Komplementär von Ur (Lavi x Kanda Oneshots) ================================================================================ Kapitel 8: Wie die Pest ----------------------- ...und noch ein bisschen mehr. * Er ignoriert mich. Ich hasse es, ignoriert zu werden. Er hat kein Recht dazu, mich nicht zu beachten! Natürlich, er ist zu jedem so scheiß freundlich wie immer. Hat gute Laune, lacht viel. Unterhält sich mit jedem. Nur mit mir nicht. Nicht, dass ich großartig Wert darauf legen würde, dass er sich mit mir unterhält, aber… er könnte ja wenigstens mal ›Guten Morgen‹ sagen. Allerdings tut er seit drei Tagen so, als wäre ich Luft. Nur weil ich… na ja… wir hatten – mal wieder – Sex. Bei ihm im Zimmer. Und als er danach gesagt hat ›Weißt du Yuu, ich könnte dich den ganzen Tag lang befummeln und hätte immer noch nicht genug!‹, da hab ich abwertend geschnaubt, bin aufgestanden und hab… Ich war halt sauer, weil er so einen sentimentalen Müll vor sich her redet! Ich mag so was nicht. Deswegen hab ich ›Ich hasse dich‹ gemeckert und bin abgezischt. Wieso muss er auch immer diese peinlichen Sachen sagen? Es ist schon peinlich genug, dass wir Sex miteinander haben. Da muss er mich nicht noch mit so einem Scheiß auf die Palme bringen. Aber diese Ignoranz macht mich wahnsinnig. Mir wird peinlich bewusst, dass ich ihn die ganze Zeit anstarre. Das soll er bloß nicht merken. Also sehe ich woanders hin. Aber nichts in diesem Raum, in dem alle fröhlich schwatzen und essen, ist so interessant wie er. Oder so auffällig. Seine roten Haare sieht man wie ein Leuchtfeuerwerk. Und sein helles Lachen vibriert durch den Saal und klingelt in meinen Ohren. Ich hasse ihn wirklich. Weil er mir so nah geht und weil ich bei ihm einfach die Fassung nicht behalten kann. Das macht mich wahnsinnig. Kein anderer hat es je gewagt, mich einfach ›Yuu‹ zu nennen. Oder gar an meinen heiligen Haaren rumzufummeln! Die sind tabu! Das habe ich ihm in etwa tausendmal gesagt, aber ihn hat das nie interessiert. Ständig fährt er mit seinen schlanken Fingern durch meinen Zopf und versucht, das Haarband zu lösen. Dafür könnte ich ihm jedes Mal den Hals umdrehen. Er ist so ein Vollidiot! Oder letztens, als er Mugen begrapscht hat! Welch eine Schmach! Mein unantastbares Schwert und er legt seine Dreckspfoten daran. Mit Schwertern kann der Grobmotoriker doch gar nicht umgehen, der mit seinem peinlichen Riesenhammer, den er immer mit sich rum trägt. Er ist selbst ist so etwas wie ein wandelnder Hammer, zumindest was meinen Gemütszustand angeht. Egal was er sagt, tut, wie er schaut oder wenn er lacht, alles hämmert auf mein Hirn ein und bringt bescheuerte Gedanken hervor. Das Essen vor mir ist schon kalt, weil ich ihn die ganze Zeit nur anstarre. Ich habe keinen Hunger mehr, schiebe das Tablett ärgerlich weg und erhebe mich ruckartig. Ich sollte mein Schwert polieren gehen, um mich abzulenken. Dieser elende… Ich kann es nicht lassen, mich an der Tür noch einmal umzudrehen. Er steht immer noch neben Lenalee. Aber er sieht hier her. Zu meinem Ärger spüre ich, wie ich rot werde. Na toll! Hätte ich mich bloß nicht umgedreht! Das ist alles seine Schuld. Alles! Er