Im Schatten der Samurai von Bambusbesen (Sasori X Deidara X Gaara) ================================================================================ Kapitel 104: Lebensunsicherheiten --------------------------------- Gemütlich trottete Deidaras Pferd über die Wiese, dem Geisterwald entgegen. Die Sonne strahlte widerlich hell auf ihn hinab und bildete einen drastischen Gegensatz zu seinen beklommenen Gedanken. Als wolle sie ihn verhöhnen. Der Blonde hatte es in der Burg nicht mehr ausgehalten. Wenige Tage nach seinem Gespräch mit Gaara war er aufgebrochen in den Süden. Obwohl es die letzten Male mit der Rônin-Bande Schwierigkeiten gegeben hatte, an denen er nicht immer unschuldig gewesen war, so war er jetzt gerade lieber dort als in Matsuyama, wo er nicht wirklich hingehörte. Nur Gaara hielt ihn dort. Aber von einem Augenblick zum anderen war ihre geheime Ehe dem Zerfall nahe. In Deidara wühlten die verschiedensten Gefühle. Ungerechtfertigter Zorn auf Yahiko, der Sasori und ihm die Mission damals gegeben hatte. Auf diesen Trottel Naruto war er wütend, weil er den Putschversuch unternommen hatte. Seine Cousine war genauso einfältig gewesen. Was musste sie auch vor Zeugen herumposaunen, dass er Naruto umgebracht hatte. Unsicherheit gesellte sich zu der grellen Wut. Würde ihre Beziehung diese Offenbarung überstehen? Die Hilflosigkeit aber war das Schlimmste an allem. Wie hätte er ahnen können, dass ein so altes Ereignis alles umwerfen konnte? Für ihn war Narutos Tod nichts weiter als ein Auftrag gewesen. Er bereute den Mord an ihm nicht. Dieser Bengel hatte ihm nichts bedeutet. Dass er ihm die Kehle durchgeschnitten hatte, war nichts weiter als ein fataler Zufall. Wer hätte ahnen können, dass der blonde Schreihals Gaara so viel bedeutete, geschweige denn, dass dessen Tod alles zum Einsturz bringen könnte? Liebte der Rotschopf ihn überhaupt noch, jetzt wo er davon wusste? Deidara lenkte sein Pferd in den Wald hinein. Angenehme Schatten hüllten ihn ein. Kaum ein Sonnenstrahl drang durch das dichte Blattwerk. Das weiche Moos dämpfte die Schritte des Tieres. Deidara wusste nicht, was er sich von Akatsuki erhoffte. Auf keinen Fall wollte er Mitleid von den anderen. Ablenkung traf es eher. Und er hatte eine Beschäftigung. Bliebe er in der Burg, würde er wahnsinnig. Außerdem schmerzte der Anblick Gaaras, wenn er ihm begegnete, aber genau wusste, dass ihr gemeinsames Leben in den Sternen stand. Der Blonde näherte sich der Lichtung. Nachdem er die letzten Bäume passiert hatte, erhoben sich vor ihm das Haus und der Pferdestall. Während sein Pferd auf den freien Platz trottete, zählte er die Tiere auf der Koppel. Offensichtlich waren alle da außer Zetsu. Ein dumpfer Schlag weckte seine Aufmerksamkeit. Deidara stieg aus dem Sattel und nahm die Zügel in die Hand. Das Pferd folgte ihm um die Ecke des Hauses. Kisame und Zabuza hackten im Schatten der Veranda Holz. Deutlich sah er die Muskeln arbeiten, als Kisame die Axt hob und anschließend auf den Holzscheit niedersausen ließ. Zabuza bemerkte ihn zuerst und murmelte Kisames Namen. Dann deutete er mit einem Kopfneigen in seine Richtung. Der Blauhaarige wandte sich um. Er lächelte. „Deidara. Schön, dass es dir gut geht. Ich habe gehört, was in Sakai passiert ist.“ Deidara brummte nur. Sakai war für ihn zu einem Fluch geworden. Wären sie nicht zu den Verhandlungen aufgebrochen, hätte Gaara vielleicht nie von Narutos Tod erfahren. „Ich bleibe eine Weile… es sei denn, Yahiko will mich nicht mehr hier haben, hm.