The Dark Legend von ilinga ================================================================================ Kapitel 3: Chapter 3 - ... zerstörte Hoffnung? ... -------------------------------------------------- Ihre Hände zitterten, sie würde diese Anspannung nicht mehr lange aushalten. Nur noch ein paar Schritte und sie würden über den Hügel sehen können, dort lag ihr Dorf. In ihrer Erinnerung sah sie es, wie die Dächer bei Sonnenuntergang so vertraut rot glühten, wie die Menschen durch die Gassen liefen und sich auf die bald einbrechende Nacht vorbereiteten. Sie sah ihren guten Freund Sora, wie er die Gänse durch die Straßen in Richtung seines Stalles trieb, wie sein Hund ihm dabei folgte und immer wieder an seinem Arm, in welchem er die Rute hielt, hochsprang und freudig danach schnappte. Sie sah die anderen Kinder, wie sie lachend am Brunnen fangen spielten. Sie sah ihren Vater, wie er das Feuer in in der Schmiede schürte, wo sich spät Abends die älteren trafen, um über die Aufgaben des kommenden Tages zu reden. Sie sah die Wirtin, die dem Mann am Wachturm etwas zu essen brachte, welcher seine Augen immer in den weiten Ebenen hatte. Er hätte sie bereits enteckt und den anderen Bescheid gegeben, doch dort wo einst der stabile Turm stand, waren nur noch verkohlte Balken und Asche zu sehen. Keines der Häuser war vom Feuer verschont geblieben, an einigen Stellen glühte die Asche noch. Es roch nach verbranntem Fleisch und Tod. Kara war aus Ravens Armen vom Pferd geglitten und ging ein paar Schritte auf ihr Dorf zu. Der Hund lief neben ihr her und setzte sich an ihre Seite. Sie konnte noch nicht richtig fassen, was sie dort sah. Die Truppen hatten die Wachhunde an Lanzen vor der Brücke, welche zum Brunnen am Marktplatz führte, aufgespießt. Krähen saßen auf den Kadavern und rissen ab und zu Stücke aus ihnen heraus. Ihr Blut hatte den ganzen Weg dunkel gefärbt. An einigen Stellen konnte sie verbrannte Leichen entdecken, die meisten von ihnen waren schon vor dem Brand in mehrere Stücke zerteilt worden. Die Schmiede stand noch zum größten Teil, aber ihr waren auch Spuren des Feuers anzumerken. Keine Menschenseele war zu entdecken. Das Zittern hatte inzwischen Karas gesamten Körper erfasst. Eisige Schauer liefen ihren Rücken herunter, ihr Magen krampfte sich so sehr zusammen, dass ihr so schlecht wurde, dass sie sich nicht einmal mehr übergeben konnte. Raven war inzwischen hinter ihr abgestiegen und ging ein paar Schritte auf sie zu. Gerade als er seine Hand auf Karas Schulter legen wollte, brach sie zusammen. Der Schock hatte ihr das Bewusstsein geraubt, sie lag in einer tiefen Ohnmacht. Er nahm sie auf seine Arme und trug sie zurück zu Miko. Er legte sie über dessen Rücken, nahm seine Zügel, pfiff nach dem Hund und führte das Pferd den hang hinab zu dem, was von dem Dorf noch übrig geblieben war. Der Gestank war erträglich, demnach hatten die Leichen noch nicht lange gelegen, bevor das Feuer gelegt worden war. Der Anblick war furchteinflösend, demnach würde sicher niemand hier geblieben sein. Raven versuchte irgendwo Spuren ausfindig zu machen. Tatsächlich entdeckte er welche in der Schmiede. Es waren Fußabdrücke in der Asche, sie gehörten eindeutig nicht zu einem Krieger der Truppen, dafür war das Material der Stiefel viel zu weich gewesen. Raven schaute sich weiter um. Anscheinend war alles an Waffen und Rüstzeug fortgebracht worden. Die Spuren führten durch die Schmiede hindurch zu einer Hintertür hinaus in einen Garten. Kara mochte sich hier gut auskennen, jedoch lag sie immer noch bewusstlos auf Mikos Rücken. Also folgte er den Spuren weiter durch den Garten bis zu einem kleinen Wäldchen. Hier verloren sie sich jedoch in der Dunkelheit, Raven konnte sie