ist an all meinem Übel Schuld… wieso habe ich mich nur jemals darauf eingelassen, mit ihm in die Kiste zu steigen? Ich weiß noch, als ich ihn vor zwei Monaten auf eine Mission begleiten sollte. Wir mussten im selben Zimmer in der Herberge schlafen, weil nur noch eines frei war. Natürlich kamen wir nicht zum Schlafen. NEIN! Nicht deswegen! Da sind plötzlich überall Akuma aufgetaucht. Er hat diesen unmöglich tiefen Schlaf, es macht mich heute noch fuchsig, wenn ich daran denke, dass wir beinahe in die Luft gejagt worden wären und er in aller Seelenruhe auf dem Bett gelegen und gepennt hat. So ein Armleuchter! Wie auch immer… er wurde in dem Kampf verletzt und ich weiß noch genau, wie sich alles in mir zusammen gezogen hat, als er nach hinten geschleudert wurde und heftig gegen eine Wand gekracht ist. Wie tot hing er da. Und ich konnte mich einen Moment lang nicht rühren. Ich hab sonst nie Angst. Aber in dem Moment hatte ich einen Heidenschiss, dass er nicht mehr aufwachen würde. Das weiß er natürlich nicht und ich bin nicht so dämlich, es ihm zu sagen. Es war ein einmaliger Gefühlsausbruch… oder so. Ich hab ihn nach dem Kampf zurück ins Zimmer gebracht und aufs Bett gelegt. Und als er die Augen aufgemacht hat, hab ich ihm in die Rippen geboxt, als Strafe. Hat ihn natürlich kein Stück gekratzt. Er hat nur auf seine endlos nervige Art und Weise gelächelt. Ich hasse dieses Lächeln. Es macht mich jedes Mal aggressiv, wenn ich es sehe. Gerade jetzt lächelt er auch wieder und ich drehe mich hastig um. Ab in mein Zimmer. Ich will ihn nicht in meiner Nähe haben… Als er da so lag und mich angelächelt hat… ich weiß nicht, was mich da geritten hat. Aber ich musste ihn einfach küssen. Einfach, weil er da war und weil er gelächelt hat und weil er nicht gestorben ist. Irgendwie war er gar nicht überrascht. Er hat einfach nur in den Kuss gelächelt, mich umarmt, aufs Bett gezogen und so heftig zurück geküsst, dass ich heute noch genau weiß, wie mir die Röte ins Gesicht gestiegen ist. Selbst jetzt, wenn ich daran denke, werd ich schon wieder rot. Er ist so ein Penner! Erst ignoriert er mich und dann lächelt er mich auf so unverschämte Art und Weise an. Oh, ich hasse ihn. Sogar noch mehr als den Knirps mit dem hässlichen verfluchten Auge. Ich stapfe also wütend in mein Zimmer und versuche zu vergessen, dass wir seit drei Tagen nicht miteinander geredet, uns geküsst oder miteinander geschlafen haben. … Scheiße, ich bin auf Entzug. Ich will nicht so weit gehen und sagen, dass ich ihn vermisse, denn so etwas würde mir natürlich nie im Leben passieren… aber… der Sex war immer annehmbar. Gut… Ja, verdammt, der Sex war immer verteufelt scharf. Aber auch das werd ich dem Rotschopf sicherlich nicht sagen. Es reicht ja schon… dass ich… welche Schmach… unten liege. Jedes Mal. In meinem Zimmer angekommen knalle ich die Tür unnötig laut hinter mir zu. Als würde das irgendwer hören, der Gang ist wie ausgestorben. Ich werfe mich aufs Bett und starre sauer an die Decke. Meine schlechte Laune treibt mich dazu, ab und an böse die Tür anzufunkeln, als würde er dahinter stehen. Ich habe keine Lust, mein Schwert zu polieren. Ich versinke in meinen finsteren Gedanken. Und es klopft. Ich sitze sehr schnell senkrecht im Bett, worüber ich mich gleich wieder ärgere. Das ist sicher einer von den Nervbolzen, die ich sowieso nicht sehen will. Ich will Niemanden sehen! IHN schon mal gar nicht! »Yuu, bist du da drin?