Gefährliche Leidenschaft von ZERITA ================================================================================ Kapitel 3: Blind and habits --------------------------- Gelangweilt saß er neben Tsukasa im Auto. Sie hatten für das Clanoberhaupt gerade eine wichtige Aufgabe erledigt und waren nun auf dem Weg zurück. Ihr Leben war irgendwie komisch geworden in der letzten Woche. Noch immer fehlte ihm etwas ohne Karyu. Natürlich versuchte er sich abzulenken, hatte sich die Zeit mit Sport oder Frauen vertrieben, aber zufrieden stellte ihn das nicht. Selbst in ihre Lieblingshostessenbar gingen sie nicht mehr, weil Tsukasa den Zwerg nicht sehen wollte. Angeblich weil dieser so nervig war, dabei hatte Zero eine ganz andere Vermutung. „Ich überlege, ob ich mir nicht mein Tattoo erweitern lasse…“, durchbrach er die Stille und sah zu dem Älteren. „Dein Rücken ist doch schon voll und noch eine Windung kann der Drache da nicht machen.“ „Es soll auch nicht auf dem Rücken weitergehen. Vielleicht über die Schultern zum Schlüsselbein oder aber ähnlich wie bei dir, dass es etwas an den Oberarmen entlang geht.“ Tsukasa lachte leicht. „Aber denk dran, am besten hört es dann bei der Hälfte auf, damit du noch kurze Ärmel tragen kannst. Nimm dir da ruhig ein Beispiel an deinem Bruder. Weißt du schon was?“ Er schüttelte leicht den Kopf und sah wieder aus dem Fenster. „Nein, da bin ich mir noch nicht so sicher. Vielleicht irgendwas mit Kirschblüten? Sind ja auch das Symbol unseres Clans…“ „Dir wird schon etwas einfallen, Zero. Und ich stehe dir gerne mit Rat und Tat zur Seite.“ „Den Rat nehme ich an, aber die Tat lass mal bleiben. Ich weiß noch, wie du in unserer Anfangszeit versucht hast Takeru ein Tattoo zu machen. Der Ärmste läuft noch immer entstellt damit rum, weil es keiner reparieren kann.“ Lachend ließ er sich von seinen Bruder gegen die Schulter boxen. Sie hatten damals eben versucht Geld zu sparen, konnte doch keiner ahnen, dass das Stechen von Tattoos so schwierig ist. „Da fällt mir ein, das hier war noch im Wagen. Du solltest es wegwerfen“, erklärte sein älterer Bruder und gab ihm eine Tüte. Ein kleiner Blick hinein verriet ihm, dass es noch die Sachen waren, die er für seine Besuche bei Karyu getragen hatte. „Die waren aber teuer…“ Die Klamotten hatten ihn wirklich einiges gekostet. Na ja, bis auf die Leggings, davon hatte er sich gleich mehrere geholt. Was ganz praktisch war, weil Karyu ihm doch die eine oder andere kaputt gemacht hatte. „Dann such dir eine Freundin, die das Zeug für dich trägt. Obwohl ich bezweifele, das auch nur irgendeine so was tragen will. Nuttiger kann man wirklich schwer aussehen.“ Zero grinste und sah seinen Bruder an. „Ach komm schon, selbst du musst zugeben, dass ich darin heiß aussah! Das hast du selber mal erwähnt.“ „Zero, du spinnst. Du bist mein Bruder und damit kann ich dich schon einmal gar nicht heiß finden!“ „Das eine hat mit dem anderen schon einmal gar nichts zu tun. … Ich weiß, was wir jetzt machen! Wir fahren nach Akihabara und besuchen dein Lieblingsmaidcafé! Kein Wunder das du so griesgrämig bist, du warst doch schon Ewigkeiten nicht mehr dort!