Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 11: Ein Abschied ------------------------ 11) Ein Abschied Wieder einmal huschten die Lichtkegel von zwei Taschenlampen über Grabsteine. Dieses Mal mussten die beiden Jäger jedoch nicht lange suchen, bis sie das richtige Grab gefunden hatten. Und dieses Mal war eines der wenigen Male in denen Dean keine Lust hatte als Erster zu graben. Dieses Mal nahm er statt seiner üblichen Schere Papier. Überrascht zog Sam eine Augenbraue hoch. Was war das denn? Der ältere Winchester zuckte nur mit den Schultern, drückte ihm den Spaten in die Hand und lehnte sich an einen Baum, der ganz in der Nähe stand. Trotzdem wechselten sie sich natürlich beim Graben ab. Schon bald stieß Sam auf das Holz des Sarges. Er holte aus. Beim vierten Schlag brach der Deckel und er erweiterte das Loch soweit, dass der Körper vor ihnen lag. Kaum war er aus dem Loch geklettert, kippte Dean Salz und Benzin in den Sarg, zündete ein Streicholzbriefchen an und warf es auf den Toten. „Verreck du Aas! Aber diesmal endgültig!“, sagte er ohne große Emotionen in der Stimme. Die Flammen schlugen hoch. Im Licht des herunterbrennenden Feuers holte Dean sein Handy aus der Tasche. Er drückte zwei Tasten und hielt das kleine Gerät dann an sein Ohr. „Erledigt“, sagte er nur und klappte das Telefon wieder zu. „Lass uns zusehen, dass wir hier fertig werden.“ Dean nahm den Spaten und begann das Grab wieder zu füllen. „Sie haben die Leiche verbrannt“, erklärte Bobby und stand auf. Sofort stellt auch Jody ihre Tasse ab und trat neben ihn. „Was wird das?“, wollte er wissen. „Du hast gesagt, es ist vorbei!“ „Sie haben die Leiche verbrannt, ja. Aber das heißt nicht, dass es wirklich vorbei ist.“ „Was willst du damit sagen? Muss ich mich weiter vor diesem Typen fürchten?“ „Ich hoffe nicht! Wenn Bellows sich allerdings an etwas anderem festhält, dann ist es mit dem Verbrennen nicht getan. Dann müssen wir weiter suchen!“ „Woran kann sich so ein Geist denn noch festhalten?“, fragte sie ungläubig. „An allem, was ihm etwas bedeutet haben könnte.“ „Leichen verbrennen und dann vielleicht noch die ganze persönliche Habe suchen ohne zu wissen, ob es etwas bringt. Wer macht denn so einen Job?“ „Du wühlst doch auch im Leben der Menschen.“ „Auch wieder wahr. Aber ich muss keine Leichen verbrennen.“ Bobby nahm sich seine Jacke und ging zur Tür. Wieder folgte sie ihm. „Du solltest hier bleiben.“ „Nein! Niemand sagt mir was ich tun soll. Es ist mein Haus und ich werde mitkommen!“ „Jody, er könnte dich umbringen!“ „Dann passt du auf mich auf. Oder noch besser: Gib mir auch eine Waffe und ich verteidige mich selbst.“ Bobby schüttelte den Kopf. Auf der einen Seite bewunderte er sie für ihre Courage, auf der anderen Seite wusste sie nicht, womit sie sich hier anlegte. Das war keiner ihrer üblichen Verdächtigen. Doch er sah auch, dass er sie nicht aufhalten konnte. Mit einem tiefen Atemzug nickte er. „Aber du tust was ich sage und wann ich es sage. Und keine Alleingänge, bevor wir nicht wissen, das er wirklich weg ist.“ Er grinste schief. „Was?“ „Das wollte ich schon immer mal zu einem Cop sagen“, lachte Bobby, wurde aber sofort wieder ernst. „Also?“, hakte er nach. „Ich mache was du sagst.“ „Dann los.