The answer to our life von Vienne (Viel Lärm um Nichts...) ================================================================================ Kapitel 1: The Call ------------------- Der Geräuschpegel im Crown war nicht leise, nicht laut. Um diese Zeit war das Café voll von Schülern, die sich nach der Schule noch auf ein oder zwei Spiele an den Automaten trafen oder die einfach nur zum Quatschen zusammen kamen. Allerdings schien es heute kein Ende an Gästen zu nehmen. Zumindest kam es Motoki so vor. Immer mehr und mehr junge Menschen kamen hinein. Und als er seinen Blick aus den Fenstern hinaus auf die Straße richtete, wusste er auch warum: Über Tokio war ein Schneesturm zusammen gekommen, der sich nun auszutoben schien. Die Straßen waren mittlerweile weiß und auch die Autos schienen langsamer zu fahren, weil nun auch die Fahrspuren zu schneiten. Und weit und breit war kein Schneeschieber in Sicht. So wie jeden Winter schien es die Stadtregierung vollkommen unvorbereitet zu treffen, sobald der erste Schnee fiel. Motoki seufzte auf, als ihn die nächste Bestellung einer heißen Schokolade erreichte. Er wusste nicht mehr, die wievielte es in der letzten halben Stunde war. Nach der zwanzigsten hatte er aufgehört zu zählen. Während er die Milch heiß aufschäumte, glitt sein Blick zur Uhr über dem Eingang. Sie zeigte halb fünf an. Er hatte sowas schon geahnt. Draußen dämmerte es bereits. Seine Schicht war erst drei Stunden alt. Und noch vier weitere sollten folgen. Wenn das so weiter ging mit der bunten Gästeschar, konnte er sich nach Feierabend ins Bett legen und drei Tage durchschlafen. “Hey Motoki!”, eine nur allzu bekannte Stimme erreichte seine Ohren, “Was ziehst du für ein Gesicht?” Der junge Mann drehte sich um und schaute in vier breit lächelnde Gesichter. “Hey Minako. Hi Mädels.”, begrüßte er seine vier liebsten Stammgäste, “Wo ist Usagi?” ”Muss nachsitzen.”, antwortete Rei sichtlich genervt. “Die Frage hätte ich mir sparen können. Warum dieses Mal?” ”Sie hat im Unterricht geträumt.” ”Geträumt?”, Motoki schaute Ami fragend an, “Ist sie etwa eingeschlafen?” ”Nein. Mit offenen Augen hat sie vor sich hin geträumt.” ”Und das von der ersten bis zur letzten Stunde.”, nickte Makoto bestätigend. “Sie ist also immer noch so abwesend?” “Allerdings.”, Minako blickte sich um, “Sag mal, wo sind deine beiden Kollegen?” ”Einer krank, der andere irgendwo. Warum?” ”Hast du dann fünf Minuten für uns, wenn du mit den Bestellungen fertig bist?” Motoki musste nicht lange nachdenken. Er wusste, worauf Minako hinaus wollte und nickte: ”Sicher. Bin gleich bei euch. Was wollt ihr eigentlich haben?” ”So wie immer. Danke!”, antwortete Ami und verschwand dann mit den Mädchen in Richtung ihres Stammtisches. Die Mädchen saßen schweigsam über ihren Getränken. Heißer Zitronentee für alle. Sie wollten Motoki nicht länger als nötig mit heißen Schokoladen aufhalten. Der Arme hatte schon mehr als genug zu tun. Und nachdem er seinen Kollgen eingeschärft hatte, nun auch einmal gescheit und effizient zu arbeiten, kam er nach einer gefühlten Ewigkeit zum Tisch der Mädchen. “Habt ihr schon was heraus gefunden?” ”Nein. Alles was wir wissen, ist, dass sie seit Makotos Geburtstagsfeier hier bei dir so ist.”, murmelte