The Son von Fay_Fee (Der etwas andere Nebenjob) ================================================================================ Kapitel 7: CHAPTER SEVEN ------------------------ CHAPTER SEVEN „Wach auf!“ Kälte. Ryu hustet. Etwas lief an seinem Körper herunter. Blinzelnd öffnete er die Augen. Vor ihm standen zwei Männer und lachten. Einer hielt einen Eimer in der Hand. „Na? Gefällt dir wohl nich', so ne' kalte Dusche?“ Ryu hustete. Er hatte furchtbare Kopfschmerzen. Ihm war eiskalt. „Wo... wo bin ich?“ Dreckig grinsten die Männer ihn an. „In der Hölle!“ Dann spürte er einen tritt in den Magen. Er hätte sich vor Schmerzen gekrümmt, doch er konnte nicht. Seine Hände waren an Ketten über seinem Kopf zusammengebunden. Angestrengt versuchte er seine Gedanken zu sammeln. Was war passiert? Er erinnerte sich, dass er an einer Theke saß. Das Diner! Er hatte mit Teddy dort gesessen und über die USA gesprochen. Die Bilder kamen durch Stückweise in sein Gedächtnis zurück. Er erinnerte sich noch an Maschinengewehre und an einen Mann im weißen Anzug. Immer wieder blitze ein Symbol vor seinen Augen auf. Irgendein Tier. „Was is' los mit dir, he?“ Ein Wolf? „Der will wohl noch einen!“ Oder ein Bär? „Ignoriert der Penner mich?“ War es ein Löwe? „Na warte!“ Von seinen eigenen Schmerzen aus den Gedanken gerissen, stemmte Ryu wieder seine Arme in die Ketten. Der zweite Tritt war wesentlich schlimmer als der vorige. Er hörte die Stimmen der Männer nur wie durch einen Nebelschleier. „Komm, wir gehen.“ Als er aufsah hatten sie ihm bereits den Rücken zugedreht. Einer von ihnen trug eine Lederjacke. Auf seinem Rücken prangte der riesengroße Kopf eines Tigers. Ryu riss die Augen auf, sein Atem ging schwer. Sein Herz schlug lauter als das Rasseln der Ketten. „Koyama...“ Er erinnerte sich wieder. Die Koyamas hatten ihn in Teddys Diner aufgesucht und niedergeschlagen. Er schaute sich um. Um ihn herum war ein großes, leeres Nichts. Nur ein... Raum? Oder eine große Halle? Er schaute nach oben. Dort war auch nur Schwärze. Er konnte nicht sehen, wo die Ketten, an denen er gefesselt war, endeten. Die Einzige Lichtquelle war eine schwache Baulampe am Boden. Er versuchte sich aufzurichten, aber seine Beine waren an den Knöcheln am Boden befestigt. Er kniete auf Beton. Er musste schon länger in dieser Position verharren, denn seine Beine schmerzten fürchterlich. Er hatte keine Schuhe oder Socken mehr an. Auch die seine Jacke, seinen Pullover und sein Shirt hatte man entfernt. Er trug nichts ausser seiner schwarzen Jeans. Und es war bitterkalt. Er war vollkommen durchnässt von der kalten Dusche, die ihm einer dieser Typen verpasst hatte. Was wollten sie nur von ihm? Warum hielten ihn die Koyamas fest? Angestrengt versuchte er nachzudenken, aber seine starken Kopfschmerzen erleichterten dies nicht unbedingt. Er dachte an seine Begegnung mit Misaki Koyama in der Uni und an die Abfuhr, die er ihr erteilt hatte. Aber konnte sie so rachsüchtig sein? Hiro hätte ihr das sicher zugetraut. Hiro... Traurig dachte er an die letzten Worte, die er mit ihm gewechselt hatte... „Du hast es versprochen! Ich hab dir vertraut! Geh weg! Verschwinde! Lass dich hier nie wieder blicken!“ Für einen kurzen Moment war von all seinen Schmerzen der, den er nun im Herzen verspürte, am größten. Er würde nicht nach ihm suchen. Niemand würde nach ihm suchen. Und die Koyamas würden ihn, warum auch immer sie ihn festhielten, nicht einfach wieder gehen lassen. Der Mann hatte recht, dachte Ryu bei sich. „Ich bin in der Hölle. Und hier werde ich sterben.