“ Herrgott, er ist es. Er ist mir nachgekommen! Was fällt ihm ein? Habe ich ihm das gestattet? Habe ich darum gebeten? Natürlich nicht! Als würde ich auch nur ein Yota davon vermissen, was in den letzten zwei Monaten zwischen uns gelaufen ist… nicht die Bohne… Schneller, als ich selbst gucken kann, bin ich bei der Tür und reiße sie auf. Und da steht er, unverschämt wie immer, mit seinen zerzausten Haaren und dem dümmlichen Lächeln im Gesicht. Ich hasse ihn wie die Pest. Und noch ein bisschen mehr. »Da bist du ja, Yuu«, stellt er unentwegt lächelnd fest. Komm rein und küss mich, du Arsch, oder geh gleich wieder! Er scheint von beidem nicht viel zu halten, sondern lehnt sich nur lässig gegen meinen Türrahmen. Ich merke sehr genau, dass er einen Fuß vorschiebt, damit ich ihm die Tür nicht vor der Nase zuknallen kann. Der hält sich wohl für sehr schlau. Vollidiot. »Bist du krank? Du hast gar nichts gegessen vorhin«, sagt er. Er klingt ein ganz kleines bisschen besorgt. Pf. Als wüsste er nicht ganz genau, dass ER mir den Appetit verdorben hat. Das weiß er ganz sicher, er macht es ja mit Absicht. Er hat mich immerhin ignoriert. Ganze drei Tage lang! »Ich bin nicht krank«, antworte ich so kühl und würdevoll wie immer. Allerdings ballen sich meine Hände wie von selbst zu Fäusten. Er redet in diesem ätzenden Plauderton mit mir. Ich hasse seine Stimme. Und ich hasse die Art, wie er mich jetzt mustert. Meine Wangen fangen dann jedes Mal an zu glühen. »Ach so. Dann hast du vielleicht Sehnsucht nach mir?« Sein Grinsen ist so breit, dass es mich beinahe blendet und seine Worte lösen ein heißes Schamgefühl in mir aus, gepaart mit so heftigem Herzklopfen, dass ich Angst habe, jeden Moment nach hinten zu fallen und tot auf dem kalten Steinfußboden liegen zu bleiben. »Red keinen Unsinn«, entgegne ich barsch. Ich hoffe, dass mein Gesicht nicht so glühend aussieht, wie es sich anfühlt. Er scheint nachzudenken, wobei er seine Augen leicht nach oben verdreht und den Zeigefinger an den Mund hebt. Diese Lippen… ich darf sie nicht ansehen. Ich denke sonst nur… wieder… an… »Dann hab ich mich wohl vertan. Tut mir Leid, ich wollte nicht stören, Yuu!« Dann dreht er sich mit einem entschuldigenden Lächeln um und geht. Das kann er doch nicht machen! Außerdem hab ich ihm schon hunderttausend Mal gesagt, er soll mich nicht Yuu nennen! Schon gar nicht in der Öffentlichkeit. Und Öffentlichkeit ist alles außerhalb des Bettes… Ich starre ihm nach und erliege beinahe der Versuchung, ihm hinterher zu laufen. Aber nein. Soweit kommt es noch. Er könnte dann auf den Gedanken kommen, dass ich doch Sehnsucht gehabt habe. Oder dass ich ihn irgendwie leiden kann. Oder dass ich mit ihm zusammen sein möchte. Oder… dass es mir ein bisschen Leid tut, was ich da gesagt habe. Und auf all diese Gedanken soll er nicht kommen, weil sie nämlich überhaupt nicht