Rei und beobachtete die Schneeflocken, die tanzend zu Boden fielen. “Aber was kann denn nur passiert sein? Immerhin ist Mamoru auch so seltsam.” ”Stimmt, Ami hat Recht.”, pflichtete Makoto ihr bei. “Also ich kann mich daran erinnern, dass sie mal miteinander getanzt haben. Sehr zu Reis Verdruss.” Rei schaute zu Minako, die sie mitfühlend anblickte, bevor sie fortfuhr: “Und schon während der ganzen Party haben sie sich nicht gezofft.” “Usagi war betrunken vom Sekt.” Alle Blicken glitten zu Motoki. “Ich hab dann Mamoru gebeten, sie nach Hause zu bringen.” ”Bist du nicht auch mitgegangen, Rei?” “Ja, das bin ich, Mako.” “Und?” ”Nichts und. Usagi war angetrunken und Mamoru und ich haben sie gestützt. Ich bin dann zum Tempel abgebogen und er ist mit ihr alleine weiter.” ”Glaubt ihr, dass Mamoru...”, Amis Stimme war leise. “Nein. Mamoru würde sowas nicht ausnutzen. Und außerdem ist es Usagi.”, Motoki schüttelte den Kopf, “Ich glaube nicht, dass ausgerechnet Mamoru und Usagi soweit gehen würden. Selbst im Suff nicht.” “Stimmt. Usagi könnte uns sowas auch nie verheimlichen. Die würde doch platzen.”, grinste Minako. ”Richtig.”, kicherte Makoto. “Ihr vergesst, dass Usagi auch ein sehr emotionaler Mensch ist.”, Rei schaute ernst in die Runde, “Selbst wenn sie es wollte, könnte sie uns nie verheimlichen, wenn sie plötzlich verliebt wäre. Denkt nur mal an ihren Bekannten.” ”Bekannten?” “Usagi hat einen Bekannten, der ihr öfters hilft.”, erklärte Ami dem fragenden Motoki. Sie und auch die anderen Mädchen wussten, von wem Rei da sprach. Doch sie konnten schlecht dem jungen Mann sagen, dass sie alle Tuxedo Kamen kannten. “Und in den ist Usagi verliebt?” “Ja. Und sie kann es nur sehr schlecht verbergen, wenn sie auf ihn trifft.”, seufzte Minako. “Ich glaube nicht, dass Usagi was für Mamoru empfindet. Wer weiß, was zwischen ihnen passiert ist. Vielleicht sind sie ja wirklich zu Vernunft gekommen?!”, Motoki erhob sich etwas schwerfällig. Er hatte schon die nächste Gästeschar durchs Fenster gesehen. “Wir können sie ja fragen.” ”Und wie stellst du dir das vor, Mina? Ich glaube, sie würde es eh vehement bestreiten.” ”Meinst du Rei?” ”Ja. Aber bitte, frag sie doch selbst. Und am besten Mamoru gleich dazu.”, die Schwarzhaarige deutete mit dem Kopf in Richtung Eingang und alle Blicke folgten ihr. Usagi war angenervt. Sie hatte nachsitzen müssen und das nur, weil sie mal wieder viel zu weit mit ihren Gedanken abgedriftet war. Und das nicht zum ersten Mal in den letzten Wochen. Sie war schon beinahe darüber erstaunt, dass sie noch wusste und halbwegs steuern konnte, wohin sie gehen wollte. Doch durch das Nachsitzen war sie mitten in den schweren Schneesturm geraten. Und obwohl sie ihren dicken Wintermantel trug, zitterte sie am ganzen Leib, als sie in Richtung Crown gerannt war. Aber durch den Wind kam sie nur schwer voran. “Kann ich dich mitnehmen?” Überrascht hatte Usagi zur Seite geblickt und sah direkt in Mamorus Auto, der das Seitenfenster runtergelassen hatte und sie fragend anschaute. “Ja.” Ohne weiter darüber nachzudenken, war sie zu ihm ins Auto gestiegen. Schnell war klar, dass auch er am Weg zum Crown war. Die Fahrt verging schweigend. Sie hatte ihm eh nicht viel zu sagen. Sie hatten alles