25 Ways to meet someone von Jyll ================================================================================ Kapitel 12: A little bit ------------------------ Ein Arschloch: „Wann wirst du da sein?“ Reita drückte sein Telefon etwas dichter ans Ohr, weil er den anderen fast nicht verstand. Er lief gerade durch die Strassen von Tokyo und es war laut. „In ner halben Stunde etwa…“, brummte Reita und sah auf eine grosse Uhr, die zu einem Juwelierladen gehörte. „Okay…mach einfach hinne, ja?“ „Hm.“ Reita legte auf. Er hatte gar keine grosse Lust auf dieses Fest. Japan hatte einfach zu viele Feiertage. Es würde sein wie jedes Mal. Seichte Gespräche, starker Sake, Feuerwerk und traditionelle Musik. Das Handy in die Jackentasche gestopft, stapfte er weiter, wich den Kindern und jungen Frauen aus und zupfte an seinen Haaren, die er in einem Fenster gespiegelt sah, während er an einer Ampel warten musste. Reita brauchte eine halbe Stunde und zehn Minuten, weil er absichtlich trödelte. Mike erwartete ihn schon ganz ungeduldig. „Da bist du ja endlich! Wenn du keinen Bock hast, musst du gar nicht kommen!“ „Du hast mich ja nicht in Ruhe gelassen.“, brummte Reita und klatschte ihn zur Begrüssung ab. „Die anderen sind schon drin. Die Freundin von Yutaka hat ihren Bruder mitgebracht. Benimm dich.“ „Tu ich doch immer…“, murmelte Reita und schlenderte hinter Mike in das Festzelt. Er würde trotzdem Sake trinken. Viel Sake. Sonst hielt er das Geschwafel den ganzen Abend nicht aus. Aber es war immer noch besser, als wenn er zuhause rumsass. „Hey, Reita ist auch endlich zu uns gestossen!“, stellte Mike gleich vor und grinste. Reita nickte in die Runde. „Is das der Bruder?“, fragte Reita Yutakas Freundin. Diese nickte. „Das ist…“ „Ruki.“, antwortete der Gnom spitz. Reita hob eine Augenbraue und sah den Typen neben Ruki an. „Mein Freund…“, erklärte der Kleine gleich. Super, er hatte also die ganze Familie angeschleppt quasi. Reita setzte sich mit Mike gegenüber und zog seine Lederjacke ab. Im Festzelt war es warm von den vielen Menschen, deren Körper die Luft aufheizten. Reita bestellte sich gleich mal ein Bier und Sake hinterher. Er musterte den Kleinen. Der hatte kaum Ähnlichkeiten mit dem verschreckten Ding, dass sich seine Schwester nannte. Sie war bleich, hochgeschossen und knochig. Und wirkte immer wie ein erschrockener Vogel, der kaum einen Ton von sich gab. Der Gnom hingegen redete vor allem gerne mit dem Freund, ab und an mit Mike oder seiner Schwester. Er schien vor nichts Respekt zu haben. Und der Freund? Mindestens fünf Klassen unter dem Gnom und locker zehn Klassen unter ihm selbst. Das hatte der Typ anscheinend aber noch nicht erkannt. Geschniegelt war er wie ein Zuhälter, Gel im Haar, ein Hemd in undefinierbar hässlicher Farbe. Den Arm hatte er besitzergreifend um Rukis Schultern gelegt. Reita sah wirklich nicht ein, was man an dem Typ irgendwie gut finden konnte. Er stiess Mike an, beugte sich rüber und flüsterte ihm was ins Ohr. Mike fing an zu lachen und nickte ihm zu. Reita grinste und leerte sein Bier. „Also…wer will noch ne Runde?“ Als der Freund nickte, schmunzelte Reita spöttisch. „Bier gibt’s nur für Erwachsene.“ Er überging das empörte Gesicht und bestellte Neues. „Wo hast du dieses Hemd her?