Einnehmende Freiheit von Shino-Tenshi ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Gabumon Meine Finger spielten mit dem blauen Digivice in meinen Händen. Wie lange hatte ich meinen Partner nun schon nicht mehr gesehen? Es wirkte auf mich, wie eine schiere Ewigkeit, derweil waren vielleicht gerade einmal zwei Jahre vergangen. Damals war ich noch ein Kind gewesen, doch heute befand ich mich schon auf der Schwelle zum Teenager. Ich seufzte und sah aus dem Fenster. Es war Sommer. So wie damals, als unsere Reise begonnen hatte. Ich hatte in dieser Zeit so viel gelernt und hatte neue Freunde gefunden. Aber vor allem bekam ich auch ein neues Selbstgefühl. Ich wusste, dass ich nicht alleine sein musste. Es gab Menschen, die mich durchaus schätzten. Dennoch saß ich hier einsam in meinem Zimmer. Mein Vater war wie immer bei der Arbeit und ich selbst hatte nur bedingt Lust etwas zu unternehmen. Du würdest eh nur im Moment Fußball spielen und meine Band hatte erst heute Abend eine Probe. Erneut seufzte ich und sah auf das Display des kleinen Gerätes. Hin und wieder schickte mir Gabumon eine Nachricht. Doch heute blieb es stumm. Wie gerne würde ich mit ihm kommunizieren, doch das ging nicht. Wir würden uns wahrscheinlich nie wieder sehen. Mit einem Seufzer drehte ich mich auf den Rücken und sah noch einmal auf die Uhr: 13:30 Ich könnte eigentlich auch meinen kleinen Bruder anrufen. Vielleicht hatte er Lust irgendetwas zu unternehmen. Noch einmal sah ich auf das Display des Digivice und hoffte, dass mir Gabumon noch eine Nachricht schicken würde, doch es kam nichts. Anscheinend hatte er heute auch etwas anderes vor, wodurch ich kurz seufzte und mir noch einmal durch die Haare fuhr, bevor ich mich dann endlich aufsetzte und nach dem Telefon auf meinem Nachtkästchen griff. Ich ging in das Telefonbuch und blätterte mich zu dem Buchstaben „T“ durch, wobei ich schon deinen Namen las: „Tai Home.“ Ich seufzte kurz und schüttelte dann den Kopf, bevor ich weiter zu der Nummer meines Bruders ging und den Hörer abnahm. Ruhig lauschte ich dem Freizeichen und hoffte, dass er einfach einmal abnehmen würde. Ich wollte nicht mehr alleine sein. Nicht mehr daran denken, dass Gabumon nicht bei mir war und meine Gedanken ungehindert wandern konnten. Ich wollte nicht an die Zeit denken, als ich mich verlassen fühlte und die Dunkelheit mein Herz überfiel. Nicht daran, wie ich dabei war meine Freunde anzugreifen und mich gegen sie zu stellen. Damals hatte ich so viele Fehler gemacht, weil ich blind war. Und ich bin ihnen dankbar, dass sie mir all diese verziehen hatten. Dennoch war ich ein Außenseiter. Egal, wie sehr wir uns einredeten, dass ich zu ihnen gehörte. So wirklich passte ich einfach nicht rein. Sie verstanden mein Denken nur selten und ich hatte aufgehört mit ihnen darüber zu sprechen. Plötzlich blinkte mein Digivice und als ich es hochhob, erkannte ich eine kleine Schrift auf dem Display: „Halt die Ohren steif. Ich denk an dich.