Blutige Rose von Moonprincess ================================================================================ Kapitel 19: Schlacht der Herrscher ---------------------------------- Yugi zerrte wie besessen an seinen Fesseln und versuchte, sich mit seinen Beinen abzubremsen. Es knirschte und ächzte, doch er wurde  unerbittlich von Atem fortgezogen. Über Stock und Stein ging es und schon bald glaubte Yugi, daß ihm die Haut an seinem Hinterteil in  Fetzen hängen müßte. Sicher spürte er es nur nicht, weil er sich schon wie ein Eisblock fühlte. Seine Fahrt endete an einem Baum und  jetzt erkannte Yugi, daß seine Fesseln Wurzeln waren, Baumwurzeln! "Mist", murmelte er. Neben ihm knirschte der Schnee und er riß den Kopf hoch. Mit undefinierbarem Blick starrte ihn Rishid an. Dann  wurde dieser zurückgeschleudert, so schnell, daß Yugi es kaum begreifen konnte. Yugi hörte Knurren und ein gräßliches Knacken. Er hoffte, daß es nur Holz gewesen war. "Uh, der Pharao kämpft heute aber besonders hart. Ich glaube, das war Rishids Wirbelsäule." Yugi erstarrte. Diese Stimme, erfüllt mit solcher Boshaftigkeit und morbidem Amüsement... Er wurde auf die Beine gezogen. Die Wurzeln um seine Arme knackten und brachen, es schmerzte. Panisch starrte er hinauf in Mariks  Gesicht, sein Herz hämmerte in seinem Kopf und er befahl seinen Füßen, sich zu bewegen, doch sie wollten ihm nicht gehorchen. "Pharao!" rief Marik. "Es ist zu spät! Ich habe deinen kleinen Freund bereits." Er lachte und Yugi schauderte. "Der Zwerg hat ja schon ganz  blaue Lippen... Tse, tse! Du hättest ihn besser anziehen sollen, Pharao. Oder früher aufgeben." Das Gehölz zerbrach und Atem stand zornbebend vor ihnen. Ein langer Riß zog sich über sein Gesicht, doch vor Yugis Augen fing er an,  sich schon wieder zu schließen. "Marik! Hat dein Irrsinn kein Ende?" "Sieh es endlich ein, wir sind hier, um zu bleiben. Das größte Raubtier dieser Welt, Pharao. Macht und noch mehr Macht. Man muß schon  so närrisch sein wie du, um das aufgeben zu wollen. Also wer ist hier irre?" Marik bedachte Yugi mit einem abwertenden Blick aus den  Augenwinkeln.  "Das Schlachten muß ein Ende haben, das Leid muß ein Ende haben. Wieviele sollen noch unter uns leiden? Wieviele von uns sollen noch  unter meinem Fluch leiden?" Atem zitterte und sein Gesicht verzog sich, als wolle er gleich weinen. "Marik... Warum willst du keinen Frieden?" "Wah, wah, wah! Jedes Mal dieselbe Nummer, Pharao. Du wirst langweilig." Marik schob Yugi ein Stück vor sich, doch er ließ dessen  Schulter nicht los. "Dein Frieden ist mit einer Menge Blut erkauft. Wieviele wie er, die noch sterben sollen für deinen Irrsinn?" "Du tötest sie aber, nicht Atem! Also bist du schuld!" Yugi merkte erst, daß er gesprochen hatte, als das Echo im Gehölz verhallte. Nun  galt Mariks Aufmerksamkeit ganz ihm. Yugi glaubte, ihm würde das Blut in den Adern gefrieren, denn dieser stille Blick war schlimmer als  ein Wutausbruch. "Du findest es also richtig, daß einer es sich herausnimmt, über das Schicksal aller zu entscheiden?" Mariks Stimme war ebenfalls ruhig. Yugi fühlte, wie seine Gedärme sich zu einem Knoten schlangen. Doch ihm entging der Fehler in der Argumentation nicht. "Du doch auch.  Das willst du doch schließlich auch tun, wenn du willst, daß es so weitergeht. Du läßt den Leuten ja auch keine Wahl. Deine kleine Armee  vorhin besteht wohl nur aus deinen Geschöpfen." "Clever", zischte Marik und sein Grinsen teilte sein Gesicht fast schon in zwei Hälften. Seine Zähne glänzten feucht. "Laß ihn los! Marik, du willst mich, nicht ihn!"  