Faal Kalah do zein zurun Fahdonne. von Solaire ================================================================================ Kapitel 2: 02. -------------- Arelyn riss die Augen auf, jegliche Angst vor seinem Tod wich einer noch viel urtümlicheren, einer, die er sich nicht erklären konnte. Und dann sah er es. Die Druckwelle seiner Landung auf dem Wachturm hatte viele Soldaten und Einwohner Helgens umgeworfen, so auch den Henker. Seine Axt wurde klappernd über den steinigen Hof geblasen. „Ein Drache! EIN DRACHE!“ Ein riesenhaftes, schwarzes Ungetüm, der Körper und die gehörnten Schwingen wie pure Dunkelheit, rote Rubine blitzten dort, wo Arelyn seinen Kopf vermutete. Trotz seiner immensen Größe bewegte sich das Wesen mit windgleicher Eleganz und durchschnitt den Himmel und die Wolken wie ein schwarzes Seidentuch. Erst war es hier und dann – nur einen Augenaufschlag danach – war es aus dem Blickfeldverschwunden und stürzte sich mit tödlicher Präzision auf seine Opfer. Der Drache hatte sich gerade auf dem Wachturm niedergelassen, als Arelyn von einer neuerlichen Druckwelle umgeworfen wurde und er hätte schwören können, dass diese aus dem Maul des Ungetüms kam. Kein Feuer oder Eis, sondern eine Druckwelle – geformt aus Worten, die in seinen Ohren so fremd klangen und in seinem Hirn keinen Sinn ergaben. Dem Tod durch die Axt war er dank des Drachen vielleicht entgangen, doch nun wurde sein Leben auf ein Neues bedroht, diesmal von einer viel bedrohlicheren Macht. Der Atem des Elfs ging schwer. Sein Hirn konnte kaum verarbeiten, was er da gerade sah und hörte. Plötzlich wurde er unsanft von einer starken Hand aus dem erneuten Feuersturm des Drachen gerissen und landete hart auf dem Boden hinter einer niedrigen Steinmauer. Helgen brannte und überall schlugen Feuerbälle ein, die direkt aus der Hölle zu kommen schienen. Sein Kopf war wie gehüllt in ein weißes Tuch; er konnte kaum klar sehen, als die Hand ihn weiterzog, bis er in einem massiven Turm angelangt war und – den Geräusch nach zu urteilen – eine schwere Holztür hinter ihm zufiel. „Reißt Euch zusammen.“ zischte eine Stimme, die der Elf noch nicht oft gehört hatte, aber sofort zuordnen konnte. Langsam klärte sich die Sicht von Arelyn wieder und er sah sich in dem schmalen, runden Raum um. Ralof war dort und auch Ulfric. Auf dem Boden saßen noch zwei weitere verletzte Sturmmäntel, einer von ihnen blutete stark und ächzte vor Schmerzen. Ungläubig rasteten seine Augen dem Bretonen. - Während der benommene Elf wieder langsam zu sich kam, bemerkte er kaum, wie Gahrot ungesehen aus dem Turm schlich und die Tür lautlos ins Schloss fiel. Erst nach einigen Momenten merkte Ralof an: „Wo ist unser bretonischer Kamerad hin?“, während er half, die verletzten Sturmmäntel zu versorgen und Arelyn einen fragenden Blick zuwarf. Dieser zuckte nur mit den Schultern, sah sich aber weiter in dem runden Raum um und ließ seinen Blick auch die steinerne Wendeltreppe nach oben schweifen. Aber da war keine Spur des Mannes, nur lautes Gerumpel und wildes Gebrüll des Drachen draußen. Es war ein Wunder, dass der Turm dem Toben des Ungetüms bisher Stand gehalten hatte. Es vergingen nicht mehr als ein paar Minuten und Gahrot schlüpfte wieder lautlos in den Turm zurück. Es war, als würde er mit den Schatten verschmelzen und Arelyn schreckte merklich zusammen, als der Bretone wieder ins dämmrige Licht des Lagerfeuers trat. Er hatte einige Jutesäcke und Beutel geschultert und auch hatte er nicht mehr seine groben Lumpen an, sondern war jetzt in feinem, braunem Leder gekleidet. Überall waren breite Schnallen, kleine Taschen und Klappen, unter denen Dinge verstaut werden konnten. An den Unterarmen waren feste Lederschienen befestigt, die den Fingern jede Bewegung ermöglichten, aber dennoch schützten. Die Knie waren bedeckt mit einfachen Schonern und auch die Stiefel schienen zu dem Kleidungsset zu gehören. Nur die Kapuze gehörte nicht zum Rest. Arelyn war beeindruckt, wie geschmeidig sich der Bretone in seiner Kleidung bewegen konnte und seine Schritte auf dem harten Boden kaum ein Geräusch verursachten. Ralof und Ulfric hingegen rümpften ob dem neuerlichen Erscheinen Gahrots nur die Nase und beäugten ihn abfällig. „Ihr seid also ein Mitglied der Diebesgilde in Rifton.