Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 102: Dorffest --------------------- 102) Dorffest Kaum hatte der Tag begonnen, eilte der Graf, immer noch nur mit einem Nachthemd bekleidet, zu seinem Stall. Er wusste zwar nicht, wann der Dieb zuschlagen würde, aber sicher war sicher. Schon von Weitem sah er die Wachen neben dem Tor liegen. „Das darf doch nicht wahr sein!“, brüllte er und stürmte die letzten Schritte zum Tor. „Das versteht ihr also unter Wache halten? Euch werde ich zeigen, was es heißt euren Herrn so zu hintergehen!“ Er trat dem ersten Mann, der ihm vor die Füße kam heftig in den Rücken. Erschrocken sprang der auf und rieb sich die malträtierte Stelle. Er wusste nicht wie ihm geschah. Und auch seine Kameraden wurden unsanft aus dem Schlaf gerissen. Taumelnd erhoben sie sich, rieben sich die schmerzenden Schläfen und starrten ihren Herrn aus stumpfen Augen an. Doch dann nahmen sie einer nach dem anderen Haltung an. „Ihr werdet exerzieren, bis es euch zu den Ohren rauskommt und eure Schuhe durchgelaufen sind. Euch werde ich Mores lehren!“ Wütend stapfte der Graf in den Stall und fand die Box leer vor. Hart schlug er der Wache, die noch immer schlafend im Sattel saß gegen den Oberschenkel. Der Mann schwankte bedrohlich und kippte ins Stroh. Doch das sah der Graf schon nicht mehr. Vor Wut kochend stürmte er über den Hof, um dem Leutnant die entsprechenden Befehle zu erteilen. Mitten auf seinem Hof hielt er inne. Sam kam gerade, leise vor sich hin summend, durch das Tor. Den Hengst führte er am Zaum. „Guten Morgen Graf“, grüßte er. „Ich bringe Euch Euer Pferd wieder. Ein sehr edles Tier“, erklärte er und streichelte dem Tier den Hals. Dem verdutzten Grafen drückte er die Zügel in die Hand und sah zu, dass er wieder vom Hof kam. „Stallbursche“, brüllte der Hausherr und hatte augenblicklich alle Hände voll zu tun, das steigende Tier im Zaum zu halten. Ein schmächtiger Junge, mit einer Kiepe auf dem Rücken, kam über den Hof gerannt, fasste das Tier am Zaum und redete beruhigend auf ihn ein. „Wo hast du dich schon wieder rumgetrieben?“, wollte der Graf ungehalten wissen. „Ich war auf der Wiese und habe sein Lieblingsfutter geschnitten. Ihr sagtet, dass er heute im Stall bleiben sollte.“ „Jaja, schon gut. Bring ihn rein, reibe ihn ab und dann kann er wieder auf die Koppel“, bestimmte der Graf. „Wartet“, brüllte er Sam hinterher. „Diese Aufgabe habt Ihr bestanden. Die anderen werden Euch nicht so leicht werden. Und ich warne Euch. Solltet Ihr mir als Dieb begegnen, werde ich Euch auch als solchen behandeln!“, erklärte er dem Winchester, kaum dass der sich zu ihm umgedreht hatte. Sam winkte und tippte sich zum Gruß an die Krempe seines Hutes. Plötzlich hörte er neben seinem Fuß ein leises Klimpern. Er blieb stehen und schaute zu Boden. Etwas blinkte neben seinem Fuß. Er bückte sich und fand einen kleinen Schlüssel, den er aufhob. „Was habt Ihr da?“, rief ihm der Graf hinterher und kam wieder auf ihn zugelaufen. „Einen Kiesel“, erwiderte Sam. „Aber wenn Ihr ihn behalten wollt, so will ich ihn Euch nicht entführen.“ Er warf den Stein, den er mit aufgehoben hatte dem Grafen entgegen. Der schnaubte nur und wandte sich endgültig um, um sich ankleiden zu lassen. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging Sam durch den Wald. Er kam zu dem Gärtner, bei dem er am Vortag schon gegessen hatte. „Wie ging es mit dem Grafen?“, wollte der alte Mann wissen. „Ganz gut, denke ich. Die erste Aufgabe habe ich bestanden.“ „Ihr ward die ganze Nacht unterwegs?“ „So sieht es wohl aus.“ „Dann müsst Ihr müde sein.“ „Das schon, aber …“ „Nichts aber. Ihr könnt hier schlafen.“ „Ich will niemandem zur Last fallen! Wenn der Graf mich bei Euch findet, wird er Euch nicht …“ „Das lasst mal meine Sorge sein. Ihr könnt da hinten in dem Strohschober schlafen. Da wird Euch niemand vermuten. Und wenn Ihr Hunger habt, so kommt ins Haus. Meine Frau kann Euch etwas geben.