Der Angesprochene wandte den Kopf langsam zu Atem, fast schon gelangweilt.  "Du wirst mir nie dein Herz überlassen. Du wirst immer  weiter träumen von deiner vampirfreien Welt." Yugi blickte zwischen den beiden Gegnern hin und her. Atems Augen waren nur noch glühende Schlitze in dem dunklen Gesicht. "Atem,  du solltest laufen", bat er leise. "Oh, hör mal! Der Kleine will dein Leben retten. Ist er nicht süß? So gutherzig, so niedlich... So schrecklich dumm!" Yugi traf plötzlich mit voller Wucht etwas am Knie. Es krachte und knackte. Ein scharfer Schmerz schoß seinen Körper hinauf und er spürte,  wie seine Hose feucht wurde. Yugi schrie und sackte in sich zusammen. Entsetzt starrte er auf sein rechtes Bein, das ab dem Knie  merkwürdig abstand. "Nein, nein..." Yugi schüttelte den Kopf, dann verlor er den Halt mit den Armen und fiel gänzlich zu Boden. Er schrie  wieder auf, als etwas wie ein hungriges Tier aus seinem zermalmten Knie hinaufschoß und seine Zähne in Yugis Eingeweiden vergrub.  Helle Sterne tanzten vor Yugis Augen, neben seinem Geschrei hörte er dumpf ein wütendes Knurren und das Aufeinandertreffen zweier  toter Leiber.  "Scheiße! Sein Bein!" Die entsetzte Stimme Bakuras näherte sich ihm und dann beugten sich zwei weiße Schöpfe über Yugi. Der starrte sie an, keuchend und immer wieder riß etwas durch seinen Leib. Plötzlich spürte er etwas Eisiges. "Hilf mir mal!" Ryou klang drängend und Bakura schien ihm zu folgen. Yugi spürte ein leichtes Gewicht auf seinem Knie, doch noch viel stärker war die Kälte. Keuchend hob er den Kopf und sah an sich  hinunter. Sein Knie war mit Schnee überhäuft. Die Kälte deckte den Schmerz zu. "Atem..." Hastig sah er sich um und entdeckte diesen,  wie er gerade flink Marik davonsprang und dann einen herumliegenden Ast auf diesen schleuderte. Marik brüllte und, offenbar noch mehr erzürnt, setzte Atem nach, der sich in die Baumkronen geflüchtet hatte. Yugi drehte sich der Magen um. "Das war Marik", zog Ryou Yugis Aufmerksamkeit auf sich. "Yugi braucht dringend einen Arzt." "Hmpf! Wenn wir Marik nicht töten, braucht er nen Bestatter." Bakura stand auf und klopfte sich den Schnee ab. "Bleib hier." Damit sprang  Bakura auf Marik zu, der gerade einen Baum mit einem Tritt fällte. Yugi dachte unwillkürlich an sein Knie. Atem sprang herunter und gemeinsam mit Bakura nahm er Marik in die Zange. Krallen sausten  zischend durch die Luft, manchmal auch durch Haut und Fleisch. Es roch nach Blut. "Was ist mit den anderen?" erkundigte Yugi sich leise. "Denen gehts gut, aber noch ist Mariks Armee nicht besiegt." Selbst noch im Zwielicht konnte Yugi die Sorge in Ryous Gesicht lesen. "Es tut mir leid..." "Wie bitte?" "Was dir passiert ist... und... deiner Familie. Ich wußte nicht..." Yugi biß die Zähne zusammen. Ryou hielt fest seine Hand. "Darum mach dir jetzt keine Gedanken. Versuch, dich auszuruhen. Sieh nicht hin..." Doch Yugi konnte nicht anders und Ryou ebenfalls nicht. Marik war schwerer als Atem oder Bakura, aber er war dennoch erstaunlich  schnell. Und seine Körperkraft war noch erstaunlicher. Bakura und Atem hingen inzwischen an Marik, ihre Zähne hatten sie in Nacken  und Schulter ihres Gegners verbissen, während ihre Klauen sich in Mariks Oberarme bohrten. Doch das schien Marik kaum zu stören. Er schüttelte sie ab wie ein Hund ein paar lästige Flöhe. Danach stürzte er sich auf Atem und der  schrie auf, als Mariks Krallen durch sein Gesicht pflügten. Bakura versuchte, erneut auf Marik zu springen, doch der riß den freien Arm hoch und Bakura prallte Kopf voran gegen Mariks Ellenbogen.  