“ – stellte Ralof fest und verschränkte die Arme. Gahrot legte den Kopf schief und ein schmales Grinsen zeichnete sich auf seinen Lippen ab und eine Antwort war somit überflüssig. Und anstatt sich auf die Diskussion mit Ralof einzulassen, warf er ihm wortlos einen der Säcke zu. Laut klappernd fing er ihn dann auch und sah sofort hinein. „Wie habt Ihr das gemacht?“ fragte der verletzte Sturmmantel ungläubig. „Ihr wart gerade da draußen und habt all unsere Waffen und Rüstungen geholt?? Wie kann Euch der Drache nicht gesehen haben???“ „Er hatte scheinbar kein Interesse an einem einzelnen Bretonen.“ antwortete Gahrot leise, zuckte mit den Schultern, teilte aber weiter die Beutel und Säcke aus. Zuletzt hockte er sich vor den Elf und händigte ihm sein Hab und Gut, oder was davon übrig war. Leider war es dem Bretonen nicht möglich gewesen, alle Dinge zu schnappen, denn die Feuer hatten sich in Helgen schon weit ausgebreitet und so konnte er nur eine angesengte und schmutzige Novizenrobe und einen Trankmischerbeutel aushändigen, von dem er gedacht hatte, er würde wohl dem Elf gehören. Arelyn nickte ihm dankend zu, schnell war er in die Robe geschlüpft und begutachtete den Inhalt des Beutels mit prüfendem Blick. Sowohl sein Ring der Magicka als auch einige Blaue Bergblumen und Schmetterlingsflügel befanden sich darin und waren in gutem Zustand. Er war froh, dass er nicht mehr die Lumpen eines Gefangenen und Verurteilten tragen musste. Dann machte sich der Elf daran, die Alchemiezutaten unter den Verletzten zu verteilen. Argwöhnisch beäugten sie ihn dabei und wussten nicht so recht, ob dem Dunmer zu trauen war, doch nach einem zustimmendem Kopfnicken von Ralof nahmen sie die Bergblumen an und kauten hochbeinig auf ihnen herum, bis sie merkten, dass ihre verletzten Glieder weniger schmerzten und Taubheit aus ihren Armen und Beinen wich. Scheinbar hatte niemand von ihnen auch nur die geringste Ahnung von Alchemie und Arelyn konnte nicht anders, als die Augen zu rollen. Während Arelyn die Verletzten versorgte, beäugte er Gahrot. Der Dieb verschwamm mit den vielen dunklen Schatten im Turm wie ein gefährlicher Nebel und hatte man einen Moment nicht aufgepasst, war er auch schon verschwunden. Es war bemerkenswert, wie unauffällig und lautlos sich der Bretone bewegen konnte, aber gleichzeitig stieß dem Elf auch seine Mitgliedschaft in der Diebesgilde von Rifton bitter auf. Er bezweifelte, dass er jemals dem Clan von Dieben angehören würde, auch wenn eine Angehörigkeit sehr lukrativ erschien. Doch Geld und Edelsteine waren dem Elf noch nie wichtig gewesen. Auch erweckte die Diebesgilde den Anschein, dass es in den letzten Monaten, wenn nicht Jahren, doch immer mehr bergab gegangen war und das Gefahrenlevel und die Strafen für geschnappte Diebe waren angestiegen. Solche Unterfangen waren zweifellos zu gefährlich für Arelyns Verständnis. Als er noch hastig ein paar einfache Lederstiefel an die Füße schnürte, deutete Ralof die geschwungene Wendeltreppe des Turmes hinauf. „Endlich fertig? Los, hoch da!“ – rief er ungeduldig und mit einem mürrischen Knurren folgte Arelyn der Anweisung des Nord. Hinter ihm konnte er den wandelnden Schatten namens Gahrot ausmachen und schlich langsam die steinerne Treppe hinauf. Vor ihm eilte ein nervöser Sturmmantel und als der Elf schon beinahe den oberen Ausgang sehen konnte, brach plötzlich ein Stück vom Turm weg. So dachte er jedenfalls. Blitzschnell schoss der gezackte, schwarze Kopf des fliegenden Ungetüms in den schmalen Turm, sprengte die dicke Steinwand gänzlich und riss den Sturmmantel, der bis eben noch vor Arelyn gelaufen war, einfach von der Treppe. Als er