“ Sein Bruder hob nur skeptisch eine Augenbraue, etwas was Zero so erwartet hatte. Wenn war sein Bruder bisher immer alleine in diesen Cafés gewesen, weil er diese Leidenschaft einfach nicht teilte. Noch immer fragte sich der Jüngere, was so toll daran war, wenn irgendwelche Mädchen in ein kurzes Kostüm schlüpften und einen dann als ihren Meister ansahen. So etwas hatte er doch Tag für Tag, gut die untergeordneten Yakuza waren nicht süß, aber ansonsten war es doch das gleiche. Da fand er diese Katzencafés besser, das beruhigte ihn, vorausgesetzt die Katzen kratzten und bissen ihn nicht. Dennoch würde er sich jetzt eben einfach mal opfern und mit seinem Bruder in dieses Maidcafé fahren. Schnell gab er dem Fahrer die Anweisung und stellte die Tüte mit seinen alten Klamotten beiseite. Was er nun damit anfangen würde, wusste er noch nicht, aber es gab schlimmeres. Hätte der Kleinere geahnt, worauf er sich da einließ, wäre er dem Café wohl fern geblieben. Diese nervigen quietschenden Stimmen und dieses gekünstelte Verhalten kotzten ihn einfach nur an. Tsukasa hingegen schien das irgendwie zu genießen, der schaltete richtig ab und entspannte. Wie das ging verstand Zero einfach nicht. Endlich saßen sie wieder im Auto, weshalb sich der Jüngere fix und alle in den Sitz warf. „Alter, mir brummt der Schädel! Wie hältst du das nur aus? Wir sollten lieber zu den Hostessen gehen, die quäken einen nicht so voll“, beschwerte er sich und schloss die Augen. „Ach daran gewöhnt man sich. Der Kaffee dort ist aber köstlich und die coolen Animefiguren, die sie auf den Schaum malen sind eben einfach einmalig. Die Hostessen wollen nur, dass du Geld ausgibst oder sie dich ins Bett bekommen, wenn es leichte Weiber sind. Die Maids gehen einem da nicht ganz so auf den Sack.“ „Ja, ja schon gut. Lass uns trotzdem zu den richtigen Weibern gehen!“ „Geh doch alleine!“ „Komm schon, Aniki! Ist doch nur halb so witzig ohne dich, außerdem vermisst der Zwerg dich sicher auch.“ Zero sah wie der Ältere mit sich haderte, dann aber doch genervt seufzte. „Wenn’s unbedingt sein muss“, grummelte sein Bruder, weshalb er innerlich jubelte. „Aber vorher wird noch gearbeitet! Kein Spaß ohne sich diesen vorher verdient zu haben, du ruhst dich eh schon auf den Lorbeeren aus“, legte Tsukasa fest und zerstörte somit seine ganze Freude. ~*~ „Was soll das heißen, Hizumi ist nicht da?“, erkundigte er sich etwas aufgebracht. Niemand von seinen Angestellten tauchte einfach so nicht auf zur Arbeit, so etwas gab es nicht. „Tsukasa-sama… könnte ich Euch kurz sprechen?“, meldete sich eine Hostess und sah etwas verlegen zu Boden. „Was ist denn Kumiko?“, erwiderte der Yakuza gereizt. Er wollte wissen, warum der Zwerg sich nicht mehr an den Vertrag hielt, andernfalls drohten diesem nämlich wirklich Schläge. „Hizu-chan ist krank… mehr oder weniger… Ich habe gesehen, wie er vor ein paar Tagen zusammen geschlagen und von einem Krankenwagen abgeholt wurde. Wenn er noch im Krankenhaus ist, kann er sich deswegen vielleicht nicht abmelden.“ Der Kleine wurde also zusammen geschlagen? Hatte der die Klappe wieder zu weit aufgerissen? „Komm mal mit da rüber Kumiko und dann erzählst du uns mehr“, hauchte Zero charmant und legte den Arm um die Hüfte der Hostess, bugsierte sie so in eine ruhige Ecke. Was sollte die noch großartig erzählen? Dennoch folgte Tsukasa seinem Bruder, obwohl er mehr als nur bezweifelte, dass das irgendetwas bringen würde. „War seit letztens irgendwas vorgefallen? Der Kleine wird doch nicht ohne Grund krankenhausreif geschlagen.