einfach nicht mehr sehen. Um nicht irgendwelche Spuren zu verwischen, führte er Miko ein Stück zurück in den Garten, breitete dort eine Decke aus und legte Kara darauf. Er hatte keine andere Wahl, als bis zum Morgen zu warten, dann konnten sie den Spuren weiter folgen. Bis dahin würde Kara sicherlich auch wieder wach sein. Er setzte sich neben sie auf die Decke. Der Hand lag bereits wieder neben Kara, er hatte seinen Kopf auf ihren Bauch gelegt und beobachtete Raven aus dem Augenwinkel. Für ihn war es ebenso unmöglich den Spuren zu folgen, der Geruch der Asche und der Leichen hing wie ein Schleier in der Luft und machte es ihm schier unmöglich einzelne andere Gerüche herauszufiltern. Die Nacht war ungewohnlich still, man hörte kaum Eulen oder andere Vögel, auch das Zirpen der Grillen war nicht zu vernehmen. Das einzige Geräusch, das man kontinuierlich hörte, war das Flüstern des Windes in den Bäumen. Er schien die Geschichte des Dorfes und jedes Menschen, der jemals darin gelebt hatte zu erzählen und wie alles hier sein jähes Ende nahm. Raven schloss die Augen und lauschte dem Wind, er konzentrierte sich auf das, was er einst bei seiner Ziehmutter gelernt hatte. "Verlasse dich nicht immer auf deinen Verstand, schalte ihn ab und nutze alle deine Sinne mit dem Herzen. Dann wirst du sehen, was deinem Geist sonst verborgen bleibt!" Er konnte ihre Worte förmlich hören, er hatte diesen Satz nie vergessen und sich schon desöfteren an ihren Rat gehalten. Er spürte die Erinnerungen der Erde, der Pflanzen und Bäume um ihn herum. Plötzlich hörte er den Gesang der Vögel, er sah blühende Gärten, Bäume mit großen reifen Früchten, wunderschöne Blumen und er hörte das Gelächter von Kindern und den Klang von Musik. Es war der Tag der Sommersonnenwende und das gesamte Dorf hatte sich um den Brunnen versammelt und feierte und tanzte. Auf einem Altar neben den Brunnen lagen Opfergaben für die heilige Mutter. Er sah ein kleines Mädchen, das einen Kranz aus Blumen geflchten hatte und auf den Altar legte. Es hatte schulterlanges schwarzes gelocktes Haar und lachte wie ein kleiner Engel. Raven musste bei ihrem Anblick lächeln, Kara war schon immer ein sehr hübsches Mädchen gewesen. Sie lief zu ihren Eltern, einem starken und gutaussehenden Mann mit genauso rabenschwarzem Haar, wie das seiner Tochter und einer wunderschönen blonden Frau in einem langen dunkelgrünen Kleid. Sie trug ein Kind auf dem Arm, es war vielleicht gerade mal ein Jahr alt, ein kleiner hübscher Junge mit der selben Haarfarbe wie seine Mutter. Raven hörte wie Kara dessen Namen rief. Graydon, ein ziemlich seltener Name. Er hatte ihn bisher noch nie gehört. Plötzlich verdunkelte sich das Bild. Der Gesang, die Musik und das Lachen verschwanden. In der Ferne hörte er das Fauchen von Klingen, die schnell durch die Luft gezogen wurden. Auch hörte er, wie diese gegeneinander schlugen. Vor ihm erschien wieder ein Bild, er sah Kara und einen ihm unbekannten Jungen. Beide duellierten sich gerade. Der Junge war fast zwei Köpfe größer als Kara, er hatte kurze braune Haare und sah sehr kräftig aus. Jedoch schien es so, als hätte er seine Probleme gegen das Mädchen anzukommen. Sie bewegte sich recht flink und parierte jeden seiner Schläge ohne Mühe. Sie lachte die ganze Zeit über, was den Jungen in Rage zu versetzen schien. Je mehr er merkte, dass seine Schläge seine Wirkung auf sie hatten und sie ihn nicht als ernsten Gegner ansah, desto roter wurde sein Kopf vor Zorn. Am Ende entwaffnete sie ihn durch einen einfachen Schlag und richtete ihre Klinge gegen seinen Hals. Raven musste schmunzeln, dieser Kampf David gegen Goliath musste dem Jungen sehr peinlich sein. Er fragte sich, warum er die Herausforderung überhaupt angenommen