stimmen. Solche Gedanken hatte ich noch nie und solche Gedanken werde ich auch nie haben. Ich gehe zurück in mein Zimmer und knalle die Tür gleich noch mal zu. Irgendwann fällt sie sicher aus den Angeln. Und das ist dann auch nur seine Schuld. Lavi. Was ist das überhaupt für ein Name? Und mit den ganzen Büchern in seinem Zimmer kommt er sich wohl unheimlich intelligent vor. Lavi ist ein Idiot. Und ich vermisse ihn überhaupt nicht! * Drei weitere Tage später bin ich ein Nervenbündel. Ich hasse ihn, ich hasse ihn, ich hasse ihn! Seit seinem sehr kurzen und unbefriedigenden Besuch in meinem Zimmer ist nichts passiert. Ich sehe ihn eigentlich nur beim Essen. Wenn er denn da ist. Und wenn er da sitzt und isst wie ein Scheunendrescher, dann hat er immer eine Traube von Menschen um sich. Alle mögen ihn. Ich hasse ihn. Mein Appetit hält sich weiterhin in Grenzen, fast jedes Mal wird mein Essen kalt, weil ich dem Idioten Löcher in den Rücken starre. Er sieht mich nur selten an, lächelt dann wie immer und winkt so dämlich, dass ich ihm die Hände abhacken möchte. Soll das jetzt heißen, dass wir nie wieder… diese Dinge tun, die wir getan haben, nur weil ich gesagt habe, dass ich ihn hasse? Er muss das doch wissen! Er weiß doch, dass ich ihn hasse, also wieso spielt er jetzt die Drama Queen und lässt mich auf dem Trocknen sitzen? Heute beim Essen komme ich endlich mal dazu, was zu mir zu nehmen. Er ist nämlich nicht da. Zum Glück. Dann muss ich seine dauernd lächelnde Visage nicht sehen. Nach der Hälfte meiner Portion habe ich keinen Hunger mehr. Hinten hat der Blutsauger wieder mal irgendwas an seinem Essen missverstanden und hustet wie verrückt. Wenn Lavi da wäre, dann würde er ihm auf den Rücken klopfen, lachen und ihm erklären, was er falsch gemacht hat. Wieso denke ich überhaupt daran, was Lavi tun würde, wenn…? Wenn ich zu Lavi nicht gesagt hätte, dass ich ihn hasse, dann wären wir jetzt vielleicht oben in Lavis Zimmer und der Penner würde mich küssen und ausziehen und… Wütend lasse ich meine Stäbchen aufs Tablett fallen, stehe auf und stapfte entnervt in Richtung Tür. Wird Zeit, dass ich wieder einen Auftrag bekomme. Ich brauche Ruhe vor dem immer grinsenden Vollidioten. Entweder will ich ihn ganz oder gar nicht. Allein für diesen Gedanken könnte ich mir Mugen zwischen die Rippen rammen. Gerade, als ich den Saal verlassen habe, kommt er mir entgegen. Er lächelt mich an. Dann streifen sich unsere Hände im Vorbeigehen und der elektrische Schlag, der durch meinen Körper huscht, lässt mich die Lippen zusammen pressen. Als wäre ich so verzweifelt! Ich habe das Gefühl, dass er stehen bleibt, um sich umzudrehen und mir nachzusehen. Soll er nur. Ich werde sicher nicht nachgeben. Ich brauche das alles nicht, ich kann mir jede Frau nehmen, die ich will. Welche Frau würde mich nicht wollen? Es gibt genug Angebote. Oben in meinem Zimmer huschen meine Gedanken immer wieder zu ihm. Ich kann an nichts Anderes denken. Er ist in meinem Kopf, ich krieg ihn nicht da raus. Seine Stimme, wenn er lacht, sein Lächeln, seine roten Haare, die immer so wild abstehen, wenn er morgens neben mir aufwacht und mich angrinst. Argh…! Ich