Story between Worlds von FeelLikeParadise (Samael und Aurelia) ================================================================================ Kapitel 14: Kapitel 14 ---------------------- Aurelia wusste weder wie tief der Sturz war, noch wann genau sie auf dem harten Asphalt auftreffen würden. Bewusst war ihr jedoch eines: Sie rasten mit Höchstgeschwindigkeit in den Abgrund der Stadt und würden in weniger als ein paar Sekunden schmerzhaft auf dem Boden landen, wenn sie nicht jetzt etwas unternahm. Das schlimmste jedoch war: Aurelia war nicht im Stande ihre Flügel zu benutzen. Er hielt sie fest an seinem Körper gedrückt, sodass es keinerlei Chancen für die Flucht gab. Die übernatürlichen Kräfte beider Seiten trug noch ein ganzes Stück dazu bei, dass sie immer schneller wurden und man sie aus menschlicher Sicht mit einem Blitz hätte vergleichen können. Mit dem Rücken lag sie auf seiner Brust, daher war ihr die Sicht nach unten verwehrt. Sie war froh, dass die surreale Welt, welche letztendlich über die Welt herrschte, dem Menschen verborgen blieb. Engel, Dämonen und auch Geister waren, für die Welt wie die Irdischen sie kannten, unsichtbar. Sie sahen nur, was sie sie zu sehen glaubten. Die Geschwindigkeit machte es Aurelia mehr als schwer zu atmen, ließ Übelkeit in ihr aufkommen. Ihr ohnehin schon angespannter Körper verkrampfte sich mit einem Mal noch heftiger und machte sie auf das gefasst was nun kommen möge. Dann, ohne Vorwarnung, merkte sie wie sich die starken Arme des Dämons um sie herum bewegten, Schwung nahmen und sie beide, während des Falls umdrehte. Ihr Blick war jetzt unabwendbar auf die geteerte Straße unter ihnen gerichtet. Er machte keine Anstalten seine Flügel zu benutzen. Die Hoffnung, dass sie lebend aus dieser Situation herauskam, verschwand zunehmend. Verzweifelt versuchte Aurelia sich in den letzten Sekunden zu befreien, irgendetwas zu tun, doch vergebens. Sein Griff war eisern. Der Gegenwind hatte inzwischen ihre Augen so weit austrocknen lassen, dass sie schon anfingen zu brennen und Aurelia musste blinzeln. Schließlich schloss sie ihre Lider und erinnerte sich daran, für was ein Engel bestimmt war: Kraft, sowohl körperlich als auch innere Stärke, Mut, Ausdauer, Weisheit und Disziplin. Aurelia meinte den Leitspruch aller Engel vernehmen zu können: „Sage nie, du hast bereits verloren, solange nicht die letzte Schlacht geschlagen wurde. Denn erst dann wirst du deine wahre Stärke erkennen.“ Das Bild ihrer Familie und Freunde kamen ihr vor das innere Auge. Eine Welle ungeahnter Kraft durchflutete sie. Nein! Sie würde nicht aufgeben! Nicht bevor sie gekämpft hatte! Doch es war zu spät. Ein Ohrenbetäubendes Kratzen riss sie aus ihrem Vorhaben. Aurelia blieb in der Luft hängen, den Toren des Todes gerade noch so entwichen. Aurelia fiel nicht mehr und wurde von den Armen ihres Feindes gehalten. Aurelia versuchte dem Drang, einen Blick über die Schulter zu werfen, zu entkommen. Doch bevor sie merkte was sie tat, drehte sie ihren Kopf auch schon zur Seite und sah einen winzigen Augenblick lang seine Hand, deren Finger sich in die Hauswand der Garnison bohrten. Kaum merkbar verstärkte sich der Griff seines anderen Arms um ihren Körper, drückte sich dann von der Wand ab und landete kurz darauf geschickt auf der Straße. Aurelia hatte das Aufkommen kaum gespürt und ehe sie sich versah, ließ er sie auf den Boden fallen. Der Aufprall war sehr hart, presste ihr die Luft aus den Lungen, vernebelte ihr die Sinne. Das Drücken ihres rechten Arms wurde immer stärker. Aurelia erhob sich, lodernde Wut packte sie und versetzte sie in Kampfesslust. Mit gekonnten schnellen Schritten wirbelte sie zu ihm herum, um ihm den Zorn durch ihre Faust spüren zu lassen. Doch der Dämon packte ihre geballte Hand mit Leichtigkeit, drehte das Gelenk um, bis es knackste und trat etwas näher an sie heran. Sie biss sich auf die Zunge, um sich die Pein ihres Niedergangs zu sparen. Sein kalter Atem drang an ihr Ohr: „Zeige mir den Eingang zu euren unterirdischen Gängen, bevor dein herzallerliebster Bruder hier auftaucht“. Woher wusste er, dass Elijah ihr Bruder war? „Ha, nenne mir einen Grund, warum ich das tun sollte!