Er fiel zu Boden wie ein Sack Mehl. Knurrend zerrte dann Marik Atem hoch, nur um diesem einen Faustschlag in den Magen zu verpassen. Atem flog nach hinten und prallte  krachend gegen einen Baumrest. Er fauchte und drehte sich gerade noch zur Seite und so bohrte sich Mariks Hand nicht in seine Brust,  sondern in das gesplitterte Holz. Atem rollte sich auf den Bauch und nutzte die Kraft seiner Arme, um sich wieder in die Senkrechte zu bringen. Marik riß seinen blutbefleckten  Arm mit einem gequälten Knirschen aus dem Baum. "Bleib stehen, damit ich dir das Herz rausreißen kann, Pharao! Ich dachte, du wolltest es mir schenken?" Marik lachte kehlig, dann fixierte  er Atem wie die Schlange das Kaninchen. Atem trat zwei Schritte zurück. "Hol mich doch. Oder hast du Angst vor mir?" Yugi konnte das amüsierte Lächeln schon hören. Marik fletschte die Zähne. Er sprang einfach auf Atem zu, die Arme ausgestreckt. Atem ging leicht in die Knie und sprang direkt nach oben.  Schnee und Äste rieselten auf Marik, der ungebremst auf den Boden schlug, herab... und dann sah Yugi, wie die Baumkrone sich merklich  zu einer Seite senkte. Er wollte Achtung schreien, da brach sie auch schon unter Getöse ab und landete direkt auf Marik.  Schnee und Erde wirbelten durch die Luft. Die Stille, die nun folgte, war noch ohrenbetäubender. Yugi merkte erst, daß er die Luft angehalten  hatte, als er keuchend ausatmete. Er blinzelte und suchte nach Atem, doch durch die Wand aus fliegendem Schmutz konnte er nichts  erkennen. Da riß der undurchsichtige Schleier auseinander und Atem landete nur wenige Meter von Yugi entfernt in einem Haufen nassen  Laubs. Atem stemmte sich knurrend hoch, Blut lief aus seinen Mundwinkeln und aus den noch nicht verheilten Kratzern auf seinem Gesicht.  Er hielt sich mit einer Hand die Rippen. Ein irrsinniges Lachen ertönte und Marik stand auf den Ästen der gebrochenen Baumkrone. Yugi schloß kurz die Augen. Oh nein... Als er sie wieder aufschlug, schoß ein schwarz-weißer Blitz auf Marik zu und riß diesen in das Gewirr aus Ästen. Ryou preßte seine Lippen zu einem dünnen Strich zusammen, dann  schob er eine Kugel in Yugis Hände. "Hier, wirf die im Notfall, entsichert ist sie schon." Yugi starrte auf die Knoblauchgranate, dann auf Ryou, der aufstand. "Aber..." Der schüttelte nur den Kopf und zog eine Pistole. Er legte an und trat langsam näher, offenbar versuchte er, eine freie Schußbahn auf  Marik zu erlangen. Doch nach Stoffetzen und Dreck, die durch die Luft flogen, zu urteilen, hatte Bakura sich in Marik verbissen. Gebannt starrte Yugi auf Ryou,  da stellten sich ihm die Nackenhaare auf. Er riß den Kopf zur Seite und starrte in einen dunkelroten Schlund, umgeben von triefenden  Fangzähnen. Er schrie auf und hatte schon den Arm zum Wurf erhoben, da fuhr Ryou herum und feuerte mehrfach auf den Kopf des Biests.  