Blutige Rose von Moonprincess ================================================================================ Kapitel 20: Herz/Blut --------------------- Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis irgendjemand wieder einen Muskel bewegen konnte. "Du..." Es war ein rauhes, kehliges Wort und  zu Yugis Überraschung kam es von Bakura. "Spar es dir", fiel Marik ihm ins Wort. "Auf deine alten Tage wirst wohl selbst du noch weich, was, Grabräuber?" Er sah zu Ryou, der noch  immer vor Amane kniete wie ein reuiger Verbrecher vor seinem Richter. Oder Henker? "Du wirst nicht auf mich schießen. Auch nur eine Kugel und..." Er machte eine auffordernde Handbewegung. Amane hob den Arm, in ihrer  kleinen Hand lag ein Pflock, sicher so dick wie Yugis Handgelenk, dessen eines Ende zu einer scharfen Spitze geschnitzt worden war.  Sie setzte diese Spitze ohne Mienenspiel auf ihren Brustkorb. "...die kleine Amane hier wird sich selber pfählen. Ein passendes Ende für eine Vampirjägertochter, denkst du nicht auch, mein Täubchen?"   Ryou schloß langsam die Augen, er nickte dabei. Auf Yugi wirkte er wie ein alter Mann, der alles verloren hatte. Er konnte nur hoffen,  daß Ryou das nicht zu irgendeiner schrecklichen Dummheit verleiten würde. Yugis Hand krampfte sich um die Granate. "Dich hinter kleinen Kindern verstecken..." Atems Blick war hart wie Stein. Langsam richtete Atem sich wieder auf, seine Hand glitt von  seinen Rippen. Bakura spuckte aus. Beide zogen die Lippen hoch und knurrten. Marik hingegen stieg unbekümmert aus den Resten der malträtierten  Baumkrone. Jonouchi zielte mit seinem Flammenwerfer auf ihn. "Hey, Arschkrampe! Fühlst dich wohl mächtig mächtig, was? Komm her und zeig mir,  ob da überhaupt was dran ist!" "Wer hat denn den rausgelassen?" Marik beäugte Jonouchi wie ein Insekt. "Versuch doch, mich zu treffen. Wenn du Wert darauf legst,  ein paar Körperteile zu verlieren." "Du laberst gerne, was?" Yugi schüttelte entsetzt den Kopf. "Laß dich nicht reizen!" Jonouchi sprang, Yugis Warnung ignorierend, vor, doch bevor er abdrücken konnte, wurde er von Ryou in den Schnee gerissen. "Ey!" "Laß den Mist!" Zwei verwischte Gestalten rasten an den Menschen vorbei und rammten Marik, was diesen zurücktaumeln ließ. Jonouchi trat nach Ryou,  woraufhin dieser ihn stöhnend losließ. "Sorry, aber ich laß den Psycho nicht weitermachen." Damit zielte Jonouchi auf die Kämpfenden und drückte ab. Yugi schrie, als die Stichflamme die Dunkelheit aufleuchten ließ. Holz loderte auf und Funken stoben in den sternenbedeckten Himmel.  Es grausiges Kreischen ertönte, das Yugi durch Mark und Bein ging. "Atem! Bakura!" Da ertönte ein helles Sirren und Jonouchi schrie auf. Der Flammenwerfer entglitt seiner Hand und Benzin ergoß sich über den Boden.  Jonouchi sprang gerade noch zurück, bevor es durch einen der Funken Feuer fing. "Scheiße." Er hob die Hand und starrte auf den  Pfeil, der seine Hand glatt durchschlagen hatte, offenbar zu geschockt, um Schmerz zu empfinden. "Ich hatte dich gewarnt", erklärte Marik. Der Tanz der Flammen warf düstere Schatten über ihn. Mariks Gesicht war zur Hälfte nur noch  ein rotes, fleischiges Loch und die Hälfte seiner Nase gab Einblicke, auf die Yugi genauso gut hätte verzichten können. Es raschelte neben Yugi und der sah plötzlich neben sich Atem, der einen hustenden Bakura in den Schnee fallen ließ. Es zischte. "Atem..." "Nur ein bißchen Haut und Bakura hat zuviel Rauch eingeatmet." "Das stinkt hundserbärmlich! Bah!" Bakura rappelte sich auf und seine Augen verengten sich. "Ryou! Was...?" Der Vampirjäger hatte Anlauf genommen und übersprang die Spur der Flammen. Der Saum seines Mantels fing an zu qualmen und  Yugi rief eine Warnung. Kaum gelandet streifte Ryou das kokelnde Kleidungsstück ab und stürzte zu der kleinen, verlassenen Gestalt  inmitten der Flammen.  