“ Vorsichtig näherten sie sich dem Haus. Jodys Herz schlug ihr bis zum Hals. Hier hatte sie gelebt, gelacht, geliebt und geweint. Hier hatte sie ihren Sohn ins Bett gebracht und mit ihm gespielt. Hier war das Zuhause ihrer Familie. Hier hatte sie sich wohl gefühlt und hier war das Schlimmste passiert, was sie sich je hatte vorstellen können. Ein Mörder war in ihr Heim eingedrungen, hatte ihr den Mann genommen und ohne Deans unerwartete Hilfe wäre auch sie nicht mehr am Leben. Jetzt konnte sie nur noch Abschied von ihrem Mann nehmen und dann Bobby die Erlaubnis geben, ihr Zuhause für immer zu zerstören, damit sie leben konnte! Das war doch verrückt! Wie konnte sie leben, wenn ihr Leben so vollkommen auf den Kopf gestellt und ihre Vergangenheit ausgelöscht wurde? Wo war ihre Zukunft? Was würde danach mit ihr passieren und wie sollte es überhaupt weitergehen? Noch nie hatte sie sich so hilflos gefühlt. Noch nie war sie so dem Wohlwollen und der Meinung anderer ausgesetzt. Halt suchend griff sie nach Bobbys Arm. „Alles okay bei dir?“, wollte der sofort besorgt wissen. „Ich …“, versuchte sie sich zu erklären, doch ihr fehlten die Worte. „Willst du doch lieber nicht mitkommen oder sollen wir noch warten? Ich meine ich kann verstehen, wenn du noch Zeit brauchst, auch wenn wir das so schnell wie möglich durchziehen sollten.“ „Nein, ich … es geht schon wieder. Mir war nur etwas schwindelig“, wiegelte sie ab und ging mit energischen Schritten auf das Haus zu. „Wie lange brauchst du?“, wollte der Jäger wissen, nachdem sie ihm die Küche gezeigt und er einen Blick in das Schlafzimmer geworfen hatte. Fragend schaute sie ihn an. Wofür Zeit? „Du willst dich bestimmt verabschieden, oder?“ „Ja, ich … ich wollte noch einige Sachen packen.“ „Nimm auch Fotos mit und die wichtigen Unterlagen.“ „Die wichtigen Papiere liegen bei der Bank. Aber Fotos sind eine gute Idee. Danke.“ Bis jetzt hatte sie sich ihre Fassung noch bewahren können, doch als sie langsam das Schlafzimmer betrat und auf die übel zugerichtete Leiche ihres Mannes zuging, brachen die Dämme. Haltlos liefen die Tränen über ihre Wangen. Ihre Schultern bebten. Hilflos schlug sie ihre Hände vors Gesicht. Ihre Knie geben nach und sie sank neben ihrem Mann auf den Boden. Ihre ganze Welt war zusammengebrochen. Bobby warf noch einen besorgten Blick auf die Frau, die ihn im Moment so gar nicht an den sonst so taffen Sheriff erinnerte, der ihn schon ein paar Mal verhaftet hatte. Wie gerne würde er ihr helfen, doch das war nichts, was er ihr abnehmen konnte. Durch dieses Tal musste sie selbst gehen. Er konnte ihr höchstens eine Hand als Stütze reichen, aber sie musste zugreifen. Der Jäger wartete noch, ob sie sich noch einmal äußern würde, dann ging er in die Küche. Der Geist war bis jetzt noch nicht wieder erschienen, also sollten die Knochen wohl das gewesen sein, was ihn hier und jetzt gehalten hatte. Wenigstens darum mussten sie sich also keine Gedanken mehr machen. Schnell rief er Dean an und gab Entwarnung. „Danke Bobby“, grummelte der ältere Winchester müde. „ Mit uns brauchst du die nächsten Tage nicht rechnen. Wir fahren gleich weiter nach El Paso. Du hast also freie Bahn bei ihr.“ Das Grinsen, das Deans Gesicht bei diesen Worten zierte, konnte Bobby nur zu gut hören. „Ich komm dir gleich hin!“, schimpfte er. „So schnell bist du nicht. Außerdem wartet eine Frau auf dich, alter Schwerenöter.