Zweite Chancen von Aires (Wenn das Leben gegen dich spielt [ZoNa]) ================================================================================ Kapitel 29: Fremder ------------------- Die Fahrt zum Krankenhaus dauerte in der Regel mit wenig Verkehr dreißig Minuten. Das Navi zeigte heute am frühen Morgen knapp fünfzig an. Für Nami dauerte die Fahrt bereits ein Jahrzehnt. Ace hatte eingewilligt sie mitzunehmen, sie hatte sich umziehen können und als sie losgefahren waren hatte der Ältere sie über sie Situation aufgeklärt. Er hatte vieles erzählt, mit Fachwörter um sich geworfen die ihm vorher wahrscheinlich ein Arzt mitgeteilt und er nur weitergeben hatte, im Endeffekt war bei Nami aber nur eines hängen geblieben; Zorro wurde im Gefängnis angegriffen und so schwer verletzt, das sie ihn in das nächste Krankenhaus bringen mussten, um eine fachgerechte Behandlung zu ermöglichen. Sie hätte fast hysterisch losgelacht, als Ace geendet hatte. Das konnte ja eigentlich alles nur ein schlechter Scherz sein. Ihr hatte der Traum noch in den Gliedern gesteckt und so hatte sich das alles derart surreal angefühlt… Ihre Gefühle fuhren Achterbahn. Da war Enttäuschung, Trauer, Wut aber auch Angst ihn verlieren zu können. Dabei hatte sie gedacht ihn schon längst verloren zu haben, ihn nie wieder unter die Augen treten zu wollen und doch war das Bedürfnis ihn zu sehen, ihn zu berühren nun dringender als jemals zuvor, gepaart mit Genugtuung, was wiederum Schuldgefühle in ihr auslöste. Warum gab es eigentlich keinen Knopf mit denen sich Gefühle einfach ausschalten ließen? Nicht nur ihr Kopf auch der gesamte Rest ihres Körpers schien einen Kampf um Moral und Richtig und Falsch auszutragen. Auf ihr lag eine solche Last, dass sie sich wunderte, dass der Aluminiumrahmen des Autos das überhaupt aushalten konnte und sie nicht geradewegs durch das Fahrzeug hindurch tief in den Asphalt gedrückt wurden. Die Gespräche der anderen, falls sie sich überhaupt unterhielten gingen einher mit dem Umgebungsrauschen. Wie in Watte gepackt fühlte sie sich. Im Nachhinein sollte sie sich gar nicht mehr an die Fahrt erinnern, geschweige denn wie sie ins Auto gestiegen war, wie sie wieder ausgestiegen war oder wie sie vor die Tür von Zorros Krankenzimmer gelangt war. Später hatte Vivi ihr erzählt, dass erst die anderen reingegangen seien. Das alles sollte außerdem nur möglich gewesen sein, weil Robin persönlich dafür gesorgt hatte, dass sie alle eine Genehmigung bekamen. Weiß der Teufel wie sie das geschafft hatte. Anscheinend konnte Geld wohl doch alles regeln. Geld regiert die Welt oder so. Aber ab dem Moment, als Nami den ersten Schritt ins Innere des Zimmers trat, setzten ihre Erinnerungen schlagartig wieder ein. Sie hörte das gleichmäßige Summen und Piepen der medizinischen Geräte, so klar und deutlich, als spielten sie ein Konzert direkt in ihren Ohren. Der Geruch von Krankenhaus, getrocknetem Blut und Desinfektionsmittel stieg ihr unangenehm in die Nase aber auch sein Körpergeruch schwang sanft mit und der Einklang dieser Gerüche und Geräusche versetzte ihr eine Gänsehaut. Ihre Sicht war zu Boden gesenkt. Sie traute sich kaum einen Blick auf das Bett zu werfen, geschweige denn auf den Mann der in diesem Liegen sollte. Sie wusste noch immer nicht was sie denken sollte. Ihre Sorge um ihn war dermaßen stark gewesen…sie hatte darüber nachgedacht was sein würde wenn sie sich getäuscht hatte, wenn die Beweise gefälscht waren und Zorro unschuldig. Er würde ihr wahrscheinlich nie verzeihen können. Sie selbst würde sich das nicht verzeihen können. Die Vorstellung daran war Grausam. So sehr, dass ein kleiner Teil in ihr flüsterte es wäre besser wenn er schuldig war. Ein weiterer Grund wieso sie ihre Gefühle am liebsten abstellen wollte. Aber dann wäre nicht von all dem hier jemals passiert. Ihr Herz pochte wie verrückt, als sie nun hier in dem Krankenzimmer stand, ihr ganzer Körper zitterte und ihr Mund war dermaßen ausgetrocknet  als hätte dieser die letzten Tage nicht einen Tropfen Wasser gesehen. Mit einem tiefen Atemzug richtete sie schließlich ihren Blick auf die weißen Laken und wanderte dann weiter