Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 176: Sehen und gesehen werden dürfen -------------------------------------------- 176) Sehen und gesehen werden dürfen Von diesem Augenblick an gab es kein Halten mehr. Sobald die Jungen erwachten, drängten sie nach draußen und abends hatte ihre Mutter ihre liebe Not, um sie wieder in die Höhle zu bekommen. Alles musste untersucht werden, überall buddelten sie Löcher und Gräben und in alles mussten sie ihre Zähne schlagen.“ Wieder einmal hielt Mary inne. Ihre Gedanken wanderten zurück und sie erinnerte sich daran, wie schwer es ihr gefallen war, Dean abends ins Haus zu bekommen und wie zappelig er morgens war, wenn er nicht gleich nach dem Frühstück nach draußen durfte. Zärtlich strich sie Dean die verschwitzten Strähnen aus dem Gesicht und fuhr mit der Geschichte fort. „Schon bald war Liv gezwungen, sie einem Anderen anzuvertrauen, damit sie sich wieder um die Futtersuche kümmern konnte. Sie rief ihre Jungen zusammen und brachte sie zu einem alten Präriehund, dessen Fell schon ziemlich struppig war. Seine Augen glänzten jedoch noch voller Leben. „Hallo Eddy“, grüßte sie. „Ich bringe dir meine Rasselbande, damit sie endlich was Vernünftiges lernen.“ „Dann lass sie mal hier. Ich kümmere mich darum.“ „Danke“, sagte sie und wandte sich an ihre Kinder, „Und ihr benehmt euch. Eddy ist der beste Lehrer, den wir haben!“ Die Kleinen schauten sich ratlos an. Lehrer? Lernen? Sie wollten spielen! „Also ich bin Eddy. Ihr könnt aber auch Onkel Eddy zu mir sagen, so wie es schon so viele Junge vor euch getan haben. Ich bin auf dem Weg zu den anderen Schülern, also kommt am besten gleich mal mit!“ Ratlos schauten sie immer wieder zu ihrer Mutter zurück. Sollten sie wirklich hier bleiben? Liv nickte nur. „Benehmt euch!“, forderte sie ihre Fünf noch einmal auf und wandte sich ab, um endlich ihre Vorratskammern auffüllen zu können. Murrend folgten sie dem alten Zottel. Eddy führte die Jungen zu einem Stein, vor dem schon andere junge Präriehunde saßen und neugierig auf die drei Haufen starrten, die vor ihnen lagen. „Wir nehmen heute unsere Nahrungsmittel durch. Also: Diese Pflanzen“, er zeigte auf den ersten Packen, „könnt ihr jederzeit problemlos essen, egal ob frisch oder für den Wintervorrat getrocknet. Diese Pflanzen hier“, er deutete auf eine Gruppe daneben, „solltet ihr nur frisch und dann auch nur in kleineren Mengen zu euch nehmen. Und diese Pflanzen sollten nie auf eurem Speiseplan landen!“ Er deutete auf die dritte Gruppe. „Warum nicht?“, fragte Gray kauend. Der alte Lehrer musterte den Zweig, den der junge Präriehund in seiner Pfote hielt. Zum Glück hatte er nur eine der Pflanzen erwischt, die zwar heftige Bauchschmerzen und vielleicht auch Durchfall hervorriefen, aber nicht tödlich waren. Sollte er ruhig am eigenen Leib spüren, was passierte wenn man nicht hören konnte. „Das wirst du schon noch merken“, erklärte der Eddy ruhig und bat die anderen dann ausgiebig an den Pflanzen zu riechen, um sie sich einzuprägen. Danach sollten sie selbst auf die Suche gehen und alle Pflanzen, die sie fanden den Gruppen zuordnen. „Und das sollen wir jetzt alles wissen?“, fragte ein Mädchen namens Isobell, nachdem Eddy sie wieder zusammengerufen und die einzelnen Haufen überprüft hatte. „Nein“, lachte Eddy gutmütig. „Das werden wir noch oft wiederholen. Solange, bis ihr sie blind unterscheiden könnt.