fiel, schrie er laut, doch seine ängstlichen Laute wurden verschlungen von einem ohrenbetäubenden Gebrüll aus dem Maul des Drachen. Geröll und Hitze schlugen dem Elf entgegen und er taumelte ein paar Stufen zurück, um sich vor der Feuersbrunst zu retten. Benommen kroch er auf den Knien nach oben, als der Drache seinen Kopf wieder aus dem Turm gezogen hatte und weiterflog. Dicht hinter ihm stolperten Ralof und Gahrot und der Bretone zog ihn unsanft zurück auf die wackligen Beine. Auch seine Diebesgildenrüstung war sichtbar angesengt und Arelyn war dankbar für seine angeborene Resistenz gegen Feuer, nur würde er, wenn das so weiter ging, wohl sehr bald eine neue Robe benötigen. Unterhalb des Loches, welches der Drache gerissen hatte, lagen die kläglichen Überreste eines Hauses, nicht mehr als das Fundament war noch erkennbar und Ralofs Blicken nach zu urteilen, war das der einzige Weg aus dem Turm heraus. Ohne zu Zögern sprang der Bretone elegant durch den zusammengebrochenen Dachstuhl direkt auf den hölzernen Boden und rollte geschmeidig ab. „Kommt, Elf, Ihr habt nicht ewig Zeit!“ drängte Ralof und so sprang auch Arelyn endlich aus dem Turm. Über ihm brodelte der Himmel, mittlerweile hatte er verschiedene Rottöne angenommen und spuckte unerbittlich Flammen und brennendes Gestein. Der Anblick erinnerte ihn nur allzu schmerzlich an den Roten Berg selbst. Das Grollen des Drachen wurde immer lauter, aber auch deutlicher. Es war, als wäre der Elf nach und nach in der Lage, zwischen den Lauten, die das Ungetüm von sich gab, zu unterscheiden. Während er also dem Bretonen kopflos hinterher lief, fing sein Kopf an zu schmerzen und er fiel hinter Gahrot zurück. Das donnernde Schreien des Drachen klang so bekannt in seinen Ohren, aber er konnte es nicht zuordnen. Und eigentlich schmerzte ihm der ganze Körper, sein unsauberer Sprung forderte seinen Tribut und seine Beine waren weich und wacklig, als er sich zwang, weiterzugehen. Plötzlich trafen die beiden Gefangenen wieder auf Hadvar, der mit aller Macht versuchte, gegen das Dröhnen des Drachen anzuschreien und befiel seinen Soldaten, die restlichen Überlebenden aus Helgen zu bringen. Nur weit weg von Flammen, Verderben und Tod. Er wand sich zu den Verurteilten um, sein Gesicht in Sorge und Spannung verzerrt. „Heute ist wohl Euer Glückstag. Wenn Ihr überleben wollt, bleibt in meiner Nähe.“ rief er aus und nahm seine Beine auch schon wieder in die Hand. Gahrot und Arelyn liefen ihm nach, die Bewegungen des Bretonen waren dabei so leicht, dass er auf dem von Asche und Gerümpel bedeckten Boden kaum eine Spur hinterließ. Der Elf hingegen wurde zusehends matter und seine Stiefel schlurften unbeholfen über Schutt und Verbranntes. Das Trio schlängelte sich zwischen Hausschluchten und Steinmauern hindurch und versuchte außerhalb der Reichweite des schwarzen Drachen zu bleiben, der immer noch bedrohlich über Helgen kreiste und Feuer und Asche spie. Die Versuche der kaiserlichen Bogenschützen, die Bestie aus den Wolken zu holen, waren wie Tropfen auf heißen Stein, denn die Stahlpfeile konnten kaum die dicken, schwarzen Schuppen durchdringen und das Wesen nur im Geringsten verletzen. Auch Feuerbälle und Blitze der wenigen Magier unter den Kaiserlichen Soldaten vermochten nichts auszurichten. Es war fast so, als würde der Drache mit den schwachen joor nur spielen. Arelyns Kopf wollte nicht aufhöre zu schmerzen. Kaum war er seiner Exekution entflohen, stand sein Leben nun erneut auf Messers Schneide und er war kurz davor, entweder von einem Drachen, einem echten, lebendigen Drachen gefressen oder verbrannt zu werden. Und nun hatte er sich auch noch seinem Exekutor angeschlossen und folgte ihm blind. Der Bretone lief immer noch einige Meter vor ihm und schien sein Unbehagen zu spüren und so drehte er sich im Lauf herum und lugte unter seiner tiefen Kapuze hervor. „Keine Sorge, Elf.“ murmelte er, „Heute werdet Ihr nicht sterben.