. “Äh, ja. Alles gut.” “Als du gestern gegangen warst, meinte Rei, du hättest uns noch was Wichtiges zu sagen.” Usagi schaute zu Ami, dann zu den anderen beiden und Artemis. Zum Schluss blieb ihr Blick an Luna hängen. Es bedurfte keiner Worte zwischen dem Mädchen und der Katze. “Nein, also ja. Aber das ist nicht so wichtig, wie sie es vielleicht gemeint hat. Hat noch Zeit.” “Okay.” “Ich sag es euch demnächst.” ”Demnächst?” ”Ja, Mina, demnächst. Ich muss selber noch ein wenig darüber grübeln.” ”Wieso grübeln? Hat es etwa mit einem Jungen zu tun?” ”Was? Nein. Also nicht direkt.”, Usagi wurde augenblicklich rot und nahm einen großen Schluck ihrer Schokolade. “Hast du etwa einen Freund?”, stichelte nun auch Makoto weiter. “Nein, hab ich nicht.” ”Aber es geht doch um einen Jungen. Ist es etwa wegen Mamoru?” ”Nein.” “Und warum wirst du dann so rot?”, Amis Blick war geradezu fixierend. “Hört zu, ich sag es euch, wenn ich es für richtig halte. Okay?!”, Usagis Stimme war etwas lauter geworden. “Und ich dachte, wir hätten keine Geheimnisse voreinander.”, Minakos Blick wurde traurig und eine Spur der Enttäuschung lag darin. Genau wie in den Blicken der anderen. “Lasst mir einfach nur noch etwas Zeit. Bitte.”, Usagi wich den Blicken aus und starrte aus dem Fenster, während sie mit ihrem Löffel in der Tasser herum rührte. Sie bekam die Blicke der anderen nicht mit. Wollte sie auch nicht sehen. Sie konnte sich eh denken, was in den Köpfen der anderen vor sich ging. Leise seufzte sie auf und stützte ihren Kopf auf ihre Hand. Ihr Gefühl sagte ihr, dass es nicht richtig war, was sie hier tat. Es fühlte sich beinahe wie Verrat an ihren Freundinnen an. Doch so sehr sie es auch ändern wollte, umso weniger konnte sie es. Auch wenn sie Rei versprochen hatte, die anderen Mädchen auch aufzuklären, fiel es ihr schwer. Sie machte sich weniger Gedanken darum, dass die anderen entsetzt sein würden. Im Gegenteil: Sie würden sagen, dass sie sich sowas schon gedacht hatten. Und das sie und Mamoru doch ein süßes Paar abgeben würden. Das es so romantisch sei. All solche Dinge die Usagi nicht hören wollte. Minako war unterdessen aufgestanden und zu Motoki hinüber an den Tresen gegangen. In ihrer Hand die halbvolle Tasse mit heißer Schokolade. “Hey Mina, was gibt’s?”, Motoki verräumte gerade einige Gläser, die er bis eben noch poliert hatte. Es war heute nur wenig los im Crown, was sicherlich daran lag, dass es so eisig draußen war. Sonst war am Wochenende generell viel mehr los. Doch so hatte er ein wenig Zeit, um in Ruhe mit Minako so reden. “Usagi. Sie verschweigt uns etwas.” “Ich weiß.” “Was weißt du?” “Naja, also Mamoru hat ein bisschen was erzählt.” Minakos Augen weiteten sich vor Aufregung: ”Erzähl.” ”Darf ich nicht.” “Was?” ”Sei nicht enttäuscht, Mina. Aber ich hab es ihm versprochen.” ”Ach komm schon, nur ein kleiner Tipp!” ”Hm, naja, also...” ”Also was?” ”Sie sind sich wohl nach der Party näher gekommen.” “Wie nah?” “Sie haben sich geküsst.” ”Ah!”, ein heller Schrei entwich ihrer Kehle, aber sie hielt sich schnell die Hand vor den Mund. Erstickte den Ton. “Sei leise.” “Entschuldige. Sie haben sich geküsst?” ”Ja.” ”Sind sie jetzt zusammen?” ”Nein.” ”Wieso