Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 6: Wir suchen eine Leiche --------------------------------- 6) Wir suchen eine Leiche „Hey“, sagte Sam leise und hielt seinem Bruder eine Tasse hin. Er hatte ihn am anderen Ende des Schrottplatzes, an eines der Wracks lehnend und Kiesel unter ein anderes kickend, gefunden. „Es tut mir leid“, sagte er leise und hielt ihm die Tasse hin. Ein kurzer Blick streifte ihn und er las die stumme Bitte in den grünen Augen dieses Thema nicht anzuschneiden und er nickte kurz. „Danke“, nuschelte der ältere Bruder und drehte die Tasse unschlüssig in den Händen. „Hast du Hunger?“, wollte Sam ruhig wissen. „Nein, ich ...“ Sam nickte nur. „Ich werd mal reingehen und versuchen, ob ich etwas über Jodys Geist finde.“ Er wollte seinen Bruder nicht drängen. Der würde schon kommen, wenn es zu essen gab. Dafür schien er einen siebten Sinn zu haben. „Und ich sollte mich um die Waffen kümmern.“ Dean trank seine Tasse in einem Zug leer und löste sich von dem Wagen. Gemeinsam gingen sie zurück. „Ich könnte dir helfen“, sagte Sam beiläufig und wurde ungläubig von seinem Bruder gemustert. „Was? Nur weil ich es nicht gerne mache, heißt das nicht, dass ich es nicht kann“, forderte er Dean heraus. Er würde ihn jetzt nicht alleine lassen. Nicht nach diesem emotionalen Tiefschlag. Sie waren am Impala angekommen und Dean holte die erste Tasche aus dem Kofferraum. „Beweise es!“, sagte er rau und reichte diede an Sam weiter. Der nickte. Er hatte zwar noch immer keine Lust, Waffen zu reinigen, das hatte sich in den letzten Jahren nicht geändert, aber heute würde er bei seinem Bruder bleiben. Dean hatte sich von diesem Frontalangriff auf sein Innerstes noch nicht wieder erholt und er wollte ihm moralischen Beistand leisten. Vielleicht schaffte er es ja so, dass der sich ihm mehr öffnete. Und vielleicht schaffte er es ja auch, dass Dean irgendwann einmal Gefühle zeigen konnte? Langsam ging er zum Haus zurück. Er betrat die Küche und stellte die Tasche ab. Schnuppernd hob er die Nase. Hier roch es nach Hühnerbrühe. Fragend blickte er zu Bobby. „Hatte keinen Reis im Haus“, sagte der nur und beide wussten auch so, dass er, selbst wenn welcher da wäre, die nicht gemacht hätte. Nicht heute. „Kannst du für Dean einen seiner heißgeliebten Burger machen? Ich möchte ihn lieber nicht mit meinen Kochkünsten in den Hungertod treiben“, bat Sam leise und Bobby grinste. „Wer stirbt eines Hungertodes?“, wollte Dean wissen und schloss die Tür hinter sich. „Du wahrscheinlich, wenn wir dich nicht bald füttern“, brummelte der Hausherr und wie zur Bestätigung knurrte Deans Magen. Sam grinste und blickte zu seinem Bruder, der so unschuldig schaute, dass er einen Lachanfall bekam, in den die beiden anderen auch mit einfallen mussten. „Deinen Magen solltest du als Phänomen anmelden. Der reagiert aufs Wort“, stellte der jüngste Winchester kaum verständlich fest. Dean knuffte ihn in den Arm. „Mistkerl“, brummelte er. „Idiot!“ Verhalten gähnend wischte sich Dean über die Augen und verteilte Waffenöl auf seinem Gesicht. Sam sah auf und wollte ihn eigentlich fragen, ob er die letzte Nacht überhaupt geschlafen hatte, doch dessen Kriegsbemalung ließ ihn die Frage vergessen und loslachen. Irgendwie schien sich sein Bruder heute vorgenommen zu haben, für die Belustigung aller zu sorgen. „Was?