“ „Vielen Dank.“ Das ließ sich Sam nicht zweimal sagen. Nach einem einfachen Mal ging er zu dem Heuschober hinüber und legte sich für ein paar Stunden schlafen. ‚Wie es Dean wohl ging?’, überlegte er sich beim Einschlafen. Sein Arm brannte leicht. Er warf einen Blick auf das Mal auf seinem Arm. Es verblasste langsam. Aber wie schlecht ging es ihm? Konnte es Dean überhaupt gut gehen, wenn er irgendwo herumirrte oder eingesperrt war? Denn was sonst konnte ihn davon abhalten zu ihm zu stoßen? Irrte Dean durch den Wald und suchte ihn? Aber dann könnte er sich selbst versorgen, selbst schützen. Nein! Diese Fee hatte ihm erklärt, dass er sich beeilen sollte, denn sonst würde Dean sterben. Das wiederum hieß aber, dass der irgendwo eingesperrt sein musste. Ohne Wasser, ohne Nahrung? Nein, denn dann wäre er wohl schon tot. Verdammt! Was hatte dieses Flatterding nur mit ihnen gemacht? Hatte das Mal überhaupt eine Bedeutung? Hatte es überhaupt eine Verbindung zu Dean? Oder wollte die Fee nur, dass er sich beeilte, dass er Fehler machte? ~"~ Wieder hatte sich das Brot erneuert, lange bevor Dean den Hunger nicht mehr aushielt. Er sah die Maus kommen und warf ihr ein paar Krümel hin. Ruhig beobachtete er sie dabei, wie sie die hastig auffraß. Kaum war der letzte Krümel gefressen, richtete sie sich auf und reckte die Nase schnuppernd in die Höhe. Dean grinste und warf ihr noch einen Krümel zu. Ob sie ihm auch aus der Hand fressen würde? Irgendwann wollte er es versuchen. Aber nicht jetzt. Jetzt wollte er nur schlafen. Er war so furchtbar müde. Träge rollte er sich zusammen und schloss die Augen. Dass ihm die Maus etwas weg fraß, machte ihm nichts mehr aus. Inzwischen war genug da. ~"~ Die Sonne hatte den Zenit schon eine Weile überschritten, als Sam aus dem Heuschober kroch. Er fühlte sich ausgeruht. Jetzt musste er nur noch sehen, wo er etwas zu essen bekam. Dann konnte er sich überlegen, welche Aufgabe er als nächstes angehen und wie er sie lösen wollte. Das Problem mit dem Essen löste sich, als er neben der Gärtnerei auf den Dorfweg trat. „Möchtet Ihr mit uns essen?“, wollte der alte Gärtner wissen. „Ich möchte Euch nicht zu Last fallen“, erwiderte Sam, freute sich aber insgeheim über das Angebot. „Zum wiederholten Male, das tut Ihr nicht. Aber Ihr könnt mir auch gerne etwas zur Hand gehen, wenn Ihr Euch dann besser fühlt.“ „Ich werde es mir merken“, lachte Sam und folgte ihm. Er duckte sich gerade durch die niedrige Eingangstür, als eine Kutsche an der Gärtnerei vorbeirumpelte. „Zwei bis dreimal in der Woche macht der Graf Kontrollfahrten“, erklärte der Alte. „Wir hatten gehofft, dass er heute nicht fährt!“ „Warum nicht?“, wollte Sam interessiert wissen. „Die neue Mühle ist vor ein paar Wochen fertig geworden und jetzt endlich dürfen auch wir da unser Korn mahlen lassen. Das ist ein Anlass zum Feiern. Außerdem möchte Karl seiner Isabella einen Heiratsantrag machen. Es feiert sich ausgelassener, wenn die Obrigkeit nicht dabei ist.“ Sam nickte stumm. Nach dem Essen hatten sich der Gärtner und seine Frau ihre schönsten Kleider angezogen und gingen mit Sam zum Fest. Der Winchester ließ sich am Rand des Festplatzes nieder. Abwesend starrte er vor sich hin und grübelte. Wie konnte er die zwei Aufgaben so schnell wie möglich erledigen. Es hielt ihn nicht mehr auf seinem Platz. Das Gefühl wichtige Zeit zu verschwenden wurde plötzlich übermächtig in ihm. Mit aller Macht zwang er seine Gedanken auf die Aufgaben, denn so konnte er Dean wohl am besten helfen, wenn die Fee ihm doch die Wahrheit gesagt hatte. „Kommt, wir mischen uns etwas unters Volk“, riss ihn der Gärtner aus seinen Gedanken. Er wollte erst abwehren, stimmte dann aber doch zu. Warum auch nicht. Denken konnte er auch beim Laufen. Langsam schoben sie sich durch die Gruppen der Dorfbewohner. Hier und da schnappte er ein paar Worte auf, grüßte freundlich und plauderte auch mit dem einen oder anderen ein paar unverbindliche Worte. Seine Hand spielte mit dem mysteriösen Schlüssel in seiner Tasche. Und dann schnappte er die Unterhaltung von zwei jungen Burschen auf, die vor Tischen standen, auf denen unter weißen Tüchern, das Essen stand. Immer wieder hoben sie ein Tuch etwas an und schielten darunter. „Wieder nur das übliche Essen“, stöhnte der eine. „Was hast du gegen unser Essen, Paul?