bereits vor zwei Wochen geklärt und Stillschweigen darüber vereinbart. Und eigentlich auch das sie sich weiterhin normal verhalten. Aber das war nicht mehr möglich. So sehr es Usagi auch wollte, aber sie konnte sich nicht mehr mit ihm streiten. Es ging einfach nicht mehr. Und ihr war durchaus bewusst, dass es den anderen mittlerweile auch auffiel. Doch sie schwieg behaarlich. Sie konnte es den Mädchen nicht sagen. Vielleicht noch nicht. Vielleicht auch nie. Sie wusste es nicht. “Wir sind da.”, Mamorus Blick war auf das Auto vor sich gerichtet, “Willst du vor gehen?” ”Nein. Wir können ruhig zusammen hinein gehen. Ist doch eh egal. Den anderen ist es sowieso schon aufgefallen, dass wir nicht mehr streiten.”, ihr Blick glitt zu den großen Fenstern des Crown. Sie waren beschlagen und Usagi konnte nur die Umrisse ihrer Freundinnen und Motokis wahrnehmen. “Willst du es ihnen sagen?” ”Nein. Du?” ”Nicht unbedingt. Es würde für ziemlich viel Aufsehen sorgen.” ”Stimmt.”, sie nickte und löste den Sicherheitsgurt, öffnete die Tür und trat auf den Gehweg. Der eisige Wind verwirbelte ihre Haare und ließ sie erneut zittern. “Komm.” Usagi spürte Mamorus Hand auf ihrem Rücken und wie er sie ins Crown schob. “Verdammt ist das kalt.”, sie sah, wie er sich durch die Haare fuhr und den Schnee heraus schüttelte. “Nicht nur kalt. Es ist arschkalt. Ich kann den Frühling kaum erwarten.”, grinste sie ihn an und schälte sich aus ihrem Mantel, den er ihr bereitwillig abnahm und an die Garderobe hing. “Scheiß auf Frühling. Ich will Sommer.” ”Keine schlechte Idee. Dann hab ich schneller Geburtstag.” “Eben. Ich ja auch.”, lachte er sie an, “Die Mädchen warten hinten auf dich.” “So wie immer eben. Danke nochmal fürs Mitnehmen.” “Gern geschehen. Kann dich ja schlecht erfrieren lassen, Frostbeule.” ”Selber.”, grinste sie ihn nochmal an und wandte sich dann winkend ab und ging beschwingt zu ihren Freundinnen. Mamoru folgte ihr mit dem Blick, bevor er sich auf einen Barhocker setzte und von Motoki seinen Kaffee entgegen nahm. Motoki entging es nicht, wie seine bester Freund seiner besten Freundin hinterher schaute. “Sag mal, Mamoru?” ”Hm?”, Unschuld vortäuschend drehte sich der Genannte zu dem Blonden um und schlürfte seinen heißen Kaffee, “Ja?” ”Was läuft da zwischen dir und Usagi?” ”Was?” “Da läuft doch was zwischen euch beiden.” ”Wie kommst du denn da drauf?” ”Na hör mal. Das sieht doch ein Blinder mit dem Krückstock. Ihr streitet euch nicht mehr. Du nimmst sie im Auto mit. Ihr lacht miteinander.” “Und?” ”Und? Ihr verhaltet euch so seit Makos Geburtstag Anfang Dezember.” ”Deine Fantasie geht mit dir durch. Was soll denn da zwischen uns sein?” “Was weiß denn ich? Aber ihr macht ein riesen Geheimnis daraus.” ”Woraus denn? Was willst du denn von mir hören?” ”Na das ihr zusammen sein, du Holzkopf.” “Was?”, Mamoru verschluckte sich fast an seinem neuerlichen Schluck Kaffee. Auch seine Stimme schien eine halbe Oktave nach oben gegangen zu sein. Erschrocken schaute er seinen besten Freund an. “Scheint dich ja aus dem Konzept zu bringen.”, grinste Motoki. “Blödsinn.”, er tupfte sich mit einer Serviette den Kaffee vom Pullover, “Zwischen mir und Usagi läuft rein gar nichts. Ich hab sie damals lediglich heim gebracht