“ Ein kehliges Lachen entwich Arelyn dann, er hatte sich gerade eng an eine Hauswand gepresst und der Drache war genau über ihnen auf einer hohen Steinmauer gelandet und spie wieder diese Worte aus, die in den Ohren des Elfen schmerzhaft klingelten und trotzdem keinen Sinn ergaben. „ … TOOR SHUL!“ Fühlte sich der Bretone etwa dazu verpflichtet, ihn zu beschützen? Das hatte der Elf nicht nötig, das würde er niemals nötig haben. Entweder würde er heute hier in Helgen sterben, so wie es sein Schicksal vorsah oder er würde seine aschfarbene Haut aus eigener Kraft retten können. Er würde sich ganz sicher von niemandem abhängig machen, geschweige denn eine Last für jemanden darstellen. Er taumelte weiter, sein Blick war an das gehörnte, schwarze Monster geheftet und er stolperte immer wieder über sperriges Gehölz, verbrannte Balken und verkohlte Körper. Helgen brannte. Kaum ein Stein stand mehr auf dem anderen. Verzweifelt sandten die Kaiserlichen Pfeilhagel gen Himmel, warfen mit Feuer und Blitz um sich und versuchten das geflügelte Monster von seinen pechschwarzen Schwingen zu reißen, doch ohne Erfolg. Taubheit hatte sich unterdessen in Arelyns ganzen Körper ausgebreitet, er fühlte sich benommen und müde. In einer schmalen Gasse kam das Gespann dann zum Stocken, vor ihnen hockten zwei schwer verletzte Kaiserliche. Einer von ihnen hatte eine stark blutende Wunde an der Schläfe und einige tiefe Kratzer an den Armen, dessen zackige Ränder schon einen Lilaton angenommen hatten. Hadvar kniete sich sogleich neben seine Kameraden und begutachtete nervös die Wunden. Dem anderen Verletzten erging es fast noch schlimmer, er hielt sich einen gebrochenen Arm und er schien nicht mehr laufen zu können. Ihr schmerzliches Stöhnen wurde verschluckt von fortwährendem Donner und den verzweifelten Klageschreien der Dorfbewohner und Soldaten. Es herrschte Chaos. Hadvar war außer sich und völlig überfordert. Wo waren Rikke und Tullius, wenn man ihre Befehlsgewalt brauchte? Arelyn schien währenddessen wieder zu sich zu kommen, die Geräuschkulisse um ihn herum verschmolz zu einem einzigen dumpfen Dröhnen und sein Blick wurde klarer. Er versuchte sich auf die Verletzungen der Soldaten zu konzentrieren und ging neben dem schwerer verwundeten Kaiserlichen auf ein Knie und schob die Ärmel seiner schmutzigen Robe nach oben. Seine Hände waren ebenso schmutzig und blutig wie sein Gegenüber und er wusste nicht einmal, ob das sein eigenes Blut war oder das von jemand anderem. Er atmete einmal tief ein und versuchte sich an den Zauber zu erinnern, den sein Onkel ihm damals beigebracht hatte, als er noch klein war. Es war einer der ersten Zauber gewesen, die er jemals ausprobiert hatte. Behutsam streckte er seine Hände aus und legte sie auf den gebrochenen Arm des Kaiserlichen. Dieser zuckte zusammen, doch Arelyn interessierte der Grund dafür nicht. Er hatte einige Argumente im Kopf, doch seine Konzentration schenkte er nun vollkommen dem Zauber. Gleißendes, warmes Licht strömte aus seinen Fingern und umwebte den verletzten Arm, durchflutete das Fleisch mit neuer Energie und ließ den Knochen innerhalb von Momenten wieder zusammenwachsen. Auch die anderen Schnitte und Blutergüsse auf der Haut des Kaiserlichen verschwanden beinahe vollkommen. Nur wenige Augenblicke später verfluchte er sich für seine Hilfe, denn der Soldat war nicht besonders dankbar: „Das hätte ich auch ohne Euch geschafft, Häftling.