“, fragte Dean verständnislos. „Ich verstehe ja, dass du in deinem Alter anfangen musst Pflegeprodukte zu benutzen, um dein Aussehen zu behalten und ich weiß auch, dass Waffenöl eine pflegende Wirkung hat, aber mal ganz ehrlich: Richtige Hautcremes wären doch besser, oder?“, grinste Sam breit. „Wir sollten mal losfahren und den nächsten Kosmetikladen entern. Die Verkäuferinnen sind bestimmt nett!“ Dean schüttelte den Kopf, rieb sich noch einmal über das Gesicht und verwischte die Ölspuren dabei großzügig. Er zuckte mit den Schultern und kümmerte sich weiter um die Waffen. Er war zu müde für eine passende Erwiderung. Erst als alle Waffen wieder ordentlich im Impala verstaut waren, verschwand er im Bad. Gähnend kam er zurück in die Küche und wollte sich einen weiteren starken Kaffee holen, doch Sam schob ihn beiseite. „Was soll das?“, wollte er irritiert wissen. „Wenn wir heute Nacht den Geist vernichten wollen, brauche ich dich wenigstens halbwegs wach.“ „Ich bin wach!“ „Ja, du hältst dich mit Koffein munter und suchst wahrscheinlich schon nach Streichölzern. Im Moment gibt es für dich hier nichts zu tun!“ Fragend blickt Dean ihn an. „Leg dich hin und schlaf ein paar Stunden. Bis zum Abend ist es eh nicht mehr lange. Ich werd inzwischen mal sehen, was ich über unseren Geist alles rausbekomme.“ Träge nickend verzog sich Dean in sein Zimmer. Drei Stunden später kam er in die Küche zurück. Sein erster Gang führte ihn zur Kaffeemaschine. „Was gefunden?“, wollte er wissen und ließ sich Sam gegenüber nieder. „Bellows ist vor vier Monaten gestorben. Ein paar der Gefangenen haben wohl rausgefunden, weswegen er saß. Es schien ihnen nicht gefallen zu haben. Sie haben ihm das angetan, was er mit den Frauen gemacht hatte. Er ist einen Tag später im Gefängniskrankenhaus an den Verletzungen gestorben. Seine Leiche wurde zur Beerdigung freigegeben.“ „Weißt du auch wo?“ „Ich denke auf dem gefängniseigenen Friedhof. Hier sind keine Kontakte angegeben, weder Angehörige noch Freunde.“ „Okay, dann sollten wir losfahren und ihn ins Nirvana schicken“, erklärte Dean. Schnell trank er seine Tasse leer und verließ das Haus. Es galt einen Geist zu vernichten. Sam folgte ihm, nachdem er Bobby Bescheid gegeben hatte. Für einen kurzen Augenblick zerschnitten zwei Scheinwerfer die Dunkelheit und tauchten den Eingang des Friedhofes in helles Licht. Die hellen Kreise glitten weiter und erstarben Sekunden später, genau wie das Motorengeräusch. Kurz knirschte noch der Sand unter den Rädern, dann herrschte Stille, die gleich darauf durch das Knarzen der Scharniere beim Öffnen der Wagentüren unterbrochen wurde. Sichernd schauten sich die beiden Männer um, holten zwei Taschen aus dem Kofferraum und gingen zum Eingangstor. Sie zwängten sich durch die Lücke in der Tür und trennten sich. Schnell setzten die nächtlichen Geräusche wieder ein. Grillen zirpten und irgendwo schrie ein Uhu. Doch schon bald verstummten auch diese und wurden durch die erwachenden Vögel ersetzt. Ein schmaler Streifen Licht zeigte sich am Horizont und riss die dunklen Gestalten, die über den Friedhof gingen, aus ihrer Deckung. Die Schritte der Männer waren schleppend und jeder weitere