“ Kumiko sah Zero aus großen Augen an und rückte diesem auf die Pelle. Scheinbar war sie fasziniert von dessen Freundlichkeit. Das musste er seinem kleinen Bruder ja lassen, der hatte bisher noch alles von Frauen bekommen, was er wollte. „Nachdem ihr das letzte Mal hier gewesen ward, hat Maya dem Kleinen das Leben zur Hölle gemacht. Sie hat ihn immer hin und her gescheucht, ihn vor den Kunden wirklich fertig gemacht und ihm wieder und wieder ein Bein gestellt. Vor ein paar Tagen hat Hizumi sie versucht zur Rede zu stellen, aber sie hat das ignoriert. Als sie ihn dann wieder vor den Gästen schikaniert hat, hat er sich das eben nicht mehr gefallen lassen. Ich weiß nicht, ob es von Maya ausging, dass Hizumi verprügelt wurde, aber ein paar der Typen haben Maya immer mal wieder abends abgeholt.“ Aufmerksam lauschten sie den Ausführungen von Kumiko und Zero streichelte dieser immer wieder über den Arm, die Hand oder den Oberschenkel. „Kumiko, was hältst du davon, wenn wir drei jetzt in den Wagen steigen. Dann fahren wir gemeinsam zu Hizumi und sehen nach wie es ihm geht?“, schlug sein kleiner Bruder vor, weshalb Tsukasa genervt mit den Augen rollte. „Du weißt doch, wir sind immer besorgt, um das Wohlergehen unserer Angestellten.“ Noch größer konnte die Schleimspur nicht werden, die Zero da gerade hinterließ. Natürlich war die Hostess von der Idee begeistert. Ganz gentlemenlike legte Zero ihr auch noch sein Jackett um und führte sie zum Wagen, während er selbst Anweisung gab Maya zu feuern. Auf dem Weg zum Auto rief er auch gleich noch ein paar Untergebene an, die von Maya die restlichen Schulden eintreiben sollten. Glücklich würde die so schnell nicht mehr werden. Maya hatte sich in den letzten Jahren eben einfach zu viel geleistet, als dass er das auch noch durchgehen lassen könnte. Im Wagen grummelte Tsukasa genervt, weil sein Bruder mehr als ihm lieb war mit der Hostess flirtete. Die beiden könnte er wohl nachher in ein Love Hotel schicken. Das war dann wohl die Belohnung dafür, dass die Kleine ihnen so geholfen hatte. Zu dritt standen sie jetzt nun vor Hizumis Wohnungstür und klopften. „Wer ist da?“, hörten sie dessen Stimme vorsichtig fragen. „Hizumi? Ich bin es Kumiko. Ich wollte dich besuchen kommen und fragen wie es dir geht. Darf ich reinkommen?“ Zero und er wartete lieber und sagten nichts, nicht das der Kleinere wegen ihnen nachher die Tür nicht aufmachte. „Du bist aber nicht alleine. Wer ist noch da? Ich hab Schritte von noch mindestens zwei Personen gehört“, kam die Stimme von der anderen Seite der Tür. Tsukasa seufzte nur. „Zero und ich, Tsukasa“, grummelte er. Wenn der Zwerg es eh wusste, musste er nichts verheimlichen. „Geht weg! Ich will so jemanden wie euch nicht in meiner Wohnung!“ Sofort pochten seine Schläfen, er war nahe dran Kopfschmerzen zu bekommen. Gelassen ging er näher an die Tür heran. „Jetzt hör mir mal zu, wenn ich dir etwas tun wollte, hätte ich diese Tür schon längst eingetreten oder Lärm gemacht, damit deine Nachbarn wissen, dass du kein guter Junge bist. Also öffne diese verdammte Dreckstür für den Krankenbesuch oder ich öffne sie!