nicht?” ”Keine Ahnung. Sie schieben es beide auf den Alkohol.” “Das ist es also, was sie uns sagen soll.” ”Hä?”, Motoki schaute sie fragend an. “Rei hat uns gestern erzählt, dass Usagi uns was Wichtiges zu sagen hätte.” ”Rei weiß es schon?” ”Anscheinend.” ”Sie muss es gehört haben, als es mir Mamoru gesagt hat. Das erklärt auch, warum sie an dem Abend so plötzlich verschwunden war und ihn nicht mehr wegen einem Date gefragt hat.” ”Hm. Anscheinend hat sie Usagi schon gesagt, dass sie es weiß.” “Vielleicht gehen sich die beiden deswegen aus dem Weg.” “Wie meinst du das?” ”Naja, überleg doch mal, Mina. Bis vor drei Tagen sind die beiden ganz normal miteinander umgegangen. Haben sich gegrüßt und alles und nun kommt Mamoru seit fünf Tagen nur mehr am frühen Nachmittag und geht vor sechzehn Uhr. Und dann kommt Usagi. Eben hab ich ihr gesagt, dass er heute noch gar nicht da war.” ”Deswegen war sie so in Gedanken, als sie sich zu uns setzte.” ”Wahrscheinlich hat sie überlegt, wie sie am schnellsten die Flucht ergreifen kann, wenn er hier auftauscht.” “Vielleicht gehen sie sich jetzt mit Absicht aus dem Weg, um Rei nicht zu verletzen. Immerhin ist sie immer noch hinter Mamoru her.”, sinnierte Minako. “Möglich. Was, wenn sie doch ineinander verliebt sind.” “Das könnte kompliziert werden. Alleine schon wegen Rei. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Usagi ihre Gefühle zulassen würde. Sie könnte und würde Rei nie verletzen wollen.” ”Ach ist das anstrengend mit den beiden.”, seufzte Motoki. “Allerdings.”, Minako nahm einen letzten Schluck Schokolade. Sie schaute zusammen mit dem Blonden zu Usagi hinüber. Sie starrte immer noch aus dem Fenster. Doch es war unverkennbar, dass sich ihre Augen von einem zum anderen Augenblick weiteten. Minako versucht den Grund für die Änderung von Usagis Gesichtsausdruck herauszufinden. Sie sah, wie ihre Freundin mit immer noch vor Schreck geweiteten Augen nun in Richtung Eingang blickte. Usagi erstarrte bei diesem Anblick. Alles in ihr verkrampfte sich. Ihr Herz inklusive und von allem am stärksten. Sie hatte das Gefühl, ihr würde die Luft aus den Lungen gepresst werden. Ihr Körper war in Sekundenschnelle wie aus Stein gemeißelt. Sie wusste, dass sich ihre Finger schon sehr schmerzhaft in die metallene Tischplatte gekrallt hatten. Aber sie ignorierte das aufkommende Taubheitsgefühl. Ami und Makoto entging Usagis Gefühlsregung nicht. Genauso wenig wie Luna und Artemis. Alle vier Augenpaare richteten sich auf Usagi und dann hinüber zum Eingang. Die schwarze Katze zog scharf die Luft ein. Besorgt schaute sie zu ihrer Herrin. Sie hatte nur ein kleine Ahnung von dem, was gerade in dem blonden Mädchen vorging. Usagis Beine setzten sich von selbst in Bewegung. Doch sie zitterten und das Mädchen hatte keine Ahnung, wie weit sie damit kommen würde. Es kostete sie viel Überwindung zu laufen. Langsam ging sie in Richtung Eingang. Sie hatte keine Ahnung was sie tun sollte. Oder warum sie überhaupt los lief. Ihr Kopf war wie leer gefegt. Mit weichen Puddingbeinen kam sie auf Minako und Motoki zu. In dem Blick ihrer Freundin konnte sie sehen, dass sie es bereits wusste. Und das sie ahnte, was in ihr vorging. “Was