lege mir die Hände über die Augen, als würde das irgendwas ändern. Natürlich denke ich trotzdem an ihm. Er macht das mit Absicht. Ich wette, er wartet darauf, dass ich zu ihm komme. Aber da kann er lange drauf warten! … Zum Teufel mit ihm! Ich stehe auf und stapfe aus meinem Zimmer. Der kann was erleben, wenn ich ihn zwischen die Finger kriege. So geht keiner mit mir um. Ich erwarte gebührenden Respekt! Und er macht sich eindeutig über mich lustig. Vor seinem Zimmer angekommen, spüre ich zu meinem grenzenlosen Ärger, dass mein Herz hämmert wie verrückt. Na toll. Oh, er wird dafür bezahlen, er ist an allem Schuld, an allem! Ich klopfe energisch gegen die Tür. Keine Antwort. Ich klopfe noch mal. Zwei, dreimal. Aber er antwortet nicht. Ich gehe sogar soweit, die Tür einfach aufmachen zu wollen, aber sie ist verschlossen. Einen Moment lang stehe ich köchelnd vor der verschlossenen Tür. Wie kann er es wagen? »Hör mal, du Vollidiot, glaubst du, ich lass mir das noch länger gefallen? Komm gefälligst raus aus deinem Kabuff und lass dieses kindische Verhalten sein!« »Was machst du denn an meiner Tür, Yuu?« Ich fahre herum. Da steht er an der Ecke zum nächsten Gang, den Kopf schief gelegt und mit einem fragenden Ausdruck im Gesicht. Ich habe schon wieder das Bedürfnis, ihn mit Mugen zu Schaschlik zu verarbeiten! Aber es gibt da noch andere Bedürfnisse, die viel dringender sind. »Steh da nicht so blöd rum, komm sofort hier rein!«, befehle ich ihm und deute anklagend auf die geschlossene Tür. Er lächelt kaum merklich, zuckt die Schultern und geht an mir vorbei, um die Tür aufzuschließen. Dann lässt er mich als Erstes reingehen und folgt mir. Als die Tür hinter uns zugeht, schlendert er einfach an mir vorbei und stellt sich ans Fenster. Ich verschränke die Arme wütend vor der Brust und starre ihn sauer an. Er blickt stumm zurück. Es sieht nicht so aus, als würde er demnächst etwas sagen wollen. »Also schön… wo ist dein Problem?«, sagt er schließlich. Jetzt hat er ja doch geredet. Ich durchschaue ihn immer noch so schlecht wie am Anfang. »Ich habe nur ein Problem und das bist du!«, erkläre ich ihm mit möglichst eisiger Stimme. Allerdings bin ich so sauer – und vielleicht auch irgendwie… aufgeregt – dass meine Stimme deutlich zittert. Er lächelt matt. »Wieso bist du dann hier, wenn ich dein einziges Problem darstelle?«, erkundigt er sich so beiläufig, dass ich ihn schon wieder schlagen will. Er ist so ein Idiot! »Weil…weil…« Ich ringe nach Worten. Wie genau soll ich das sagen? Er stand da bis eben an die Wand gelehnt, jetzt stößt er sich ab und kommt auf mich zu. Oh… nicht gut. Das hilft mir auch nicht, mich deutlicher auszudrücken. Dann ist er so nah, dass ich ihn riechen kann. Der Geruch, der manchmal nächtelang in meinem Bett fest hängt. Ich hasse diesen Geruch. Weil er wie eine sehr schnell abhängig machende Droge ist. »Weil du mich hasst und deine Ruhe vor mir haben willst?«, raunt er mir ins Ohr. »Ja, genau!