Und plötzlich war es Mittelerde von Virdra-sama ================================================================================ Prolog: Kinobesuch ------------------ "Endlich!", rief sie laut und hob einen Umschlag in die Höhe, "endlich ist mein Weihnachtsgeld da! Nun kann ich mich daran machen mein Kostüm für die kommende Hobbit Filmpremiere fertigzustellen." Sie lächelte dabei mit strahlenden Augen ihre Arbeitkollegin und Beste Freundin Julia an. "Darauf hast du echt lange gewartet, was Lisa?", erwiderte Julia mit einem breiten Lächeln, "an deiner Stelle hätte ich mir ja lieber so einen Fummel aus dem Internet bestellt, anstatt deine gesammten Ersparnisse in Stoffe und Zubehör zu stecken." Sie grinste Lisa frech an und legte ihr die Arme um die Schulter. Gemeinsam verließen sie das Personalbüro mit samt ihren Gehaltsscheks. Die Stimmung war so kurz vor Weihnachten sehr ausgelassen. In den Büros und in den Werkshallen hatte alles man ausgiebig geschmückt und in den Produktionsstätten wurden Tische für die Weihnachtsfeier am Abend zusammen geschoben. Lisa und Julia gingen noch einmal in ihr Büro, um noch den Rest ihrer Aufträge abzuwickeln. "Wie weit bist du eigentlich inzwischen mit deinem Kostüm?", fragte Julia über einen Stapel Neukundenaufträge hinweg. Lisa zuckte nur mit den Schultern, ehe sie antwortete: "Der Umhang fehlt, die Schnallen und Knöpfe müssen auch angebracht werden und einige geschmückte Borten brauche ich noch. Ich hoffe, ich bekomme Morgen alles im 'Fantasy Store'." Sie heftete ihre letzten Blätter ab und stellte den dicken Ordner ins Regal. "Hey Mädels. Immer noch fleißig?", kam es von der halb offenen Tür zu ihnen herüber. Im Rahmen stand Jannes, der Juniorchef der Firma. Ein junger Mann mitte Zwanzig mit kurzem, schwarzen Haar, einem recht straff sitzenden Anzug und einer Kravatte mit mehr oder weniger schlechtgebundenem Winsor Knoten. Er machte stets einen adretten und seriösen Eindruck. Zumindest bei den Kunden. Doch war er bei den Mitarbeitern nicht gerade gern gesehen. Die Männer mochten ihn nicht, wegen seines Hochnäsigen gehabes und die Frauen hielten auch lieber von ihm Abstand, da er sich häufig wie ein Casanova an alles ran schmiss was bei drei nicht am Schreibtisch saß. Dennoch mussten sie sich ihm respektvoll zeigen, da bekannt war, dass er für ihn unliebsame Mitarbeiter bei seinem Vater anschwärzte, um sie auf diesem Wege schnellstmöglich los zu werden. Lisa lächelte nur steif, als sie ihn sah. Schon lange versuchte er bei ihr ein Date zu bekommen, doch jedesmal schaffte sie es rein zufällig kurz vorher noch einen wichtigen Termin dazwischen zu schieben. Gott sei Dank, wie sie sich immer dachte. Sie warf ihren langen, braunen, geflochtenen Zopf über die Schulter und sagte: "Ach ja, die Feier. Ja, sehn Sie, das ist nun wirklich so eine Sache. Ich habe noch einige Weihnachtseinkäufe zu erledigen und..." Er hob die Hand und deutet ihr an zu schweigen. "Nein, nein, nein. Die Weihnachtsfeier ist eine betriebliche Pflichtveranstalltung und da haben Sie zu erscheinen Frau Krüger. Andernfalls werden wir Ihnen eine Abmahnung zukommen lassen müssen. Und Sie, Frau Jakob, legen die Aufträge beiseite und kommen auch langsam einmal in Weihnachtsstimmung." Mit diesen letzten Worten entschwand er aus dem Türrahmen und winkte noch einmal kurz mit einer lässigen Armbewegung in den Raum hinein, bis sich seine Schritte auf dem Flur entfernten. Die beiden jungen Frauen atmeten tief durch. "Na wunderbar. Jetzt muss ich erscheinen", brummte Lisa und zog ein Schmollgesicht. "Hey, ist doch gar nicht so schlimm Lissie. Du gehst runter zur Feier, bleibst vielleicht eine Stunde und dann machst du dich ganz einfach klamm heimlich aus dem Staub. Ich sorg schon dafür, dass Mister Gelfrisur es nicht