“ „Wenn die deine Flugfähigkeit lieb ist, beeilst du dich besser“. Ohne eine Antwort ihrerseits abzuwarten drehte er Aurelia um, sodass sie ihn nicht mehr sehen konnte. Er griff nach ihrem Nacken und drückte fest zu. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihren Rücken. Danach fühlte sie sich wie gelähmt, unbeweglich, hilflos, als hätte man ihr etwas genommen, etwas das sie ausmachte. Einfach ausgeschaltet. Allmählich dämmerte ihr eine schlimme Vorahnung: „Ich bring dich um!“, schrie sie. „Rede nicht so viel. Zeige mir lieber den Weg, wenn du deine Flügel jemals wieder bekommen willst!“, knurrte er. Aurelia hasste sich dafür, dass sie bei seinen Worten kurz zusammenzuckte. Sie blieb aber trotzdem standhaft und bewegte sich keinen Zentimeter. Sein Griff verstärkte sich: „Los jetzt!“. „Lieber sterbe ich, als deinesgleichen zur Flucht zu verhelfen!“. Wutentbrannt stieß er sie an die Wand und drückte ihr langsam die Kehle zu. Durch den Druck, mit dem er Aurelia an die Wand presste, erschallte gleichzeitig ein dumpfes Dröhnen im Gebäudeinneren. Die Wand gab nach und öffnete sich. Überrascht ließ der Dämon sie los und schaute etwas verwundert in den dunklen Eingang, der sich vor ihnen erstreckte. Er hatte den Eingang gefunden, wenn auch nur durch Zufall. Er machte einen Schritt nach vorne und wollte sie mit sich ziehen, doch Aurelia rammte ihm das Bein in den Magen und gewann dadurch Zeit ihren nächsten Angriff auszuführen. Er krümmte sich, sie schlug ihm gegen die Brust, die ohnehin schon aus den offenen Wunden der Folter blutete und stieß seinen Kopf mit aller Kraft gegen die steinerne Wand des Tunnels. Er brauchte einige Sekunden um die Fassung wieder zu erlangen, erhob sich dann und kam mit großen Schritten auf sie zu. Aurelia wich ihm aus, wodurch sie immer weiter in den Gang hineingelangte. Durch die schnellen Bewegungen kam abermals der Schwindel auf. Ihr Kopf war immer noch von den Hieben der letzten Stunden ziemlich angeschlagen. Aber sie musste weiter machen! Durfte nicht aufgeben, nicht jetzt! Der Dämon war ihr dicht auf den Fersen und griff sie bei jeder Gelegenheit an. Jede seiner Bewegungen waren so exakt, als ob er genau wüsste, wie er als nächstes vorgehen solle. Nach etlichen Schlägen, Stoßen und Fausthieben waren beide weiter in die Tunnel hervor gedrungen, als es Aurelia beabsichtigt hatte. Sie setzte sich gerade zur Wehr und wollte seinen Angriff abwehren, als sie einen verehrenden Fehler machte und zu Boden geschleudert wurde. Er kam auf sie zu und fasste sie am Arm um sie zu sich herauf zu ziehen und ihr den letzten Schlag zu geben. Doch plötzlich schien etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Schwingungen von Flügeln, die von Sekunde zu Sekunde näher kamen. 