zu seiner Gestalt. Sein Anblick zerriss Nami das Herz. Sie fühlte sich als würden alle seine Schmerzen ebenfalls auf sie übertragen werden. Unwillkürlich schlang sie sich die Arme um ihren Oberkörper. Seine sonst so wunderbar gebräunte Haut erschien ihr fahl und ungesund, die vielen Kratzer und Schrammen ließen sie innerlich zusammenzucken. Aber das was sie am meisten erschreckte war der Verband der sich über sein linkes Auge erstreckte. Der sonst weiße Verband war an der Stelle über seiner Augenkuhle verfärbt und ein unangenehmes Kribbeln breitete sich in ihrer Magengegend aus. Sie hatte kein Problem damit Blut zusehen. Aber es war etwas komplett anderes jemanden, dem man nahe stand – oder nahe gestanden hatte – derart zugerichtet zu sehen. Im Kontrast dazu wirkten die vielen blauen Flecken wie eine Nichtigkeit. Nami hatte es die Sprache verschlagen. Kein Ton wollte ihr über die Lippen kommen, kein Wort hätte ausgedrückt wie sie sich gerade fühlte, was sie dachte. Zorro schien ihr das abnehmen zu wollen. „Na, gefällt dir was du siehst?“ Sie war beinahe entsetzt über den Klang seiner Stimme. Eiskalt und doch so vertraut. Sein Blick fegte trotzdem jeden Zweifel beiseite. Die Distanz die dieser ausstrahlte war fast greifbar, wie eine Mauer die sich zwischen ihnen aufgetan hatte. Ein weiterer Schauer rollte ihr über den Rücken.“Lass die Scherze.“, sagte sie fast ebenso kühl, zumindest versuchte sie es, wenn auch nicht ganz so ruhig wie Zorro, denn wie könnte sich auch? Er hätte doch irgendeine Art von Reue zeigen müssen! Stattdessen lag er da und machte Witze. Das alles wirkte so unwirklich. War es ihm egal? Oder war das das Ausmaß ihres Verrats an ihm? Unsicher trat Nami einen Schritt näher an das Bett heran. Sie roch den feinen Schweißgeruch der von ihm ausging. "Du siehst beschissen aus", setzte sie zaghaft an, „Was ist passiert?“ Der Kloß der ihr im Hals steckte hätte sie fast daran gehindert überhaupt irgendeinen Ton heraus zu bringen. In einer unbedachten Geste streckte sie die Hand nach ihm aus um ihm die  Haare aus der Stirn zu wischen. Er fing ihre Finger unsanft ab, bevor sie auch nur in seine Nähe gekommen war. Sie hätte nach seinen ersten Worten am liebsten aus dem Zimmer rennen wollen. Aber sie wollte sich dem hier auch stellen. Sich selbst beweisen, dass sie stark war und es aushalten würde. Und sie wollte Antworten haben. Aber die Art wie er sie ansah und wie er mit ihr sprach... Sie wusste nicht wie lange sie sich dem stellen konnte. Ein freudloses Lächeln huschte über seine aufgeplatzten Lippen. „Wonach sieht es denn aus?“, stellte er eine Gegenfrage und ließ damit ihre Hand los, die sie sofort schützend an ihren Körper presste. Bedacht zog sie sich den Hocker heran, der wahrscheinlich für den behandelnden Arzt zur Verfügung stand, und ließ sich darauf sinken. Ihre zitternden Beine dankten es ihr. Sie sah ihn einen Moment schweigend an, richtete ihren Blick auf die Mullbinde über seinem Auge und ein flaues Gefühl machte sich von neuem in ihren Magen breit. „Mit deinem grimmigen Blick und dem Verband könnte man fast meinen du seist ein Pirat.“ , murmelte sie heiser in einem Versuch die Anspannung abzuschütteln. Sie scheiterte kläglich. Die Luft schien zunehmend dicker zu werden, als das unangenehme Schweigen weitere Minuten anhielt. Nami räusperte sich. „Weißt du wer…", sie brach ab und senkte den Blick. „Die Germa 66..“ „Stopp“ , unterbrach er sie mit kräftiger Stimme und verständnislos, fast schon verängstigt hob Nami den Blick. Er sah besorgt aus, aber vielleicht wünschte sie sich ja auch nur, dass es so war. “Du solltest deine Nase nicht in Dinge stecken von denen du nichts verstehst.“, wies er sie zurecht. „Inzwischen verstehe ich eine ganze Menge.“ warf sie vorwurfsvoll ein. „Auch wenn ich wünschte es wäre nicht so.“, fügte sie hinzu und presste in einem Anflug von Wut die Lippen zusammen. „Süß, dass du das denkst, aber du verstehst einen Scheißdreck!“ „Dann erklär’s mir!“, forderte Nami wütend und erntete ein trockenes Lachen von Zorro. „Ich will dich nicht langweilen. Letzten Endes bist du doch nur hier, um zu erfahren wie ich dir sowas nur antun konnte.