und wir kamen auf die Idee, dass wir uns ja nicht immer nur streiten müssen.” “Das ist alles?” “Ja.” Motoki schaute hinüber zum Tisch der fünf Mädchen. Und blickte genau ins Gesicht von Usagi. Doch kaum hatte sie bemerkt, dass er sie beobachtete, wandte sie den Kopf ab. Der junge Mann schaute wieder zu Mamoru: ”Ich glaub dir kein Wort.” Mamoru schaute zu ihm auf, aber sein bester Freund hatte sich umgedreht und kümmerte sich um die nächste Bestellung, die ihn erreicht hatte. Aus dem Augenwinkel heraus schaute er nun selber zu Usagi. Kurz trafen sich ihre Blicke und sie schüttelte beinahe schon unmerklich den Kopf. Er zuckte nur mit den Schultern. Rei beobachtete Usagi aufmerksam. Ihr entging es nicht, wie ihre beste Freundin und ihr Schwarm Blicke austauschten. Aber sie konnte ihnen keine Bedeutung beimessen. “Er hat dich also im Auto mitgenommen.”, grinste Minako Usagi breit an und holte diese zurück aus ihren Gedanken. “Hä?” ”Mamoru. Ihr seid doch zusammen mit seinem Auto her gekommen.” “Achso, ja. Das war Zufall.” ”Zufall?”, Makoto hob skeptisch die Augenbraue. “Ja. Ich bin mitten in den Schneesturm gekommen. Und als ich an der Kreuzung auf die grüne Ampel gewartet habe, stand er eben da und hat es mir angeboten. Ich wäre ja blöd, wenn ich sein Angebot nicht angenommen hätte.”, grinste Usagi in die Runde. “Seltsam.” “Was ist denn daran seltsam, Ami?” ”Naja, ich möchte behaupten, dass er das vor einigen Wochen noch nicht getan hätte.” ”Was? Mich mitzunehmen?” ”Ja.” “Ist doch egal.”, Usagi wandte den Blick ab und schaute hinaus aus dem Fenster. Sie sah Mamorus roten Sportwagen, auf dem sich mittlerweile eine dünne Schneeschicht gebildet hatte. Dabei waren sie noch keine halbe Stunde hier. Ihre Gedanken schweiften ab und glitten zurück zu den wenigen Minuten im Auto. Sie kam nicht umhin sich einzugestehen, dass sie die Zweisamkeit mit ihm ein wenig genossen hatte. Auch wenn sie nicht viel miteinander gesprochen hatten. Doch alleine nur das sie kurz seine Stimme gehört hatte, genügte ihr. Und sein Lachen am Ende im Crown was beinahe schon wie das Sahnehäubchen auf ihrem Schokoshake. Aber das konnte sie den anderen unmöglich sagen. Sie würden ihr nicht glauben. Und selbst wenn würden sie sie mit noch mehr Fragen löchern. Was keinesfalls sein durfte. Was Usagi verhindern musste. Keine Fragen. Denn für ihre Antwort hätte keines der Mädchen Verständnis. Allmählich kam sie sich vor, als müsste sie platzen. Sie war nicht der Typ Mensch, der Geheimnisse vorenthalten konnte. Ihr kam es fast schon wie ein Vertrauensbruch gegenüber ihren Freundinnen vor, dass sie so behaarlich schwieg. Aber sie konnte es nicht ändern. Sie und Mamoru hatten Stillschweigen vereinbart. Laut seufzte sie auf. “Willst du nicht doch lieber darüber reden?” Usagi blinzelte und schaute gedankenverloren in die Runde. Ihr Blick blieb bei Ami hängen, die ihr die Frage gestellt hatte. “Vielleicht würde es dir hinterher besser gehen?” ”Nein, alles okay. Es ist nichts. Er ist einfach mal nett zu mir und ich zu ihm und gut ist.” ”Aber es muss doch einen Grund dafür geben.” “Nein, Mina. Es gibt keinen Grund.”, Usagis Stimme war lauter geworden als nötig und sie bekam es beiläufig mit, dass auch Mamoru und Motoki sie