mitbekommt", grinste Julia und erhob sich. "Danke Julie, du bist ein Schatz. Was täte ich nur hier ohne deine Hilfe", sagte Lisa mit einem herlichen Lächeln. "Na was wohl. Du müsstest mir nicht mehr so viele Gefallen schulden und würdest in Arbeit ertrinken. Komm jetzt. Die warten schon unten mit dem Buffet", meinte ihre Freundin lachend. Julia hielt Lisa einen Arm wie zum Geleit hin und diese hakte sich kichernd ein. So schritten sie munter in die Werkshalle. Dort angekommen hatten sich bereits sämtliche Abteilungsbelegschaften zusammen gefunden. Sie plauderten heiter und einige hatten schon ihr drittes Glas Sekt oder Wein in der Hand. Am Ende der großen Halle war ein provisorisches Podest aufgebaut worden, auf dem der Firmenchef zum Jahresende immer seine übliche Firmenlobesrede hielt. Noch während Lisa und Julia den Raum betraten, schritt ihr Chef, ein etwas untersetzter, älterer Mann mit geröteten Wangen und Knollnase, die hölzernen Stufen des Podestes empor, gefolgt von seinem Sohn und dem restlichen Firmenvorstand. Er schlug ganz sacht mit einem Löffel gegen das Glas mit Sekt, welches er in der Hand trug und in der Halle wurde es stiller. "Meine lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, verehrte Vorstandsmitglieder und natürlich Jannes, mein lieber sohn." Er bedachte seinen Jungen dabei mit einem warmen freundlichen Lächeln, bevor er mit seiner rede fort fuhr, "Wie in jedem Jahr, seit der Gründung dieser Firma, stehe ich nun vor Ihnen um Ihnen für Ihre harte Arbeit und die Treue zu unserem Unternehmen zu danken." Höflicher Applaus ging durch die Reihen. Er räusperte sich und sprach weiter nachdem es wieder ruhiger wurde. "Wie sie ja alle wissen, werde ich im kommenden Jahr meinen sechzigsten Geburtstag feiern und ich denke so langsam wäre es für mich an der Zeit endlich in meinen wohlverdienten Ruhestand zu gehen. Daher haben wir, der Vorstand und ich, uns darauf geeinig, dass mein Sohn Jannes, ab dem kommenden Jahr die Führungsposition dieser Firma übernimmt, um sie in meinem Namen weiterzuführen." Der Chef machte eine Pause. Er erwartete Applaus und freudige Begeisterung. Doch in den Gesichtern der Mitarbeiter war von ungläubigen Blicken bishin zu stillen und teilweise hörbaren Schreckenslauten einiges vertreten. Julia und Lisa tauschten düstere Blicke aus, die keiner weiteren Worte bedurften. "Natürlich kann ich mir denken, dass das alles recht überraschend für Sie kommt und Sie mich vermutlich alle sehr vermissen werden. Aber glauben Sie mir, das werde ich auch. Dennoch möchte ich Sie darum bitten meinen Sohn genauso tatkräftig zu unterstützen, wie Sie mich in meiner gesammten Laufbahn unterstützt haben. Und nun, wünsche ich Ihnen allen, frohe Weihnachten und ein gesundes, erfolgreiches, neues Geschäftsjahr." Mit diesen Worten beendete er seine Rede und das Buffet wurde eröffnet. Es gab nur ein Gesprächsthema an diesem Abend und dies wurde in mehr oder weniger ruhigeren Ecken der Halle geführt. Keiner der Angestellten wollte in Gegenwart des Vorstandes oder des alten Chefs über Jannes reden. Julia und Lisa hatten es sich an einem kleinen Tisch mit ein paar Schnittchen bequem gemacht und beobachteten die übliche Traube von Schleimern, die sich gleich um Jannes versammelt hatten, um diesem zu gratulieren. Lisa grinste bei dem Anblick nur schief. "Weist du, Julie. Ich glaube, ich such mir eine neue Anstellung in einer anderen Firma", meinte diese nach dem vierten Glas Sekt. Julia machte große Augen und erwiderte mit gespielt entsetzter Stimme: "Wie? Du? Ganz ohne mich? Du willst mich hier zurücklassen?" "Nein, Julie. Das werde ich nicht. Ich werde eine Stelle suchen, wo wir wieder gemeinsam in einem Büro arbeiten können. Ganz ehrlich versprochen", beteuerte Lisa mit beschwichtigender