'Elijah!', schrie es Aurelia durch den Kopf. Und als wüsste der Dämon, dass sie den Namen ihres Bruders rufen wollte, presste er seine Hand vor ihren Mund und warnte sie: „Wenn du es wagst ihnen unseren Aufenthaltsort zu verraten, hast du deinen Bruder vorhin zum letzten Mal gesehen“. Aurelia wandte sich in seinem Griff, versuchte sich zu befreien, doch umso mehr sie sich wehrte, desto fester wurden seine Arme, die sich um sie schlangen. Es war hoffnungslos. Er drängte sie weiter zu gehen. Eine Weile schritten sie durch die Gänge, welche von Gaslampen an der Wand beleuchtet waren. Der Kampf zwischen Engel und Dämonen währt seit Anbeginn der Zeit. Für beide Seiten schien der Sieg unerreichbar zu sein. Und der einzige Grund, dass die Welt wegen des ewig währenden Krieges nicht unterging, war das hohe Geistervolk. Sie stellten eine Art Medium zwischen den Gewalten des Himmels und der Hölle dar, sorgten dafür, dass die Menschen keinen Schaden nahmen, alles im Gleichgewicht blieb. Anders als die Geister, die an die nordischen Götter glaubten und ihr treu ergeben waren, verehrten weder Engel noch Dämonen irgendeinen Gott und hielten stattdessen an ihrem Schicksal, ihrer Bestimmung fest. Der Dämon verstärkte sein Griff nochmals und riss sie damit aus ihren Gedanken. Sie bogen rechts ab, gleich danach scharf links und dann durch einen kleinen Torbogen. Danach folgte ein hell erleuchteter Korridor. Die Wände waren nun nicht mehr aus Stein, sondern trugen Verkleidungen aus Holz. Da sie die Baupläne der Tunnel einmal gründlich studiert hatte, wusste sie genau wo die Geheimgänge waren und wo sie sich selbst befanden. Die Frage war, wusste er es auch? Es hatte vor Jahrzehnten eine Schlacht in den unterirdischen Gängen gegeben, in dem Engel als auch Dämonen verstrickt gewesen waren. Letztendlich hatten die Dämonen einen beträchtlichen Teil der Tunnel für sich beansprucht. Eine große Anzahl von Pfaden und Eingängen waren auf beiden Seiten zugeschüttet worden, damit keine der gegnerischen Truppen auf die andere Seite gelangen konnte. Nun war es Aurelia selbst, die einen Dämon auf ihre Seite der Tunnel gelassen hatte. Schuldgefühle beschlichen sie und auch wenn es in dem Moment, als sich die Wand geöffnet hatte nicht anders gegangen war, wusste sie, dass sie das ein Leben lang bereuen würde. Erneut konnte sie eine Unzahl an Flügelschlägen wahrnehmen, die sich in Schritte verwandelten und immer näher kamen. Auch der Dämon hinter ihr schien sich seiner Gefahr bewusst zu werden. Er sah sich einen Moment lang um, blieb jedoch ruhig und ließ sich nichts anmerken. Woher nahm er diese Kraft? Doch ehe sie sich noch weiter darüber Gedanken machen konnte, brach die hölzerne Wand neben ihnen ein und ein Dutzend Engel stürzten mit lautem Gebrüll auf sie hinab. Aurelia versuchte einen Blick auf Elijah zu erhaschen, aber alles was sie tun konnte, war sich auf die Seite zu schmeißen und dort einen kurzen Augenblick zu verharren. Dann wurde sie von kräftigen Armen mitgerissen, jene Arme, die ihr so vertraut schienen, die sie so gut kannte. Doch als sie den Blick hob, sah sie vor sich nicht die erwartete Person. Der Dämon hatte sie wieder fest im Griff und zog sie mit sich. Trotz ihrer Jahrelangen Ausbildung zur Kriegerin war es ihr unmöglich sich zu befreien. Sie konnte tun was sie wollte, aber helfen tat es ihr auf keinen Fall. Als wäre sie eine Puppe. „Lass mich los!“, schrie sie, doch der Dämon reagierte nicht darauf und rannte noch schneller auf den nächsten Torbogen zu, der sich am Ende des Ganges zeigte. Ein kurzer Blick nach hinten reichte ihr, um festzustellen, dass Elijah und seine Truppe ihnen folgten. Als sie den Durchgang passiert hatten steuerten sie direkt auf das große Überbleibsel der vergangenen Schlacht zu: Ein riesige Schlucht, die, die Tunnel der Engel von den Tunnel der Dämonen trennte. Zwei Seiten, ein unergründlicher Abgrund. Aurelia wollte reflexartig ihre Flügel hervorbringen, aber es passierte, wie erwartet, nichts. Wut schäumte in ihr auf. Wie hatte er das gemacht? Ein spezieller Griff und ihre Fähigkeit zu Fliegen war, als wäre sie nie da gewesen? Wusste er, dass er geradewegs in den sicheren Tod rannte, wenn er nicht sofort seine Schwingen ausbreitete? Aurelia sah nach vorne und erkannte, dass es noch die letzten Meter Boden waren, die vor ihnen lagen. Sein Griff um ihre Hand verstärkte sich, sodass seine Knöchel weiß hervortraten. Jetzt war es soweit. „NEIN!