“, knurrte Tsukasa, weil er einfach keine Lust auf Geduldsspiele hatte. Einen Moment lang war es ruhig, dann hörten sie ein Klacken und sie konnten die Eingangstür öffnen. Die Wohnung war klein und nur spärlich eingerichtet, aber es war auch kalt. Einen Heizlüfter konnte Tsukasa nicht entdecken, auch die Klimaanlage war alt und ausgeschaltet. Fror der Zwerg denn nicht? Aber die Frage erübrigte sich, als er Hizumi sah. Der kleinere trug mehrere Schichten an Klamotten und kauerte auf dem Bett, eine leicht dampfende Teetasse umklammernd. Solche Bilder kannte er, bis auf den Verband über den Augen des Kleineren. Da auch sie noch ein paar gute Manieren hatten, zogen sie sich die Schuhe aus, ehe sie in richtig in die Wohnung traten. „Bist du blind?“, wollte Zero ganz nonchalant wissen, was Tsukasa sogar ein Schmunzeln entlockte. Sein Bruder konnte manchmal so schön direkt sein. „Nein, nicht direkt… Meine Augen wurden schwer verletzt und ich darf sie nicht wirklich anstrengen nach der Augenoperation. Mindestens zwei Wochen muss ich den Verband noch tragen“, erklärte Hizumi und suchte mit einer Hand nach der Tischplatte, ehe er die Tasse vorsichtig darauf abstellte. „Wollt ihr Tee? Kaffee? Oder etwas anderes Trinken?“ Während die beiden Yakuza verneinten, bat Kumiko um einen Tee, bot jedoch an sich diesen selber zu kochen. Hizumi lehnte dieses aber ab. Für Tsukasa war es interessant zu beobachten wie der Zwerg vorsichtig einen Fuß vor den anderen schob, mit seinen Händen alles abtastete. „Magst du mir erzählen, was passiert ist? Kumiko hat uns schon ein bisschen was erzählt, aber ich würde es gerne noch von dir hören.“ „Da gibt es nicht viel zu erzählen, Tsukasa. Ich hab mir das Gezicke von Maya nicht mehr gefallen lassen und sie auch etwas bloß gestellt. Tja, und abends warteten dann ihre Schläger auf mich. Ich bin ehrlich, zuerst habe ich gedacht sie kämen von dir, wegen der Hemdgeschichte, aber nach ein paar Beschimpfungen von ihnen, während sie auf mich eintraten, wusste ich von wem sie kamen. Ich hab Glück gehabt, bis auf die Augen waren es nur Prellungen oder Stauchungen. Vielleicht wäre es schlimmer gewesen, wenn die Polizei nicht dazwischen gegangen wäre. Es tut mir leid, dass ich mich nicht abgemeldet habe, aber durch die Krankenhausrechnung konnte ich meine Handyrechnung nicht bezahlen. Rausgehe ich nur selten. Ich habe Angst, dass die Schläger mir irgendwo auflauern. Die vorübergehende Blindheit ist gar nicht das Problem.“ Mit einem Lächeln stellte er Kumikos Tee auf den kleinen Tisch und suchte nach seiner eigenen Tasse. „Wie ist das so, wenn man nichts sehen kann?“, erkundigte sich die Hostess und nahm ihren Tee in die Hand. „Es ist ungewohnt, weil es immer schwarz ist durch den Verband. Ich achte jetzt aber auf andere Dinge. Ich höre besser und auch mein Geruchssinn ist besser. Dein Parfum, zum Beispiel, bisher habe ich nur die Apfelnote darin gerochen, jetzt rieche ich auch etwas Jasmin und Orange. Tsukasa hingegen trägt ein Frauenparfum wie ich vermute oder aber er ist in eine Bonbontüte gefallen. Zero hingegen trägt gerade nicht den Duft den er beim letzten Mal getragen hatte. Man könnte fast meinen er hat keines genutzt und das obwohl er bei unserem ersten Aufeinandertreffen in Parfumgeruch gebadet hatte.