“ „Wie geht es dir?“, wollte er nach einem Blick auf Gray wissen. „Ich bin okay“, presste der zwischen den Zähnen hervor. „Dann ist's ja gut. Ihr könnt alle nach Hause gehen. Morgen früh treffen wir uns wieder hier und ich zeige euch, wie man die schönsten Tunnel und Höhlen gräbt.“ „Oh ja, buddeln“, freuten sich die Kinder, die schon eine Weile länger bei Eddy lernten.Und auch Livs Kinder strahlten begeistert. Quitschend und lachend tobten die jungen Präriehunde zu ihren Höhlen. Sie rannten die Hügel, die die Eingänge umgaben hinauf und ließen sich auf der anderen Seite wieder herunterrollen. Sie sprangen sich in den Nacken oder die Seite, knufften sich oder zogen sich am Fell. Nur einer trottete langsam hinter allen her. „Was ist mit ihm?“, fragte Liv den alten Lehrer besorgt und schaute zu ihrem Sohn. „Oh, dein Neunmalklug musste unbedingt von den Pflanzen fressen, die ich als nicht essbar klassifiziert hatte.“ „Er hat etwas Giftiges gefressen? Wie konntest du das zulassen?“, wollte sie mit vor Wut blitzenden Augen wissen. „Ich habe mir die Pflanze angesehen. Sie war nicht giftig. Allerdings wird er in der Nacht Bauchweh und vielleicht auch Durchfall haben. Wenn es schlimmer wäre, hätte ich ihn zum Erbrechen gebracht, das weißt du.“ „Und was soll ich jetzt machen?“ „Bedauere ihn ein wenig und erkläre ihm, dass es besser wäre zu hören, was Ältere ihm sagen.“ „Und du bist dir sicher, dass er wirklich nur Bauchschmerzen bekommt?“ „Die hat er schon, aber er ist zu stur, um das zuzugeben.“ „Ich hoffe, dass du Recht hast“, murmelte sie leise und folgte ihren Kindern zu ihrem Bau. Müde und schlecht gelaunt trotteten vier kleine Präriehunde am nächsten Morgen zur Schule. „Was ist denn mit euch los? Habt ihr die Nacht durchgemacht? Das könnt ihr vielleicht, wenn ihr größer seid, aber jetzt nicht. Ihr könnt mir gleich noch einmal die Pflanzen zeigen, die ich euch gestern als ungenießbar bis giftig benannt habe“ forderte Eddy Livs Kinder auf. Grübelnd blickte er auf die müde Schar. „Ward ihr gestern nicht noch fünf? Wo ist euer Bruder?“ irgendwie bekam er jetzt ein schlechtes Gewissen. Hatte der Kleine gestern doch zu viel von der Eibe gefressen? „Gray hatte die ganze Nacht Bauchschmerzen. Er musste dreimal kotzen. Heute Morgen ging es ihm noch nicht so gut, da hat Mama entschieden, dass er zuhause bleiben darf. Uns hat er mit seinem Gejammer die halbe Nacht wach gehalten aber wir mussten heute hierher kommen. Ich finde das echt ungerecht!“, beschwerte sich Pebbles lautstark. Oje. Da ging seine Erziehung wohl nach hinten los, überlegte sich Eddy. Dass die Vier leiden mussten hatte er nicht gewollt. „Gut. Planänderung“, verkündete er laut. „Wie werden heute keine neuen Gänge graben. Wir haben ja noch die Höhlen, die ihr vor ein paar Tagen angelegt habt. Diese werden wir heute zu Wohnhöhlen erweitern, auspolstern und wir werden Vorratshöhlen anlegen.