hatte. Oder hatte er sie am Ende gar herausgefordert? Dann müsste ihm doch klar gewesen sein, dass sie kein leichter Gegner war. Wie auch immer, jedenfalls schien Kara in dieser Zeit viel mit dem Schwert gelernt zu haben. Sie war ohne eine Verletzung aus dem Kampf hervor gegangen, während ihr Gegner mit einigen Schrammen und blauen Flecken davon kam. Sie hätte ihm weitaus mehr Verletzungen zufügen können. Er sah wie ihr kleiner Bruder auf sie zustürmte und sich um ihre Beine klammerte. Der kleine bat seine große Schwester ihm auch so gut kämpfen beizubringen, ähnlich wie der kleine Junge auf dem Hof ein paar Tage zuvor, als Raven nach Kara gesucht hatte. Sie beugte sich zu ihm herab und meinte, er müsse noch etwas wachsen, sonst wäre sein Schwert ja noch größer als er. Der kleine verzog das Gesicht, wollte erst schmollen, überlegte es sich dann doch anders und versprach seiner Schwester statt dessen ganz schnell groß zu werden, damit er bald genauso gut war, wie sie und sie das Dorf gemeinsam verteidigen konnten. Ravens Herz erlitt bei diesen Worten einen kleinen Stich. Wäre es so gekommen, würde das Dorf jetzt wahrscheinlich nicht in Trümmern liegen. Wiederum verdunkelte sich das Bild und alle Geräusche verschwanden. Plötzlich wurde Raven von einem Aufschrei hochgerissen. Er sah wie die Truppen in das Dorf maschierten und wie Kara einem der Krieger mit einem gekonnten Hieb den Kopf abschlug. Anschließend schwang sie sich auf dessen Pferd und stob davon. Die Männer versuchten gegen die Truppen anzukommen, während die Frauen sich und die Kinder in Sicherheit brachten. Er sah eine alte Frau, anscheinend die Weise, wie sie einen Zauber beschwor, jedoch bevor sie die letzten Zeilen aussprechen konnte, bohrte sich ein Pfeil von einem der schwarzen Schützen durch ihren Körper. Er sah junge Männer, wie sie nur schlecht mit ihren Waffen gegen die schwarzen Krieger ankamen. Karas Mutter war von einigen Kriegern mit ihrem Sohn in eine Ecke gedrängt worden. Sie erstachen sie und nahmen den schreienden kleinen Graydon mit. Er rief die ganze Zeit über nach seiner großen Schwester, aber diese hatte sich mit dem Dolch auf den Weg zu Bova gemacht, sie konnte ihm nicht helfen. Sie hätte es getan, wenn sie gekonnt hätte. Wieder verdunkelte sich das Bild. Mehr musste Raven nicht wissen, also öffnete er wieder die Augen. Inzwischen war es bereits hell geworden. Einige Vögel sangen in dem Wäldchen, in welches die Spuren führten. Der Hund war verschwunden, wahrscheinlich suchte er irgendwo nach etwas fressbarem oder versuchte einfach nur dem Geruch zu entkommen. Kara schlief noch immer, deshalb stand Raven auf und suchte alleine nach den Fußabdrücken, die er in der Nacht zuvor kaum noch hatte erkennen können. Nun am Morgen, waren sie deutlicher zu sehen. Sie führten tief in das Wäldchen. Nach und nach kamen noch andere Spuren dazu. Es waren auch welche von Frauen dabei, also waren es sicher Überlebende aus dem Dorf. Oder eine Bande von Kopfgeldjägern trieb sich hier herum. Dann waren diese aber noch Anfänger und wussten nicht, wie man seine Spuren verwischte. Raven hielt inne und sah sich in dem Wäldchen um. Es war an dieser Stelle nicht sehr dicht, an einigen Stellen konnte man den Himmel durch die Baumkronen erkennen. Das sanfte Sonnenlicht und der Gesang der Vögel liessen es ungewöhnlich märchenhaft wirken. Raven verlor sich in Gedanken an Sagen über Feenwälder, die diesem hier wohl ähnlich sehen mochten, nein sicher viel atemberaubender waren. Eigentlich war er doch ein sehr verträumter und nachdenklicher Mensch, seine Mutter hätte sicher niemals gedacht, dass er einmal ein Krieger würde. Seine Mutter... Er vermisste sie sehr. Doch der Gedanke an sie gab ihm die Kraft