“ Tsukasa schnaubte leise. „Oh und jetzt runzelt der Oberboss Tsukasa die Stirn, weil ich gesagt hab er trägt ein Frauenparfum.“ Kumiko lachte auf und nahm dann einen Schluck von ihrem Tee. „Du musst dir keine Sorgen mehr machen wegen Maya, sie arbeitet nicht mehr im Club und wird dich nicht mehr belästigen. Du kannst also auch wieder weiterarbeiten, selbst wenn du nichts siehst, wir finden eine Lösung. Irgendwie musst du ja an Geld kommen“, grummelte Tsukasa und dachte nach. „Störe ich dann aber nicht nur?“ „Mach dir mal keine Sorgen Hizu-chan, wenn Tsukasa sagt das geht, geht das auch“, erklärte Kumiko und streichelte dem Blinden über den Rücken. Während Kumiko und Hizumi sich noch etwas unterhielten, fiel er in seine Gedanken. Ihm gefiel das nicht mit dem Zwerg, wenn dieser hier so alleine war. Aber da konnte auch er kaum etwas tun. Beim Abschied drückte er dem Kleineren noch etwas Geld in die Hand, damit dieser ordentlich einkaufen gehen könnte und seine Handyrechnung bezahlte. Gerade wenn man nichts sah, deswegen erhöhtem Risiko ausgesetzt war, sollte man ein funktionsfähiges Telefon haben. Wie erwartet ließ er Kumiko und Zero am nächstbesten Love Hotel raus, während er nach Hause fuhr. Abschalten konnte er aber nicht, die Sache mit dem Zwerg beschäftigte ihn. Ob dieser wirklich schon außer Gefahr war oder würden Mayas Schlägerfreunde diesem doch wieder auflauern. Er hasste so etwas. Hizumi gehörte nicht einmal zu ihrem Clan. Warum machte er sich solche Sorgen? Es sollte ihn gar nicht interessieren. ~*~ Mit einem Blick auf die, in die Decke gehüllte, nackte Kumiko zog er sich an. Er hatte wieder an sein altes Leben angeknüpft. Hier und da, wenn er wollte, schlief er mit hübschen Frauen, genoss deren Anwesenheit, aber es befriedigte ihn nicht mehr so wie früher. Etwas fehlte … jemand fehlte… Er hinterließ noch einen Zettel, dass er das Hotel bezahlen würde und sie sich dann bald im Club wieder sahen. Vor dem Stundenhotel zündete er sich dann eine Kippe an und zückte sein Handy, um sich einen Fahrer zu bestellen. Beim Durchsuchen seiner Kontakte stieß er über Karyus Nummer, er hatte sie noch nicht gelöscht. Wieso konnte er diesen Spargeltarzan nicht einfach vergessen? Aber anstatt er die Nummer nun löschte, ging er nur weiter in der Liste und rief einen der niederen Yakuza an, damit dieser ihn abholte, danach machte er sich auf den Weg zu dem vereinbarten Treffpunkt. Wieder in seinem eigenen Zimmer saß er auf dem Bett. Irgendwie konnte Zero heute nicht zur Ruhe kommen. In einer Ecke stand auch noch die Tüte mit den Klamotten, welche er nun ausbreitete. Zwar fühlte sich der Yakuza in seinem Anzug am wohlsten, aber auch in dem nuttigen Outfit hatte er sich gut gefühlt. Seufzend strich er über den Stoff und entschied sich diesen noch einmal anzuziehen. Nur für sich würde er so noch einmal draußen rumlaufen, vielleicht dem einen oder anderen Typen damit den Kopf verdrehen. Umgezogen, geschminkt und gestylt, kletterte er nun wieder auf die Feuerleiter und machte sich auf den Weg. Womöglich würde ihm das helfen, endlich damit abzuschließen. Ohne es zu registrieren, lief er automatisch denselben Weg wie sonst und fand sich schon bald am Bahnhof von Harajuku