Marik lachte. Aus dem Wald klang ein unmenschliches Geheul. "Euer Kampf ist aussichtslos." Er verzog seinen Mund, der wie ein  Schwarzes Loch in seinem Gesicht wirkte, zu einem hämischen Lächeln. "Na los, Ryou, rette die kleine Amane. Ich würde sie auch sehr  vermissen." Seine dunkelrote Zunge glitt langsam über die teilweise verkohlten Lippen. "Sie ist so süß, wenn ich mit ihr spiele." Ryou schüttelte sich voller Abscheu, dann hob er Amane vorsichtig auf die Arme. Er sah sich hastig um, Flammen schlugen vor ihm auf,  und ging so gezwungen langsam vom Feuer weg. Yugis Augen hingen ebenso wie seine an dem Pfahl, der sich leicht auf Amanes  dünner Brust bewegte.  "Was sollen wir nur tun?" Ächzend stemmte Yugi sich noch höher. Ryou derweil trat Schnee auf die Flammen, hinter denen sein  Gesicht schwamm, als würde es sich bald auflösen. Atem stützte ihn. "Du wirst gar nichts tun!" Jonouchi ächzte und mit einem unterdrückten Schrei riß er sich den Pfeil aus der Hand. Blut spritzte. "Hast du dann nen Plan B?" "Hilf Ryou. Bakura, wir versuchen es nochmal." Atems Gesicht war hart, das Feuer spiegelte sich in seinen Augen. "Los!" Beide Vampire setzten vor, während Jonouchi sich die Jacke abstreifte. Er rannte in Ryous Nähe und schlug mit der Jacke auf die  Flammen, während Ryou immer mehr flimmerte. Yugi biß die Zähne zusammen. Hinter ihm, neben ihm hallte der Kampf wider, den Mai und Seto führten. Nur zu zweit... Konnte das gut gehen? Aber noch mehr lastete Atems Wohlergehen sorgenschwer auf Yugis Gedanken und Herz. Wenn Atem etwas passierte... Wenn  sie Marik nicht töten konnten... Wenn... Da zerschnitt ein greller Ton erneut die Nacht, tausendfach schien er sich auszubreiten. Bakura und Atem schrien auf, noch bevor  sie Marik erreichen konnten.  Yugi gefror das Blut in den Adern, als Bakura zusammensackte, aus seinem Körper ragten unzählige Pfeilschäfte. Es stank nach  verschmortem Fleisch... Atem konnte noch einige Schritte zurückweichen, bevor die Wucht mehrerer Pfeile ihn zurückriß. Ein letzter Pfeil heftete Atem mit der  Schulter an einen Baum, gefiedertes Holz hatte Oberkörper, Arme und Beine glatt durchschlagen. Blut floß aus den Wunden und  tropfte in den Schnee. Marik kicherte vergnügt. "Glaubt ihr, ich habe nur einen Bogenschützen?" "Warum nicht... die Magier?" Atem biß sich auf die Lippen, Blut tropfte von seinem Kinn. "Zu langweilig." Langweilig... War ihr Kampf so aussichtslos? Waren Atems gute Absichten wirklich verdammt? Yugi mochte es nicht glauben,  Tränen rannen aus seinen Augen, nur um auf seinen Wangen zu gefrieren. Marik grinste. Plötzlich stand er neben Yugi. Dieser prallte zurück, als wäre er mit einem Shinkansen kollidiert. "Jetzt sage ich an, Pharao." Ein Vampir fiel von dem Baum, an dem Atem hing und sich keuchend gegen die Pfeile anspannte. Der Vampir zog eine Art Stab aus  dem Gürtel. Der Stab knackte