“, ertönte die Stimme ihres Bruders und als hätte er nur darauf gewartet, blieb der Dämon wie auf Knopfdruck auf dem letzten Meter Asphalt stehen. Kleine Steinchen kullerten den Abgrund hinunter. Der Dämon drehte sich um und blickte über ihre Schulter zu Elijah hinüber. Dabei hielt er Aurelia so fest, dass es ihr erst gar nicht in den Sinn kommen konnte etwas zu unternehmen. „Ich kann mir vorstellen, dass du für das Leben deiner Schwester vieles, vielleicht sogar alles geben würdest, aber zählt die Freiheit eines Dämons auch dazu?!“. Seine Stimme klang drohend. Aurelia sah ihren Bruder an. Sie konnte seine Anspannung und seinen Zorn deutlich sehen und wenn Blicke töten könnten, dann gäbe es in diesem Moment einen Dämon weniger auf der Welt. Man hätte meinen können, dass zwischen Elijah und dem Mann, der direkt hinter ihr stand, ein lautloser Kampf herrschte. Und so war es auch. Die Krieger und Kriegerinnen warteten geduldig auf die Entscheidung ihres Führers, rührten sich kein bisschen. Jetzt lag es an Elijah eine Wahl zu treffen: Würde er den Dämon angreifen, würde er Aurelia in den Abgrund und gleichzeitig in den Tod stoßen. Tat er jedoch nichts, war sich Aurelia sicher, dass ihr Feind sie nicht freilassen würde, da er um seine Freiheit besorgt war. Und das war ihrem Bruder nur allzu gut bewusst. Es waren Minuten vergangen, als Elijah schließlich seinen Blick senkte und kaum merklich nickte. Aurelia verstand ihn, auch wenn es weh tat. Sie hätte wahrscheinlich die gleiche Entscheidung getroffen. Der Dämon nickte ebenfalls und konnte sich ein diabolisches Grinsen nicht verkneifen. Ohne die gegnerische Truppe weiter zu beachten, schlang er seine Arme erneut um ihre Hüften und erhob sich wenig später in die Lüfte. Und auch wenn ihr bei dem Gedanken schlecht wurde, konnte sie nichts anderes tun, als sich an ihm festzuhalten. Sie flogen über die riesige Schlucht hinweg und landeten anschließend auf einem Felsvorsprung der anderen Seite. Er ließ sie aus seinem Griff gleiten, nur um sie einen Moment später wieder mit sich zu ziehen. Als er ihren Arm berührte schlug sie ihm mit einem heftigen Hieb ins Gesicht und setzte ihn kurz außer Gefecht. Er knurrte unverständliches Zeug vor sich hin, kam wieder auf sie zu und ließ ihr keine weitere Möglichkeit offen, um sich zu wehren. Er packte erneut und hielt ihr beide Arme hinter dem Rücken fest. Dann zog er Aurelia mit sich und legte im Vorbeigehen einen Schalter um, der in den Fels eingemauert war. Als darauf ein Zischen durch die Höhlen hallte, blickte sie über die Schulter und sah wie sich eine fast durchsichtige Mauer die Felsspalte hinauf errichtete. Ihre Feinde standen ihnen wohl doch in nichts nach, ging es ihr durch den Kopf. Wie durch Zauberhand fanden ihre Augen den Blick ihres Bruders, der sie genauso ansah wie sie ihn: Beide machten sich selber Vorwürfe das Flasche getan zu haben. Ein schmerzender Stich durchfuhr ihr Innerstes und ließ ihre Knie zusammensacken. Mit einem letzten Versuch versuchte sie nochmal die Sicht auf Elijah zu erlangen, konnte es aber nicht mehr, als sie um die Ecke bogen und in einer Felsspalte verschwanden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)