kyoosha - the answer to his questions von ivy-company ================================================================================ Kapitel 8: Re: Ich wills versuchen ---------------------------------- Kapitel 8 Re: Ich wills versuchen Aber warum hatte sich Saga dann so überstürzt von mir gelöst und mich so verängstigt angestarrt? Dachte er, es sei ein Fehler? Ging er im Ernst davon aus, dass ich immer noch nicht wusste, dass die Nachrichten von ihm waren und dass ich ihn jetzt von mir weisen würde? Mir fiel nur eine Möglichkeit ein, um es herauszufinden. Ich hatte keine Lust mehr auf Spielchen. Ich wollte keine Fragen mehr. Ich wollte Antworten! Ich griff mir mein Handy vom Couchtisch und schrieb schnell die Nachricht, bevor mich der Mut wieder verließ. Betreff: Re: Erkenntnis Ich weiß, wer du bist. Das Piepen meines Handys hatte mich aus dem Schlaf gerissen. Blind hatte ich nach dem nervtötenden Ding gegriffen und die Nachricht gelesen. Betreff: Wirklich? Bist du dir sicher? „Verdammt, es ist vier Uhr!“ Ich wollte mich gerade darüber aufregen, welcher Volltrottel mir nachts um vier Uhr eine Nachricht mit einem simplen „Wirklich? Bist du dir sicher?“ schickte, als ich den Absender sah. Sofort war ich hellwach und mein Hirn schien sich auch endlich mal eingeschaltet zu haben. Ewig hatte ich nicht einschlafen können, weil ich auf eine Antwort gewartet hatte! Ewig! Meine vorherige Verpeiltheit machte mir jetzt aber klar, dass ich wohl doch irgendwann weggedöst war. In voller Bekleidung hatte ich mich auf mein Bett geworfen und war dort mit meinem Handy in der Hand eingeschlafen. Mühsam richtete ich mich auf und starrte weiter auf das kleine Gerät. Er war wach. Saga. Mitten um diese Zeit. Vielleicht konnte er auch nicht schlafen. Vielleicht war er genauso durcheinander. Der Unbekannte, der mir jetzt nicht mehr so unbekannt war, und ich hatten im letzten Monat öfters sogar nachts miteinander geschrieben. Über völlig belanglose Dinge. Ich benutzte das Wort „Stalker“ nicht mehr gern. Es klingt so negativ. Sogar in meinen Gedanken. Betreff: Re:Wirklich? 100 pro. Wenn er wach war, dann konnte ich ihm auch gleich antworten. Ich war ihm nicht mal böse, dass er mich geweckt hatte! So schnell konnte sich alles ändern. Normalerweise war ich von solchen nächtlichen Ruhestörungen nicht gerade angetan. Auch nicht, wenn es Saga war. Aber das Blatt hatte sich gewendet. Mein bekannter Unbekannter war der einzige, der mich wecken konnte, ohne dass ich sofort schlechte Laune bekam. Seine Nachrichten brachten mich einfach zum Schmunzeln. Keine Ahnung wie, aber es funktionierte. Betreff: Re:Wirklich? Dann weißt du ja auch, wieso es nicht geht. Meine heitere Stimmung erstarb schlagartig. Das war nicht das Gespräch, dass ich nachts kurz nach dem Aufwachen führen wollte. Ging es ihm jetzt wirklich um diese dumme Regel? Natürlich hatten wir Nao hoch und heilig geschworen keine Beziehung mit anderen Musikern anzufangen, aber das hier war anders. Das hier war ernst. Außerdem hatte ich nie das Gefühl gehabt, dass sich Saga darum wirklich scherte. Und plötzlich sollte ihm diese Vereinbarung so wichtig sein? Betreff: Ernsthaft?! Etwa wegen der Regel? Seit wann interessieren dich solche Dinge?! Kaum hatte ich die Nachricht versendet, piepte mein Handy erneut. Betreff: Re:Ernsthaft?! Es geht nicht nur um die Kack-Regel!! Alles klar. Gut zu wissen, dass ich nicht alleine von der Situation etwas angenervt war. Auch wenn ich von Saga so angepisste Nachrichten nicht gewohnt war. Dafür war sonst ein anderer Bassist zuständig. Allerdings wollte ich ihm das jetzt nicht unbedingt auf die Nase binden. Betreff: Re:Ernsthaft?! Und um was geht’s dann? Dieses Mal schien die Antwort etwas länger zu brauchen, weshalb ich doch in die Küche schlurfte, um mir einen Kaffee zu machen. Wahrscheinlich wäre die Aufgabe leichter zu bewältigen gewesen, wenn ich das Gerät aus der Hand gelegt hätte, aber ich konnte mich nicht