“, fragte Reita und zeigte vage auf die Scheusslichkeit. „Warte, gabs letzten Samstag nicht so eine Charityevent?“, schaltete sich Mike ein. „Oh ja…oder vielleicht vom Flohmarkt?“, rätselte Reita. Der Typ zog eine beleidigte Miene. „Wohl noch nie was von Prada getragen was!“, zischte er gekränkt. „Prada? Ist das der Secondhandladen die Strasse runter?“ Reita verschluckte sich fast an seinem Bier vor Lachen. Der Freund des Arschlochs: Er mahlte mit dem Kiefer und hatte die Arme verschränkt. Seit dieser Reita angekommen war, hackte er auf seinem Freund herum. Was hatte der ihm denn getan? Ruki versuchte den Idioten mit Blicken zu töten, aber es funktionierte leider nicht. „Sorry, du machst was? Facility management?“ Reita sah fragend Mike an. „Du bist für Gebäude zuständig?“ Der Freund von Ruki nickte. „Warte…warte warte…du bist ein Hausmeister?“, fragte Reita grinsend. „Was? Nein! Nein ich bin zuständig für die Verwaltung und die…“ „Die Besenkammer!“ Reita lachte hell auf. Ruki stutzte. Dieses Lachen passte so gar nicht zu dem Mensch dahinter. „Ich will noch Sake…“, sagte Ruki, um das Gespräch zu unterbrechen. Sein Freund sah ihn an, aber da hörte Ruki schon das Plätschern der durchsichtigen Flüssigkeit in sein Glas. Er sah rüber. Reita hatte seine Karaffe genommen und Ruki eingeschenkt. „Ich hab noch genug.“, brummte er. Ruki hob langsam eine Augenbraue. „Danke…aber das ist nicht nötig…“ „Keine Ursache. Also, wie kommt es, dass du nicht mit dir selbst zusammen bist? Ich wette du stehst jeden Tag zwei Stunden vor dem Spiegel!“ Schon war das Thema wieder bei Rukis Freund. Ruki nahm von den Chips, die er eigentlich nicht hatte anrühren wollen, und kaute darauf herum. Er hätte das Fest einfach alleine mit seinem Freund geniessen und nicht mit seiner Schwester mitgehen sollen. „Hey, sehen wir uns das Feuerwerk am See an?“ Mike stand auf. „Jop…“ Reita folgte ihm brummend und sah fragend in die Runde, sein Blick schien bei Ruki stehen zu bleiben. Ruki funkelte ihn an. „Gerne.“ Er zog seinen Freund mit hoch und gab ihm einen langen, innigen Kuss. Er trottete mit seinem Freund im Schlepptau nach draussen, wo sich die Leute versammelten. Sie erhaschten alle noch einen Platz am Steg. „Ruki, meine Schuhe werden hier draussen ruiniert.“ „Die kannst du ja wieder putzen.“, antwortete Ruki und sah nach oben in den Himmel. Fünf Minuten später ging es los. Rote Funken sprühten über das Blau, dicht gefolgt von goldenen Sprenkel. „Ist ja total eng hier…“, murrte Rukis Freund weiter. „Und schweinekalt.“ Ruki fror auch leicht, aber er sagte nichts. „Willst du…“ Ruki drehte sich um. Wo war sein Freund hin? Er sah sich um, doch das rosafarbene Hemd war nirgends zu entdecken. „Der ist wieder rein.“, raunte eine Stimme und legte ihm etwas um die Schultern. Ruki zuckte zusammen. „Wie…?“ „Dein Freund. Den suchst du doch. Der ist vorhin fluchend wieder rein. Hat irgendetwas von Schmutz und Schuhe geschwafelt.“ Reita stellte sich neben Ruki. Ruki befühlte den Stoff auf seinen Schultern. „Ist das etwa deine Jacke?!“ „Ja. Du hast gezittert.“ „Hm. Es ist ja auch kalt…“ „Ja.“ „Ich dachte, du seist ein Arschloch.“ „Ich denke, du hast keine gute Menschenkenntnis.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)