“ „Das heißt du gibst es zu?“, forderte Nami zu wissen was Zorro die Stirn runzeln ließ. „Die Sache ist für dich doch schon längst entschieden.“, erwiderte der Grünhaarige scharf und wandte das Gesicht von ihr ab, was Nami nur noch wütender machte. „Ich bin hier weil ich mir Sorgen gemacht habe! Und weil ich bereit dafür bin mir deinen Teil der Geschichte anzuhören“ „Und ich dachte du könntest nicht noch naiver werden“, höhnte Zorro. Verletzt sah Nami zu Boden. Warum sagte er nichts zu all dem was passiert war, wieso versuchte er nicht wenigstens sich daraus zu winden?! Stattdessen ritt er sich immer mehr hinein. Er war ihr doch zumindest eine Erklärung schuldig! „Wieso?“, stolperte das Wort aus Namis Mund. Sie hatte noch viel mehr hinzufügen wollen, beließ es jetzt aber dabei und sah den Grünhaarigen abwartend an.  Ein winzig kleiner Teil in ihr hatte vielleicht gehofft, er würde ihr alles erklären, würde darauf bestehen, dass er unschuldig war, dass das alles hier ein Missverständnis war und dass sie ihm vertrauen sollte und er ihr versichern würde wie sehr er sie liebte. Aber all das tat er nicht. Alles was er tat war ihr einen mitleidigen Blick zu schenken. „Das ist eben was ich tue. Und du hast es mir wirklich einfach gemacht. Es wäre beinahe langweilig geworden, deswegen habe ich versucht dir Hinweise zu geben, dich von mir zu schieben.“, er hielt inne und platzierte seine Hand über das linke Auge und sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. Mit angehaltenen Atem wartete Nami auf seine nächsten Worte. „Aber du kamst immer wieder angekrochen. So naiv.. Jeder andere Kerl hätte sich wohl glücklich schätzen können“, schloss er mit einem Glucksen. Ungläubig starrte der Rotschopf Zorro an. Das war nicht mehr der Mann den sie glaubte zu kennen.  Glaubte gekannt zu haben.  „Du wusstest, dass wir nichts hatten... Was hat dir das alles gebracht?!“ Sein Blick glitt an ihr vorbei so als suche er selbst noch nach einer Antwort auf ihre Frage. Wie hypnotisiert, hatte er einen Punkt hinter ihr fixiert während seine Mundwinkel anfingen sich nach oben zu kräuseln, bevor er schlagartig sein verbliebenes tiefdunkles, leeres Auge auf sie richtete und sie mit seinem Blick durchbohrte. „Ich nehme an, du erinnerst dich noch an Trafalgar Law?“  Unwillkürlich klappte die Orangehaarige ihren Mund auf während die Zahnräder in ihrem Kopf zu rattern begannen und es dauerte nicht lange, da dämmerte es ihr bereits wo sie den Namen zuletzt gehört hatte. Zorro schien die Antwort in ihren Augen lesen zu können und ein eisiges, beinahe unheimliches Grinsen breitete sich auf seinen Zügen aus. „Ich soll dir schöne Grüße ausrichten.“  Entsetzen trat in Namis Gesicht, während sie sich langsam vom Hocker erhob. „Was soll das bedeuten?!“, verlangte sie zu wissen. Tränen der Wut stiegen in Nami auf, die sie nicht mehr zurück halten konnte, weil sie bereits ahnte welches Spiel hier gespielt wurde. “Du weißt was das bedeutet“, war Zorros lapidare Antwort. Sie konnte nicht fassen was hier gerade passierte. Niemals hätte sie damit gerechnet, dass er mit diesem Kerl unter einer Decke steckte. Der Kerl der sie damals vorm Club fast vergewaltigt hatte. Das alles war ein ausgeklügeltes Spiel gewesen. Wahrscheinlich hatte er Law niemals wirklich die Nase gebrochen. Ihr war übel. "Du bist abscheulich..“, wisperte Nami schwach. "Keine Ahnung was du den anderen erzählt hast, dass sie noch zu dir halten, aber ich bin fertig mit dir. Ich wünschte ich wäre dir nie begegnet!“ Energisch wischte Nami sich die Tränen aus den Augen, als Zorro seinen Blick von ihr abwandte. „Das wäre wohl das beste gewesen.“, fügte er bestätigend hinzu, seine Stimme nicht mehr als ein flüstern, während sie schon dabei war das Zimmer zu verlassen. Einen letzten Blick auf Zorro werfend knallte sie die Tür hinter sich zu und sperrte somit ihn und auch ihre Gefühle zu ihm endgültig aus ihrem Leben aus. Sie hatte ihre Antworten bekommen. Sie hatte alte Wunden aufgerissen aber immerhin hatte sie jetzt Klarheit. Und es war dringend Zeit für einen Neuanfang. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)