zu kämpfen und ihren und den Tod aller, die er jemals geliebt hatte zu rächen. Er wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als er den Hund irgenwo anschlagen hörte. Schnell lief er in die Richtung, aus der er das Gebell vernahm und fand einen Mann, der sich an einen Baumstamm drückte und versuchte den Hund zu beruhigen, der wild an ihm hochsprang. Raven pfiff ihn zurück und ging den Mann genau musternd langsam auf diesen zu. Er war einfach gekleidet, sicher ein Bauer, womöglich stammte er aus dem Dorf. Er schaute ihn lange eindringlich an, der Mann rührte sich kein Stück, Raven erkannte, dass er zitterte, er hatte anscheinend Angst vor ihm, so große Angst, dass er es nicht einmal wagte davon zu laufen. "Kennst du Kara?" Seine Frage kam so plötzlich, dass der Mann zusammenzuckte und die Augen zusammen kniff, fast so als hätte Raven sein Schwert gezogen. Er öffnete sie jetzt wieder und blickte ihn erstaunt an. "D..die Kara aus diesem Dorf?" er zeigte in die Richtung, aus der Raven gekommen war. "Ja genau diese, du kennst sie also?" "Was ist mit ihr?" der Mann zitterte noch immer. "Gibt es noch andere Überlebende in diesem Dorf?" Raven schaute den Mann eindringlich an, so dass dieser den Verdacht bekam, er wäre gesandt worden um die restlichen Überlebenden zu töten. Bei diesem Gedanken schnürte sich ihm die Kehle zu. "Nun sag schon!" Wieder zuckte der Mann zusammen. Ravens Stimme klang für ihn so furchteinflösend, dass er auf einmal anfing um Hilfe zu rufen. Raven versuchte ihn zu beruhigen und ihm zu erklären, dass er ihm nichts antun wollte, doch dieser dachte nciht im Traum daran diesem Krieger auch nur ein Wort zu glauben. Er rief nur weiter um Hilfe. Der Hund fing nun an zu bellen und wie verrückt um den Mann herum zurennen. Nun war es Raven der zusammenzuckte. Hinter sich im Gebüsch hatte er etwas gehört und im Gebüsch gegenüber hatte sich etwas bewegt. Seine Hand ruhte auf dem Griff seines Schwertes, bereit dieses sofort zu ziehen und sich den Angreifern kampfbereit zu stellen. Die Männer traten nun aus den Büschen hervor, sie waren alle Bauern, wie der andere, jedoch waren sie mit Schwertern bewaffnet. Es waren ungefähr sechs, im stärksten von ihnen glaubte er Karas Vater zu erkennen. Sie hatten ihn rasch umzingelt und ihre Klingen gegen ihn gerichtet. Raven hatte den Hund erneut zurück gepfiffen. Dieser saß nun neben ihn, beäugte die Versammlung misstrauisch und ließ ab und an ein leises Knurren von sich vernehmen. Raven hätte leichtes Spiel mit diesen Männern gehabt, er hätte nicht einmal eine Minute gebraucht um sie zu töten, aber das wollte er natürlich nicht, waren sie doch womöglich Karas Freunde oder gar Verwandte. Er nahm seine Hand vom Griff seines Schwertes und legte sie auf seine Hüfte. Dann setzte er ein verschmitztes Grinsen auf, deutete auf den Schreihals und meinte nur, dass er sich bei seinem Anblick fast in die Hose gepinkelt hätte und fragte, ob er denn immer so drauf sei. Die Männer schienen nicht auf ihn einzugehen, sie trauten ihm nicht, zu Recht, schließlich kannten sie ihn ja nicht. "D..d..der Typ hat nach Kara gefragt." meinte der immer noch zitternde Typ zu dem großen stämmigen. Dieser hatte rabenschwarzes Haar und dunkle, jedoch sehr sanft wirkende braune Augen, kein Zweifel, dass dies Karas Vater war. "Woher kennst du sie?" seine Stimme klang bedrohlich. Er winkte den anderen zu, welche nun ihre Schwerter senkten und einen Schritt zurück gingen. Raven sah, dass der Mann sich auf einen Kampf vorbereitete, auf welchen der Krieger jedoch keineswegs bereit war einzugehen. Der alte Mann schaute ihm tief in die Augen und stürzte dann mit einem Ruck auf ihn los. Raven wich jedem seiner Hiebe gekonnt aus. Der Alte