plauscht ihr denn hier so rum?”, Usagi wollte unbedarft klingen, aber es fiel ihr nicht leicht. Ihre Stimme zitterte genauso wie der Rest ihres Körpers. “Alles okay?”, Motoki sah sie besorgt an. Das Mädchen nickte. “Vielleicht sollten wir uns wieder nach hinten setzen.” “Warum denn, Mina? Darf ich nicht auch mal hier am Tresen sitzen? Außerdem nimmst du Motoki schon ziemlich lange in Beschlag und meine Schokolade ist leer. Ich hätte gerne noch eine.” Die Blicke Motokis und Minakos fielen in die Tasse Usagis. Sie war noch zu zwei Dritteln gefüllt. Die Blondine wollte ihre Freundin gerade darauf hinweisen, aber der junge Mann schüttelte den Kopf und nahm die Kanne mit der heißen Milch in die Hand: ”Willst du nur Milch oder auch noch Schokosirup.” “Milch reicht. Danke.”, Usagi lächelte. Es war ein ehrliches Lächeln, ihre Freunde erkannten es sofort. “Hallo Motoki. Hey Usagi und Minako.”, Rei trat zu ihnen. Hinter ihr stand Mamoru: ”Hallo.” ”Hey Mamoru.”, Motoki blickte seinem besten Freund in die Augen und der Schwarzhaarige erkannte sofort ein wenig Feindseligkeit in seinem Blick. “Hallo Mamoru.” “Hey Mina. Hallo Usagi.” “Hey Baka.”, das Mädchen sah ihn nicht an und nahm stattdessen einen großen Schluck ihrer heißen Schokolade. “Was klingst du denn so patzig?” “Sie hatte Ärger mit ihren Eltern, Rei.”, sprang Minako ihrer Freundin bei. Rei schaute Usagi fragend an, aber sie blickte nicht auf. Dennoch spürte sie die Blicke in ihrem Rücken. Nicht nur den von Rei. Sie hatte das Gefühl, das Mamorus Blick viel stechender war. Und das er schon fast bis zu ihrem Herzen vordrang. Auch wenn sie ihm aus dem Weg gehen wollte, hätte sie nie vermutet, dass es sie so aus der Bahn werfen könnte, ihn zu sehen. Ihn zusammen mit Rei zu sehen. Ihre Gedanken und ihr Herz liefen schreiend Amok und sie wusste nicht mehr, wo oben und unten war. Sie hatte schon beinahe Angst, dass sie vom Barhocker fallen würde, wenn sie ihre Tasse loslassen würde. “Sag mal Usagi, ist alles okay mit dir? Du bist so blass.”, Rei war an sie heran getreten und schaute sie besorgt von der Seite an. “Ja. Alles okay. Ist das Wetter.” Keiner der um sie herum stehenden Personen wagte etwas zu sprechen. “Bleib bei ihr.”, Reis Stimme war leise gewesen, aber ihr Blick den sie Mamoru schenkte umso durchdringender. Er nickte und sah ihr nach, wie sie zu den anderen beiden Mädchen und den Katzen ging. Tausende Gedanken schwirrten der Schwarzhaarigen im Kopf herum, als sie zu den anderen trat. “Was ist mit Usagi?”, Ami klang besorgt. “Hat sie es euch gesagt?” ”Du meinst diese wichtige Sache?” ”Genau die, Mako.” ”Nein. Was ist es denn? Hat es etwas damit zu tun, dass sie gerade so schlecht aussieht.” ”Möglicherweise.”, Rei schaute zu Luna, “Du weißt es, richtig?” ”Ja.” “Dann sag du es ihnen.” Die schwarze Katze nickte nur. Sie ahnte, dass Rei ihr Versprechen gegenüber Usagi nicht brechen wollte, indem sie es weiter sagte. Aber sie, Luna, hatte nichts versprochen. “Was sollst du uns sagen, Luna?”, Artemis schaute sie neugierig an. “Sie und Mamoru haben sich geküsst.” “Was?”, Ami und Makoto blickten ungläubig zwischen Luna und Rei hin und her. Artemis erging es nicht besser. “Als er sie nach deinem