“ So hatten Livs Kinder Zeit sich auszuruhen. Für Grays Fehler wollte er sich nicht auch noch bestrafen. Gray seinerseits lernte aus diesem Fehler nur, dass ihm nichts passieren konnte und das nutze er weidlich aus. Ganz schlimm wurde es, als Eddy ihnen die einzelnen Warnrufe beibrachte. Klapperschlangen, Adler, Wölfe. Sie alle wurden mit einem speziellen Ruf angezeigt und Eddy schärfte ihnen immer wieder ein, jeden dieser Warnrufe nur dann einzusetzen, wenn wirklich Gefahr drohte, denn es konnte schlimm enden, wenn diese Rufe irgendwann nicht mehr ernst genommen werden würden. Alle jungen Präriehunde schworen sich daran zu halten. Alle, nur einer nicht. Gray. Er machte sich einen Spaß daraus, die Kolonie immer wieder mit einem dieser Rufe zu schockieren. Beim ersten Mal fand es seine Mutter noch ganz lustig, doch dann musste sie einsehen, dass er es zu weit trieb und sie nahm ihn zur Seite: „Gray, es reicht. Du bist ein Risiko für unser aller Zusammenleben! Du gefährdest die ganze Kolonie!“ Doch Gray besserte sich nur soweit, dass er die Warnrufe nicht mehr jeden Tag sinnlos benutzte, denn er fand es einfach zu schön, wie alle panisch alles stehen und liegen ließen und in ihren Höhlen verschwanden. Und so kam, was kommen musste. Gellend schallte der Warnruf „Adler“, über die Kolonie. Ein zweiter und dritter Wachposten fielen in diesen Warnruf mit ein und alle Präriehunde hasteten zu dem nächstgelegenen Höhleneingang. Nur Gray hielt das Ganze für einen Spaß. Er hatte die anderen so oft veräppelt, warum sollten die das nicht auch einmal tun? Unbefangen hockte er auf einem Erdwall und besah sich die Panik, die diese Warnrufe ausgelöst hatten.Er freute sich, wie die ganze Kolonie immer wieder darauf hereinfielen! Dass es dieses Mal alles andere als ein Spaß war, bemerkte er erst, als sich die Krallen des Raubvogels in seinen Pelz bohrten. Hätte er mal besser auf seine Mutter und den alten Lehrer gehört! Doch jetzt war es zu spät. Panisch schrie er auf, doch ihm konnte niemand mehr helfen und der Adler flog mit seiner Beute davon.“ Mary hielt inne. Sie trat etwas näher an das Bett heran. „Hey“, grüßte sie ihren Älteren und fuhr ihm durch die Haare. „Mom“, flüsterte er heiser. Er war schon eine Weile wach und hatte ihr zugehört. Auf keinen Fall wollte er sie unterbrechen, viel zu schön waren die Erinnerungen, die diese Geschichte in ihm wach riefen, auch wenn er … „Diese Stelle mochte ich nie!“ „Ich weiß. Sie sollte nur dazu dienen, dir zu erklären, dass es besser ist auf das zu hören, was Erwachsene sagen.“ „Ich wünschte nur, Sammy hätte diese Geschichten auch hören können“, wisperte er kaum hörbar. „Ich auch, Schatz, ich auch.“ Eine Weile genossen sie die Stille bis Mary wieder unsichtbar wurde. Gleich darauf betrat Sam das Zimmer. „Hey“, freute er sich seinen Bruder wach zu sehen. „Hey“, krächzte der mit gemischten Gefühlen. Einerseits freute er sich seinen Bruder zu sehen, andererseits war er traurig, dass Mom verschwunden war. Warum konnte sie nicht bleiben und Sam begrüßen? „Du musst deine Medizin nehmen“, erläuterte sein Bruder und hielt ihm die Tablette hin. Mühsam setzte Dean sich auf. Er schob sich die Tablette in den Mund und griff nach der Tasse Tee. Seine Hand zitterte, als er die letzten Schlucke trank. Sofort hielt Sam seine Hand noch etwas dichter an die Tasse und nahm sie ihm ab, kaum dass er sie absetzte. Ein kurzes Lächeln huschte über Deans Gesicht, dann fielen ihm die Augen zu und er sank zurück in die Kissen. „Schlaf dich gesund, Dean“, sagte er leise und ließ sich auf seinem Stuhl nieder. Immer wieder fielen auch ihm die Augen zu, doch er wollte noch warten bis Bobby wieder da war. „Sam?