gehört hatten. “Glotz nicht so, Baka.” “Das ist unsere Usagi.”, grinste Minako und klatschte zufrieden in die Hände. Auch die anderen Mädchen grinsten von einem Ohr zum anderen und keine bemerkte, wie der Blick ihrer Freundin traurige Züge annahm. “Ich muss los.” “Was?”, Rei schaute verwirrt auf, “Aber du hast deinen Tee noch gar nicht getrunken.” ”Macht nix. Zuhause hab ich schließlich auch welchen und ich muss noch Hausaufgaben machen. Sonst sitze ich morgen schon wieder nach.” “Hm.” ”Keine Sorge. Wir sehen uns ja morgen.”, Usagi lächelte ihre Freundinnen an und winkte ihnen zu, als sie ging. “Bis morgen!”, ihre Freundinnen verabschiedeten sich im Chor. Die Blondine ging zum Garderobenständer und nahm sich ihren Mantel. “Na nu? Du gehst schon Usagi?”, Motoki schaute überrascht zu ihr. ”Ja. Hab noch Hausaufgaben.” ”Soll dich Mamoru fahren?” “Was?” ”Na er hat dich doch schließlich auch mit her genommen.” “Das heißt aber noch lange nicht, dass ich jetzt zu ihrem persönlichen Chauffeur werde.”, murmelte Mamoru. “Ganz genau. Also bis dann, Motoki. Mach’s gut, Mamoru.”, Usagi lächelte die beiden jungen Männer an und verschwand dann hinaus in den Schneesturm. Die Schwarzhaarige war die letzte, die noch am Stammtisch der fünf Mädchen saß. Alle hatten sich nacheinander von ihr verabschiedet und waren nach und nach in Richtung ihres Zuhauses verschwunden. Doch Rei wollte noch abwarten. Denn genau wie sie noch im Crown verweilte, tat das auch Mamoru. Sie beobachtete ihn, wie er über seinem Laptop saß und ab und an etwas hinein tippte. Doch die meiste Zeit starrte er nur vor sich hin. Eigentlich hatte sie beschlossen, zu ihm zu gehen, um ihn um ein Date zu bitten. Mal wieder. Denn von sich aus, lud er sie nie ein. Leise seufzte sie auf. ”Willst du nicht auch mal langsam heim? Es ist schon gleich halb acht.”, Motoki war zu ihr gekommen. Sie und Mamoru waren noch seine einzigen Gäste. Und er war nicht böse darum. “Nein.” ”Wegen ihm?” “Ja. Ich will ihn noch mal fragen.” ”Wegen einem Date?” ”Ja. Oder was denkst du? Er wirkt so abwesend, seid...” ”Seid Usagi vorhin gegangen ist.” “Genau. Meinst du, es ist was zwischen ihnen?”, Reis Stimme zitterte ein wenig. “Ich weiß es nicht. Ich hab ihn vorhin gefragt, aber er hat es verneint.” ”Usagi auch.” ”Er hat mich noch nie angelogen. Aber jetzt kann ich es wirklich nur schwer glauben, dass er die Wahrheit sagt.” ”Hm.” ”Frag ihn trotzdem wegen dem Date. Vielleicht liegen wir wirklich alle falsch.” ”Na klar.”, sie lächelte ihn an und ihr Blick wurde wieder zuversichtlicher. Sie schaute Motoki nach und überlegte sich, wie sie es am besten anstellen sollte. Mamoru war in Gedanken versunken. Usagis Blick ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Ihm war klar, dass sie ihn vorhin nicht so anschreien wollte. Und er war ihr nicht böse deswegen. Ihre Flucht war nur normal. Dummerweise konnte er sich genau wegen diesem Anblick nicht konzentrieren. Hausarbeit für die Tôdai hin oder her. “Was ist los?” ”Nichts.” “Mamoru.” “Ich weiß, wie ich heiße.” ”Du kannst mir nichts vormachen. Sag es doch einfach. Ich verspreche auch, dass ich nichts sagen werde.” Mamoru schaute auf und blickte in das Gesicht Motokis. “Ich kann es nicht.” ”Warum?” ”Ich hab es