war zwar kräftig, aber durch seine Statur sehr langsam und unbeweglich. Aber mit seinen Schlägen hätte er Bäume zerteilen können. Die anderen Männer standen um sie herum und feuerten den Alten an. Ihre Rufe erfüllten die Luft, kein Vogel war mehr zu hören, nur das Gegröle und Gejohle der Männer und das Bellen des Hundes, der wie wild um die beiden Kämpfer herum sprang und versuchte nach dem Alten zu schnappen, der ihn immer und immer wieder fort trat. Ohne sein Schwert, war der Kampf doch schwerer als er dachte, aber er wollte es auch nicht ziehen, um den Mann nicht noch mehr zu provozieren oder ihn gar unbeabsichtigt zu verletzen. Womöglich würde dieser so auch bald von ihm ablassen, wenn er bemerkte, dass der Krieger nicht bereit war sich zu wehren und mit ihm zu kämpfen. Allerdings war es auch möglich, dass er dachte, Raven wollte ihm blos seine Überlegenheit demonstrieren, indem er nicht einmal sein Schwert zu ziehen bräuchte, um ihn zu besiegen. Wenn dem so war, könnte dieser Kampf noch eine Ewigkeit dauern. Noch war es ihm ein Leichtes jedem Schlag auszuweichen, doch bald würden sich die Erschöpfung, durch den fehlenden Schlaf der vorangegangenen Nächte, und sein Hunger, den er schon eine ganze Weile verspürte, bemerkbar machen. Bis dahin war es aber noch einiges an Zeit, so dass er einfach weiter dem alten Mann Paroli bot, indem er ihm einfach auswich und ihn zu Schlägen animierte, durch die der Alte öfters das Gleichgewicht verlor und zu stürzen drohte. Unglücklicherweise schaffte er es jedesmal sich wieder zu fangen, bevor Raven es schaffte ihm die Beine wegzuziehen und ihn zu entwaffnen. Wie sollte er es nur schaffen, mit so einem Sturkopf zu reden, der nicht im Traum daran dachte, diesen kampf zu verlieren? Kara kam wirklich ganz nach ihrem Vater! Die Fesseln schmiegten sich kalt um ihre Handgelenke. Der Raum war dunkel, dennoch konnte sie die Einrichtung erkennen. Sie saß auf einem Bett, es war hart, ohne eine Decke oder ein Kissen. Ihr gegenüber erkannte sie einen großen schweren Eichenschrank, das Holz glänzte im seichten Licht, dass durch das Fenster zu ihrer Rechten fiel. Sie wollte aufstehen und zum Fenster gehen, aber die Fesseln an ihren Füßen waren so unsagbar schwer und sie fühlte sich so kraftlos und müde. Sie vermisste ihren Vater und ihre Mutter. Heiße Tränen rannen ihr über's Gesicht. Sie fühlte sich so hilflos, so alleingelassen. Vor ihren Augen flammte das Bild ihres toten Vaters auf, ein stolzer Engel, mit einst so schneeweißen Schwingen, die nun blutverschmiert und zerstückelt um ihn herum lagen. Sein blondes Haar war rot und verkrustet von seinem Blut. Seine Augen blickten starr in die Unendlichkeit. Jedes Lebenszeichen war schon aus seinem Körper gewichen. In seiner linken Hand hielt er noch das Medallion seiner verstorbenen Frau. Sie kniete sich neben ihm hin und legte ihre Hand auf seinen Rücken. Sie konnte die Wunde, aus der das Blut hervordrang nicht sehen, sie musste auf seinem Bauch sein, auf welchem er nun lag. Sie kniete in seinem Blut, ihr Kleid hatte es innerhalb von Sekunden aufgesogen. Gelb wie die Sonnenblumen, die sie so sehr liebte, nun färbte es sich wie der ach so blutrote Sonnenuntergang. Sie streckte die andere Hand aus und griff nach dem Medallion. Es war das einzige, was ihr nun noch geblieben war. Doch die Männer, die sie kurz darauf von ihrem Vater fortrissen und zu ihrem Herren brachten, nahmen es ihr und gaben es diesem Scheusal, der den Tod ihres Vaters befohlen hatte, nur damit er sie bekam, als sein Spielzeug, seinen Schoßhund, seine Dienerin. Warum nur war er so grausam? Sie hatten ihm doch nichts getan! Warum nur wollter er sie unbedingt besitzen, wie ein Spielzeug? Trotz der Schmerzen, die die