“ Bobby legte dem Winchester die Hand auf die Schulter. Sam zuckte zusammen und hob den Kopf. „Hm?“, fragte er und blinzelte zu dem Jäger hoch. „Ich bin hier. Du kannst ins Bett gehen.“ „Okay“, nuschelte er, machte aber keine Anstalten sich bewegen zu wollen. Erst als Bobby ihn erneut die Hand auf die Schulter legte, erhob er sich, leise ächzend und schlurfte zur Tür. Neben der kleinen Couch blieb er stehen und überlegte einen Augenblick, ob er sich nicht gleich hierhin legen sollte. Die Couch sah jedoch alles andere als einladend für mehr als ein Nickerchen aus und der Wunsch nach etwas mehr Komfort war stärker, als der Drang sich sofort hinlegen zu können. Für Bobby sah es fast so aus, als ob jemand Sam anschieben würde, als der sich mit einem Ruck wieder in Bewegung setzte und aus dem Zimmer schlurfte. Träge lief er über den Gang. Nichtsahnend legte er die Hand um den Türknauf seines Zimmers. Aufgeregt schaute Mary auf das sich drehende Teil. Gleich würde ihr Baby durch die Tür kommen. Gleich würde ihr Kleiner sie sehen können! Vielleicht würde er es als Halluzination abtun. Vielleicht würde er denken, dass er schon träumte, doch das war egal. Sie würde sich ihm endlich zeigen! Einen Wimpernschlag bevor Sam die Tür weit genug aufgeschoben hatte erschien Anna, legte ihr eine Hand auf die Schulter und brachte sie beide zu einem unbekannten Ort. „Was soll das?“, fragte Mary erschrocken. „Die Zeit ist dafür noch nicht reif“, erklärte der rothaarige Engel. „Warum nicht?“ „Das wurde mir nicht gesagt.“ „Aber Dean hat mich gesehen!“ „In Deans Erinnerungen bist du lebendig. Er kennt dich. Deine Anwesenheit kann genau so gut ein Trugbild sein. Eine Fieberfantasie. Sam hat dich nur einmal gesehen. Er würde wissen, dass du eine Erscheinung bist und das ist nicht erwünscht!“ „Warum nicht?“ „Ich kann nur wiederholen, dass die zeit dafür noch nicht reif ist!“ Mary überlegte eine Weile, bevor sie den Engel wieder anschaute. „Und wann?“ „Vielleicht später.“ „Vielleicht?“ „Ich kann dir nur diese Botschaft überbringen. Du darfst dich Dean zeigen, wenn sein Zustand so wie jetzt … Es wird ihm die Kraft geben weiter zu kämpfen, ohne dass er wirklich glaubt dich gesehen zu haben. Sam bleibt für dich tabu. Entweder du akzeptierst es so oder ich muss dich in den Himmel bringen. Dann wird es keine Gelegenheit mehr geben, deine Jungs zu begleiten. Es wird für dich ein Leben in deinen Erinnerungen sein, ohne die Chance aus diesem Kreislauf ausbrechen zu können.“ „Ein Leben in den Erinnerungen? Heißt das ich muss mein Leben wieder und wieder leben? Das ist die Hölle, nicht der Himmel!“, stellte sie aufgebracht fest. „Du lebst in deinen schönen Erinnerungen“, versuchte Anna zu relativieren. „Auch schöne Erinnerungen werden irgendwann zu einer Last. Nein. Dann wäre ich lieber im großen schwarzen Nichts.“ „Du bist wie dein Sohn, oder ist er wie du?“, überlegte der Engel laut. „Und jetzt?“ Mary wollte über diesen Satz besser nicht nachdenken. „Deine Entscheidung. Hierbleiben und nur für Dean SICHTBAR sein oder mitkommen.“ 'Warum betonte Anna das eine Wort extra?', überlegte Mary. Doch darüber konnte sie sich später noch Gedanken machen. Jetzt wollte sie nur noch zurück zu ihren Kindern, auch wenn sie sich nur einem ihrer Söhne zeigen durfte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)