“ Er wusste nicht, ob er erst Stunden hier war oder vielleicht schon Tage. Die Stille, die Einsamkeit, die Schmerzen und die Kälte hatten ihn jedes Zeitgefühl vergessen lassen. Von den vielen Gedanken, die sich in seinem Kopf inzwischen gesammelt hatten, wurde er beinahe Wahnsinnig. Er hörte ein metallisches Klingen. Dann ein rostiges quietschen. Erschöpft blickte er auf. Ein einzelner Mann betrat seinen schwarzen Höllenschlund, wie Ryu diesen Ort getauft hatte. Er war groß, trug einen dunkelblauen Anzug und eine schwarze Krawatte. Sein volles Haar war ergraut. Er kam auf Ryu zu und blieb vor ihm stehen. „Gefällt die unser Gästezimmer, Junge?“ Ryu antwortete nicht. Der Mann ging um ihm herum. „Ich muss zugeben, ich kann sie irgendwie verstehen. Als ich etwa in deinem Alter war, war ich auch sehr sportlich. Die Mädchen sind mir in Scharen hinterhergelaufen.“ Was quatschte der Alte da? Was sollte das? „Du bist dir sicher im klaren darüber, dass ich hellhörig geworden bin, als meine Tochter mir erzählte, sie hätte von der Studienhilfe des Kunieda-Bengels einen Korb bekommen. Weißt du, was die erste Frage war, die ich mir stellte?“ Ryu antwortete wieder nicht. „Du redest nicht viel, das gefällt mir.“ Konnte das sein? Das Oberhaupt des Koyama-Clans höchstpersönlich? Der Mann redete weiter. „Ich hab mich gefragt: warum um alles in der Welt sollte Hiro Kunieda eine 'Studienhilfe' brauchen? Sein Vater würde ihn ohne zu zögern durch die gesamte Studienzeit durch finanzieren. Er müsste nicht einmal zu den Prüfungen. Nach vier Jahren müsste er lediglich in die Uni spazieren und sich sein Diplom abholen.“ Er stand wieder vor Ryu. „Ich weiß, dass er schon ewig nicht mehr in der Uni war. Und ich weiß ebenso, dass er, wenn er da war, nur gelangweilt in der Ecke saß und dir beim lernen zugeschaut hat.“ Er ging an Ryu vorbei und entfernte sich von ihm, Nach einem langen Moment der Stille kam er wieder, blieb aber hinter Ryu stehen. „Sag mir, Bursche. Wer bist du wirklich?“ Ryu schluckte, „Ich bin Ryu Yuan. Stipendiat an der Uni von Tokyo.“ Plötzlich verspürte er einen ruckartigen Schmerz, begleitet von einem peitschenden Geräusch. Sein Rücken schmerzte fürchterlich. Der Mann jedoch blieb gelassen. „Bambus ist eine der traditionsreichsten Pflanzen Asiens, sehr vielseitig einsetzbar.“ „Was soll das werden?“ brachte Ryu hervor. „Ich will die Wahrheit, sonst nichts.“ „Das ist die Wahrheit!“ Ryu durchfuhr ein kalter Schauer, als er seinen eigenen Worten lauschte und klar heraushörte, wie verzweifelt er klang. „Ich drücke es deutlicher aus: ich will die GANZE Wahrheit!“ Noch ein Schlag. Der Schmerz fuhr ihm durch den ganzen Körper. „Ich bin nur die Studienhilfe!“ Der dritte Schlag. Ihm wurde schlecht. Seine Finger krallten sich fest in die Ketten. Er spürte, wie ihm das Blut den Rücken hinunter lief. Schwer atmend schaute er zu Boden. Innerlich flehte er zu dem Gott, an den er eigentlich nicht glaubte. Er flehte, es möge aufhören. Der Mann umkreiste ihn und stand nun wieder vor ihm. Er hielt ihm einen Stab unters Kinn und zwang ihn unsanft nach oben zu sehen. Der Mann schaute ihn mit seine kleinen, schwarzen Augen belustigt an. Auf dem langen, dünnen Bambusstab klebte Blut. „Ich glaube dir nicht. Weißt du, was meine Theorie ist?“ Ryu war nicht im Stande sich zu rühren oder gar zu Antworten. „Ich denke, du bist sein Leibwächter.“ Ryu konzentrierte sich darauf, ja nicht seine Miene zu verändern oder gar verräterisch zu zucken. „Liege ich da richtig?“ „Nein.“ Sagte Ryu in bestimmten Ton. Der Mann holte aus und schlug ihm den Stab mit voller härte ins Gesicht. Es fühlte sich an, als hätte sich sein Fleisch von den Knochen getrennt. Nie zuvor hatte Ryu solche Schmerzen empfunden. „Die Wahrheit!“ „Wollen Sie wirklich die Wahrheit hören oder einfach so lange auf mich einprügeln, bis ich Ihnen erzähle, was Sie hören wollen?