Fesseln an ihren Füßen verursachten, stand sie auf und ging zum Fenster. Die Ketten klirrten leise an der Wand über ihrem Bett in der Verankerung. Sie reichten gerade so, dass sie aus dem Fenster schauen konnte. Es war Vollmond, einige Wolken zogen durch den besonders düster wirkenden Nachthimmel. Der Mond bestrahlte einen Hof unter ihrem Fenster. Sie erkannte, dass sie sich in einer Burg befand, die Wände waren sehr stark und die Burgmauern hoch. Im Hof sah sie einige Pferdeställe und viele Wächter. An einigen Stellen waren Fackeln aufgestellt, so dass der Großteil des Hofes ausgeleuchtet war. Hier zu fliehen, würde sehr schwer werden, falls es überhaupt möglich war. Und selbst wenn man es schaffen würde, hatte der Herr immer noch Häscher, die ihr jahrelang auf den Fersen sein würden. Sie hörte, wie jemand den Flur hinaufkam. Vor ihrem Zimmer hielt er an und öffnete die Tür. Sie drehte sich um und blinzelte in den Lichtschein, der nun durch die geöffnete Tür fiel. Sie erkannte zwei Menschen: Eine alte Frau und einen jungen Burschen. Der Junge sagte ihren Namen, sie hörte ihn nicht wirklich, doch wusste sie, dass sie gemeint war. Sie ging einen Schritt auf ihn zu, doch im selben Moment spürte sie wieder die Schwere der Ketten an ihren Armen und Beinen und brach vpr ihm zusammen. Er reagierte blitzschnell und fing sie auf, bevor sie den Boden berührte. Sie weinte noch immer, ihre Tränen benetzten sein reines weißes Hemd. In diesem Moment tat sie ihm sehr leid. Ihre langen braunen Haare waren völlig verklebt und rochen nach Blut, ihre Augen waren von den Tränen stark gerötet, die Fesseln hatten die Haut um ihre Hand- und Fussgelenke wund gescheuert und an einigen Stellen rann Blut an ihren Gliedern herab. Ihre Flügel sahen eingefallen aus, sie wirkten grau und hatten jeglichen Glanz verloren. Sie sah wirklich mitleiderregend aus. Wie konnte man so ein schönes Geshöpf nur so behandeln? Zum aller ersten Mal verspürte er aus der Tiefe seines Herzens starken Hass gegenüber seinem Herrn. Er trug sie auf das Bett und öffnete ihre Fesseln. Die Frau hatte inzwischen Licht gemacht und eine Schüssel mit Wasser hereingetragen. Sie begann damit das arme Geschöpf zu waschen, während sie den Jungen losschickte Verbandsmaterial zu holen. Als dieser wiederkam, hatte sie das Engelskind von Kopf bis Fuß gewaschen und machte sich nun daran, ihre Wunden zu versorgen. Sie schickte ihn erneut los, um ihr etwas Essen zu holen. Als er wiederum wiederkam, hatte sie das Mädchen neu eingekleidet und alle ihre Wunden verbunden. Sie blickte die beiden kraftlos, aber dennoch dankbar an. Dann sah sie, wie ein kräftigerer Junge in Rüstung in der Tür erschien und nach dem anderen Jungen rief, er solle ihm bei etwas helfen. Sie verstand nicht ganz, was der andere Junge sagte, aber sie fand die Namen der beiden schön. Beide sahen recht freundlich aus, auch wenn der zweite den Anschein erregte, sich ihr gegenüber unwohl zu fühlen. Sie waren nun beide aus ihrem Blickfeld verschwunden. Die alte Frau beugte sich über sie und gab fütterte sie mit etwas Suppe. Sie verschluckte sich ab und zu, aber die Suppe schmeckte und tat ihr gut. Bald verließ die alte Frau sie wieder mit den Worten, dass sie etwas schlafen sollte, morgen würde sie wieder nach ihr sehen. Als sie ging, löschte sie das Licht und verschloss die Tür wieder von außen. Sie lag noch eine Weile wach und fragte sich, ob die Möglichkeit bestand das Medallion ihrer Mutter wiederzuerlangen, war es doch das einzige, was ihr nun noch von ihr geblieben war... Sie merkte nicht, wie sie langsam einschlief, sie spürte nur das leichte Brennen ihrer Wunden. Ein Schrei riss Kara aus der ihr unbekannten und doch so vertrauten Welt. Sie brauchte