“  und rappelte sich unbeholfen auf. Der Zauber hatte Arelyn einiges an Energie und sehr viel an Magicka gekostet, doch dank seines verzauberten Ringes war sein Vorrat an Zauberkraft noch nicht völlig ausgeschöpft und nachdem Hadvar ihm ein dankbares Nicken schenkte, zog das seltsame Trio weiter durch die Gassen und Hausschluchten. Über ihnen donnerte der Drache weiterhin unerbittlich durch den Höllenhimmel. Überall hallten verzweifelte Schreie durch die Straßen. Überall war Tod. Wenige Momente später trafen sie auf Ralof, der sich ein hitziges Wortgefecht mit Hadvar lieferte. Kurz evaluierte Arelyn, mit wem der Beiden seine Chancen, aus Helgen lebend zu entfliehen, größer wären und entschied sich schließlich für den Sturmmantel, entgegen seines flauen Bauchgefühls. Ralof deutete in einen der wenigen Türme, die noch standen und Hadvar folgte dem Elf nur mit den Augen. Der Sturmmantel gönnte keinem seiner Begleiter nur eine Sekunde Pause. Gahrot benötigte keine, aber er bemerkte leicht, wie mitgenommen Arelyn schon war. Schweiß lief ihm in dünnen Bahnen die Schläfen hinab und er atmete schwer. Auch fragte sich der Bretone, warum er keinen Heilzauber auf sich selbst anwendete; ihm kam nicht der Gedanke, dass der Elf womöglich gar keinen beherrschen könnte. „Ich denke, hier können wir einen Weg aus der Stadt finden. Ich erinnere mich, dass es mehrere Tunnel unter den Bergen hindurch gibt. Folgt mir und seid leise.“ - - - - - - - - - Sie kamen in einen großen, runden Raum und wurden von zwei verschlossenen Eisentoren begrüßt.  Gahrot verfluchte, dass er keinen einzigen Dietrich mehr übrig hatte und suchte den Raum hektisch mit den Augen ab, während er sich wieder in die trüben Schatten der Steinmauern verzog. Nach ein paar Momenten Stille und fortwährendem Gerumpel des Drachen hörte Arelyn plötzlich Tumult in einem Tunnel hinter einem der Türen. Kaiserliche. Und sie schienen in ihre Richtung zu kommen. „Haltet Euch bereit.“ wies Ralof in einem erstickten Flüsterton an und versteckte sich hinter einer der dicken Steinsäulen, der Elf trat noch ein paar Schritte von dem Tor zurück und von dem Bretonen war doch wirklich keine Spur mehr. Hatte er sich etwa in die entgegengesetzte Richtung davongeschlichen? Wenige Sekunden später traten auch sogleich zwei Kaiserliche Soldaten ins Blickfeld des Elfs und einer von beiden nestelte nervös am Schloss herum. Der Andere tippte ungeduldig mit dem bestiefelten Fuß auf dem kalten Boden auf. „Stimmt es, was sie sagen? Ein Drache greift Helgen an? Warum müssen wir das überprüfen, hätten sie nicht jemand …“ Mit einem kreischendem Quietschen schwang die Eisentür auf und während der Kaiserliche weiter lamentierte und durch das Tor schritt, traf ihn ein Feuerball direkt im Gesicht und er taumelte schreiend zurück und rammte seinen Kamerad beinahe so heftig, dass er beide zu Boden riss. Das Fleisch in seinem Gesicht schien wie Eis zu schmelzen und münzgroße Blasen bildeten sich auf jeder freien Fläche. Arelyn hatte ihn genau da erwischt, wo er wollte. Doch er hatte auch zu lange gezögert und die Schnelligkeit des anderen Soldaten unterschätzt, denn Besagter hatte schon längst sein Schwert gezogen und stürmte mit einem wilden Brüllen auf den Dunkelelfen zu. Erschrocken wich er aus und stolperte einige Schritte nach hinten. Selbst wenn es sich nur um ein simples und womöglich stumpfes Eisenschwert handelte, die dünne Robe, die er trug würde ihn vor keinerlei Verletzung schützen. Doch Ralof war hastig genug zur Stelle, um dem Kaiserlichen gleichermaßen sein Schwert in den Rücken zu jagen und ihn zu Boden zu senden. Der Soldat mit dem verbrannten Gesicht hatte sich währenddessen auch wieder aufrappeln können und schwang wutentbrannt seine schwere Streitaxt. Ein riesenhafter Rotwardone gekleidet in Rot und Silber; fast blind, da der Feuerstoß seine Augäpfel beinahe gänzlich geschmolzen hatte. Arelyn war gerade dabei, den letzten Rest seiner Magicka zu sammeln, als ein hellblauer Blitz an ihm vorbei schnellte. Er konnte es nicht sofort identifizieren, aber um einen Blitzzauber hatte es sich sicherlich nicht gehandelt. Der Blick des Elfs schnippte zurück zu seinem Angreifer, welcher jetzt allerdings seine Arme hängen ließ und seine Waffen wieder auf seinen breiten Rücken schnallte. Verwirrt suchte er mit den Überresten seiner Augen den kleinen Raum ab und begutachtete auch die drei Besucher. Ein erschöpftes und angestrengt gepresstes „Was braucht Ihr?