“ Abwartend wanderte sein Blick zwischen den beiden kräftigen Kriegern hin und her. Zabuza zuckte nur mit den Schultern und nahm seine Arbeit, die er unterbrochen hatte, wieder auf. Sich das Kinn reibend legte Kisame die Axt gänzlich beiseite. „Ich denke nicht. Aktuell kann ihm nichts und niemand die gute Laune verderben. Zwei Tage, nachdem wir von Sakai zurückgekehrt sind, hat Konan ihr Kind geboren. Er heißt Nagato. Sie haben ihn nach einem alten Freund benannt, der in einer Schlacht gefallen ist, hat mir Konan erzählt.“ Das bedeutete, er musste sich auch noch mit glücklichen Menschen auseinandersetzen. Zweifellos gönnte Deidara ihnen das gemeinsame Glück, aber wie sollte er sich für sie aufrichtig freuen, wenn sein eigenes Leben zu zerbrechen drohte? Schon wieder. Nur dieses Mal wurde es nicht von einem plötzlichen Sturm hinweggefegt, sondern stürzte allmählich in sich zusammen wie ein verwahrlostes Haus. Bevor Deidara eine Antwort formulieren konnte, hörte er eilige Schritte hinter sich und schon legte sich ein Arm stürmisch um seine Schultern. „Hast du auch mal wieder hergefunden, Deidara-chan?“, fragte Hidan und drückte ihn an sich. „Mit dir kann man wenigstens ein bisschen Spaß haben!“ Das Gute an Hidan war, dass er kein nachtragender Mensch war. Irgendwann würde er ihm das Aphrodisiakum unter die Nase reiben so wie den Sex mit Sasori, bei dem er unfreiwillig hatte lauschen müssen, aber ansonsten war er immer noch der alte Trottel. Und er kam gerade recht. An ihm konnte Deidara seinen angeschlagenen Gemütszustand wunderbar auslassen. Eine gute, alte Prügelei war genau das, was er jetzt brauchte. Er konnte seine Gedanken für ein paar Augenblicke abschalten und sich komplett verausgaben. Danach fühlte er sich zwar nicht besser, aber seinen Emotionen hatte er ein wenig Raum gegeben. Er entwand sich Hidans Griff, drückte Kisame die Zügel seines Pferdes in die Hand und sah den Silberhaarigen herausfordernd an. „Hol zwei Knüppel, hm.“ Die lilanen Augen seines Gegenübers funkelten höchst erfreut. „Schlechte Laune, was?“ Und schon lief er irre lachend los zu dem kleinen Schuppenanbau. „Deidara…“, begann Kisame, aber er schnitt ihm mit einer harschen Geste das Wort ab. „Nicht jetzt, hm“, knurrte er und folgte Hidan langsam. Auf dem Platz vor dem Haus verharrte er. Nur Augenblicke später erschien der Hellhaarige mit zwei Kampfstöcken. Einen warf er Deidara zu. Der Blonde fing den Stock geübt aus der Luft. „Diese Prügeleien mit dir habe ich echt vermi…“ Deidara ließ Hidan keine Zeit, seinen Satz zu Ende zu bringen. Er sprang vor und schwang den Stock. Mit Wucht krachte er gegen die andere Waffe, die gerade noch rechtzeitig zum Block hochgerissen wurde. Hidan mochte langsam sein und oft genug einen direkten Treffer einstecken müssen, aber dafür konnte er erstaunlich viel einstecken und er war dem Blonden an Kraft überlegen. Wenn Deidara wollte, könnte er jedem Schlag von Hidan ausweichen. Allerdings parierte er manche Angriffe absichtlich, um zu testen, wie viel er aushielt. Oft genug brach er in die Knie, weil er die von Hidan eingesetzte Kraft abfedern musste. Der Hellhaarige wähnte sich dann immer in Sicherheit, zu früh. Denn Deidara änderte seine Taktik und schlug ihm den Stock zwischen die