wieder, auf dem Vorplatz zum Meiji-Schrein. Es waren nur wenige Menschen hier, aber die schwarze Limousine auf dem Parkplatz machte ihn stutzig. Wann war er eigentlich das letzte Mal bei einem Tempel oder Schrein gewesen? Zero konnte sich schon nicht mehr daran erinnern. Lächelnd machte er sich auf den Weg durch den Wald. Es war nicht ganz so einfach auf dem Sandweg zu laufen, aber da musste er jetzt eben durch. Das liebte er so an diesem Schrein. Je länger man dem Pfad folgte umso ruhiger wurde es. Der Straßenlärm verstummte, die beleuchtete Stadt rückte in weite Ferne und das obwohl er noch immer mitten in Tokyo war. Dieser kleine Moment beruhigte und entspannte ihn. An der Gabelung bog er nach links, ging durch das große Tor, welches den Weg markierte. Hier zirpten die Zikaden noch laut und deutlich, dabei wurde es draußen schon kälter. Von Winter konnte man noch lange nicht sprechen, aber kühlere Herbsttage waren das schon. Jetzt bog er noch einmal nach rechts und dann konnte er ihn sehen. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen und verträumt wie ein kleiner Junge vor der Spielzeugeisenbahn betrachtete er den Meiji-Schrein. Links an der Seite führte er die kleine Reinigungszeremonie durch, auch wenn das Wasser eisig war und seine Hände nun ebenfalls kalt wurden. Für ihn gehörte das eben einfach dazu, dafür war er eben Japaner. „Michie?“ Erschrocken zuckte er zusammen und drehte sich um. Da stand wirklich Karyu. Warum jetzt? Er hatte alleine sein wollen, endgültig abschließen wollen. Womöglich hätte er die Klamotten hiernach weggeworfen, Karyus Nummer gelöscht, dessen ganze Existenz einfach verneint. Doch genau dieser Entschluss bröckelte nun in sich zusammen. Der Größere war auch nicht alleine, bei diesem waren das Oberhaupt des Yamato-Clans sowie mehrere Bodyguards. Sein Herz klopfte schnell. Wenn jetzt rauskommen würde, wer er in Wirklichkeit war, könnte das durchaus tödlich für ihn enden. „Ah, ist das nicht deine Freundin, Karyu?“, erkundigte sich das Oberhaupt und automatisch verbeugte sich Zero tief. Er hasste solch beklemmende Situationen. „Ja… aber wir haben zurzeit ein paar Differenzen…“ „Sag mir nicht, sie hat dir letztens die Nase gebrochen? Warst du nicht aufmerksam genug?“ Zero wurde nervös, als Karyus Boss näher auf ihn zutrat und ihm über die Wange streichelte. „Karyu, so ein hübsches Ding sollte man immer gut behandeln, vor allem wenn sie so einen Schlag drauf hat. Ich schaffe es alleine nach Hause und du bemühst dich, dich wieder mit ihr zu versöhnen.“ „Aber Chef… was ist mit dem Termin?“ „Das war ein Befehl, Karyu! Ich werde schon klar kommen, außerdem bin ich ja nicht alleine“, erklärte dieser nachdrücklich und sah dann noch einmal zu Zero. „Rechter oder linker Haken? Welcher war es?“ Kurz war er verwirrt über die Frage und zeigte dann auf seinen rechten Arm. „Guter rechter Haken, Kleines. Wenn er dir doof kommt, nutze ihn ruhig, aber brich ihm nicht wieder die Nase“, lachte Karyus Chef und ging dann fort. Verwirrt blinzelte er nur und verbeugte sich noch einmal. Länger wollte er sich dann aber nicht damit beschäftigen und ging zum Schrein. Es gab an sich nichts zu bereden. Sie waren nicht mehr zusammen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)