Grabstein, auf dem nicht der Name des gesuchten Mannes, oder zumindest seine Daten standen, schien sie noch ein wenig müder zu machen. Als die Sonne sank, hatten sie sich von Bobby aus auf den Weg nach Springfield gemacht. Da sie nicht riskieren wollten, dass der Wagen irgendwem auffiel. Sie hatten schon so lange unter dem Radar von Polizei und FBI hindurch tauchen können, dass sie sich berechtigte Hoffnungen machten, dass kein Hahn mehr nach ihnen krähte, selbst wenn der von ihnen gehört haben sollte, bevor Hendricksen sie aus den Datenbanken der Behörde gelöscht hatte. Das wollten sie unter keinen Umständen ändern. Ihr Leben war auch so schon kompliziert genug. Das Ziel dieser nächtlichen Tour, Bellows‘ Leiche zu verbrennen, hatten sie noch nicht erreicht, einfach, weil es keine Leiche gab. Zumindest nicht auf den drei Friedhöfen, die sie in der Nacht abgesucht hatten. Dean warf seinem Bruder einen kurzen Blick zu und machte sich dann auf den Weg zurück zum Impala. Auch hier gab es kein Grab auf dem Bellows‘ Name stand. „Verdammt! Und jetzt?“, fragte er frustriert. „Jetzt statten wir auch noch dem letzten Friedhof hier in der Nähe einen Besuch ab und dann sehen wir weiter.“ Ergeben nickte Dean und startete den Wagen. Er hatte verdrängt, wie frustrierend die Suche sein konnte. Den Sommer über hatten sie sich mit Alltäglichkeiten beschäftigt und das Übernatürliche in Ruhe gelassen, so wie es sie in Ruhe gelassen hatte. Doch jetzt hatte es wieder zugeschlagen und alles in ihm drängte danach, es so schnell wie möglich zu vernichten. Der Sommer, die Ruhe und die damit verbundenen Gefühle waren vergessen und Dean wieder ganz der Jäger, den John aus ihm gemacht hatte. Auch der letzte Friedhof war ein Schlag ins Wasser gewesen. Bellows‘ Leiche war nicht zu finden. Oder nicht mehr in Springfield. Aber eigentlich war ihnen schon klar gewesen, dass es wohl eine längere Suche werden würde, nachdem sie ihn auf dem Friedhof gleich neben der Haftanstalt nicht gefunden hatten. Trotzdem hatten sie nichts unversucht lassen wollen. „Wir sollten zu Bobby fahren und von da aus weiter suchen“, versuchte Dean vor allem sich Mut zuzusprechen. Sam nickte und ließ sich auf den Beifahrersitz fallen. Dean ließ den Motor an, drehte die Musik auf und lenkte den Wagen auf die Straße. Ein Gefühl von Heimat und Geborgenheit beschlich Sam. Egal wie verquer es da draußen gerade zuging, hier im Impala, mit seinem großen Bruder auf dem Fahrersitz neben sich, war seine Welt in Ordnung. Diese Gedanken sollte er seinem Bruder besser nie mitteilen. Der würde ihn ein Leben lang damit aufziehen. Obwohl es ja stimmte, auch wenn er es für ein paar Jahre verleugnet hatte und auch wenn er öfter abgehauen war. Sein Zuhause war bei Dean. Ohne ihn würde er sich kein Leben aufbauen wollen. Blieb nur die Frage, wie er ihn zu einem richtigen Leben überreden konnte. Wie hatte Ukpik gesagt? Dean war wie ein Wolf, der sein Revier noch nicht gefunden hatte. Ob er es je fand? Gab es überhaupt Wölfe, die ein Leben lang einsam durch die Wälder streiften? Nein! Es war egal, ob es einsame Wölfe gab. Dean war vielleicht ein Wolf aber nicht einsam. Immerhin hatte er in Bobby und ihm so etwas wie ein Rudel. Und noch wollte er selbst die Hoffnung nicht aufgeben, dass