“ floss von seinen angesengten Lippen und Arelyn senkte seine Hände und ließ die warme Magicka wieder in seinen Körper zurückströmen. Auch Ralof senkte seine Waffe und sein Blick fiel auf den Dieb, dessen hämisches Grinsen ihn schnell verriet. „Kommt.“ knurrte Gahrot daraufhin. „Der Zauber wird nicht allzu lange anhalten.“ und fischte den Schlüssel auf der Tasche des toten Kaiserlichen. Rasch folgten der Nord und der Elf dem Dieb durch die schmale Tür, immer noch unter Augenschein des verzauberten Soldaten. Lautlos schlich Gahrot durch die schmalen Gänge unterhalb Helgens, während sich Ralof nicht wirklich bemühte, keine Geräusche zu verursachen. Immer wieder wanderte ein giftiger Blick über die Schulter des Bretonen, doch der Nord schien sich davon nicht beeindrucken zu lassen, setzte seine Füße dann aber behutsamer voreinander. Der Dunmer hingegen verursachte auf dem kalten Stein kaum einen Laut, wohl auch seiner leichten Kleidung zu verdanken. Sie gingen rasch weiter und nach ein paar Biegungen konnte die Gruppe laute Stimmen vernehmen, die sich bedrohlich aufbäumten, je näher sie kamen. „Kaiserliche.“ zischte Ralof und zog aufgeregt sein Schwert, so laut, dass die feindlichen Soldaten es auch hörten. Nervös drehten sie sich zu dem Geräusch, welches in ihren Ohren nur allzu bekannt war und zogen ebenfalls ihre Waffen. Unter ihnen war ein missmutig dreinblickender Kerkermeister und vor seinen Füßen lagen die Leichen von zwei Sturmmänteln in riesigen dunklen Lachen frischen Blutes. Dieser Anblick schürte die Wut des Nords, er presste seine Kiefer fest zusammen und sein Gesicht verzog in Zorn und Verzweiflung. Zwei Kaiserliche hatten sich nun aufgemacht, den Quell des Tumults ausfindig zu machen und wollten gerade um die letzte Ecke biegen, als Arelyn Magicka in seinen Handflächen sammelte, leuchtend blaue Blitze formte und diese in Richtung der Kaiserlichen warf. Einen von beiden traf der Funken quer in die Brust und es schleuderte in gegen die gegenüberliegende Wand, dem anderen allerdings schmetterte es nur die Waffe aus der Hand, denn durch den Blitz war das Metall glühend heiß geworden. Anderweitig verletzt hatte sich der Soldat allerdings nicht und Kampfeslust glitzerte gefährlich in den Augen des  kaiserlichen Nords, als er sich mit voller Inbrunst und einem ohrenbetäubenden Schrei auf den Elf stürzte und ihn hart zu Boden riss. Das Gewicht des Riesen boxte ihm die Luft aus den Lungen und heißer, weißer Schmerz schwappte seine Wirbelsäule hinab, als etwas sehr hartes sein rechtes Jochbein traf und es beinahe brach. Es benötigte zwei Armpaare, den Kaiserlichen von ihm wegzureißen und einen geschwinden Schwertstreich, um ihn zu töten. Zäh tropfte Blut von Arelyns Kinn, als er sich mühsam aufsetzte. Das Rot durchnässte den Kragen seiner Robe und er murrte, als er seine Wange tätschelte. Ein Blick zu dem toten Kaiserlichen erklärte die Schlagkraft der Attacke; pfiffiger Weise hatte der Nord an jeder Hand einen Cestus getragen. Währenddessen machte Ralof auch mit dem anderen kaiserlichen Soldaten, der sich gerade wieder aufrappeln wollte, kurzen Prozess und steckte sein nun blutbeschmiertes Schwert wieder weg. Gahrot half dem Elf mit einem genervten Knurren auf, welches Arelyn nur mit einem ebenso grimmigen Murren erwiderte, ihm aber dankend zunickte. Er war noch ganz benommen und traute seinen Beinen kaum, sein Kopf hämmerte vor Schmerz, als er seine Robe zurecht zupfte. „Ihr seid beide nicht sonderlich kampferprobt.“ stellte Ralof fest und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Bleibt in meiner Nähe, dann kommt Ihr sicher hier raus.