Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 236: Fata morgana ------------------------- 236) Fata morgana Auch Tage später war Sam mit sich noch nicht im Reinen, was die Beeinflussung von Dean anging. Allerdings versuchte er jetzt viel stärker darauf zu achten, was für Emotionen er transportierte. Noch stärker fragte er sich, was von Deans Vorlieben von ihrem Vater übernommen und was davon wirklich Dean war, denn das könnte, das wollte er fördern. Leider hatte er auch hier noch keine wirkliche Entscheidung finden lönnen. Immerhin schaffte er es seine negativen Gefühle im Zaum zu halten. Das autogene Training und die Atemübungen, die er am Tag nach seinem Gespräch mit Dr. Brewster gelernt hatte, wirkten Wunder. „Oliver hat uns für heute Nachmittag zum Grillen eingeladen. Was denkst du?“, fragte Sam seinen großen Bruder, als er ihr Zimmer wieder betrat. „Grillen?“ Er hatte zwar im Fernsehen schon etwas in der Art gesehen, aber da standen Profiköche am Grill und viele Menschen saßen in einem Raum und schaute zu. Wollte Oliver mit ihnen zu so einem Grillen? „Ein gemütliches Essen im Garten. Es gibt Fleisch und Salate. Wir essen und reden. Hast du Lust?“ „Ist Oliver Koch?“ „Nein“, Sam lächelte. „Das muss kein Koch machen. Das kann fast jeder“, erklärte er ruhig. „Okay? Nur wir?“ „Nein, es kommen noch ein paar mehr Leute.“ „Dann nicht. Ich will nicht mit Fremden reden!“ „Donna kommt mir Gabby, Dr. Baral. Es sind also nicht nur Fremde.“ „Okay“, gab Dean auf. Er hatte wohl keine Chance, wenn Sam es wollte. Der biss die Zähne zusammen und schloss resigniert die Augen. Wieso hatte er jetzt das Gefühl, dass er Dean, mal wieder, zu etwas überredet hatte, was der nicht wollte? Warum musste das alles so schwer sein? Warum konnte Dean nicht einfach aufwachen und wieder normal sein? Warum trafen derartig tiefgreifende Ereignisse eigentlich immer Dean und warum musste er sich damit rumschlagen? Das Leben war einfach ungerecht! Und jetzt war er ungerecht! Im Stillen zählte er bis zehn, bevor er die Augen wieder öffnete. „Christo!“ „Was?“ Dean schaute ihn verwirrt an. „Nichts, Dean. Alles gut.“ Er hatte nicht widerstehen können. Nach einem tiefen Atemzug versuchte er sich in einer Erklärung: „Wir werden nicht für immer hier bleiben können. Du wirst immer wieder mit fremden Menschen zu tun haben und das Grillen ist eine gute Übung dafür, denke ich.“ „Weiß nicht! Ich will hier nicht weg!“ Sam schluckte diese Erklärung kommentarlos. Warum über etwas diskutieren, dass noch nicht greifbar war? Allerdings fürchtete er sich schon jetzt vor dieser Diskussion und er konnte nur hoffen, dann sachlich zu bleiben, denn er wollte hier raus. Lieber heute als morgen! Am Nachmittag machten sie sich auf den Weg. Bevor sie zu Dr. Brewsters Haus fuhren, holten sie noch zwei Flaschen Rotwein, von dem Jody bei dem vorangegangenen Telefongespräch behauptet hatte, dass er hervorragend schmecken würde. Sam hatte sich ihren Rat eingeholt, schließlich wollte er nicht mit leeren Händen zu dieser Einladung erscheinen und von Mitbringseln im Allgemeinen und Wein im Speziellen hatte er kaum Ahnung. Das Haus stand etwas außerhalb des Ortes. Sam parkte den Impala am Straßenrand. Gemeinsam gingen sie zum Haus und der Jüngere klingelte. Es dauerte einen Weile, bis jemand öffnete. „Hallo Jungs. Schön dass ihr gekommen seid“, begrüßte sie der Arzt. „Kommt doch gleich nach hinten.“ Er wedelte mit der Hand nach links und verschwand wieder im Haus. Die Brüder folgten seiner Anweisung. Durch ein kleines, weißes Gartentor betraten sie einen etwas größeren Garten. Im Schatten großer Bäume standen ein paar Blumen, sonst dominierten eher anspruchslose Pflanzen. „Hier regnet es zu wenig“, erklärte Oliver das Ambiente. „Aber kommt mit. Ich stelle euch den Anwesenden vor, die ihr noch nicht kennt.“ Er führte sie zu einer jungen Brünetten. „Das ist meine Frau Tina. Tina, das sind Sam und Dean“, stellte er sie einander vor. „Hallo. Ich freue mich, dass ihr hier seid.“ Sie schüttelte beiden die Hand. „Sind die für uns?