einen Moment um sich zu sammeln und zu realisieren, wo sie war. Dies war ihr Dorf! Aber es war vollkommen verwüstet und teilweise abgebrannt. Ein graunvoller Verwesungsgeruch lag in der Luft. Sie konnte niemanden entdecken. Wieder ertönte der Schrei. Sie sprang auf und sah sich um. Der Schrei schien aus dem Wäldchen zu kommen. Ohne nachzudenken, rannte sie kurzerhand los, immer den Schreien hinterher. Da rief eindeutig jemand um Hilfe. Plötzlich verstummten die Schreie. Kara blieb stehen. Aus welcher Richtung waren die Hilferufe gekommen? Sie konnte noch immer niemanden entdecken. Nun hörte sie andere Rufe, es schienen mehrere Männer zu sein. Was sie riefen, konnte sie nicht verstehen. Sie wollte ihr Schwert ziehen, bemerkte aber, dass sie es beim Pferd vergessen hatte. Sie hörte nun auch den Hund bellen. Ravens Stimme war bei dem Geschrei nicht zu hören, wonöglich war er in Gefahr! Sie konnte jetzt nicht umkehren, sie musste ihm sofort helfen. So schnell wie irgendmöglich rannte sie durch den Wald, immer den Stimmen hinterher. Bald konnte sie vage Umrisse eines Kampfgeschehens erkennen. Mehrere Männer standen im Kreis und gröhlten irgend etwas unverständliches, der Hund hüpfte wie angestochen um die Männer, dann erkannte sie auch Raven, wie er sich einen verbissenen Kampf mit einem älteren Mann lieferte. Er hatte sich diesem anscheinend unbewaffnet gestellt. Als sie näher kam, erkannte sie einige der Männer, sie waren alte Bekannte aus ihrem Dorf. Nun erkannte sie auch, dass es ihr Vater war, der da so verzweifelt versuchte Raven auf den Pelz zu rücken. "Papa!!!" Ihre Stimme schien die Luft zu zerschneiden. Der alte Schmied hob den Kopf und blickte seiner Tochter entgegen. Raven nutzte diesen Augenblick, um dem Alten in die Kniekehlen zu treten, ihn so zu Boden zu reißen und ihm sein Schwert abzunehmen. Der Alte lag fluchend am Boden und hob beide Hände, um zu zeigen, dass er kapitulierte. Kara lief schnell zu ihm hin und half ihm wieder auf. Raven hatte das Schwert inzwischen in den lockeren Waldboden gespießt und es sich auf einem naheliegenden Baumstamm bequem gemacht. Alle waren damit beschäftigt sich um Kara und den alten Mann zu kümmern, ihn schien keiner mehr zu bemerken. Seiner Meinung nach eine Gefährliche Einstellung. Der Hund hatte sich wieder einmal neben ihm niedergelassen und ließ sich nun genüsslich von ihm hinter den Ohren kraulen. Die anderen bombadierten währenddessen Kara mit Fragen oder drückten sie kräftig vor Freude, dass sie noch lebte. Der alte Schmied prahlte damit, dass sie nunmal seine Tochter sei und sich nicht so leicht ein paar Kriegern geschlagen gäbe! Bei diesem Worten kam ihnen wieder der Krieger in den Sinn, der nun hinter ihnen saß und die Situation amüsiert verfolgte. "Nun Kara? Wieder alles in Ordnung?" er grinste sie breit an. Der alte Schmied schob sich zwischen die beiden:" Kennst du diesen Rüpel etwa?" Kara errötete, sie blickte ihren alten Herrn an und musste sich bei dem Gedanken, dass er zum ersten mal gegen so einen Jungspund verloren hatte, das Grinsen verkneifen. "Ja, ich habe ihn beim alten Bova getroffen, er hat mir geholfen." Der alte musterte den Krieger aufs neue. "So, na wenn das so ist..." er ging auf Raven zu und streckte ihm die Hand entgegen, der diese lächelnd entgegen nahm. "Tut mir leid, konnte ich ja nicht wissen." die Entschuldigung klang stark erzwungen. Raven musste wieder grinsen: "Schon vergessen!" Er stand auf und schaute Kara erwartungsvoll an. Sie hatte sicher nicht vergessen, dass sie ihm noch etwas schuldig war, außerdem musste er noch etwas mit ihr besprechen. Kara jedoch ließ sich erst einmal von den anderen erzählen, was alles in der Zwischenzeit passiert war. Sie erfuhr, dass die