“ Arelyn ignorierte seine Anmerkung und wischte sich mit dem rechten Handrücken das Blut vom Gesicht und zuckte leicht zusammen, es tat doch mehr weh, als er dachte und auch wenn er einen Heilzauber anwenden könnte, würde wohl ein nettes Andenken auf seiner Haut bleiben. Und so war er froh, dass er den wenigen Rest seiner Magicka für Wichtigeres aufsparen konnte. ‚Nicht besonders kampferprobt, was denkt dieser Nord eigentlich, wer er ist? ‘ dachte sich Gahrot still und verzog das Gesicht zu einer genervten Grimasse. Natürlich war er nicht kampferprobt, er zog es vor, jedem Kampf aus dem Weg zu gehen und hatte auch nicht vor, Nachkampftechniken bekannt zu werden. Es war wesentlich komfortabler, Gegner aus der Ferne auszuschalten oder gar nicht zu kämpfen. Arelyns Gedanken waren ähnlicher Natur, allerdings fiel es ihm noch immer schwer, einen klaren Urteilsstrang zu fassen und alles vor seinen Augen war ein wenig schwammig. Der Raum, in den sie jetzt traten, stank nach Blut und Tod. In den Zellen, die an einer der Wände platziert waren, lagen die ausgemergelten Leichen zweier Gefangener, die Kleider noch am Leib und die Waffen neben ihnen. Ralof machte sich sofort daran, den Raum nach Tränken und Waffen abzusuchen und fand in einer der Ecken ein verlorenes Schild eines gefallenen Kameraden. Auf der Wand gegenüber den Zellen war eine Art Theke aufgebaut, den leeren Wein- und Metflaschen nach zu urteilen. Auch lagen mehrere Münzen verteilt auf dem Holz, nach welchen Gahrot geschwind griff, als er die Regale nach Brauchbarem absuchte. Der Elf hingegen schnüffelte angewidert an einer der halbleeren Flaschen Nordmet, von denen einige den hölzernen Tisch in der Mitte des Raumes schmückten. In seiner kurzen Zeit in Himmelsrand war er noch nicht wirklich warm geworden mit diesen seltsamen nordischen Gebräuen. In einer der Zellen lag der Körper eines Magierlehrlings und Arelyn beäugte den toten Bretonen mit einer Spur Mitleid. Die Welt der Magie schien in diesen Gefilden nach wie vor mit Vorsicht oder Abscheu behandelt zu werden, dabei konnte der Elf das nicht wirklich verstehen. Sicherlich hatten alle Dunmer eine angeborene Affinität zu Magie und wurden schon in jungen Jahren mit allerlei Zaubersprüchen und Schriftrollen konfrontiert, aber ihm hatte es immer Spaß gemacht, zu lernen und neue Zauber auszuprobieren. Er hoffte, dass es kein Fehler war, nach Himmelsrand zu kommen. Sein Kopf begann wieder zu schmerzen, als er sich versuchte zu erinnern, was vor seiner Festnahme von den Kaiserlichen passiert war. Gahrot machte sich währenddessen ungeniert daran, die Schlösser der Zellen aufzuknacken, er war interessiert an dem Inhalt der Taschen des toten Sturmmantelsoldaten.  Damit erntete er einen missbilligenden Blick von dem Elf. /klick/ „Was tut Ihr da?“ fragte Ralof verwirrt und aufgebracht. „Ich bezweifle, dass die Beiden Kleinigkeiten vermissen werden. Gebrauchen jedenfalls können wir es besser als sie.“ Die Ausbeute der Zelle, in dem der Soldat lag, war eher dürftig und enthielt nur ein paar glänzende Münzen und einen Zaubertrank der Geringen Heilung, welchen Gahrot mit einer flinken Handbewegung ungesehen in einer seiner vielen Taschen verstaute. Er plünderte nicht gern Leichen und so ließ er seine Hände nur kurz über die Kleidung des Sturmmantels tasten und spürte nichts, was seine Aufmerksamkeit erregte. Und so wanderte er leichten Schrittes zu der zweiten Zelle und nach ein paar Handgriffen war auch diese Tür geöffnet und seine Finger geisterten erneut über Taschen und Beutel. Nun war Arelyns Neugier geschürt, denn Utensilien eines Magierlehrlings könnte er möglicherweise gebrauchen. Die Robe des Toten war leider genauso schäbig wie seine und so konnte er den Gedanken, die Kleidung eines Verstorbenen zu tragen, dankbar aus seinem Kopf schieben. Neben einer Silberkette, die die flinken Finger des Diebs schnell von der Brust des Novizen gepickt hatten, war nur noch ein kleiner Lederbeutel um die Hüfte des toten Bretonen gebunden, die Gahrot mit zwei Handgriffen löste und Arelyn in die Arme warf. Der Beutel klapperte, als der Elf sein Gewicht begutachtete und sogleich öffnete er das Lid und durchsuchte die Inhalte. Neben ein paar gewöhnlichen Alchemiezutaten waren darin auch zwei Magickatränke zu finden und ein weiterer verzauberter Ring, jedoch war besagte Verzauberung so schwach, das Arelyn nicht einmal erkennen konnte, um was es sich handelte. Baff sah er zu dem Dieb, der ihn nur hämisch angrinste und sagte: „Gern geschehen.