versprochen.” ”Usagi?” “Ja.” ”Also war doch was zwischen euch und nun ist es peinlich oder was?!” “Nein. Ja. Ach keine Ahnung. Es ist nicht peinlich oder so. Nur verwirrend.” ”Ich kann dir nicht ganz folgen. Kannst du es mir nun sagen oder nicht?” Mamoru atmete tief ein und aus. Fuhr seinen Laptop herunter und klappte ihn zu. Dann schaute er auf seine nun leere Tasse: ”Ich hab Rei und Usagi nach Hause gebracht nach Makos Party. Usagi war ziemlich angetrunken.” ”Und?”, Motoki war gespannt wie ein Flitzebogen. “Ich hatte ja auch was getrunken.” ”Stimmt. Genau wie alle hier.” “Wir haben viel gelacht und konnten uns trotz der sehr heiteren Stimmung Usagis wirklich gut unterhalten.” ”Ihr hattet Spaß? Deswegen bist du so anders?” ”Nein. Nicht nur. Wir haben halt geredet und gelacht und dann führte eines zum anderen und, naja.” ”Was naja?”, der Blonde kam fast schon über den Tresen gekrochen. “Wir sind uns näher gekommen.” ”Also doch. Wie nah? Habt ihr euch geküsst?!” Mamoru wollte gerade antworten, als ihn und Motoki ein kalter Windhauch vom Eingang her erreichte. “Rei.” “Was?”, Mamoru schaute perplex zu Motoki und dann zum Eingang. Im wieder dichter werdenden Schneegestöber sah er nur noch schwach Reis Umrisse: ”Sie war noch da?” “Ja.” ”Ich dachte, sie wäre zusammen mit den anderen vorhin gegangen.” ”Nein. Sie wollte dich eigentlich noch nach einem Date fragen.” ”Wahrscheinlich hat sie es sich anders überlegt. Auch gut.” ”Klingt so, als sei es dir ziemlich recht.”, grinste Motoki breit, “Also, ihr habt euch geküsst. Und dann?” ”Nichts und dann. Ich geh jetzt auch. Hier kann ich mich nicht konzentrieren. Wir sehen uns. Bis dann.”, Mamoru legte das Geld auf den Tresen und hob die Hand zum Gruß. Es war eine Notlüge gewesen, dass ihm im Café die Konzentration fehlte. Aber auf weitere bohrende Fragen Motokis hatte er keine Lust mehr. Er hatte eh schon viel zu viel gesagt. Außerdem gab es nichts weiter darüber zu sagen. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und mit dem Laptop unterm Arm, stiefelte er zu seinem Auto. Es war mittlerweile unter eine zentimeterdicke Schneeschicht gehüllt. Wie eine weiße Decke. Er ging einmal um den Wagen herum, wischte die Seitenfenster frei und setzte sich dann hinein. Augenblicklich drehte er die Heizung auf, betätigte den Scheibenwischer vorne und hinten und bekam so nun endlich eine freie Sicht auf die Straße. Der Motor heulte kurz auf und vorsichtig parkte er aus. Noch immer waren die Straßen nicht geräumt. Mamoru fragte sich ernsthaft, wo sich die angebliche Schneeschieber-Armarda befand. In Jubaan definitiv schon mal nicht. Er rutschte beinahe schon aus der Parklücke und legte den zweite Gang ein, um nach Hause zu rollen. Denn mehr als Rollen war nicht drin. Usagi schreckte von ihren Hausaufgaben hoch. Verwirrt blickte sie sich um. “Deine Handy.”, murmelte Luna, die es sich auf einem Kissen auf dem Fensterbrett gemütlich gemacht hatte. “Oh.”, das Mädchen schob alle Notizen beiseite. Ihr Handy vibrierte und klingelte gnadenlos weiter. Es kam ihr eine gefühlte Ewigkeit vor, bis sie es gefunden hatte: ”Hallo?” Sie stockte kurz, als sie die Stimme auf der anderen Seite der Leitung erkannte. “Hey Rei. Was gibt’s? – Sicher können wir reden. Willst