“ Der Mann hob bereits den Stab für den nächsten Schlag, doch dann hielt er inne. „Du hast recht, das bringt nichts. Ich werde es schon irgendwie herausbekommen.“ Er wischte den Stab mit einem Taschentuch ab und stellte ihn wieder hinter Ryu an die Wand. „Ich bin ein geduldiger Mann, Ryu Yuan.Ich kann warten. Früher oder später bekomme ich sowieso raus, wo es ist.“ Es? „Ich werde warten.“ Dann Schritt der Mann zur Tür. Bevor er hinaus trat bückte er sich und hob etwas vom Boden auf. Etwas langes, dünnes. „Gute Nacht.“ Plötzlich wurde es dunkel. Koyama hatte den Stecker der Baulampe gezogen. Ryu war umgeben von der Dunkelheit. Kein einziger Lichtstrahl war zu sehen. Seine einzige Gesellschaft waren der Schmerz und die Kälte. Es war wie ein wahr gewordener Alptraum. Etwas lief seine Wangen hinunter. Ryu konnte nicht einordnen, ob es Tränen waren oder Blut. Wo war er nur hinein geraten? Was hatte er verbrochen, dass die Welt ihn so sehr strafte? Die wildesten Gedanken und Bilder drangen durch seinen Kopf. Er dachte an seine Familie in Chicago. Waren sie in Sicherheit? Oder reichte der Arm der japanischen Mafia bis zu ihnen? Sein Herz raste. Er dachte an seinen stolzen Vater und seine geliebte Mutter. Was würden sie tun wenn sie wüssten, in welcher Situation er war? Dass er sich einfach aus einer Laune heraus gleich am ersten Tag einer Verbrecherorganisation angeschlossen hatte. Wie dumm er war. Was hatte er denn erwartet? Das war kein Abenteuer wie aus einem Buch. Kein Märchen, vom Tellerwäscher zum Helden und Beschützer. Und es war ganz sicher auch keine Liebesgeschichte zweier Seelen aus unterschiedlichen Welten. Es war nichts weiter als ein Desaster. Er schrak auf, als er merkte, dass er schon eine ganze Weile vor sich her lachte. So sehr zerrte es an seinen Nerven, dass er kurz davor war seinen Verstand zu verlieren. Wie lange war er jetzt dort? Er hatte schrecklichen Durst. Seine Kehle klebte jedes Mal, wenn er schluckte. Sein Magen knurrte wie verrückt. Er versuchte irgendwie bei klarem Verstand zu bleiben, indem er versuchte mit den wenigen Informationen die er hatte, sich seine missliche Lage zu erklären. Die Koyamas hatten ihn verschleppt. Wie hatten sie ihn gefunden? Vermutlich über sein Handy. Was wollten Sie von ihm? Es? Was meinte Koyama mit 'Es'? Vor Ryus Augen blitze das Gesicht von Pennywise auf. Schon als kleiner Junge hatte er Angst gehabt, als er den gruseligen Clown im Fernsehen gesehen hatte. Jetzt in der Dunkelheit, gefesselt und wehrlos, war er nun wirklich das letzte, was er vor Augen haben wollte. Er versuchte angestrengt seine Gedanken wieder in die richtige Richtung zu lenken und sich nicht von seinen Hirngespinsten ablenken zu lassen. Also was könnte Koyma gemeint haben. Und warum sollte ausgerechnet Ryu es wissen? Koyama hatte richtig erkannt, dass Ryu Hiros Bodyguard war. Aber mehr auch nicht. Oder war er damit sogar genau der, den er brauchte? Was wusste Koyama? Was wusste Ryu nicht? Und wusste Hiro... „Hiro...“ Immer wieder erwischte Ryu sich dabei, wie er seinen Namen flüsterte, während er an ihn dachte. Seltsam, dachte er. Wäre Hiro nicht gewesen würde er sich jetzt nicht in dieser Lage befinden. Nicht, weil er ihn rausgeworfen hatte. Nicht, weil Ryu und er Gefühle füreinander entwickelt hatten. Nur weil er damals zufällig an diesem Baum saß und Hiro vor diesen Schlägertypen, ohne Zweifel Yakuza, gerettet hatte und ihn damit erst auf sich aufmerksam machte. Nur wegen Hiro war er nun an diesem Ort. Und nur Gott wusste, hätten Sie ihn nicht an diesem Tag gefangen, sie hätten auf eine andere Gelegenheit gewartet. Da war Ryu sicher. Und trotzdem. Er war