“ „Seid Ihr hier fertig? Wir müssen weiter.“  Als Ralof weiter durch die Gänge streifte, folgte ihm der Elf mit einigen Schritten Abstand. Gahrot war noch weiter zurück gefallen und war wie ein Schatten selbst, seine Stiefel erzeugten auf dem Boden kaum ein Geräusch. Arelyn musste zugegen, dass er beeindruckt war; nicht nur von der Fähigkeit des Diebs, sich lautlos zu bewegen, sondern auch von seiner Begabung, Schlösser zu knacken. Sicherlich könnte das jeder nach einer Weile lernen, aber bei dem Bretonen erschien alles so natürlich, als würde er dem schon sein Leben lang nachgehen. Es hatte ihn nicht mehr als ein paar Drehungen seiner Handgelenke und flinker Bewegungen seiner langen Finger gekostet, das rostige Schloss zu öffnen. Arelyn ballte seine Fäuste, fester als eigentlich nötig und streckte dann seine Hände weit aus, beugte seine Finger einzeln und begutachtete seine aschfarbene Haut. Er bezweifelte, dass es ihm möglich wäre, so filigrane Dinge zu bearbeiten. Zwar kannte er die Grundlagen des Schlossknackens, aber selbst hatte er noch nie einen Dietrich in der Hand gehabt und Gahrot war so schnell gewesen, dass er nichts sehen konnte.  Nicht, dass er eine Diebeslaufbahn anstrebte; oft genug wurde er auf seinen Reisen bisher schon bestohlen, aber den ein oder anderen Kniff konnte er sich vielleicht auch von einem Dieb noch abschauen. Gedankenversunken ging er dem Sturmmantel nach, als dieser plötzlich eine Hand hob und die Gruppe stoppte. Von dem Dieb war schon wieder nirgends eine Spur. Wortlos hob Ralof einen verstreuten Bogen von Boden auf und deutete nach vorn in die Höhle, die sich nun vor ihnen auftat. Arelyn hatte gar nicht bemerkt, wie sie durch schier endlose Gänge geirrt waren, bis sich die Katakomben von Helgen schließlich in einer natürlich geschaffenen Höhle verliefen. Überall lagen Skelette verteilt und der Elf merkte schnell, dass es sich dabei nicht nur im tierische handelte. Fast genau vor seinen Füßen lag ein perfekt abgenagter menschlicher Schädel. Er ging in die Hocke und suchte Schutz im Schatten eines großen Felsens, während er die Höhle nach der Ursache der vielen Knochen absuchte. Das Beben der Drachenschreie war schon längst verstummt, zu tief waren sie mittlerweile unter der Erde, aber ein neuerliches Brummen zog Arelyns Aufmerksamkeit auf sich: das aufgeregte Schnaufen eines ausgewachsenen Braunbären. „Wir können es angreifen oder vorbei schleichen.“ flüsterte Ralof und deutete an ein paar Steinen vorbei, die ein wenig Sichtschutz vor dem Bären gewährleisten würden. Der Elf wägte ihre Möglichkeiten ab, nur kurz, denn seine Magicka hatte sich noch immer nicht genug regeneriert. Er nickte Ralof zu und blieb in der Hocke, suggerierte so den kampflosen Weg an dem Tier vorbei. Der Sturmmantel hatte dagegen nichts einzuwenden, denn auch ihm waren die Strapazen der letzten Stunden bestens anzusehen. Arelyn war kein Leisetreter, aber er versuchte sein Bestes, so geräuschlos wie möglich die letzten Meter zu meistern, denn er konnte schon beinahe die klare Luft Himmelsrands spüren. So hoffte er zumindest. Der Bär richtete sich plötzlich auf und sprang auf seine Hinterpfoten, bäumte sich zu seiner vollen Größe auf. Der Elf gefror, während Ralof weiterschlich und sich nicht einmal umdrehte. Er war physisch und psychisch bald am Ende seiner Kräfte und so lugte er vorsichtig über seine Schultern und atmete erleichtert aus, als sich das Tier wieder niederlegte und weiterschnaufte. Wenige Meter weiter vor ihnen stieg der Weg kontinuierlich an und am Ende des Höhlenweges blitzte tatsächlich das helle Sonnenlicht Tamriels durch das Gestein. Arelyn atmete noch mehr auf und folgte Ralof die letzten Schritte wortlos, aber mit dem kleinsten Anzeichen eines Lächelns auf den Lippen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)