“, fragte sie und deutete auf die Flaschen, die Dean in den Händen hielt. Automatisch nickte der Winchester und hielt sie ihr hin. „Sam sagte, dass wir nicht mit leeren Händen kommen könnten.“ „Das ist nett von euch, wäre aber nicht nötig gewesen“, erklärte Oliver. „Ich habe euch eingeladen. Trotzdem, vielen Dank dafür.“ Er nahm die Flaschen und brachte sie ins Haus. Die Brüder schauten sich um, wobei Dean immer dicht hinter seinem Bruder blieb. Fremde Umgebungen schüchterte ihn immer noch ein. „Dean“, hörten sie plötzlich eine Stimme. Sie drehten sich fast gleichzeitig um und sahen Gabby auf sie zukommen. „Gabby!“ Über Deans Gesicht huschte ein Lächeln, dass seine Augen jedoch wieder einmal nicht erreichte. „Schau mal, die haben hier kleine Kätzchen. Sind die nicht süß?“ Sie fasste ihn am Handgelenk und zog ihn mit sich zu einem ruhigeren Plätzchen im Schatten. Deans Blick fiel auf die Kleinen. Seine Stirn furchte sich, während er überlegte. „Niedlich“, erklärte er dann, Sam hatte ihm erklärt, dass Kätzchen niedlich waren, und hockte sich neben den Teenager. „Wir können essen“, erklärte Oliver und legte ein weiteres Stück Fleisch vom Grill auf den Teller. Sofort schaute sich Sam nach seinem Bruder um, fand ihn aber nicht. Panik kroch in seinem Hals hoch. Wo war er? Hektisch zuckten seine Augen durch den Garten. Gerade als er nach ihm rufen wollte, legte Dr. Baral ihre Hand auf seinen Arm und deutete in eine Ecke. Sam atmete erleichtert durch. Dean saß neben Gabby auf dem Boden. „Danke“, wisperte er mit einem erleichterten Lächeln auf den Lippen. Ihm war gerade ein Stein vom Herzen gefallen. In aller Ruhe ging er zu den Beiden hinüber. Dean unterhielt sich mit Gabby und diente nebenbei zwei der Kätzchen als Klettergerüst. Eines balancierte auf seinem Bein entlang und das Zweite versuchte an dem Menschen nach oben zu klettern. Es stemmte seine Hinterpfötchen auf Deans Oberschenkel. Die Vorderpfötchen krallten sich in den Stoff von Deans T-Shirt. Spitze Krallen bohrten sich in die Brust des Menschen. Dean zuckte zusammen. Das Kleine erschrak und verlor den Halt. Quietschend landete es auf dem Rücken. Es ruderte mit seinen Pfötchen in der Luft, um sich wieder auf den Bauch drehen zu können. Dean half nach. Seine Finger kamen der kleinen Schnauze zu nahe und schon schnappte das Kätzchen danach und krallte sich in seiner Hand fest. Für den Bruchteil eines Augenblickes schob sich das Bild von einem anderen Tier vor Deans inneres Auge, doch die Erinnerung verblasste, bevor er sie greifen konnte. Verwirrt schaute er zu Sam. Ein Gefühl, das er nicht benennen konnte, verstopfte seine Kehle. „Dean?“ Schnell hockte sich Sam neben seinem Bruder und legte ihm eine Hand auf den Arm. Hatte Dean sich hier an den Wolfswelpen erinnert? Den, der ihn ersteigen wollte? Noch zu gut sah er selbst diese Szene vor sich. Vielleicht sollte er Dean das Video mal zeigen? „Das ...“, krächzte der Ältere und schluckte hart, bevor er hilflos den Kopf schüttelte. „Willst du darüber reden?“ „Da ...“, wieder schüttelte Dean den Kopf. Wut flackerte in seinen Augen. „Nein, Dean! Das macht es nur schlimmer. Du kannst es nicht erzwingen“, versuchte Sam seinen Bruder zu beschwichtigen, auch wenn er wohl genauso sehr auf die Erinnerungen hoffte, wie der. Vielleicht half das Video ja? „Ich glaube ich weiß woran dich das erinnert hat.“ „Schön, dass wenigstens du dich erinnerst!“, fauchte Dean ihn an und versuchte sich von ihm loszumachen. „Ja, ich kann mich erinnern“, begann Sam leise. „Und ich wünsche mir so sehr wie du, dass du es auch wieder kannst, aber wir beide können nichts tun, um es zu erzwingen.“ Sam atmete kurz durch. „Es gibt ein Video von dieser Erinnerung. Ich kann es dir heute Abend zeigen.“ „Ich will es jetzt sehen!“ „Ich habe es auf meinem Laptop.“ „Können wir fahren?“ „Nein Dean. Wir sind hier eingeladen und es wäre mehr als unhöflich jetzt zu verschwinden. Das tut man nicht.“ „Warum nicht?“ „Weil es respektlos wäre. Getroffene Zusagen hält man ein.