Love and Pain goes Hand in Hand von -Luna- (Mamoru & Bunny) ================================================================================ Kapitel 18: ------------ Mamoru's Blick glitt suchend über die ihm entgegenkommenden jungen Mädchen. Irgendwo musste Bunny doch sein. Doch konnte er sie nirgends erblicken. Voller Verzweiflung packte er eins der Mädchen an den Armen um sie aufzuhalten. »Hast du ein Mädchen mit langen blonden Haaren und blauen Augen gesehen? Bunny ist ihr Name...« »Bunny? Das Mädchen mit den langen gold-blonden Odango's?« Mamoru nickte hoffnungsvoll. »Nein, die habe ich seit über einem Tag nicht mehr gesehen. Tut mir leid… ich muss…! Bitte lassen Sie mich los.« Das dunkelhaarige Mädchen riss sich von ihm los und rannte zum Lastwagen. Sie war bereits eine der Letzten, die mit Hilfe weiterer bewaffneter Männer die Ladefläche hinauf kletterten. Entsetzt blickte er ihr nach. Das konnte nicht sein. Sie musste sich täuschen... Bunny musste einfach dabei sein. Minutenlang stand Mamoru wie betäubt da und blickte zum Gebäude hinüber. Hoffte, dass sie doch noch heraus gerannt kam und ihm erleichtert in die Arme fallen würde. Doch sie kam nicht. Er wartete vergeblich. All ihre Bemühungen waren umsonst gewesen. Die aufsteigenden Gefühle von Hilflosigkeit; von Verzweiflung und Wut waren erneut übermächtig. Mit hängenden Schultern lief er zurück zum Wagen und mit jedem Schritt wurde ihm bewusster, dass ihre Rettungsaktion gescheitert war. Das Licht der Hoffnung war in seinen Augen fast erloschen. Und in diesem Moment hätte er nicht einmal mehr sagen können, ob es überhaupt noch eine Chance gab, Bunny zu finden und sie wohlbehalten zu ihm zurückzubringen. Frustriert beugte sich Mamoru an der offen stehenden Tür hinunter und schlug mit der flachen Hand gegen den Wagen. »Sie ist nicht hier, verdammt nochmal! Sie ist nicht hier...«, brüllte er, während ihm die Tränen in die Augen schossen und seine Sicht verklärten. Wieder war eine Salve von Schüssen aus verschiedenen Richtungen zu hören, vermischte sich jedoch keine Sekunde später mit dem Gebrüll von Männern, die nun eilig aus dem Gebäude stürmten. Lautes Stimmenwirrwarr drang nun auch aus dem Headset. »Mamoru, steigen Sie ein. Sofort! Wir müssen hier erst einmal weg.«, Herr Oyamada packte ihn am Ärmel und zog ihn zurück ins Auto. Mit quietschenden und durchdrehenden Reifen fuhr der Wagen rückwärts aus dem Waldstück wieder auf die Straße und folgte dem bereits gestarteten Lastwagen mit den geretteten Mädchen. Für Herrn Oyamada war es natürlich ein kleiner Teilerfolg, nachdem er die festgehaltenen Mädchen befreien und von dem Ort des Grauens wegschaffen konnte. Vermutlich hatte er sie damit vor einer schlimmen Zukunft bewahrt. Doch die Tatsache, dass sich Bunny nicht unter den Mädchen befand, war für Mamoru regelrecht niederschmetternd. Sein Kopf war wie leer gefegt. Sein Körper wie betäubt. Er spürte nur den intensiven Schmerz in seinem Herzen. Ohne Bunny fühlte er sich einfach unvollständig und verloren. Er vermisste sie so schmerzlich. Von tiefer Verzweiflung gepackt, vergrub er sein Gesicht in seinen Händen und verfluchte alles. Das Waisenhaus. Die Kou-Brüder. Frau Watanabe. Sein Leben. Einfach alles. Ohne sie hatte nichts mehr einen Sinn... »Quälen Sie sich nicht. Wir werden Ihre Freundin Bunny finden. Das verspreche ich Ihnen.«, sagte Herr Oyamada nach wenigen Minuten, in denen er wie wild auf seinen Laptop getippt hatte. Mit zusammengekniffenen Lippen und finsterem Blick schaute er voller Skepsis zu seinem Chef. Kurz überlegte er, was er antworte sollte. Ob er ihm sagen sollte, dass er gerade alle Hoffnung verloren hatte. Doch kein Wort kam ihm über die Lippen. Wie sollte Herr Oyamada auch wissen, wie es sich anfühlte, immer wieder den Boden unter den Füßen weggezogen zu bekommen und sich aufrappeln zu müssen. Wenn man schon immer für alles kämpfen und hart arbeiten musste, nur um ein halbwegs normales Leben führen zu können. Wenn eine negative Erfahrung der Nächsten folgte. Nie hatte er viel verlangt. Nie hatte er hohe Ansprüche gestellt. Doch die Steine, die man ihm immer wieder vor die Füße warf und die Last, die er daran zu schleppen hatte, erdrückten ihn allmählich. Sicherlich, er war ein Kämpfer durch und durch, aber irgendwann knickte auch der stärkste Mann ein. Nur sah das niemand... Herr Oyamada hielt ihm eine kleine Flasche Wasser hin, die er dankend annahm. Seine Kehle fühlte sich staubtrocken an und er nahm einen großen Schluck, ehe er sich erneut an ihn wandte. »Sind sie verheiratet, Herr Oyamada?