sie doch noch sesshaft werden konnten. Immerhin waren sie diesen Sommer nicht einmal jagen gegangen. Mit einem Schnauben rutschte er etwas tiefer, lehnte den Kopf an die Scheibe. Noch im Einschlafen versprach er sich, dass er seinen Bruder fragen würde, wie er zu einem normalen Leben stand, sobald sich die Gelegenheit dazu ergab. Der Impala rollte vor dem Haus aus und Sam richtete sich auf. Wenn der Motor verstummte, war das für ihn wie ein Wecksignal. Viel zu oft hatte er in dem Wagen geschlafen. Erst als Kind auf der Rückbank und in den letzten Jahren auf dem Beifahrersitz. Er streckte sich und stieg aus. Bobby stand mit einem Kunden auf dem Hof. Immer wieder deuteten sie gestikulierend auf etwas, dass, sollte man ihn je nach seiner Meinung fragen, Sam unverblümt als Schrotthaufen bezeichnen würde und das auf einem Anhänger stand. Dean ließ seinen Blick nur kurz über besagten Schrotthaufen gleiten und beeilte sich dann, seinem Bruder zu folgen. Er wollte jetzt nur noch einen Kaffee. Bobby würde ihn dann schon aufklären, was mit dem 1973 Chevrolet Caprice passieren sollte. „Ihr gehört ins Bett“, stellte Bobby fest, kaum dass er die Küche betreten hatte. „Hm“, gab Dean von sich, ohne jedoch Anstalten zu machen, sich irgendwie bewegen zu wollen. Er starrte weiterhin in seinen Kaffee und versuchte zu einer Entscheidung zu kommen, was er jetzt zuerst tun sollte, wenn er nur nicht so müde wäre. „Du wirst Sheriff Mills noch mindestens eine Nacht beherbergen müssen. Bellows‘ Leiche war nicht in Springfield. Wir müssen weiter suchen. Vielleicht hatte er ja doch einen Angehörigen, der die Leiche abgeholt und irgendwo begraben hat“, erklärte Sam und fuhr fort: „Ich will gleich versuchen noch etwas tiefer in die Datenbanken des Gefängnisses einzutauchen. Irgendwo muss doch ein Vermerk sein, wohin die Leiche verschwunden ist. Hoffen wir mal, sie haben sie nicht an irgendein Krankenhaus gespendet.“ „Du meinst, es könnten mehrere Menschen mit seinen Organen rumlaufen?“ Vor Deans Augen spielten sich gerade Horrorszenen ab. Einen Typ, der als Geist auf der Erde herum lief und dessen Teile in etlichen Menschen weiter existierten, würden sie nicht stoppen können. „Wenn er Organspender war? Aber sie haben ihn nicht gerade freundlich behandelt. Hoffen wir mal, dass seine Organe, selbst wenn, nicht mehr zu verwenden waren“, sagte Bobby ernst. „Möchtest du ein Organ eines Vergewaltigers?“, wollte Sam wissen. „Dir wird wohl keiner sagen, woher das Organ kommt, und wenn du zwischen so einem und dem Tod wählen kannst, werden sich wohl viele für ein Leben entscheiden“, überlegte Bobby. „Und jetzt geht ihr ins Bett! So seid ihr eh zu nichts zu gebrauchen! Vor Allem du nicht, Dean. Also los!“, fuhr Bobby dazwischen. Träge nickte Dean, blieb aber weiterhin sitzen. Für ihn kam es einem Versagen gleich, jetzt einfach so schlafen zu gehen. Und auch wenn er wusste, dass das eigentlich Schwachsinn war, so fühlte es sich doch genau so an. „Dean!“, wurde der alte Jäger lauter. Erschrocken zuckte der zusammen und hob jetzt endlich den Kopf. „Hast du noch Hunger?“ Der ältere Winchester schüttelte den Kopf. Nein, er wollte nichts essen! „Geh ins Bett! So bist du niemandem eine Hilfe.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)