und fuhr auf sicher zwei Meter Länge aus. Die Spitze glänzte rötlich im Flammenschein. Der Vampir  nahm Aufstellung und richtete den Speer auf Atem. Als er zustieß, spürte Yugi, wie seine Kraft aus seinem Leib floß. Die Spitze drang in Atems Brustkorb. Atem schrie. Yugi öffnete leicht  den Mund. Er konnte nicht sprechen. Eine harte Hand packte ihn an der Schulter und zerrte ihn auf die Beine. Frische Agonie riß Yugis Körper entzwei. Ihm wurde langsam  schwarz vor Augen. Rote Punkte tanzten am Rande seines Gesichtsfelds wie höhnische Teufelchen. Er spürte kaum noch das Gewicht  in seiner rechten Hand. Das Gewicht... Er krallte die Finger um es, dann hob er seinen Arm. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an.  Ein grausamer Schmerz riß Yugis Hals in Fetzen, warme Näße tropfte auf Yugis Brust. Yugi blinzelte. Rot, weiß, schwarz... Es stürzte auf  ihn nieder, wollte ihn begraben. Er bohrte die Zähne in seine Unterlippe. Der feinere Schmerz konzentrierte Yugis Sinne. Sein Arm war  plötzlich ganz leicht. Es blitzte und es stank bestialisch. Wütendes Geheul zerschnitt die Luft. Marik taumelte zurück, sein fast wieder  verheiltes Gesicht voller Blut. Yugi lächelte. Als ich hier ankam, wollte ich schon wieder weg. Ich wollte es hier auf Rosenhain nicht mögen. Ich konnte mir nicht vorstellen, hier  Freunde zu finden. Irgendetwas zu finden. Yugi taumelte, er stürzte, doch obwohl er sich die Hände blutig schrammte und nicht mehr hochkam, bewegte er sich vorwärts. Der  Schnee unter ihm war rot, die pulsierende Hitze unter seinem rechten Oberschenkel schmolz ihn. Ich wollte zuhause bleiben. In dem Haus, in dem ich mein ganzes Leben verbracht hatte, die meiste Zeit davon mit Großvater. Ich  wollte im Lager sitzen und seine alten Spiele bewundern, das Geschäft fegen und die Regale hübsch ordnen. Ich wollte vor der  Theke sitzen und mit Großvater etwas spielen, wenn nichts los war.  Yugi hob den Kopf, sein Blick heftete sich auf Atem. Er nahm nur am Rande wahr, wie der Vampir mit dem Speer hustete und die Augen  zusammenkniff. Atem sah Yugi an, es war wie eine Offenbarung. Als Großvater starb, dachte ich, mein Leben sei auch vorbei. Wie könnte ich denn leben ohne ihn? Ohne seine Stimme, seine Nähe,  seine Hilfe... seine Liebe? Er war immer für mich da! Er hat mich in den Arm genommen, als ich ihm verzweifelt gestanden habe,  daß Mädchen mein Herz nicht höher schlagen lassen. Er hat mir ein Buch besorgt, damit ich von anderen lesen konnte, die genauso  verzweifeln gewesen waren, aber doch ihren Weg ins Leben gefunden haben. Er hatte immer ein offenes Ohr für mich und als alle  an der Schule es wußten und mich deshalb mit ihrem Gelächter, ihren Blicken, ihren Worten und manchmal sogar mit ihren Händen  verletzten, ist er immer wieder zum Rektor gegangen. Er ließ mich schlafen und schrieb mir Entschuldigungen, er warf mich aus dem  Bett und schickte mich zur Schule. Atem lächelte, kaum mehr als eine winzige Bewegung seiner Mundwinkel. Seine Augen strahlten wärmer als das Feuer und gleichzeitig  wußte Yugi, sie würden ihn nie verletzen. Atem legte eine Hand um den Speer. Er keuchte auf und riß sich los, den Speer von sich  drückend. Der andere Vampir taumelte, wieder sirrte es. Der Qualm schützte sie. Atem riß den Speer aus seiner Brust, dann stieß er  das stumpfe Ende mit Wucht in die Brust seines