“ Sie ließ mich lächeln und erneut dankte ich Buddha für die Existenz von Gabumon. Er war immer da und wusste die richtigen Worte für mich und schließlich hörte das Tuten an meinem Ohr auf, als schon der Anrufbeantworter ranging und meldete, dass im Moment niemand Zuhause war. Ich legte auf ohne etwas auf das Band zu sprechen, bevor ich mich dann schließlich erhob und entschloss nach draußen zu gehen. Die Decke würde mir hier drinnen eh nur auf den Kopf fallen. Schließlich dachte ich nur über Dinge nach, die ich eigentlich vergessen wollte. Ein Seufzer stahl sich über meine Lippen, als ich die Tür hinter mir ins Schloss zog und dann einfach den Wohnblock verließ ohne wirklich zu wissen, wohin ich eigentlich wollte. Nur weg. Unter Leute. Und an nichts denken. Lachen und glücklich sein. Vielleicht sollte ich doch bei dir vorbeischauen. Und ohne es bewusst zu wollen, schlug ich den Weg zum Fußballplatz ein…   Meine Finger spielten unsicher mit dem Digivice, als ich am Rand des Platzes stand. Ich sah dich laufen und lachen. Du wirktest so wunderschön glücklich. Nur ich erkannte den leicht traurigen Glanz in deinen Augen, der mir zeigte, dass du deinen Partner genauso vermisstest, wie ich meinen. Schließlich steckte ich das kleine Gerät an meinen Gürtel und trat an den Zaun. Sah dir dabei zu, wie du über die Wiese ranntest. Ich erkannte Davis, wie er versuchte dir hinterher zu kommen, doch du warst schon immer schneller gewesen als er. Um so vieles schneller. Der Wind strich durch deine Mähne und ich musste lächeln. Wie oft habe ich mich mit dir in die Haare gekriegt? Wie viele Male waren wir unterschiedlicher Meinung? Ob alles anders geworden wäre, wenn auch Kari von Anfang an dabei gewesen wäre? Hättest du dann meine Fürsorge für Takeru verstanden? Wäre die Freundschaft zwischen uns anders verlaufen? Schließlich erhaschte mich dein Blick und du winktest mir ruhig zu, was ich nur zu gerne erwiderte. Kaum wusste ich, dass du mich wahrgenommen hattest, fühlte ich mich nicht mehr alleine. Es war eine gute Idee gewesen hierher zu kommen. Ein Tor nach dem anderen fiel. Das Team von Davis hatte gegen deines keine Chance. Wie auch? Ihr ward doch einpaar Jahre älter als sie. Doch es war egal. Sie würden daran wachsen und euch machte es dennoch Spaß, weil ihr erkanntet, wie sie sich langsam verbesserten. Irgendwann musste Davis schließlich deinen Platz einnehmen. Ich lehnte mich lässig auf den Zaun und sah dir dabei zu. Musste immer wieder lächeln, wenn ich an die Zeit zurückdachte. Wie ich mit dir durch den Schnee rollte, weil ich nicht das wollte, was du vorgeschlagen hattest. Damals hattest du aber Recht. Du warst ein guter Anführer gewesen und ich war nur der kleine Kritiker, der dich gerne verprügelte, wenn du mal wieder zu schnell handeln wolltest. Doch jetzt waren wir Freunde geworden. Gute Freunde. Und ich bin froh, dass dies geschehen war. Du nahmst die Einsamkeit aus meinem Herzen und auch jetzt kamst du zu mir mit einem breiten Lächeln. „Hi, Matt. Was treibt dich denn hierher?“, begrüßtest du mich und ich musste erneut leicht lächeln, wobei ich dann mit den Schultern zuckte: „Keine Ahnung. Mir war langweilig und dann bin ich raus gegangen. Und irgendwie bin ich hier gelandet. Ihr habt die anderen ja wieder gewaltig nass gemacht.“ Du lachtest auf und ein Funkeln trat in deine Augen: „Ja, schon. Aber sie machen es uns von Training zu Training schwerer. Irgendwann könnte der Sieg direkt mal schwer werden. Dennoch macht es Spaß.“ Man warf dir ein Handtuch zu und die Mannschaft verabschiedete sich langsam, wobei Davis auf uns zu gerannt kam: „Hey, Tai! Heute bist du mir wieder entkommen, aber warte nur. Irgendwann krieg ich dich. Bestimmt.“ Erneut lachtest du auf und ich musste ebenfalls lächeln, wobei du das Handtuch um deinen Nacken legtest, bevor du antwortetest: „Ja, irgendwann ist noch weit entfernt. Aber ich freue mich auf den Tag. Komm gut nach Hause, Kleiner.