Kein Blick zurück von Curupira ================================================================================ Prolog: Monate zuvor -------------------- In der Nähe einer kleinen Stadt, unweit von der deutschen Grenze, wo das Land sich namentlich in die Tschechische Republik verwandeln würde, eilte eine junge Frau keuchen durch den Wald. In ihrer rechten Hand hielt sie einen leicht gekrümmten Stab, der vibrierte und Funken ausstieß, wenn sie ihn über die Schulter, ohne sich umzudrehen, abfeuerte. Mit der anderen hielt sie eine kleine Tasche fest umklammert. Hinter ihr jaulte ihr tierischer Verfolger schmerzerfüllt auf. Vorsichtig blickte sie zurück und sah wie der Hund, ein Schäferhund, vermutete sie, zusammenbrach. Getroffen! Erfreut lächelte sie, als der Besitzer des Hundes keuchend neben ihm zum Halten kam. Panisch blickte er sie an: „Mein Hund! Du miese kleine Schlampe! Was hast du mit ihm gemacht?“ Wütend presste der Ältere seine gelblichen Zähne zusammen und es ertönte ein gefährliches Knurren. Drohend erhob er seinerseits den Zauberstab. Die schwarzhaarige Frau ließ sich nicht davon beeindrucken und zielte mit ihrem Zauberstab auf ihn: „Zeit für ein Schläfchen, denn ich habe keine Zeit mehr für dich“, bellte sie und wirkte ein unausgesprochenes „Stupor“ auf ihn. Der Mann fiel geschockt nach hinten und blieb regungslos im Laub der Bäume liegen. Sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er sich wieder erholen würde, weswegen sie, ohne sich noch einmal umzudrehen, abwandte und weiter ging. Sie wusste nicht, ob es noch mehrere von ihnen gab, weshalb sie vorsichtig durch das Dickicht des Waldes schlich und ihre Ohren spitzte. Denn auf eine weitere Hetzjagd hatte sie absolut keine Lust. Und selbst wenn sie Lust dazu hatte, würde ihr die nötige Kraft fehlen und somit einfacher zum Fangen sein. Diese Blöße wollte sie sich unter allen Umständen ersparen. Kurz vor ihrem Ziel begann sie wieder zu rennen und zückte noch mitten im Lauf ihren Zauberstab und deutete auf einen verwitterten Baum. Dieser verschwand und legte ein Eisentor frei, das zwischen zwei großen Bäumen eingelassen war. Schnell sprang sie hindurch und schlug es mit einem metallischen Klirren wieder zu. Mit einem Surren, was kaum zu hören war, schlossen sich die Schutzzauber wieder vollendend. Hinter dem Tor erhob sich ein kleines Haus, das im Schatten der Bäume, die ringsherum um das Grundstück standen, Furcht einflößend aussah. Einzig ein schmaler Weg, der mit Schotter belegt war, führte zu dem Eingang des Hauses. Die Bäume, die sich links und rechts um das Haus im sanften Wind hin und her bewegten, schützten es zusätzlich vor unliebsame Besucher. Denn das Geäst war so ineinander verzweigt, dass nicht eimal eine kleine Maus hindurchgepasst hätte. Definitiv magisch, denn selbst der schlechteste Muggelgärtner hätte niemals Bäume so nah nebeneinander gepflanzt. Doch die junge Frau war froh über den zusätzlichen Sichtschutz. So musste sie ihre Schutzzauber nicht allzu weit auswerfen und hatte trotzdem genügend Platz auf dem Gelände. Hinter dem Haus lag ein kleiner Steg, an dem ein Boot angebunden, auf die nächste Fahrt über den See wartete. Selten verirrten sich Muggel hierher und wenn doch, dann nahmen sie diese Ecke des Waldes nicht wahr. Denn die junge Frau hatte den Fidelius-Zauber gewirkt, sodass nur eingeweihte Menschen, das Haus und sein Gelände finden und betreten konnten. Wer nichts davon wusste, würde selbst nicht einmal auf den Gedanken kommen dort mit seinem Boot anzulegen oder in dem Teil des Waldes jagen zu gehen. Hörbar stieß sie ihren Atem aus und ließ sich erschöpft in das nasse Gras fallen. Was ein Tag. Knapper ging es bald nicht mehr. Noch nie hatte es einer der Suchtrupps so weit geschafft. Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihr breit. Das nächste Mal würde sie weiter weg von ihrem Lager müssen. Wenn sie ihre Vorräte auffüllen wollte. Denn wenn sie es nicht machen würde, wüssten die Suchtrupps bald in etwa, wo sie sich aufhielt. Und auf weitere Verfolgungsjagden konnte sie getrost verzichten, ihr Leben war auch so schon schwer genug. Es war eh seltsam, das die Leute aus London, sie immer noch suchten. Immerhin war es nun schon gute drei Jahre her, seit sie abgehauen war und alles hinter sich gelassen hatte. Und ihrem Vater müsste das Bestechungsgeld eigentlich auch schon längst ausgegangen sein. Merkwürdig. Ihr Plan hatte eigentlich so ausgesehen, das die Leute vom Ministerium nach zwei Jahren, die Suche einstellen würden. Und nach weiteren Jahren hätte man sie für tot erklärt. Aber scheinbar war der neue Leiter hartnäckiger und hatte mehr Männer zur Verfügung. Denn seinem Vorgänger gelang es kaum sie auch nur einmal zu finden, wenn sie wieder einmal einen Zauber nutzte. Es war scheiße. Ihr Leben momentan. Sie musste Zaubern, durfte es aber nur begrenzt, um nicht aufzufallen. Sie wälzte Bücher, Muggelbücher, magische Bücher, aber nichts half, um ihr Leben etwas besser zu gestalten. Sie war einfach eine Hexe durch und durch. Wenn sie aber tagtäglich Gebrauch von ihrem Zauberstab machen würde, wäre sie bald nur noch auf der Flucht. Wie sehnlichst wünschte sie sich an manchen Tagen einen Tarnumhang... Noch immer schwer atmend erhob sie sich und strich fahrig ihre Kleidung glatt. Sie warf einen Blick zurück durch das Tor, aber erkannte keine weiteren Verfolger. Stolpernd schritt sie auf den Eingang des Hauses zu und schloss eilig die Tür hinter sich ab. Es hatte damals sehr lange gedauert, bis sie das Gebäude wieder halbwegs bewohnbar machen konnte. Schon alleine, weil sie sparsam Zaubern musste. Die Fassade des Hauses war noch nach all den Jahren so schön, wie sie es damals auf einem Bild gesehen hatte. Lediglich innen hatte sie eine Menge Arbeit gehabt. Und würde sie hier einmal Besuch beherbergen wollen, müsste sie noch viel mehr daran tun. Denn der Besitzer hatte es wegen dem Krieg und allem darum, ziemlich verfallen lassen. Seufzend ging sie in die kleine Küche, die direkt an den Flur angrenzte und knallte ihre Tasche auf den Küchentisch. Gierig räumte sie ihre Beute aus und biss herzhaft in ein Würstchen, was sie Stunden zuvor bei einem Fleischer in der Stadt erstanden hatte. Während sie kaute, überschlug sie grob die Tage, die sie mit diesen Lebensmitteln auskommen musste und stellte fest, dass sie diesmal ausreichend gekauft hatte. Munter verstaute sie die Lebensmittel in den Schränken und bereitete sich eine kleine Suppe zu, die sie mit den anderen Würsten essen würde. Als die Suppe fertig gekocht und verzehrt war ging sie hinauf in ihr Schlafzimmer, wo sie die nun leere Tasche an einen Haken hing und sich ihrer verschwitzten Kleidung entledigte. Sie tapste hinaus in den Flur und betrat das Bad, was ihrem Schlafzimmer gegenüber lag. Müde rieb sie sich die Gelenke und ließ warmes Wasser in die Badewanne laufen. Als sie damals hier angekommen war hatte es noch kein Wasser gegeben. Sie hatte sich mühselig mit Haushaltszauber beholfen und erst viele Wochen später magisch Strom angezapft und einen Boiler sowie Wasserfilter besorgt. Nachdem ihr ein guter Freund, mit dem sie heute noch Kontakt hielt diese Tipps gegeben hatte. Ihm gehörte das hier auch alles, doch er hatte es ihr vermacht und würde es nie wieder haben wollen. Er sagte einmal, wenn ihr Vater sie nicht mehr suchte, würde er das Haus mit all seinen Besitztümern an sie überschreiben. Es wäre eine Lebensaufgabe, wenn sie alle Räume restaurieren wollte. Aber sie hatte ja Zeit. Da sie aber nicht ganz auf Magie und Zaubertränke verzichten wollte und konnte, bezog sie den Tagespropheten und reiste immer einmal im Monat in eine große Stadt. Letztes Mal war es Erfurt gewesen. Die magische Gasse, die sie dort gesehen hatte, war zwar kleiner als die Winkelgasse in London, aber mit weit aus besseren Läden bestückt. Die nächste Stadt auf ihrer Liste würde Berlin sein. Sie konnte es nicht noch einmal riskieren so nah an ihrem zu Hause zu reisen. Erschöpft ließ sie sich in die Wanne sinken und genoss das warme Wasser, was sie langsam einlullte und schläfrig machte. All die Strapazen, die sie in den letzten Tagen erleiden musste, fielen von ihr ab und ein genüssliches Seufzen verließ ihre Lippen. Als sie nach über einer Stunde das Bad verließ, fühlte sie sich wie neu geboren und freute sich riesig aufs Schlafen. Wäre da nicht die Eule gewesen, die Unbarmherzig mit dem Schnabel gegen ihr Fenster klopfte und um Einlass bat.... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)