Wächters. Staub flog. Ja, ich wollte nicht, daß es mir hier gefiel, ich wollte keine neuen Leute kennenlernen. Doch dann habe ich Emi und Jonouchi getroffen  und Anzu und ganz besonders dich! Du warst so selbstsicher und stark und ich habe dich bewundert. So sehr, daß mein Herz anfing,  für dich zu schlagen. Das ist sehr gut gewesen, denn deines kann das ja nicht mehr. Ich war verwirrt, ich war verliebt, ich traute dir und  doch wieder nicht. Ich wollte in deinen Armen liegen, deine Lippen fühlen und doch hatte ich Angst vor deinem kühlen Körper. Ich  wollte schreien, ich wollte schweigen. Ich hätte mit dir reden sollen. Atem landete auf dem Boden, sein Rücken krachte gegen den Baumstamm, der daraufhin lärmend zu Boden stürzte. Er keuchte. Yugi  zog sich nur noch mit der bloßen Kraft seiner Arme weiter. Ihm schwindelte und ihm war schlecht und noch mehr war er müde, doch er  hielt erst inne, als er zitternd über Atem war. Er blickte tief in dessen Augen und lächelte. Blut fiel auf Atems gespaltene Brust.  Ich wollte so gerne ein Leben, eine Ewigkeit an deiner Seite verbringen. Ich war so dumm... Ich hatte solche Angst. Dabei bist du da...  Ich hätte dich doch nur greifen brauchen. Es tut mir leid, daß ich nicht mehr bei dir bleiben kann. So leid... Aber ich schenke dir deinen  Traum. Ich will, daß du lebst. Yugi krallte mühevoll seine tauben Finger in Atems Brustwunde. Stöhnend riß er das Fleisch weiter auf. Er konnte kaum noch geradeaus  sehen. Atem schrie wie von Sinnen. Yugi lächelte müde. Er spürte kaum noch etwas, weder Kälte, noch Hitze, noch Schmerzen. Er stieß  seine besudelten Finger in seine Halswunde, frisches Blut kam schwallartig hervorgeschossen und klatschte auf und in Atems Brust. Yugi senkte den Kopf auf Atems Brust. Er hörte Atems Schrei. "Ich liebe dich", wisperte Yugi. Er wußte, Atem hatte es gehört. Er schloß die Augen. Ein konturloser Schemen glitt über Yugi, sein riesiges Maul riß auf. Ein Schlund zeigte sich, gerahmt von Elfenbeinzähnen. Es ging ganz  tief hinunter. So tief...  Yugi riß den Kopf hoch und schrie. Hitze fuhr auf einmal durch seinen Körper, durch jede Zelle, ja selbst seine Haare glühten. Er starrte  auf Atem unter sich, auf dessen feuchtes, verzogenes Gesicht. Auf das goldene Pulsieren, das über seine Haut glitt. Das über Yugis Haut  glitt. Yugi keuchte. Sein Bein schmerzte unerträglich, bevor die Pein plötzlich verschwand. Sein Hals pochte, dann war es fort. Yugi  taumelte und fiel in Atems Arme. Er mußte die Augen schließen, so hell war es. Dieses Leuchten. Er fühlte, wie es durch seinen Körper  pulste, wie es sich sammelte und gleichzeitig fühlte er tief in seinem Herzen, daß es Atem genauso erging. Yugi spürte, wie sein Herz klopfte. Er spannte sich an. Er konnte es nicht benennen, diese Freude, diese Euphorie. Atems Hand lag in  seinem Haar. Atems Lippen strichen über Yugis Stirn, so federleicht. Yugi preßte seine heiße Stirn auf Atems Brust. Ba-bamm! Ba-bamm! Es grub sich tief in seine Seele, um dort zu bleiben. Atems Herzschlag... Atems Herz schlug für ihn. Dann explodierte die Welt in Licht und Farben und Yugi hörte sich ebenso schreien wie Atem, ihre Stimmen fuhren hinauf in den Himmel,  bis sie die Sterne berührten, die das Licht ihrer Vereinigung vertausendfacht über die gesamte Erde strahlen ließen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)