“ Du wuschelst dem Braunschopf durch die Mähne und er lachte auf, bevor er dir einen sanften Schlag auf den Oberarm verpasst und er dann schließlich verschwand. Er hatte mich kaum bemerkt. Doch es war mir egal. Davis hatte mir bis heute nicht wirklich zugesagt. Ich mochte den Kleinen nicht, wobei ich nicht einmal sagen konnte, warum. Dennoch war diese Abneigung einfach da. „So und was machen wir jetzt?“, drehtest du dich zu mir um und ich musste ein wenig lächeln. Eigentlich hatte ich gehofft, dass du irgendeine Idee hattest, wodurch ich schließlich mit den Schultern zuckte: „Keine Ahnung. Was war dein ursprünglicher Plan?“ „Bevor du aufgetaucht bist?“, du sahst mich fragend an und ich nickte, wodurch du weiter sprachst: „Nun ja, nach Hause gehen und duschen. Und dann, mal schauen. Soweit habe ich noch nicht gedacht.“ „Das klingt doch nach einem Plan. Wir gehen zu dir nach Hause und während du dich sauber machst, stell ich deine Wohnung auf den Kopf“, mein Lächeln wurde breiter und auch du erwidertest diese Mimik ein wenig, wobei du dann nicktest und schließlich deine Sachen holtest. Du warfst die Tasche um deine Schultern und ich erkannte an ihrem Tragegurt dein Digivice. Wir alle trugen es immer bei uns aus Angst es doch irgendwann einmal zu verlieren. Wie sehr wünschte ich mir die Nähe von Gabumon? Er sollte wieder bei mir sein und die Einsamkeit wegnehmen. Irgendwie war es immer noch so, dass er der Einzige war, der mich wirklich verstand. „Kommst du?“, ich hatte gar nicht bemerkt, dass du schon dabei warst den Platz zu verlassen, wodurch ich immer noch am Zaun stand und dir jetzt überrascht hinterher sah: „Ja, ich bin schon da.“ Sofort rannte ich an deine Seite, wobei ich dein Lachen ignorierte. Kaum war ich an deiner Seite angekommen, gingen wir auch schon in Richtung deines Zuhauses und ich war gespannt, was der Tag für uns noch so bereit hielt…   Das Rauschen der Dusche drang gedämpft zu mir durch, wobei ich ruhig ein wenig durch das Wohnzimmer schlenderte. Schaute mir das ein oder andere Bild an. Sah dort Kari, wie sie immer älter wurde und auch ein paar Bilder von dir. Ihr ward so glücklich und ich beneidete euch darum, dass ihr gemeinsam aufwachsen konntet. Takeru blieb für mich nur ein Freund, mit dem ich doch irgendwie Gene teilte. Mehr waren wir nicht. Klar, wir waren auf dem Papier Brüder, aber eigentlich waren wir schon lange nicht mehr als solche aufgewachsen. Ein Seufzer stahl sich über meine Lippen, als ich mich schließlich auf die Couch fallen ließ und noch einmal auf das Display von meinem Digivice sah. Es war ruhig. Gabumon hatte mir keine neue Nachricht geschickt und erneut wünschte ich mir, dass ich auch in die andere Richtung mit ihm kommunizieren konnte. Dass ich ihm eine Nachricht schicken konnte. Doch es ging nicht. Ich konnte nur von ihm Botschaften empfangen. Ja, hin und wieder erschien sein kleiner Sprite sogar und er winkte mir zu. Es war eine nette Geste von ihm, doch eigentlich schürte das die Einsamkeit in meinem Herzen noch mehr. Ob ich ihn jemals wiedersehen werde? Wie sehr wünschte ich es mir. Plötzlich fiel ein Wassertropfen auf das Display und ich schrak hoch, wobei ich leicht gegen den nackten Oberkörper von dir stieß und dich überrascht ansah: „Tai? Was wird das? Spinnst du?!