dazu durchringen und musste die Kaffemaschine somit einhändig bedienen. Dafür brauchte ich nur eine Millisekunde, um die neuste Nachricht zu lesen, als sich mein Handy wieder bemerkbar machte. Betreff: Ganz ehrlich? Es geht nicht nur um die Regel, auch wenn da schon was Wahres dran ist. Wir sehen uns einfach viel zu oft. Auf der Arbeit und halt auch privat. Ich will das nicht aufs Spiel setzen. Ich will das nicht verlieren. Ich hatte gerade zu Ende gelesen als mein Handy bereits eine weitere Nachricht meldete. Betreff: Ganz ehrlich… Ich will dich nicht verlieren. Verdammt! Ja, das war ein guter Grund. Ein ziemlich guter Grund sogar! Die Band war meine Familie und die Vorstellung, das zu gefährden, war für mich undenkbar. Allerdings dachte ich auch an all die Gespräche die ich mit meinem „Stalker“ über die letzten Wochen geführt hatte und an meine Gefühle für ihn. Und jetzt sollte das alles einfach enden? Ich wünschte mir inständig, dass der Kuss, den wir einige Stunden davor geteilt hatten, nicht anfangs so verdammt eigenartig gewesen wäre. Wäre das der Fall, hätte ich ihm wenigstens daran erinnern können, wie richtig sich dieser Schritt angefühlt hatte. Konnte man mir nicht einmal was leicht machen? Wieso musste diese ganze Scheiße immer so kompliziert sein? Frustriert knallte ich mein Handy auf die Ablagefläche neben der Kaffeemaschine, nur um es sofort wieder an mich zu nehmen und nachzusehen, ob es noch heil war. Glücklicherweise hatte ich wenigstens in diesem Moment Schwein gehabt. Alles gut. Sagas letzte Nachricht war noch immer auf dem Display zu lesen. „Ich will dich auch nicht verlieren“, murmelte ich ihm leise entgegen und plötzlich fühlte ich mich nicht mehr wütend und frustriert, sondern richtig elend. Keine Ahnung, was ich machen sollte. Bis jetzt war alles noch so gut gelaufen. All diese kleinen Nachrichten hatten mir immer gute Laune gemacht. Und jetzt schlug das alles plötzlich eine so ganz andere Richtung ein. Ich nahm meinen Kaffee und setzte mich damit auf mein Sofa im Wohnzimmer. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen und versuchte mich zu beruhigen. Dann tippte ich eine Antwort. Betreff: Re:Ganz ehrlich… Ich will dich auch nicht verlieren. Aber was machen wir jetzt? Vielleicht hatte Saga ja eine Idee – was ich allerdings bezweifelte. Ich legte mein Handy neben mich und trank einen Schluck von meinem Kaffee. Die Stille machte mich nervös. Das Ausbleiben einer Antwort machte mich nervös. Im Wohnzimmer brannte kein Licht. Nur dank dem matten Straßenlicht konnte ich mich im Zimmer bewegen, ohne mir irgendwas zu brechen. Aber ich hatte keine Lust gehabt, Licht anzumachen. Ich fühlte mich wohl so. Meine Tasse war fast leer, als ein leises Piepen die nächste Nachricht ankündigte. Betreff: Re:Ganz ehrlich… Ich weiß nicht. Ich grummelte ein wenig vor mich hin. Super. Auf die Antwort war ich auch schon selbst gekommen. Ich stand auf und ging zur Küche, wo ich doch das Licht kurz einschaltete, um mir einen neuen Kaffee zu machen. Mein Handy ließ ich auf dem Sofa liegen. Ein weiteres Seufzen verließ meine Lippen. Überrascht von mir selbst schlug ich aber plötzlich entschlossen mit der Faust auf die Ablage. Das ging so doch nicht weiter. Verdammte scheiße, ich war verliebt. Ich war verliebt in einen Kerl! Das war mir seit dem einen da… wie hieß er doch gleich… Toki? Toru? Ah, Haruto! Okay, das war mir seit Haruto nicht mehr passiert! Und das war schon eine Ewigkeit her. Das konnte ich doch nicht einfach so übergehen! Noch bevor ich es wirklich realisieren konnte, stand ich mit dem Handy in der Hand neben meinem Sofa. Betreff: Ich wills versuchen. Ich hatte endlich geschrieben, was ich mir selbst seit Wochen nicht eingestehen wollte. Fett prangerte mir der Satz als Betreff entgegen. Denn genau dort gehörte er hin. Dieser Satz war mehr als ein Teil eines einfachen Gesprächs. Er war eine Aussage, die mich meinen eigenen hämmernden Herzschlag in den Ohren hören ließ. Er war die Wahrheit. Ich wollte es wirklich versuchen. Ich war dazu bereit, alles aufs Spiel zu setzen, um mit meinem Stalker…. mit Saga… zusammen zu sein. War er es auch? Betreff: … Ok. Ich starrte die Antwort an als würden dadurch magisch neue Buchstaben auftauchen, die mehr Sinn ergaben als diese beiden. Ok?! Was sollte das bedeuten? War das ein „Ok. Lass es uns versuchen!