du vorbei kommen? – Oh wirklich? Hab ich gar nicht mitbekommen, dass es immer noch so schneit. Weißt du, ich hab wirklich meine Hausaufgaben gemacht und dabei die Zeit vergessen.” Sie lachte auf. “Ich hab vorhin Mamoru wieder um ein Date bitten wollen.”, Rei versuchte locker zu klingen. Nervös zupfte sie an ihrer Bettdecke herum. “Nichts. – Ich hab ihn dann doch nicht gefragt. – Usagi, ihr habt euch geküsst, oder? An dem Abend von Makos Party als er dich noch weiter nach Hause begleitet hat. – Bist du noch dran?” “Ja. Ja bin ich. – Ja es stimmt. Wir haben uns geküsst. – Ich wollte dich nicht verletzen. Und Mamoru und ich haben auch gesagt, dass wir es nicht in die Welt hinaus posaunen wollen. Außerdem waren wir betrunken. – Als du zuhause warst, sind wir weiter gegangen und...” “Und was? – Normal miteinander geredet? Echt jetzt? – Und dann habt ihr euch einfach so geküsst. Aus heiterem Himmel. – Und jetzt? – Ich meine damit, wie es jetzt zwischen euch weiter geht. Seid ihr jetzt zusammen? – Wirklich nicht?” “Wirklich nicht. – Ich empfinde nichts für ihn. – Gar nichts. Es war ein Ausrutscher wegen dem Alkohol. – Du musst dir keine Sorgen machen. Mamoru gehört dir. Ich habe kein Interesse an ihm. – Ja. Bestimmt.”, Usagi lachte auf. Doch es klang nicht echt. Aber Rei schien es nicht zu bemerken. “Ja, schlaf du auch gut. Ach und Rei?” “Was denn noch? – Ist es dir so peinlich? – Okay, dann sag es ihnen aber auch bald mal. Ich kann dir nicht garantieren, dass ich es länger als fünf Tage für mich behalte. – Selbst schuld. Was knutschst du auch im Suff mit deinem Lieblingsfeind rum. – Ich hab dich auch lieb. Gute Nacht.”, Rei klappte ihr Handy zu und kuschelte sich in ihrer Kissen auf dem Bett. Den Blick hatte sie zur Decke gerichtet. Es stimmte also, was Mamoru Motoki erzählt hatte. Sie seufzte auf. Usagi hatte es bestätigt. Und sie hatte geschworen, dass sie nichts für ihn empfindet. Sie hatte also immer noch frei Bahn bei ihm. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Sie konnte ihrer besten Freundin den Ausrutscher verzeihen. Immerhin war sie mit Mamoru ja noch gar nicht richtig fest zusammen. Rei war erleichtert. Usagi schob ihre Notizen zusammen und stopfte sie in die Schultasche. Still ging sie zu ihrem Bett, warf sich hinein. Sie hatte schon vor einer Weile ihren Pyjama angezogen. Ihr Blick glitt zu der Uhr am Nachttisch. Es war kurz nach halb elf. Und sie war eigentlich hundemüde. “Du hast Mamoru geküsst?”, Luna war zu ihr aufs Bett gesprungen und schaute sie mit großen Augen an, “Ich dachte, du kannst ihn nicht leiden?” ”Ich war angetrunken. Genau wie er.” “Warst du deswegen so seltsam in letzter Zeit.” ”Möglich.” ”Weil du es keinem sagen wolltest?!” ”Ja. Aber nun weiß es Rei und nächste Woche sicher auch der Rest.” “Bist du in ihn verliebt?” ”Nein. Ich liebe nur Tuxedo Kamen.”, Usagis Stimme war leise, aber sie lächelte dabei. “Er könnte einer unserer Feinde sein.” ”Ich weiß.” ”Ach Usagi.” “Luna, wäre es okay, wenn du die Nacht bei Mama und Papa schläfst?” ”Sicher.”, Luna nickte und sprang vom Bett, huschte durch die von Usagi geöffnete Tür. Die Katze wollte ihre Herrin nicht weiter durchlöchern. Sie hatte sicherlich ihre Gründe. Leise strich sie über den