« Das ergibt überhaupt keinen Sinn und ich weiß das. Aber ich kann nicht mehr denken. Er ist viel zu nah, als dass ich denken könnte. Er lacht. »Na dann ist das doch kein Problem. Ich werde dich gern für den Rest meines bescheidenen Lebens in Ruhe lassen, dann musst du dir nie wieder Gedanken um mich machen«, sagt er. … Hä? NEIN! »Ich warne dich«, knurre ich matt. Er entfernt sich schon wieder von mir und als hätte die Spannung, die er immer in mir hervorruft, mich aufrecht erhalten, taumele ich einen Schritt rückwärts. »Wovor denn? Willst du mich weiter mit finsteren Blicken beschießen und den ganzen Tag anstarren?« Wie bitte? Woher… also… argh! Ich hasse ihn! »Yuu…«, sagt er ganz leise. Seine Stimme geht mir durch Mark und Bein. Ich erstarre unwillkürlich und sehe ihn an. Er erwidert den Blick und ich kann den Ausdruck in diesen verfluchten Augen nicht deuten. Das konnte ich noch nie. »Hasst du mich wirklich?« »Ja!« Einen Moment lang schweigt er, dann huscht ein merkwürdiges Lächeln über seine Lippen. Ich weiß nicht, was jetzt los ist, aber er setzt sich aufs Bett und vergräbt das Gesicht in den Händen. Und dann verstehe ich endlich. Ich hab ihn verletzt. Ich hab ihm wehgetan, als ich das gesagt habe. Er hat sich die ganze Zeit Gedanken darüber gemacht… Er ist so ein Idiot! Und ich bin ein beinahe noch größerer Idiot. Ich dachte, er schmollt. Aber er hat das ernst genommen. Was natürlich auch völlig richtig ist! Aber… na ja… »Ich würde jetzt gern meine Ruhe haben«, sagt er leise. Ich blinzele. Soll das ein Rauswurf werden? Oh nein! Mich wirft Niemand raus! Auch nicht Bookman Junior! Ich stapfe hinüber zu ihm, packe seine Handgelenke und drücke ihn nach hinten aufs Bett. Ich verliere prompt das Gleichgewicht und lande auf ihm. Seine Nähe und sein Geruch machen mich halb wahnsinnig vor Sehnsucht. Aber ich will nicht daran denken. Ich presse meine Lippen auf die seinen und er reißt erstaunt die Augen auf. Rücksichtslos schiebe ich ihm meine Zunge zwischen die Lippen. Das hat er nun davon, wenn er mich so lange schmoren lässt… »Hn…« Plötzlich liege ich auf dem Rücken und er pinnt mich mit seinen Händen in die Matratze. Seine Augen starren mich an. Sie funkeln merkwürdig. »Ich küsse dich nie wieder, wenn du es nicht zugibst«, sagt er mit fester Stimme. Was…? Zugeben? Küssen…? Wer… Ich verstehe überhaupt nichts, weil mein Gehirn völlig berauscht ist, von dem Gefühl der Nähe. Ich musste immerhin sechs Tage darauf verzichten und jetzt ist er so dicht bei mir, dass mir peinlicherweise beinahe schwindelig wird. »Was?«, sage ich verständnislos. »Ich küsse dich nie wieder und ich werde nie wieder Sex mit dir haben oder mit dir reden, wenn du es nicht zugibst!«, wiederholt er eindringlich. Kein Sex? Kein Küssen? Kein Kabbeln mehr? »Was soll ich zugeben?« Zu meinem Entsetzen höre ich, dass meine Stimme merklich zittert und heiser ist. Na toll… »Dass du mich nicht hasst«, sagt er sehr leise. »Dass du mich… vielleicht ein bisschen magst…« Seine Stimme wird immer leiser. Ich starre ihn an. Soll das ein Witz sein? Ich würde das nie sagen. Dass ich ihn mag. Das ist doch absurd! Es geht doch nur um den Sex! Ich öffne den Mund, um etwas zu erwidern, doch er legt den Kopf schief, lässt mich los und richtet sich auf. »Ok… vergiss es. Schon gut«, murmelt er, fährt sich mit der Hand über das Gesicht und bleibt still auf der Bettkante sitzen. Ich starre seinen Rücken an. Was soll das alles? Will er mir sagen, dass er mich mag? Das ist doch… Mein Herz schlägt unwillkürlich noch schneller bei diesem Gedanken. Ich kann die Hitze kaum ertragen und setze mich eilig auf. »Lavi.