“ oder ein „Ok. Deine Ansicht wurde zur Kenntnis genommen. Einen schönen Abend noch.“? Ich wartete ungeduldig auf eine Fortsetzung und wurde nicht enttäuscht, als kurz danach eine zweite Nachricht in mein Postfach einflog. Betreff: Sorry. Ja, ich will‘s auch. Das ist gerade nur alles etwas viel auf einmal. Die Bedeutung der Worte drang nur langsam zu mir durch, doch als ich sie endlich verdaut hatte, kribbelte mein ganzer Körper vor Anspannung. Er wollte es auch. Es fühlte sich alles so irreal an. Es waren nur ein paar Worte auf dem Display eines zu abgenutzten Handys, die mein Leben jetzt Grund auf ändern sollten. Ich setzte mich auf die Couch aber stand sofort wieder auf. Ich musste etwas machen. Irgendetwas. Betreff: Treffen? Kann ich vorbeikommen? Ich war nervös, was die Antwort darauf sein würde. Vor allem weil ich gar nicht wusste, was ich wirklich wollte. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als endlich mit der Person zusammen zu sein, die mir die Nachrichten geschrieben hatte. Ich wollte all die angefangen Gespräche vertiefen. Ich wollte all das sagen, was man nicht über einen Text ausdrücken konnte. Ich wollte ihm alles zeigen, was man nicht in Worte fassen konnte. Ich wollte alles ausleben, was in unseren Dialogen immer zwischen den Zeilen gestanden hatte. Es fiel mir nur immer noch schwer das alles mit meinem Bandkollegen zu verbinden, der vor einigen Stunden über mich hergefallen war. Betreff: Sorry… Wir sollten uns das alles nochmal durch den Kopf gehen lassen. Ich starrte seine Nachricht an. Was sollte das denn jetzt wieder? Gerade eben hatten wir doch noch beschlossen, es zu versuchen! Bevor ich eine Antwort tippen konnte, piepte mein Handy erneut. Betreff: Freitag Wir sehen uns ja am Freitag sowieso. Reden wir nach dem Treffen darüber, okay? Das Treffen. Nao hatte ein Bandtreffen angesetzt. Keine Probe oder sonstiges, sondern ein Treffen, bei dem wir etwas Wichtiges zu besprechen hatten. Heute war Sonntag. Das bedeutete also, dass ich noch fünf lange Tage zu warten hatte. Fünf Tage. Gerade in der kommenden Woche hatten wir keine Proben angesetzt. Gerade jetzt! Wir wollten an unseren eigenen Kompositionen arbeiten und denen der anderen. Also würde ich wohl so oder so mit Saga Kontakt aufnehmen. Aber ihn eben nicht persönlich sehen. Ich würde bis Freitag warten müssen! Erst als ich das erneute Piepen meines Handys hörte, merkte ich, wie ich mir auf die Lippe gebissen und das Display angestarrt hatte. Betreff: Freitag? Okay? Nur dieses eine Wort stand in der neuen Mitteilung. Ich atmete tief durch. Okay. Ich wollte nicht aufdringlich wirken. Und vielleicht tat es uns beiden ganz gut, doch noch einmal darüber nachzudenken. Vielleicht hatte er ja Recht. Vielleicht sollte ich mich erstmal mit dem Gedanken anfreunden, dass ich etwas mit Saga anfangen würde. Ich tippte ein „Okay“ und sendete es. Zu mehr war ich nicht imstande. Ich wollte mich jetzt nicht weiter damit befassen. Ich wollte nicht darüber nachdenken, dass ich einfach nur zu ihm wollte, um all die Dinge aus unseren Nachrichten fortzusetzen. Frustriert stand ich vom Sofa auf. Ich putzte mir die Zähne aggressiver als beabsichtigt und zog mich um, bevor ich mich auf mein Bett warf. Frustration, Wut und auch ein bisschen Angst vermischten sich in mir zu einem Mischmasch aus Gedanken und Gefühlen. Ich hoffte, dass noch eine Nachricht kommen würde. Dass Saga es sich doch noch anders überlegte und mich sehen wollte. Aber es kam keine Nachricht mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)