Geburtstag heim gebracht hat und ich bereits am Tempel war.” “Sie haben rumgeknutscht? Im Suff?”, Makoto blickte die Schwarzhaarige überrascht an. “Ja.” “Aber sie sind nicht zusammen oder?” “Nein, Ami. Sind sie nicht.” ”Woher weißt du es?” ”Ich hab es neulich zufällig mitbekommen. Eigentlich wollte ich Mamoru fragen, ob er mit mir ausgeht. Da hat er es gerade Motoki gesagt.” ”Und was hast du dann gemacht?”, Artemis schaute sie fragend an. “Ich bin heim und hab nach einer Weile Usagi angerufen, gefragt, ob es stimmt, was Mamoru gesagt hat.” “Sie hat es bestätigt.”, Luna ließ den Kopf ein wenig hängen und schaute aus dem Augenwinkel heraus zu Usagi, die immer noch wie zur Salzsäule erstarrt und sich an ihre Tasse klammernd auf dem Barhocker saß. “Ist sie in ihn verliebt?”, Makoto schaute vorsichtig zu Rei. “Sie hat es verneint, aber ich bin mir nicht sicher.”, nun schaute auch Rei wieder zu Usagi, “Ich war vorhin mit Mamoru frühstücken in diesem neuen französischen Café in der Nähe meines Tempels. Ich hab ihm gesagt, dass ich von dem Kuss weiß und er meinte, dass es ihm Usagi schon gesagt hat. Sie hat ihn angerufen, nach dem ich aufgelegt hatte. Ich hab ihn gefragt, wie es nun zwischen ihnen weitergehen soll. Immerhin streiten sie ja nun auch nicht mehr.” ”Und was hat er gesagt?” “Das er es mir gar nicht beantworten kann und Usagi ihn darum gebeten hat, erst einmal Abstand zu bewahren.” ”Warum denn das?” ”Damit ihr nichts hinein interpretiert.” Ami wollte gerade Luft holen und noch etwas sagen, als sie abrupt unterbrochen wurde. Erschrocken blickten sie alle zum Tresen und waren augenblicklich auf den Beinen. “Lass mich doch in Ruhe, Mamoru. Ist das so schwer zu begreifen oder meiner Bitte nachzukommen?”, Usagis Stimme war laut geworden und ihre Freunde konnten den Schmerz nur allzu deutlich heraus hören. Sahen das wütende Funkeln in ihrem Blick, den sie Mamoru zu warf. Sie war vom Hocker gerutscht und stand beinahe in Kampfstellung dem jungen Mann gegenüber. Minako und Motoki waren etwas zurück gewichen. “Ich hab doch nichts gemacht!”, zischte er jetzt ebenso wütend zurück. “Was ist los?”, Rei stand neben Minako. Ami und Makoto mit den beiden Katzen auf den Armen hinter ihr. “Keine Ahnung. Ich hab es nicht gesehen.” ”Aber irgendetwas muss er doch gesagt haben, was sie so wütend macht.” Ratlos blickten sich die Freunde an. “Doch, du nervst mit deinem Tun und hast unsere Abmachung gebrochen. Musst du es unbedingt raus posaunen? Bitte sehr. Hast du ja schon erfolgreich gemacht. Und das auch noch besonders laut. Neben Motoki hat es ja auch noch Rei mitbekommen.”, Usagi drehte sich zu Motoki, “Nichts gegen dich, aber es war klar, dass du es weiter traschst.” ”Du hast es weiter gesagt?”, Mamoru blickte an Usagi vorbei und sauer zu seinem besten Freund. “Sorry.” ”Ja, Motoki hat es vorhin anscheinend Minako gesagt.” “Woher weißt du, dass ich es weiß, Usagi?” ”Oh bitte, Mina. Man kann in dir lesen wie in einem Buch.” “Oh.” ”Schon okay. Ihr wisst es auch, oder?”, sie schaute zu Ami und Makoto und die verlegen nickten. “Dann wissen es eben alle.”, Mamoru grummelte. “Ja, faszinierend für die Tatsache, dass wir es keinem sagen wollten. Und jetzt