Truppen jedes Kind aus dem Dorf entführt hatten, auch ihren kleinen Bruder. Nur wenige hatten es geschafft zu fliehen, insgesamt ungefähr zwölf Leute, darunter Karas Vater, ihre Mutter und einige Freunde der Familie. An Waffen war nicht mehr viel übrig, die Krieger der Truppen hatten alles übrig gebliebene mitgenommen. Auch waren keine Tiere am Leben gelassen worden. Während dies alles Kara erzählt wurde, machten sie sich zu dem Ort auf, an dem sich die anderen versteckt hielten. Es war eine kleine Höhle, versteckt an hinter einigen großen Felsbrocken an einer steilen Felswand, tief verborgen im Wäldchen. Erneut musste sich Kara von allen umarmen lassen und erzählen, was ihr bisher wiederfahren war. Raven schenkte niemand Beachtung, er setzte sich draußen mit dem Hund auf einen Felsen und lauschte dem Gesang der Vögel. Aus der näheren Umgebung drang das Plätschern eines kleinen Wasserfalls. Er lehnte sich zurück und legte den Kopf zurück. Sein Blick verlor sich im saftigen Grün der Blätter und den vereinzelt blauen Flecken des Mittagshimmels. Seine Gedanken kreisten um dieses Mädchen. Er hatte sie zum ersten Mal getroffen, er war sich da hundertprozentig sicher. Warum nur kam sie ihm so vertraut vor? Sie erinnerte ihn so sehr an ein Mädchen, nein eine wunderschöne Frau, die er mal gekannt und über alle Maßen geliebt hatte. Eigentlich liebte er sie ja immer noch. Aber... irgendwie empfand er auch starke Gefühle für dieses Mädchen. Die Gedanken in seinem Kopf verhedderten sich zu einem wirren Knäuel, er verstand nichts mehr, er konnte seine Gedanke einfach nicht ordnen. Ruckartig zog er beide Hände an seinen Kopf und wuschelte sich wild durch die Haare, fast als wollte er so versuchen seine Gedanken zu entheddern. Er schaute rüber zum Eingang der Höhle. Ein älterer Mann saß dort und schaute wie er zuvor in die Baumkronen. Sein Bein war verbunden, er schien schwer verwundet worden zu sein. Es muss wirklich ein harter Kampf gewesen sein. Der alte Schmied erschien in der Öffnung der Höhle und sah zu Raven herüber. Er lächelte ihn an, kam auf ihn zu und setzte sich neben ihn. "Ich muss mich bei dir bedanken, du hast viel für meine Tochter getan." diesmal klangen seine Worte nicht erzwungen, sie kamen von Herzen. Er schien jegliches Misstrauen dem Krieger gegenüber verloren zu haben. Wem er dies zu verdanken hatte, lag eindeutig auf der Hand. "Es ist noch nicht vorbei. Einmal muss ich sie noch entführen, ich habe es dem alten Bova versprochen." Der alte Schmied schaute den Krieger fragend an. "Was will der alte Bova denn von ihr?" Raven schloß die Augen und lächelte. "Ich kann nur sagen, was er mir sagte. Er will ihr ihr Schicksal eröffnen." Der Schmied runzelte die Stirn. "So?" Dann verlor sich sein Blick in den Überlegungen, die er nun anzustellen schien. Raven beobachtete seine Mimik eine Weile, dann schaute er wieder in den grünblauen Himmel über sich. Einige Eichhörnchen hüpften über die Äste. Der Hund blickte ihnen jagdlustig hinterher, gab aber keinen Laut von sich. "Mein Name ist übrigens Raven." er riss den Alten damit aus seinen Gedanken. "Was? Achso, ja, mein Name ist Ferim." er hatte den Krieger kurz angeschaut und war sofort wieder in Gedanken versunken. Er musste an etwas denken, was die Weise ihm vor Jahren einmal erzählt hatte. Sollte es sich etwa bewahrheiten? Warum jetzt und warum sein Kind? Raven starrte weiter in den Himmel. Die Feen hatten mit diesem Wald wirklich ganze Arbeit geleistet, er war wunderschön, auch wenn er so unbedeutend war. Wieder verlor er sich in seinen Gedanken. Ihm ging alles mögliche durch den Kopf. Er hatte so viele Fragen. Würde er jemals eine Antwort auf sie finden? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)