« »20 Jahre war ich es. Unterdessen lebe ich allein. Warum fragen Sie?« Ein leichter Schatten hatte sich auf die Gesichtszüge des älteren Mannes gelegt. Auch der traurige Ausdruck in seinen Augen entging Mamoru dabei nicht. Es bestätigte ihm in diesem Moment nur das, was er schon die ganze Zeit wusste. Dass der Mann, der gerade neben ihm saß und ihm versuchte zu helfen, nur eine Maske aufgesetzt hatte, um niemanden tiefer in seine Seele schauen zu lassen. Eine Maske, damit niemand erkannte, wer und wie er wirklich war. Denn was bedeuteten schon Macht und Geld, wenn man einsam war? Wenn der Mensch, den man liebte, nicht an seiner Seite war? Wenn man sich plötzlich nicht mehr vollständig fühlte? »Fehlt Ihnen Ihre Frau? Ich meine, sind Sie denn glücklich so allein?« Er wusste, dass er sich gerade auf dünnes Eis begab. Doch er wollte es von ihm hören. Wollte, dass er es laut aussprach, wie einsam er war. Doch warum war es ihm so wichtig zu wissen, dass nicht nur er allein so fühlte? Was bedeutete es ihm, dies von einer anderen Person zu hören? Würde es dadurch ein Stück mehr erträglicher werden? Herr Oyamada seufzte kurz, ehe er das Headset abnahm und den Laptop neben sich stellte. »Hören Sie Mamoru, ich weiß, dass sie gerade unter der Situation leiden und am liebsten alles hinschmeißen würden. Aber ich glaube, es tut hier gerade nichts zur Sache, wie es mir geht. Lassen wir uns von diesem kleinen Rückschlag nicht entmutigen. Noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben und wir werden so lange nach Ihrer Freundin suchen, bis wir sie gefunden haben!« Mamoru blickte zu dem älteren Mann neben sich. Seine Entschlossenheit, und dass er sich trotz seiner Einsamkeit nicht beirren ließ, imponierten ihm. Er war jemand, der seinem Glauben und seinem Herzen folgte, egal was ihm widerfuhr. Kurz nickte er ihm stumm zu und ließ sich nun ein klein wenig entspannter in den Sitz zurückfallen. Tief in Gedanken versunken hatte er den Blick starr aus dem Fenster gerichtet und einen Punkt in weiter Ferne fixiert. Bis auf das leise Dröhnen des Motorengeräuschs, war es im hinteren Teil des Wagens vollkommen still geworden. »Sie ist vor 5 Jahren gestorben.«, durchbrach Herr Oyamada plötzlich die Stille, »20 Jahre..., 20 wunderschöne Jahre war Mayumi an meiner Seite. Sie war nicht nur meine Ehefrau, nein sie war soviel mehr in meinem Leben. Sie war meine Seelenverwandte und ich habe sie vergöttert. Wenn ich gekonnt hätte, ich hätte ihr die ganze Welt zu Füßen gelegt. Doch von einem Tag auf den anderen ging es ihr plötzlich furchtbar schlecht und sie baute rapide ab. Ich bekam es mit der Angst zu tun und habe die besten Ärzte Japans engagiert, um heraus zu finden, was dafür verantwortlich war. Es hat uns den Boden unter den Füßen weggerissen, als man bei ihr akute myeloische Leukämie diagnostizierte. Leider stehen die Chancen auf Heilung bei Knochenkrebs im höheren Alter nicht mehr sonderlich gut, doch ich wollte sie einfach nicht aufgeben. Ich konnte sie nicht aufgeben.« Er stockte und fuhr sich durch das schütter werdende graue Haar. »Aber egal welche Ärzte ich konsultierte, es änderte nichts an der Diagnose und der minimalen Heilungschance. Ich musste mit ansehen, wie diese heimtückische Krankheit meiner geliebten Mayumi die Kraft raubte und sie in die Knie zwang. Doch bis zum Schluss hat sie gekämpft. Bis zum Schluss war ihr Lebenswille ungebrochen.« Herr Oyamada hatte die Augen geschlossen, als Mamoru seinen Kopf zu ihm drehte. Tief holte der Grauhaarige Luft, ehe er weiter sprach. »Sie starb in meinem Armen. Und bis heute habe ich das Gefühl, als hätte sie einen Teil von mir mitgenommen. Als wäre mir ihrem Tod auch ein Teil von mir gestorben.« »Herr Oyamada, ich ... Es tut mir so leid. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«, Mamoru ließ den Kopf und die Schultern hängen. Es tat ihm so unsagbar leid und er schämte sich für sein Verhalten. Für seine Anmaßung. Für seinen Egoismus. Er war selbst so mit seinem eigenen Schmerz und seiner Einsamkeit beschäftigt, dass er das Leid, was andere vielleicht selbst gerade empfanden oder den Schmerz, den sie bereits ertragen mussten, völlig außer Acht gelassen hatte. Ja, es war ihm sogar für eine Weile fast gleichgültig gewesen. Nun musste er erkennen, dass es Menschen in seinem direkten Umfeld gab, die genauso unter einer Situation litten und dennoch bereit waren, ihm zu helfen. Doch entgegen seiner Erwartungen legte der ältere Mann verstehend und ebenso mitfühlend eine Hand auf Mamoru's Schulter. »Machen Sie sich keine Vorwürfe, mein Junge. Es ist in Ordnung und ich verstehe ihren Gemütszustand. Und nun lassen Sie uns erst einmal zurück ins Büro fahren. Ich werde von dort einige Anrufe tätigen müssen, damit wir so schnell mehr über den Aufenthaltsort Ihrer Freundin in Erfahrung bringen.« ________________________________☜♥☞________________________________ Zur gleichen Zeit erwachte Bunny in einer ihr fremden Umgebung. Vorsichtig hob sie ein Stück weit den Kopf und blinzelte gegen das grelle Licht. Sonnenstrahlen der bereits hoch am Himmel stehenden Sonne brachen durch das große Panoramafenster und durchfluteten das Zimmer. Von massiven Kopfschmerzen und Schwindel geplagt, stöhnte sie schmerzerfüllt auf. Das heftige Wummern und Pochen in ihren Schläfen und der Stirn kaum zu ertragen. Noch immer ein wenig benommen und desorientiert, fasste sie sich an den Kopf und ließ sich zurück in das Kissen fallen. Was war nur geschehen? Wo hatte man sie nur hingebracht? Sie konnte sich einfach nicht an die letzten Stunden erinnern. Nicht einmal Erinnerungsfetzen konnte sie abrufen. Ihr Verstand war wie vernebelt. Kurz überlegte sie, ob man ihr vielleicht etwas verabreicht hatte. Ob man sie unter Drogen gesetzt hatte, um sie gefügig zu machen. Doch sie konnte sich beim besten Willen nicht an eine solche Situation erinnern. Wieder fasste sich Bunny kurz an den schmerzenden Kopf, als sie sich nun vollends aufrichtete um ihre Umgebung näher betrachten zu können. Sie rutschte an das Kopfende und lehnte dagegen, während ihr Blick neugierig durch den Raum glitt. Die Wände waren in einem sanftem Beige gestrichen; die Inneneinrichtung, bestehend aus einem Schreibtisch mit Stuhl und einem großen Kleiderschrank hell und freundlich. Das große Himmelbett, auf dem sie aufgewacht war, erschien ihr ungewohnt luxuriös. Wo um alles in der Welt hatte man sie hingebracht? Das Zimmer war das genaue Gegenteil von dem nass-kalten und muffigen Kellerverlies, wo man sie den ersten Tag festgehalten hatte, bevor man sie kurzzeitig in eine der heruntergekommenen Baracken bei unzähligen anderen Mädchen untergebracht hatte. Auf wenige Quadratmeter zusammengepfercht, hatte sie dort wenige Stunden verbracht. Hatte sich mit einigen der Mädchen unterhalten und ausgetauscht. Ihr Blick war durch den Raum geglitten. Was sie sah, hatte sie tief erschüttert. Sie sah soviel Leid und Schmerz in den Gesichtern. Viele der Mädchen hatten sich bereits aufgegeben und vegetierten nur noch dahin. Mädchen, mit getrübten Augen, die kaum mehr Lebenswillen zeigten. Mädchen, deren Willen man bereits vollständig gebrochen hatte. Schmerzlich war Bunny bewusst geworden, dass sie alle das gleiche Schicksal teilten. Dass man sie von ihren Liebsten, von ihren Familien und Freunden, weggerissen und entführt hatte. Dass keiner mehr sagen konnte, dass sie sie jemals wieder sehen würden. Oh Mamoru. Der Gedanke an ihn trieb ihr die Tränen in die Augen. Die Sehnsucht nach ihm war schier unerträglich. Seit man sie von ihm fortgerissen hatte, klaffte ein tiefes Loch in ihrem Herzen, dass sich immer mehr in eine tiefe Kluft verwandelte. Schniefend wischte Bunny sich mit dem Ärmel ihres Pullovers die Tränen vom Gesicht und rutschte über das Bett zum Fußende. Ihr Blick fiel auf den hellgrauen flauschigen Teppich. Langsam setzte sie ihre Füße auf dem Boden auf und zog sich am Gestell des Himmelbettes auf die Beine. Für einen kurzen Moment musste sie jedoch die Augen schließen, als der Schwindel sie erneut überkam. Schritt für Schritt lief sie mit wackligen Knie hinüber zum Panoramafenster und lehnte gegen das kühle Glas. Von hier aus hatte man einen wirklich überwältigenden Blick auf weite Wiesen und Felder und sehnsüchtig schaute sie zu den großen Trauerweiden, deren Äste und im Wind heftig hin und her schwankten. Erschrocken fuhr sie herum, als die schweren Flügeltüren aufgerissen wurden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)