ist es ja auch scheiß egal.” “Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich es nicht gesagt hätte?” ”Ja. Weil es nur dich und mich was angeht. Aber das du nicht mal zwei Wochen die Klappe halten kannst, ist scheiße, Mamoru. Weißt du, was es mich an Überwindung gekostet hat, den Mädchen nichts zu sagen? Ich kann Geheimnisse im Normalfall nicht für mich behalten. Ich kann sie nicht belügen und ich will es auch nicht. Mir ging es die letzten Tage so mies.” ”Aber dann ist es doch gut, dass sie es jetzt wissen.” “Nein, ist es nicht.” ”Oh Usagi, warum bist du nur so kompliziert.” ”Ich bin eine Frau. Deswegen!”, ihre Stimme war wieder lauter geworden, “Aber das tut auch nichts zur Sache. Ich wollte Rei nicht verletzen. Sie mag dich, und du weißt das. Deswegen hab ich dir am Telefon auch gesagt, dass du mich in Ruhe lassen sollst.” ”Aber warum? Was hab ich dir getan?”, er sah sie sauer und ratlos zugleich an. Sie ging auf ihn zu, stellte sich nur wenige Zentimeter vor ihn und schaute zu ihm auf. In ihren Augen sammelten sich Tränen, die sie eigentlich zu unterdrücken versuchte. Aber es ging nicht. Ihre Gefühle und ihr Herz hatten sich einen Weg gebahnt und begannen nun mit einem spektakulären Ausbruchsversuch in Form von unzähligen Tränen, die ihr heiß über die Wangen liefen. “Usako.”, seine Stimme war leise. Hatte eine nahezu zärtlichen und liebevollen Ton angenommen. “Nein. Spar dir das.”, sie schüttelte den Kopf. “Was hab ich dir getan?” Usagi wusste nur allzu gut, worauf er hinaus wollte. Aber sie verdrängte es. Stattdessen griff sie zu einer weiteren Notlüge: ”Du hast alles kaputt gemacht.”, sie schob sich an ihm vorbei, schnappte sich ihren, an der Garderobe hängenden, Wintermantel und verschwand nach draußen. Die anderen schauten ihr atemlos und verwirrt hinterher. “Was meint sie damit?”, Minako fand als erste ihre Stimme wieder und schaute Mamoru fragend an. Doch sie bekam keine Antwort. “Mamoru?”, nun war auch Rei zu ihm getreten, “Was meint sie damit?” Aber auch ihr antwortete er nicht. Wie gebannt stand er einfach nur da, bevor er realisierte, was sie da gerade gesagt hatte. Es ratterte in seinem Kopf und ihre Worte brannten sich hinein. Sie machte ihn gerade dafür verantwortlich, dass es ihr selbst nicht gut ging. “Red mit ihr.” “Was?”, überrascht schaute er zu Ami, die ihn eindringlich an sah. “Du musst mit ihr reden.” ”Sie will mich nicht mehr sehen.” ”Das stimmt nicht. Usagi reagiert immer trotzig, wenn sie verwirrt ist oder keine Lösung für ein Problem weiß.”, Makoto seufzte. “Vergiss es. Ich tu mir ihre Laune nicht nochmal an.” “Sturkopf.”, überrascht schaute er zu Rei. “Hä?” ”Wenn du nicht mit ihr redest, dann tu ich es eben.” ”Aber ich dachte, wir hätten ein Date.” “Nicht mehr. Meiner besten Freundin geht es nicht gut. Und da du offensichtlich nicht in der Lage bist, mit ihr eine vernünftige Lösung für euer Problem zu finden, versuch ich es eben.” “Es gibt kein Problem zwischen uns. Sie ist einfach nur stur und bockig. Und sieht Probleme, wo keine sind.” ”Falsch.”, Minako mischte sich nur allzu gerne mit ein in die Diskussion, “Es gibt da schon ein Problem.” ”Das da wäre?” ”Euer Kuss.” ”Mina hat Recht.” “Fang