Beine, sodass er automatisch stolperte oder gar auf dem Boden landete. Deidara nutzte jede Lücke in Hidans Verteidigung, um einen Treffer zu erzielen. Am nächsten Tag würde der Krieger mit blauen Flecken und Prellungen übersäht sein. Er selbst hatte auch schon den ein oder anderen Treffer einstecken müssen. Aber Hidan sah morgen definitiv schlimmer aus. Nicht, dass ihn das störte. Wie lange sie sich primitiv mit den Kampfstöcken prügelten, wusste Deidara nicht. Es interessierte ihn auch nicht. Irgendwann setzte die Erschöpfung ein. Der Schweiß rann über seine Stirn, seine Finger waren feucht, erschwerten den festen Griff um den Stock und sein Atem ging schwer. Die Muskeln in seinen Armen begannen zu schmerzen wegen der übermäßigen Beanspruchung. Einmal mehr holte er aus und schlug mit aller Kraft, die er noch aufbieten konnte, auf Hidan ein. Dessen Stock brach entzwei, als er versuchte, seinen Schlag abzufangen. Hidan reagierte zu langsam. Deidara traf seine Schulter. Ein Laut des Schmerzes entkam dem anderen und er fiel nach hinten. Empört sah er zu Deidara hoch. „Das tut weh, du Arsch!“ Langsam entspannte der Blonde sich und senkte seinen Stock. „Du stehst doch auf Schmerzen, hm“, erwiderte er keuchend, aber deutlich ruhiger. Hidan rieb sich über die malträtierte Schulter. Gebrochen war garantiert nichts. Dann hätte der Größere mehr gejammert. „Du kannst dir auch wen anders zum abreagieren suchen!“, schnaufte Hidan. Deidara hielt ihm die Hand hin, um ihm aufzuhelfen. „Mit dir prügelt sich hier aber so primitiv keiner. Deswegen musst du mit mir Vorlieb nehmen, hm“, warf Deidara ihm ungerührt an den Kopf. Der Hellhaarige nahm seine Hand an und ließ sich hochziehen. Nach wie vor rieb er über seine Schulter. Deidara nahm das Gejammer nicht ernst. Das machte Hidan jedes Mal und dann griff er doch wieder mit Freude zum Kampfstock, wenn Deidara es brauchte. Ein gehässiges Grinsen bildete sich auf Hidans Lippen. „Was denn, befriedigt dich dein Ehemann nicht mehr und hat mit seiner Frau Spaß? Fehlen dir die Titten?“ Augenblicklich verfinsterte sich Deidaras Miene. Hidan hätte keinen größeren Fehler begehen können. Ohne Vorwarnung rammte er ihm ein Ende des Stockes in den Magen. Röchelnd sackte Hidan vor ihm zusammen. Die Unterarme presste er gegen den Bauch. „Kein Wort über Gaara!“, zischte Deidara. Sein Liebster war derzeit ein sehr empfindliches Thema. Trotz der starken Schmerzen rang er sich ein gequältes Grinsen ab. „Also… stimmt’s. Willst’e zurück…kommen?“ Deidara knurrte und hob erneut den Stock. Er wollte Hidan einfach nur zum Schweigen bringen. Schließlich war er nicht hergekommen, um sich seine Probleme vorhalten zu lassen. Auch wenn Hidan nicht ganz ins Schwarze getroffen hatte, so war Gaara allgemein gerade kein gutes Gesprächsthema. Aber er würde seine eigene Unsicherheit nicht zeigen. Lieber verprügelte er Hidan, der so dumm war, ihn auf seinen Liebsten anzusprechen. Bevor er erneut seine Wut und Angst an Hidan auslassen konnte, griff Kisame in seinen Schlag und hielt den Stock fest. Ernst sah er ihn an. „Das reicht jetzt, Deidara. Du kennst doch Hidan so gut wie wir alle. Es mangelt ihm an Einfühlungsvermögen.