Yugi klatschten Blut und eine undefinierbare Masse ins Gesicht. Lieber nicht drüber nachdenken... Er wischte es ab und schmierte es in den Schnee. Das Biest sah fauchend zu Ryou, Qualm stieg aus seinem Schädel. Dann brüllte es auf und enorme Hitze und Licht umfingen Yugi, der die  Augen zusammenkneifen mußte. Er roch verbranntes Fleisch und der Schmerzensschrei der Kreatur wurde hoch und durchdringend wie  eine Sirene, bevor er in einem häßlichen Gurgeln verging. Yugi öffnete die Augen, zitternd wie Espenlaub, und sah, wie der Vampir vor ihm  zu einem Häufchen Asche zerfiel. Dahinter tauchte Jonouchis grimmiges Gesicht auf. Yugi starrte ihn an. Jonouchi grinste schief. Ryou stöhnte. "Hey, denkt ihr, ich halte mich bei sowas raus?" Jonouchi hielt eine merkwürdige Konstruktion hoch, die verdächtig nach Benzin roch. "Wie kommst du an einen Flammenwerfer?" "Straßenwissen, Ryou. Wo ist der böse Oberfutzi, den Mai erwähnt hat?" Entschlossen blickte Jonouchi sich um.  Auch Yugi ließ den Blick schweifen. Atem hatte sich aufgerappelt, doch er hing gefährlich zur Seite. Seinem verkniffenen Gesichtsausdruck  nach hatte er starke Schmerzen, doch Yugi wußte, daß Atem keinen Laut von sich geben würde, bis er Marik vernichtet hatte. Marik und Bakura hatten noch immer gerungen, doch Ersterer nutzte die Verwirrung Bakuras, um diesen vor Atems Füße zu schleudern.  Bakura knurrte und hob sein zerkratztes Gesicht. Yugis einziger Trost war, daß Marik nicht besser aussah. Ein Klicken ließ Yugi zu Ryou blicken. Dieser war plötzlich ganz konzentriert, die Pistole auf den stehenden und vor allem freien Marik gerichtet.  Der grinste nur. "Wenn du schießt, wirst du es bereuen." Marik blickte an seiner zerfetzten Kleidung hinab, Löcher und Kratzer zogen sich über sein Gesicht,  seinen Hals, seine Arme. Der Schnee unter ihm färbte sich rot. "Ach ja, werde ich das?" erkundigte Ryou sich. Sein ganzer Körper war wie eine eng aufgezogene Sprungfeder. Marik lächelte. Es war das Lächeln eines Siegers. "Ich sagte doch, ich habe alle Trümpfe in der Hand. Zeit, einen auszuspielen, mein  Täubchen." Er schnippte mit den Fingern und Yugi hörte dank seines angehaltenen Atems leise Schritte. Ganz leise und leicht... Und doch...  Er suchte nach der Quelle, doch er sah sie erst, als sie auf die Lichtung kam und immer weiter auf Ryou zusteuerte. Es war ein kleines Mädchen, vielleicht zehn Jahre alt, ihre Haut und ihr Haar waren so weiß wie der Schnee, ihre Augen dunkel in dem  ausgemergelten Kindergesicht. Sie trug ein hellblaues Kleid, verziert mit Rüschen. Hellblaue Schleifen waren in ihr ordentlich gebürstetes  Haar gebunden und ihre kleinen Füße steckten in schwarzen Lackschuhen und weißen Kniestrümpfen.  Yugi war noch nahe genug an dem kleinen Mädchen, daß er die Leere in seinen Augen sah. Es war wie eine Puppe, eine übergroße  Puppe aus Fleisch. Als Yugi zu Ryou blickte, waren dessen Augen weit aufgerissen und Tränen rannen über seine aschfahlen Wangen. "A-amane..." Das Mädchen regte sich nicht, sondern starrte an Ryou, an Yugi, an einfach allen vorbei.  "Was hast du getan?" Ryous Stimme war ein Hauch voller Schmerz, als er auf die Knie sank, plötzlich kraftlos. Eine eisige Faust umklammerte Yugis Herz. Das Mädchen sah Ryou so ähnlich... "Oh", erklärte Marik, "als du so hastig gegangen bist, dachte ich mir, du möchtest deine Schwester genauso wiedersehen, wie sie damals war.  Also habe ich ihre Uhr angehalten..." "Du hast..." Ryou schüttelte langsam den Kopf, sein Brustkorb hob sich schnell und flach. "Aber sie ist doch vierzehn. Jetzt ist sie vierzehn." Marik war den Kopf in den Nacken und lachte. Er lachte und doch hörte und spürte Yugi die Stille, die sich um sie alle gesenkt hatte. Diese  worterstickende Stille, ein Leichentuch der Bösartigkeit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)