du jetzt nicht auch noch an, Motoki.” “Tut mir leid, Kumpel. Aber die Mädels haben wirklich Recht. Anscheinend ist das Problem der Kuss. Und alles was damit zusammenhängt.” ”Zusammenhängt?” “Habt ihr darüber hinterher geredet?” Mamoru schwieg. “Habt ihr darüber geredet, wie es jetzt mit euch weiter geht?” Mamoru starrte zu Boden und ballte die Fäuste. “Hast du dir mal Gedanken gemacht, was du bei solch einem emotional veranlagten Mädchen wie Usagi damit auslöst?” Dem Schwarzhaarigen ging ein Licht auf. Nein, sie hatten nicht darüber gesprochen, wie es jetzt zwischen ihnen weiter gehen sollte. Sie hatten nie über ihre Gefühle gesprochen. Es hing alles seitdem in der Schwebe. Ganz egal wie der Kuss entstanden war, egal welche Hintergründe er hatte, es belastete Usagi. Und auch ihn. Sie hatte Recht gehabt: Nichts war mehr so wie vorher. Vielleicht hatte er wirklich alles kaputt gemacht. “Ich ruf euch später an.”, Rei schnappte sich ihre Tasche, die sie vorher auf dem Tresen abgelegt hatte. Ihre Freundinnen nickten. “Bis dann!” Das Mädchen verschwand durch die Eingangstür. Zurück ließ sie einen ratlosen Mamoru und ihre Freundinnen samt Katzen und Motoki. “Da hast du echt was angestellt.”, Motoki klopfte seinem Freund auf die Schulter. “Das wollte ich nicht.” “Glaub ich dir. Sie wollte dich also nicht mehr sehen?” ”Ja.” ”Und du bist ihrer Bitte nachgekommen?” ”Ja.” ”Einfach so?”, Makoto schaute ihn überrascht an. “Nicht ganz. Ich hab ihr noch Nachrichten geschickt. Aber sie hat mir nicht den Grund gesagt.” “Sie wollte Rei wahrscheinlich nicht verunsichern.”, Ami schob Mamoru einen Kaffee über den Tresen, “Und sicherlich hat sie gehofft, dass sie so auch mit sich selbst ins Reine kommt.” ”Mit sich selbst?” ”Oh Mamoru, du musst echt noch viel über Frauen lernen.”, grinste Minako ihn breit an, “Und ganz besonders über Usagi. Glaubst du denn wirklich, das sie der Kuss kalt gelassen hat?” Er schwieg und sie fuhr fort: ”Abgesehen davon das es wahrscheinlich auch ihr erster Kuss war, kann Usagi ihre Gefühle nur schwer außen vorhalten. Aber sie versucht es wegen Rei. Sie will ihr den Vortritt lassen.” ”Was hast du sie vorhin eigentlich gesagt?” Mamoru schaute zu Motoki, der nun wieder hinter dem Tresen stand und für die Mädchen neue heiße Schokoladen zubereitete. Er bückte sich und hob eine am Boden liegende Serviette auf, legte sie auf den Tresen und strich sie etwas glatt. Dann schob er sie zu Motoki. Auch die Mädchen samt Katzen schauten an dem blonden jungen Mann vorbei, als dieser laut vorzulesen begann. “Ich habe versucht weiter zu machen, so als hätte ich dich nie gekannt. Aber ohne dich ist alles was ich bin, unkomplett.” Ungläubig starrte das Grüppchen auf die Serviette. “Äh, Mamoru?” Kein Geräusch war zu hören. Verwirrt blickte nicht nur Motoki auf. Auch die Mädchen und Luna und Artemis schauten sich suchend um. “Mamoru?” “Er ist gegangen.”, stellte Makoto nüchtern fest. “Na toll.”, maulten Minako und Motoki im Chor. Ami kicherte leise und verhalten: ”Dann müsst ihr wohl warten.” Laut seufzten die anderen auf und begutachteten noch einmal die beschriebene Serviette. “Deswegen haben wir nichts gehört. Er muss sie Usagi zugeschoben