« Er dreht sich so hastig um, dass ich heftig zusammen zucke und mich schon im nächsten Moment darüber ärgere. Ich hab doch nur seinen Namen gesagt! Wieso muss er sich da so ruckartig bewegen? Vielleicht, weil er seinen Namen noch nie aus meinem Mund gehört hat. Ich nenne ihn sonst immer nur ›Penner‹ oder ›Idiot‹. Seine Augen durchbohren mich. »Wieso soll ich das zugeben? Das ist Schwachsinn«, beharre ich. Seine Augen verengen sich zu Schlitzen. Ich schlucke hörbar. »Yuu… ich mag dich. Ich mag dich wirklich sehr«, sagt er dann. Mein Herz bleibt stehen. Wie kann er das sagen und mich dabei so ehrlich ansehen, als würde es auch noch stimmen? Das… es muss stimmen. Er sieht so ernst aus, wie ich ihn selten gesehen habe. Im nächsten Moment fängt mein Herz mit doppelter Geschwindigkeit zu schlagen an. Ich öffne sprachlos den Mund, klappe ihn aber gleich wieder zu. »Das…das…ist doch…lächerlich«, stammele ich. Er lacht leise, aber das ist nicht sein übliches, fröhliches Lachen. Das ist… bitter. Und genau diesen Geschmack hinterlässt es in meinem trocknen Mund. »Du hast vollkommen Recht. Es ist lächerlich, dass ich dich mag. Ich hätte es wirklich besser wissen sollen…« Eh…? Langsam aber sicher verliere ich die Geduld. Ich bin her gekommen, um ihn zu küssen und nicht, um mir solche gefühlsduseligen, völlig bescheuerten Sachen sagen zu lassen! Und wieso genau bollert mein Herz eigentlich immer noch wie eine Dampflokomotive? Ich will ihn anfassen. Und küssen. Jetzt gleich! Er soll einfach aufhören, so einen Mist zu reden, er hatte doch sonst auch nie ein Problem damit, zu schweigen. »Kannst du bitte gehen«, sagt er leise. Ich blinzele. Wie bitte? Will er mich vor die Tür setzen? Das kann er nicht machen, ich bin hergekommen, um das zu klären! Aber offensichtlich ist es für ihn schon geklärt, denn er wartet scheinbar nur darauf, dass ich gehe. Aber ich gehe nicht. Ich will nicht gehen! Aber er hat gesagt, wenn ich nicht zugebe, dass… Ich soll ihm sagen, dass ich ihn nicht hasse. Aber ich will ihm das nicht sagen. Ich will es ja nicht mal vor mir selbst eingestehen. Es reicht schon, dass ich mich ihm körperlich auf diese Art und Weise hingebe, ich will meinen Verstand nicht auch noch an ihn verlieren. Oder hab ich das vielleicht schon? »Ich will nicht gehen«, sage ich und verschränke die Arme vor der Brust. Ich komme mir ein wenig vor, wie ein bockiges Kind und genau das scheint er auch zu denken, denn er lächelt schief. »Du kannst nicht immer alles nur so haben, wie du es willst, Yuu«, murmelte er und streckt die Hand aus, um sachte durch eine der Strähnen zu streichen, die ich nie mit ins Haarband sperre. Ich schlucke trocken und spüre ein Kribbeln irgendwo in meiner Magengegend. Wenn er mich weiter so ansieht, erstarre ich noch zu Stein. Aber er wendet den Blick ab und erhebt sich. »Wenn du nicht gehst, dann gehe ich eben«, sagt er schlicht