“ „Sorry, aber ich habe dich schon öfters angesprochen und als du immer noch nicht reagiert hattest, wollte ich nachschauen, ob du überhaupt noch lebst“, ein Lachen lag in deiner Stimme und ich spürte, wie ich ein wenig rot wurde. Ich hasste es, wenn man mich dabei erwischte, dass ich mit meinen Gedanken ganz weit weg war. „Hast du an Gabumon gedacht?“, du wurdest leiser und ich hörte, dass dieses Thema auch für dich schmerzhaft war, wodurch ich nur kurz nickte und das Digivice dann zurück an meinen Gürtel steckte, bevor ich dich ein wenig beklommen anlächelte: „Aber egal, was wollen wir treiben, nachdem du dir was angezogen hast?“ „Ich würde gerne jetzt erst einmal ein wenig zur Ruhe kommen. Wir können einpaar Spiele zocken und dann mal weiterschauen. Abends würde sich eine Tour durch die Kneipen anbieten“, schlugst du vor, wobei ich kurz den Kopf schüttelte, bevor ich dann kurz schnaubte: „Und dann wollen wir dort Saft und Cola trinken, oder was? Das ist ja lächerlich.“ „Dann schlag was besseres vor“, maultest du mich an, wobei du dann einfach neben mir auf die Couch fielst und ein wenig beleidigt die Arme vor deiner Brust verschränktest. „Wenn du dich besaufen willst, dann sollten wir einfach zu mir gehen. Mein Vater ist momentan wieder auf einer Geschäftsreise und na ja, wir haben genug Alkohol Zuhause“, ich grinste breit und du hobst ein wenig skeptisch die Augenbraue: „Sind wir nicht ein wenig zu jung für Alkohol?“ Wie gerne würde ich diese Frage bejahen, doch ich hatte schon öfters einfach etwas getrunken. So oft habe ich das bei meinem Vater gesehen und es half mir in den Nächten, wenn ich alleine in der Wohnung saß und daran dachte, dass all die Wesen, die mir etwas bedeuteten im Moment für mich unerreichbar waren. „Hast du Angst?“, neckte ich dich, wobei ich schon sah wie du trotzig dein Kinn nach vorne schobst: „Nein, natürlich nicht! Aber dennoch, wie kommst du darauf, dass wir uns betrinken sollten?“ „Du hast mit den Kneipen angefangen. Nicht ich. Aber nachdem wir dort nur alkoholfreie Getränke bekommen würden, können wir auch gleich Zuhause bleiben oder eben uns bei mir Zuhause mal mit dem Alkohol beschäftigen. Der ist gar nicht so schlecht“, was tat ich hier eigentlich? Warum versuchte ich dich gerade zum Saufen zu überreden? „Was? Du hast schon?!“, die Überraschung in deiner Stimme war echt und ich musste breiter lächeln. Wie gerne reizte ich dich und hielt dir vor, wo ich dich einfach schon überholt hatte, wodurch ich nun stolz meine Brust ein wenig rausstreckte: „Klar, Zuhause haben wir ja genug und Dad bekommt es nicht einmal mit.“ Ich sah deinen Zwiespalt, wobei es nicht lange dauerte und du warfst dir das Handtuch über den Kopf, bevor du deine Haare ein wenig trocken rubbeltest, um dann zu antworten: „Okay, ich bin dabei. Aber wehe dir das Zeug schmeckt nicht.“ „Keine Sorge, ich kenne da ein paar Tricks“, ich grinste breit und im nächsten Moment standest du auf um dich anzuziehen, damit wir dann noch ein wenig zocken konnten, bevor wir den Abend bei mir verbringen würden. Ich konnte nicht verhindern, dass ich bei dem Gedanken daran sogar ein wenig nervös wurde. Bis jetzt hatte ich immer alleine getrunken. Wie würde es wohl sein, wenn man zu zweit war? Und war es wirklich in Ordnung, dass ich dich dort mit hinein zog? Doch jetzt gab es kein Zurück mehr. Es war ausgemacht und wir mussten es durchziehen, sonst würde einer von uns nur sein Gesicht verlieren und das wollte keiner… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)