“ Er grummelte sich etwas in den Bart, das selbst er wohl kaum verstanden hatte, legte das Telefon weg und begann den Gasanschluss des Herdes zu manipulieren. Zwei Stunden später waren sie wieder auf dem Weg zum singerschen Schrottplatz. Sie wollten das Wenige sicher verstauen, bevor sie zu ihrem Haus zurück fahren und die Umwälzung ihres Lebens offiziell beginnen würden. Viel zu schnell bogen sie auf den Schrottplatz ein. Während der ganzen Fahrt hatte Jody hin und her überlegt. Immer wieder hatte sie Deans Idee verworfen und schon Luft geholt, um Bobby zum Wenden zu bewegen. Bobby war ein netter Kerl und auch die Brüder, die scheinbar in dem Haus ein und aus gingen, als wären sie Singers Kinder, würde sie ohne weiteres ins Herz schließen können. Aber sie hatte doch eine Familie. Sie hatte einen Sohn und einen Mann, die beide jetzt tot waren! Und immer hatte sie ohne ein Wort wieder ausgeatmet. Sie wollte ihren Mann neben ihrem Sohn beerdigen und sie wollte ihr Leben nicht im Knast verbringen müssen. Aber dafür musste sie diese Scharade mitmachen. Wie viele Menschen waren wohl vor ihr schon zu solchen Lügen gezwungen gewesen und wie viele würde es noch treffen? „Jody?“, durchdrang Bobbys Stimme plötzlich ihre wirren Gedanken. Sie drehte ihm ihren Kopf langsam zu und blickte ihn fragend an. „Wir sind da. Steigst du mit aus?“ Er hatte die Verwirrung in ihren Augen gesehen und er konnte sich denken, womit sie kämpfte. „Ich … Wie halten die Anderen das aus?“, fragte sie zusammenhanglos. „Keine Ahnung. Wir machen den Job und verschwinden wieder. Niemand hat uns gerne um sich, wenn das Übernatürliche erst einmal vernichtet ist.“ Er wusste trotzdem wovon sie sprach. „Aber ihr habt ihnen das Leben gerettet!“ „Trotzdem würde uns niemand zu einer Party einladen! „Hey, das sind Monsterjäger. Die haben letztens einen Poltergeist bei mir verjagt.“ Wie klingt das denn? Keiner will sich zum Gespött der Leute machen. Außerdem leben die meisten Jäger auf der Straße. Sie haben weder eine feste Adresse noch ein festes Einkommen.“ „Und wie haltet ihr das aus? Ich meine ihr lebt mit solchen Phänomenen. Wie schafft ihr das?“, brach es aus ihr heraus. „Komm mit rein. Das sollten wir wirklich nicht hier und nicht jetzt diskutieren. Ich habe dir ja schon gesagt, dass du nicht mal einen Bruchteil von unserem Leben gesehen hast. Aber jetzt ist wirklich nicht die Zeit um darüber zu reden. Später, wenn du alles überstanden hast und dein Leben wieder in geregelten Bahnen läuft, können wir gerne darüber reden, wenn es dich dann noch interessiert. Heute sollten wir erst einmal zusehen, dass wir dein Leben wieder in diese Bahnen gelenkt bekommen.“ Zögerlich nickte sie blieb aber noch immer sitzen. „Oder willst du alles rückgängig machen?“ Er konnte sie nur zu gut verstehen. Sie war vollkommen durcheinander. Ihre Welt hatte plötzlich jegliche Grenzen verloren. Doch wenn sie jetzt nicht schnellstens handelte, wäre sie verloren. „Ich weiß nicht, was ich tun soll“, gestand sie leise. „Komm erst mal mit rein. Wir verstauen deine Sachen und dann setzen wir uns hin und ich erkläre dir noch einmal wie alles laufen soll.“ „Du musst mir nichts erklären. Rein von den Fakten habe ich alles verstanden und finde es auch richtig. Nur meine Intuition, mein Gespür und der Sheriff in mir können sich damit nicht abfinden. Sie sind sich sicher, dass es da noch einen andere Weg geben muss!“ „Es gibt keinen anderen Weg. Außer, du erzählst jedem die Wahrheit und lässt dich einweisen.