Hiro nicht böse. Er stellte sich sein unschuldiges Gesicht vor. In ihm zog sich alles zusammen. Er hatte Panik. Die Angst um Hiro war jetzt das Einzige, was ihm Kraft gab, bei klarem Verstand zu bleiben. Das Einzige, was er klar als Realität definieren konnte, was ihn im hier und jetzt hielt. Wieder quietschte die Tür. Ein schwaches Licht war zu sehen. Dann ein grelles Licht. Ryu kniff die Augen zu, die Baulampe blendete ihn. Er hörte Schritte näher kommen, diesmal mehrere. Dann vernahm er wieder die Stimme von Koyama. „Guten Morgen, Herr Stipendiat. Bekommen wir heute ein Referat von dir? Oder muss ich den Schuljungen wieder züchtigen?“ „Was wollen Sie von mir?“ Ryu versuchte seine ganze Kraft aufzubringen, um bei klarem Verstand zu bleiben. „Ich will wissen wo ES ist.“ Die Männer um ihn herum, drei an der Zahl, begannen zu lachen. „Also, Junge. Die Zeit der Spielchen ist vorbei. Du hast dich lange genug dumm gestellt und ich war sehr geduldig mit dir. Jetzt sag mir: wo ist ES?“ „ICH HAB KEINE AHNUNG WOVON SIE REDEN!“ Die folgende Stille war bedrohlicher, als jedes Wort das hätte gesprochen werden können. „Sei nicht so dumm, Junge. Im Grunde will ich dir gar nicht wehtun. Sieh Mal, ich biete dir ein Geschäft an. Du sagst mir, wo ich ES finde und im Gegenzug schenke ich dir die Freiheit und lasse dich sogar für mich arbeiten. Ich bezahle gut.“ „Ich will kein Geld. Ich will Antworten! Was wollen Sie von mir? Was suchen Sie? Und was soll ES sein?“ Er öffnete die Augen. Langsam gewöhnte er sich wieder an das Licht. Er erschrak, als er merkte, dass Koyama vor ihm kniete. Seine schwarzen Augen waren kalt wie Stein und das Grinsen auf seinen schmalen Lippen war so Boshaft, dass es Ryu beinahe den Atem verschlug. „Du weißt es nicht?“ Ryu versuchte nicht seinem Blick auszuweichen. Standhaft sah er ihm in die Augen. Er würde nicht derjenige sein, der seinen Willen bricht. Koyama wurde unruhig. Seine Augen huschten über Ryus Gesicht. Ungeduld lag in seinem Blick. Dann Wut. „Entweder bist du der großartigste Lügner der Welt oder einfach nur ein unglückseliger Narr. Ich würde auf letzteres Tippen. Aber so oder so. Du hast ganze zwei Tage und Nächte hier ausgeharrt. Kein Essen, kein Trinken und mit Sicherheit -“ Er packte Ryu an den Schultern und schüttelte ihn so fest, dass seine Knie, sein Rücken und der Rest seines Körpers nach den Qualen der vergangenen Tage schmerzte. „-hast du Qualen durchlitten. Und dennoch kniest du hier vor mir und erwähnst in keiner Silbe was ich wissen will. Jeder Andere wäre bereits nach wenigen Stunden eingeknickt. Du aber nicht. Von dir werde ich es also nicht erfahren. Dann nützt du mir auch nichts mehr.“ Er stand auf und ging zur Tür. Die drei Männer, die er mitgebracht hatte, rührten sich jedoch nicht vom Fleck. „Ich brauche ihn nicht mehr. Erledigt ihn. Aber macht schnell.“ Dann ging er hinaus und schloss die Tür hinter sich. Ihn erledigen. Ryu hörte diese Worte als wären sie weit, weit weg. Ihn erledigen. Ihm war, als würde sein Geist seinem Körper entweichen. Ihn erledigen. Er dachte an alle die er liebte. Ihn erledigen. Er versuchte, zu vergessen. Er spürte einen festen Schlag auf den Hinterkopf, dann wurde alles schwarz. War es das? Fühlte sich so der Tod an? Kalt und leer? Wenn ja, dann war er schon tot, als er an diesem Ort aufgewacht ist... und befand sich bereits in der Hölle. Es verging einige Zeit und nichts passierte. Oder war es doch eine Ewigkeit? Ryu nahm Geräusche um sich herum wahr, es war ein unerträgliches Durcheinander. Schreie und lautes knallen. Und er hörte eine Stimme. Ein vertrauter, wohliger laut. Und dann wurde es still. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)