“, fragte der andere. „Nichts, nur in der Küche des Grafen brutzelt ein fettes Schwein am Spieß und das, obwohl der doch ausgefahren ist.“ „Das sind halt die reichen Herren. Was willst du dagegen tun?“ „Nichts. Ich sag’s ja auch nur.“ Sam grinste. Er sollte doch dem Koch den Braten vom Spieß stehlen. Der Graf war nicht da und hier gab es Abnehmer, die sich über den unerwarteten, leckeren Braten sicher freuen würden. Er drehte sich zu den Burschen um, musterte sie und stellte erfreut fest, dass einer von ihnen etwa so groß wie er selbst war. „Was haltet ihr davon, wenn ich euch einen Braten besorge?“, wollte er wissen. „Das kannst du nie!“ „Wetten?“ „Und wie soll das gehen?“ „Gib mir deine Kleidung und ich beweise es dir.“ „Was, wenn du es nicht schaffst?“, bohrte der andere hartnäckig nach. „Dann helfe ich dir drei Tage lang bei deiner Arbeit.“ Sam betete, dass das nicht passieren würde, denn egal was die Fee gesagt hatte, wenn er sich nicht an ihre Vorgaben hielt, würde wohl Dean leiden müssen. „Okay“, grinste der Junge und begann sich aus seiner Kleidung zu schälen. Sam zog sich ebenfalls aus, schlüpfte in die Kleidung den Burschen und machte sich auf den Weg zum Schloss. Unterwegs beschmierte er sich das Gesicht mit Staub. Er musste ja nicht sofort erkannt werden! Er suchte den Dienstboteneingang und trat in die Küche. Hastig zog er sich den Hut vom Kopf. Unsicher knetete er ihn in seinen Händen. „Was willst du denn hier?“, fuhr ihn der Koch auch sofort an. „Der Graf schickt mich. Die Mühle ist fertig und das Dorf feiert. Der Graf ist vorhin angekommen. Das Wetter ist schön und er hat beschlossen, dass er für das Fest dableibt“, begann er unsicher. Es schepperte laut. Die Magd schrie leise auf, der Koch schaute sich wütend um und Sam zuckte zusammen. „Er will im Dorf bleiben?“, tobte der Koch und gab dem Küchenjungen, der gerade einen Topf hatte fallen lassen, eine Ohrfeige. „Ja Herr, so hat er es mir aufgetragen Euch zu sagen.“ „Und mein Braten? Wir stehen hier den ganzen Tag in der Küche, nur damit wir das Essen an die Hunde oder noch schlimmer, solche Landstreicher wie dich verfüttern?“ Die Fäuste wütend in die Hüften gestellt baute sich der Koch vor Sam auf. Der zog den Kopf noch etwas weiter zwischen die Schultern, knetete weiter auf dem Hut herum und starrte zu Boden. „Jetzt sag nicht, dass er genau das will?“ „Nicht … nicht direkt“, stotterte Sam leise. „Was dann? Und lass dir nicht alles aus der Nase ziehen!“ „Er hat befohlen dass Ihr für ein Picknick packen sollt. Den Braten dazu und dann sollt Ihr alles zum Dorffest bringen, Herr.“ „Das darf doch nicht!“, wütete der Koch noch eine Weile in der Küche. Sam hatte, wie er meinte dass es sich für einen guten Leibeigenen gehörte, den Kopf eingezogen und war nach draußen verschwunden. Jetzt trat er da von einem Bein auf das andere, immer in der Angst doch noch enttarnt zu werden. „Hey, Bursche“, hörte er den Koch plötzlich rufen und trat schnell wieder in die Küche. „Ja Herr?“ „Geh zurück und berichte dem Grafen dass wir das Essen fertig machen und ins Dorf schicken.“ „Ja Herr“, entgegnete Sam, verbeugte sich tief und beeilte sich, aus dem Schloss zu kommen. Wenn das klappte, dann musste er sich nur noch überlegen, wie er an das Betttuch und den Ring der Gräfin kommen konnte. Wenn er doch nur das Märchen gelesen hätte! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)