“ Er holte ihre Tasche aus dem Kofferraum und ging ins Haus. Die Tür ließ er angelehnt. Bobby hatte sich das zweite Glas Whiskey eingegossen, als sie ins Wohnzimmer trat. Er konnte sehen, dass sie wieder geweint hatte. Sie tat ihm leid. Sie sah schon jetzt vollkommen fertig aus und doch hatte sie das Schwerste noch vor sich. Irgendwie war er froh, dass Caren, oder besser der Dämon in ihr, ihn so schnell angegriffen hatte, dass er nur reagieren und nicht auch noch über sein Tun nachdenken konnte. Dafür war er, auch wenn das jetzt selbst für ihn vollkommen falsch klang, dankbar und er war auch dankbar, dass er später die Jungs kennen lernen durfte. Mit Caren hätte er sich die Freude Vater zu werden verwehrt, aus Angst, so zu werden wie sein Vater. Und wenn seine Frau noch leben würde, wäre John nie mit zwei kleinen Jungs, einer davon noch fast ein Baby, zu ihm gekommen. Er hätte diese beiden wundervollen Menschen nie aufwachsen und sie ein Stück ihres Lebens begleiten können. Trotzdem schmerzte ihr Tod ihn noch immer. „Kann ich auch einen haben?“, fragte sie und deutete auf die Flasche. Sofort stand der Jäger auf und holte ein weiteres Glas. Während er den Flaschenverschluss aufdrehte, musterte er sie aufmerksam. Ja, sie hatte geweint. Die Spuren der Tränen standen ihr noch deutlich im Gesicht, auch wenn sie versucht hatte, diese Spuren zu verwischen. Er wandte den Blick wieder dem Glas zu, in das er die goldgelbe Flüssigkeit fließen ließ. Wortlos schob er ihr das Glas hin. Sie leerte es in einem Zug. Erst danach ließ sie sich auf einen Sessel fallen. „Wird es je leichter?“, wollte sie unsicher wissen. „Nicht wirklich.“ „Und wie lebt ihr damit?“ „Wir sehen das Böse, das wir vernichten und das es danach keine Opfer mehr geben wird. Und wir reden uns immer wieder ein, dass wir nicht alle retten können.“ „Hilft das?“ „Es dämpft am Anfang die größten Schuldgefühle und wenn man es sich lange genug einredet, dann hilft es den meisten.“ „Den Meisten?“, krampfhaft hielt sie sich an diesem Gespräch fest, musste sie sich doch so nicht mit ihrem Dilemma befassen. „Und du und Dean und Sam?“ „Sam ist da ziemlich rational. Er weiß, dass wir nicht alle retten können. Es gefällt ihm nicht, aber da er das nicht ändern kann, tut er alles, um so viele wie möglich zu retten. Dean? Der sieht in jedem Toten ein persönliches Versagen. Egal wie oft wir ihm sagen, dass es nicht so ist. Es ist auch egal, dass er es weiß. Er sieht jedes Opfer als seine Schuld an.“ „Und du?“ „Ich denke ich stehe da mehr auf Sams Seite.“ Jody nickte nur und rutschte unruhig auf dem Sitz hin und her. „Du willst es nicht tun“, stellte Bobby ruhig fest. „Nein, natürlich nicht! Owen ist mein Mann. Ich liebe ihn. Ja, wir hatten unsere Differenzen, vor allem seit Seans Tod, aber trotzdem kann ich ihn doch nicht einfach so …“ „Es geht hier nicht um deinen Mann!“, fuhr er ihr laut dazwischen. „Es geht hier einzig und allein um dein Leben. Dein Mann ist schon seit zwei Tagen tot. Ermordet von einem wütenden Geist, der mit dir dasselbe vorhatte. Wenn du den Rest deines Leben im Gefängnis oder in der Psychiatrie verbringen willst? Bitte. Dann blasen wir das Ganze ab. Aber ich denke, du bist ein guter Mensch und noch dazu ein verdammt guter Cop. Du hast weder das eine noch das andere verdient!“ Sie starrte ihn mit großen Augen an. Wie konnte er es wagen an ihr und ihrer Ehe zu zweifeln? Aber dann drangen seine Worte in ihr Bewusstsein und sie blickte ihn schuldbewusst an. Er wollte ihr nur helfen. Er hatte nicht mal an ihrer Ehe gezweifelt. Er hatte ihr nur gesagt, wie es aussah. Traurig ließ sie den Kopf hängen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)