“ Dean schwieg, doch Sam konnte an den mahlenden Kiefern sehen, wie es in ihm arbeitete. Endlich schnaufte er tief, zuckte mit den Schultern und nickte. Er setzte das Kätzchen auf die Decke und erhob sich. „Ist das immer so?“ „Was?“ „Dass man Zusagen einhält?“ „Eigentlich schon!“ „Eigentlich?“ „Dir das jetzt auseinanderzusetzen, würde zu lange dauern, aber ja. Eigentlich sollte man mit jedem Menschen so umgehen, wie man selbst behandelt werden will. Leider tun das viele Menschen nicht. Die solltest du dir allerdings nicht als Vorbilder nehmen.“ „Hältst du Zusagen immer ein?“ „Ich gebe mir Mühe es zu tun.“ Beim Essen schien Dean noch immer über diese Aussage nachzudenken, oder er kämpft mit der nicht vorhandenen Erinnerung, die ihn da überfallen hatte. „Gefallen dir die Kätzchen?“, fragte Oliver ihn, um ihn aus diesen Grübeleien zu reißen. Auch ihm war Deans abwesendes Schweigen nicht entgangen. „Schon“, antwortete der Winchester einsilbig. Sam blickte Oliver an und schüttelte kurz den Kopf. Hoffentlich verstand der Arzt, was er damit sagen wollte. Gleich nachdem sie beim Abräumen des Tisches geholfen hatten, verabschiedeten sich die Winchesters. Oliver brachte sie zum Impala. „Das war wohl keine gute Idee“, überlegte er kleinlaut. „Schon, aber es ist wohl einfach nicht der richtige Tag gewesen.“ Sam zuckte mit den Schultern. „Trotzdem möchte ich mich für das gute Essen bedanken und dafür entschuldigen, dass wir wohl keine guten Gesprächspartner sind.“ „Nein, Sam. Es ist gut so. Es war ein Experiment, ob Dean schon soweit ist. Über alles weitere reden wir am Montag.“ „Ich wünsche euch noch einen schönen Abend und einen ruhigen Sonntag.“ „Danke.“ Oliver nickte und gab den jungen Männern die Hand. „Bis Montag“, verabschiedete sich nun auch Dean und lies sich auf den Beifahrersitz fallen. „Zeigst du mir jetzt das Video?“, drängelte der ältere Winchester, kaum dass sie auf dem Krankenhausparkplatz ankamen. „Jetzt lass uns doch erstmal ins Zimmer gehen“, versuchte Sam ihn zu bremsen. Es gelang ihm nicht. Kaum hielt er an, riss Dean die Tür auf und stürmte davon. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge schaute Sam ihm hinterher. Und so sehr er sich auch dagegen sträuben wollte, die Hoffnung, dass Dean sich danach erinnern könnte, ließ auch ihn seine Schritte beschleunigen. Mit fliegenden Fingern öffnete er den Laptop, kaum dass er im Zimmer angekommen war und trommelte dann ungeduldig auf dem Gehäuse herum. ‚Brauchte das Ding schon immer so lange um hochzufahren?' Endlich konnte er sein Passwort eingeben. Er zog sich seine Jacke aus und warf sie auf sein Bett. Gerade richtig, um einen Ordner zu öffnen und die Wolfsvideos zu durchsuchen. Er klickte das eine Video an und schob Dean auf seinen Stuhl. Schnell ging er um den Tisch herum und wartete voller Ungeduld darauf, dass es startete und darauf, dass Dean etwas wiedererkennen würde. Die Hoffnung wurde brutal ermordet. In Deans Augen war kein Erkennen, als er die Szene verfolgte. Lediglich die Wut flackerte wieder heftiger. Nur mit Mühe konnte Dean sich davon abhalten den Laptop vom Tisch zu fegen. Er ballte die Hände zu Fäusten und stand so schnell auf, dass der Stuhl nach hinten kippte. Laut knallend landete die Lehne auf dem Boden. Erschrocken zuckten beide Brüder zusammen. Sam schloss die Augen und zählte stumm bis zehn. „Verdammt“, wütete Dean und trat ans Fenster. Wenigstens hatte der Knall soviel seiner Wut genommen, dass er nicht mehr unmittelbar Gefahr ließ etwas zu zerstören. Trotzdem musste er dringend Dampf ablassen. „Ich geh runter“, sagte er und begann sich umzuziehen. „Gute Idee“, erklärte Sam und folgte dem Beispiel seines Bruder. Wenigstens konnte er sich so seinen Frust vom Halse trainieren. Müde und ausgelaugt fielen sie Stunden später in ihre Betten. Im Einschlafen überlegte Sam, dass wenn das noch öfter passieren würde, sie wohl im nächsten Jahr bei der Mister Universum-Wahl mehr als nur gute Chancen haben würden! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)