haben.”, überlegte Minako, “Ach warum können die es sich denn einfach nicht eingestehen. Ist es so schwer über Gefühle zu reden?” ”Ein ehemaliger Lehrer von mir sagte einmal ‘Gefühle sind eine hochkomplizierte Angelegenheit und eine verrückte Mischung aus biologischen und chemischen Reaktionen im Gehirn mit der Tendenz auf das Herz überzugreifen.’”, lächelte Ami. “Du meinst, wir sollten ihnen Zeit geben?” “Genau das, Mako. Usagi sollte mit Rei reden und dann mit Mamoru, der dann auch nochmal mit Rei reden sollte.” Erneut entwich den Freunden ein Seufzten. Und Motoki hätte schwören können, dass auch die Katzen laut ausatmeten. Das Stockentenpärchen schwamm schnatternd im kalten Wasser, auf dem die Sonnenstrahlen blitzten. “Usagi?” Rei war ihren Instinkten gefolgt, die sie zum Jubaan-Park geführt hatten. Auf einer Bank am Seeufer entdeckte sie ihre Freundin. Sie stapfte durch den Schnee und setzte sich neben sie. “Hier.”, sie reichte ihr ein Taschentuch. “Danke.” “Was hat dich denn so aus der Fassung gebracht? Etwa das er und ich zusammen reingekommen sind?” Usagi nickte schweigend. “Bist du deswegen so sauer auf ihn gewesen?” Das Mädchen schüttelte den Kopf. “Weswegen denn dann?” ”Wegen dem was er getan hat.”, Usagis Stimme war leise. “Was hat er getan? Ich meine, du bist plötzlich ausgerastet, aber keiner konnte eine Beleidigung oder sonst was von Mamoru hören. Halt nicht so wie sonst.” “Er hat mir etwas auf eine Serviette geschrieben.” ”Aha.”, Rei schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an, “Was denn?” ”Das er versucht so zu tun, als hätte er mich nie kennengelernt. Aber das es nicht geht und er sich unvollständig fühlt ohne mich.” Rei musste schlucken. Solche Worte hätten sie nie im Leben von ihm erwartet. Sie sagten alles über seine Gefühle aus. Über seine Gefühle für Usagi. Anscheinend bedeutete ihm der Kuss mehr, als er es offen zugeben wollte und konnte. Er konnte es nur Usagi sagen. Ausgerechnet ihr die auf Abstand ging. Laut seufzte sie auf: ”Und das hat dich so wütend gemacht?” ”Ja. Es verwirrt mich. Ich will das nicht. Ich will dir nicht wehtun.”, Usagi schluchzte auf. “Hör mal, ich kann seine Gefühle ja nun mal nicht beeinflussen. Aber du anscheinend schon. Und es verwirrt ihn sicherlich genauso wie dich. Was er dir da geschrieben hat, ist wunderschön. Er drückt damit aus, wie sehr du ihm fehlst.” ”Aber es geht nicht nur um ihn.” “Hm. Na gut, dann frag ich dich, wie es dir geht. Wie geht es dir Usagi?” Usagi schaute ihre Freundin mit verheulten und roten Augen an. Sie konnte es nicht. Sie konnte Rei nicht sagen, wie sie sich fühlte wegen Mamoru. Zuviel hing daran. Ihre Freundschaft würde vermutlich unwiderbringlich zerstört werden. Langsam schüttelte sie den Kopf: ”Ich kann es nicht. Tut mir leid.” Sie stand auf, wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. “Aber warum nicht?” “Es geht einfach nicht. Es würde dich zu sehr verletzen.”, Usagi umarmte ihre verdutzte Freundin und rannte dann los. Sie musste weg. Egal wohin. Aber sie brauchte Abstand. Abstand von Rei. Abstand von ihren neugierigen Freundinnen und Motoki. Abstand von Mamoru. Und seine Nähe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)