“ Besagter Rônin rappelte sich derweil wieder auf. „Ey, ich bin… noch da“, schnappte er. Wütend starrte Deidara den Älteren an, dann ließ er den Stock los. Stattdessen nahm er Kisame wortlos die Zügel seines Pferdes ab und führte es zum Stall. Hätte Hidan doch nur nicht Gaara angesprochen! Jetzt hatte er das Gefühl, der Kampf gegen ihn war völlig sinnlos gewesen. Nun war sein Körper erschöpft, aber sein Innerstes nach wie vor aufgewühlt und nicht kurzeitig ruhig gestellt. Die darauffolgenden Tage verliefen wenigstens ruhig. Hidan war vermutlich eingetrichtert worden, dass er ihn nicht mehr auf sein Verhältnis zu dem jungen Daimyô ansprechen sollte, wenn er nicht von selbst darüber sprach. Kisame hatte Recht behalten, Yahikos Stimmung war noch nie so friedlich und freundlich gewesen. Deidara sah das Kind, mit dem er nichts anfangen konnte. Aber das musste er auch nicht, weil Konan sich schließlich darum kümmerte als seine Mutter. Es hatte rote Haare… warum ausgerechnet rote Haare? Es erinnerte ihn an Gaara und Sasori. Die Geburt war nur wenige Tage her, weswegen Haku und Itachi Yahikos Frau die Küchenarbeit noch abnahmen, damit sie sich erholen konnte. Argwöhnisch musterte der Uchiha ihn, sobald er die Küche zur Essenszeit betrat. Er wollte sicherlich vermeiden, dass Deidara wieder jemandem etwas ins Essen mischte. Itachi zum Beispiel. Der feine Herr beachtete ihn. Das hob seine Stimmung minimal. Deidara beschaffte sich im nächsten Dorf etwas Ton. Schwarzpulver hatte er noch. In Matsuyama kannte er einen zwielichtigen Händler, Gari, der an alles herankam, wenn man ihm nur genug Yen anbot. Sogar an Schwarzpulver. Bei Hofe hatte er kaum Gelegenheit, sich um seine besonderen Waffen zu kümmern. Hier bei Akatsuki konnte er so viele Stunden mit seinen Tonkrügen verbringen, wie er wollte. Die meiste Zeit verbrachte Deidara mit dem Töpfern von verschiedenen Gefäßen. Er testete verschiedene Formen und Größen aus, um die für seine Idee passende zu finden. Während seiner Reise zum Geisterwald hatte er den Einfall gehabt, dass es vorteilhaft wäre, könnte er seine explosiven Gefäße anzünden und dann auf den Gegner werfen. Niemand müsste den gefüllten Tonkrug werfen, damit er mit einem Brandpfeil darauf schießen konnte. Natürlich war den anderen Rônin aufgefallen, dass ihn etwas bedrückte. Nur Haku und Zabuza konnten das nicht an seinem Verhalten erkennen, weil sie ihn kaum kannten. Allerdings waren nur Kisame und Konan fürsorglich genug, um an ihn heranzutreten. Deidara wollte aber nicht darüber sprechen. Vielmehr streifte er durch den Geisterwald und jagte Wild für ihre nächste Mahlzeit. Ansonsten versank er völlig in seiner Idee, Gefäße herzustellen, die er anzünden und werfen konnte, die aber erst explodierten, wenn sie beim Gegner angelangten. Während er den feuchten Ton bearbeitete, wanderten seine Gedanken auch oft zu seinem Meister Sasori. Manchmal war ihm dann, als könne er den blutigen letzten Kuss auf seinem Handrücken sehen. Gerade vermisste er ihn wieder besonders. Es war nicht so, dass er Gaara nicht mehr liebte. Seine Gefühle für ihn hatten sich nicht geändert. Aber durch die Unsicherheit, wie es weiterging, sehnte er sich nach der Sicherheit zurück, die Sasori ihm gegeben hatte. Jeden Abend stellte er eine kleine Opfergabe vor den Butsudan und zündete Räucherwerk an. Obwohl er von traditionellen Bräuchen allgemein wenig hielt, war es ihm wichtig, einen greifbaren Bezug zu seinem toten Meister zu behalten. Und diese Riten des Gedenkens an Verstorbene halfen ihm dabei. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)