und geht zur Tür. Ich springe so schnell auf, dass ich beinahe das Gleichgewicht verliere, halte ihn am Handgelenk fest und zerre ihn unsanft zurück. Erneut küsse ich ihn. Das muss doch reichen! Ich werde so was Bescheuertes niemals zu ihm sagen, da kann er lange drauf warten. Er schiebt mich von sich. Das macht mich wahnsinnig. Hat er das alles denn… überhaupt nicht vermisst? Aber er sieht so kläglich aus, dass ich mir ziemlich sicher bin, dass er es auch vermisst hat. Ich werde jetzt sicher nicht locker lassen. Er soll einfach nicht mehr reden und dieses ganze Zeug mit dem Mögen einfach vergessen. Ich schiebe meine Hand unter sein Hemd, fahre über die nackte Haut und merke, wie mich allein die Berührung von Haut auf Haut extrem anmacht. Das ist fast schon peinlich. Er steht da wie angewurzelt, sein Atem geht unregelmäßig. Ich küsse ihn wieder. Und wieder. Ich kann nicht anders, diese Lippen müssen geküsst werden und außerdem kann er, wenn ich ihn küsse, nicht irgendeinen Mist reden. Meine Finger fahren seinen Rücken hinauf und ich spüre, wie er kaum merklich erzittert. Und dann… dann schlingt er seine Arme um mich, zieht mich so fest an sich, dass mir die Luft aus den Lungen gepresst wird und küsst mich so heftig, dass mein Gesicht zu glühen beginnt und mein Knie zittrig werden. Er löst meinen Zopf und vergräbt eine seiner Hände in meinen Haaren, während die Andere meinen Unterkörper fest gegen seinen drückt. Ich bin jetzt schon so erregt, dass ich es kaum aushalte. Sechs Tage sind eine Ewigkeit und ich will es nicht riskieren, dass er noch mal auf die Idee kommt, so eine Entzugs-Aktion zu starten. »Yuu… hasst du mich?« Fängt der schon wieder damit an? Seine Lippen liegen an meinem Hals und er saugt sich daran fest. Blitz für Blitz zuckt die Erregung durch meinen Körper. Wieso reagiere ich bei ihm immer so heftig, egal, was er tut? »Hör…schon auf damit…«, keuche ich. »Nein. Antworte mir.« Hasse ich ihn? Nein… und ja. Ich hasse ihn, weil… ich ihn nicht hassen kann… Aber wie soll ich ihm das erklären? Seine Zunge zeichnet meine Ohrmuschel nach. Ich bin kurz davor, in seinen Armen einzuknicken, aber er hält mich fest. »Ja verdammt! Wie die Pest! Und noch ein bisschen mehr«, zische ich heiser. Ich höre sein leises Lachen an meinem Ohr. »Soll ich dich loslassen?« »Nein!« »Dann sag die Wahrheit…« Ich werde ihn doch erwürgen. Irgendwann… aber nicht jetzt, jetzt brauche ich ihn noch. »Na schön…«, krächze ich, als seine Hand sich hinten in meine Hose schiebt. Er macht das mit Absicht, ganz sicher! »Du hast Recht.« »Womit?« Verdammt! Reicht das denn nicht? Muss ich das wirklich sagen? Ich will es nicht sagen. Verflucht, mein Herz hämmert immer noch wie wahnsinnig und seine Finger auf meinem nackten Hintern machen das Ganze nicht wirklich besser. »Ich hasse dich nur, weil ich dich nicht hassen kann, du Vollidiot!« Er lacht erneut. Ich bekomme eine Gänsehaut. »Für heute lasse ich das gelten«, flüstert er mir ins Ohr, »aber nächstes Mal wirst du endlich zugeben, dass du mich magst!« Oh verdammt… ich hasse ihn wirklich wie die Pest! Und noch viel viel mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)