Flur und verschwand durch die stets angelehnte Türe vom elterlichen Schlafzimmer. Usagi angelte nach ihrem Handy: ”Hallo. Störe ich dich?” “Äh, hallo. Nein. Ich bin eh gerade mit dem Lernen fertig. Was gibt’s denn?”, Mamoru klappte seine Medizinbücher nacheinander zu. Dann schaltete er die Schreibtischlampe aus und ging mit dem Handy am Ohr hinüber in sein Schlafzimmer. Ließ sich dort aufs Bett fallen. Es überraschte ihn ein wenig, dass Usagi ihn um dir Uhrzeit noch anrief. Aber es störte ihn auch nicht wirklich. “Du hast es vorhin Motoki gesagt.”, es war mehr eine Feststellung als eine Frage, die Usagi leise und etwas unsicher ins Handy sprach. “Woher weißt du das?” “Rei hat es gehört und mich eben angerufen.” “Was hat sie gehört?” “Das wir uns geküsst haben.” “Oh.” “Ja ‘oh’. Sie weiß es und ganz offensichtlich Motoki auch. Was hast du ihm gesagt? Und warum überhaupt? Ich dachte, wir bewahren Stillschweigen darüber?” ”Beruhige dich. Er hat wieder mit tausend Fragen und Vermutungen angefangen und ist dann mehr oder weniger selber drauf gekommen.” ”Mehr oder weniger? Was hast du ihm denn als Köder hingeworfen?” “Das wir uns näher gekommen sind. Und dann schloss er selber auf einen Kuss. Rei muss es mitangehört haben.” “Ja hat sie. Deswegen hat sie mich ja angerufen.” “Und was hast du ihr gesagt?” ”Nichts. Ich konnte sie beruhigen.” ”Beruhigen? Inwiefern?” ”Sie hat mich gefragt, ob ich in dich verliebt sei.”, Usagi schluckte bei ihren letzten Worten. “Oh.”, auch Mamoru schluckte. Sie beide hatten das Thema Gefühle nach diesem Abend nicht weiter angesprochen. Es war einfach nur ein Zufall gepaart mit Alkohol gewesen und guter Laune. “Sagt sie es den anderen?” “Nein. Sie besteht darauf, dass ich es ihnen sage.” “Wirst du es tun?” ”Wahrscheinlich.” “Was wirst du ihnen sagen?” “Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht, Mamoru. Vielleicht sollten wir uns erstmal auch aus dem Weg gehen, damit die anderen nicht noch Blödsinn hinein interpretieren.”, ihre Stimme zitterte, “Ich gehe jetzt ins Bett.” “Halt Usagi! Wie meinst du das, mit aus dem Weg gehen?”, Mamoru war verwirrt und saß kerzengerade in seinem Bett. “Gute Nacht, Mamoru. Schlaf gut.”, sie drückte ihn weg. Beendete das Gespräch. Sie hatte gerade nicht die Nerven, es ihm genau zu erklären. Sie wusste nur, dass sie Rei nicht weiter verletzen wollte. Ihre beste Freundin machte sich immer noch Hoffnung auf Mamoru. Und sie wollte ihr nicht dazwischen funken und auch nicht weiter ein Anlass für Gesprächsstoff sein. Ihr Handy klingelte noch einmal. Sie las Mamorus Namen auf dem Display. Drückte ihn erneut weg und schaltete das Handy komplett aus, legte es auf den Nachttisch. Usagi schob sich dicht unter die Decke und seufzte auf. Warum musste immer alles so kompliziert sein? Aber was geschehen war, konnte sie nicht mehr rückgängig machen. Alles was sie konnte, war dafür zu beten, dass es nicht noch schlimmer wurde. Sie konnte nur noch Schadensbegrenzung betreiben. Ein Teil davon war, Mamoru aus dem Weg zu gehen. Und am nächsten Tag wollte sie damit beginnen. Irgendwie. Auch wenn sie innerlich wusste, dass es ein aussichtsloses Unterfangen war. In jeglicher Hinsicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)