Stimme. "Puh, da bin ich ja beruhigt. Aber sag mal. willst du nicht langsam verschwinden? Ich meine, Jannes ist jetzt abgelenkt. Du kannst ohne weiteres verschwinden", warf Julia ein und nickte mit dem Kopf Richtung Ausgangstür. Sie hatte damit nicht ganz unrecht. Jannes war so eingeschlossen von den Gratulanten, dass er Lisas verschwinden nie und nimmer bemerkt hätte. "Gut, du hast recht. Ich denke, ich gehe dann mal. Ich wünsch dir heute Abend noch viel Spaß, Julie", meinte Lisa und erhob sich. "Ich ruf dich morgen Abend noch mal an. Schönen Urlaub wünsch ich dir", rief ihr Julia hinterher. Lisa winkte über die Menge hinweg und ihre Lippen formten die Worte "Vielen Dank. Bis bald." Dann war sie Verschwunden. Sie machte sich wie immer mit ihrem Fahrrad auf den Heimweg. Es war schon dunkel und es fielen vereinzelte Schneeflocken. Ihr üblicher Weg führte sie an ihrem Lieblingskino vorbei, wo bereits die riesigen Premiereplakate und Aufsteller für den Hobbit Film am nächsten Abend gut beleuchtet angebracht waren. Eigentlich hatte das Kino an jenem Tag schon geschlossen, doch seltsamerweise waren die üblichen Gitter nicht vor den Einganstüren und auch die Räume waren hell erleuchtet. Lisa stieg von ihrem Drahtesel, um sich noch einmal die ganzen Aufsteller und Plakate anzusehen, die sie bereits aus anderen Vorankündigungen kannte. Mit einem Mal schwang eine der Türen auf und ein älterer Mann mit grauem Vollbart kam in einen Blaumann gekleidet hinaus. Dabei zog er eine Mülltonne hinter sich her. Er trug zusätzlich eine Schirmmütze tief ins Gesicht gezogen, doch man konnte sehen, dass er lächelte, als er sie da stehen sah. "Guten Abend junge Dame", sagte er freundlich und zog die Tonne zum Straßenrand. "Guten abend", erwiderte Lisa und wollte sich erneut den Plakaten widmen. "Was macht ein junges Ding wie Sie denn so allein bei dieser Kälte auf der Straße?", fragte der Alte und rüttelte an der Mülltonne, um sie ordentlich zu platziere. "Ach wissen Sie. Ich komme gerade von der Arbeit und wollte mir nur noch einmal hier diese schönen Plakate und Aufsteller ansehen." Der Mann kicherte und drehte sich wieder zu ihr um. "Ja, das Kino. Ein wunderbarer Ort, voller Zauber und ungeahnter Möglichkeiten. Dort kann man alles sein. Mit Piraten übers Meer segeln, mit Karl May, Winnetou und Old Shatterhand die Prärie unsicher machen. Oder aber mit einer Gruppe tapferer Helden los ziehen um einen Drachen zu bekämpfen", sagte er und stand mit einem Mal direkt neben ihr. "Ja, da haben Sie wohl recht, mein Herr. Nirgendwo gibt es einen besseren Ort, an dem man sich wohler fühlen kann als in Kino", erwiderte Lisa und betrachtete verträumt das Bild der Zwerge, die sie sowohl freundlich als auch zum Teil ernst und grimmig anschauten. Der alte Mann lachte und klopfte ihr unversehens auf die Schulter, sodass sie kurz erschrocken zusammen zuckte. "Kommen Sie doch rein und trinken einen Tee mit mir. Es ist kalt und Sie können sich eine Weile aufwärmen", sagte er und hielt ihr die Tür auf. "Ist es denn erlaubt, dass ich einfach so da rein gehen darf?", fragte sie etwas zögernd. "Nur zu, junge Dame. Ich bin hier Hausmeister und wen ich zum Tee einlade, bleibt meine Entscheidung. Nun kommen Sie schon. Sie erfrieren ja sonst noch", drängte er mit freundlichem Lächeln. Lisa überlegte noch einmal kurz, ob sie nicht lieber gehen sollte. Die Sache war ihr nicht ganz geheuer. Doch weil der alte Mann sie so freundlich bat und sie nicht unhöflich sein wollte, schritt sie mit ihm in die warme Vorhalle. Ihr Fahrrad stellte sie drinnen an eine Wand. Der Mann plauderte auf dem ganzen Weg zu seinem Büro mit ihr über vielerlei Dinge, die er bereits in diesem Kino gesehen hatte und manches Mal fluchte er sogar ein wenig über die unnötigen Neuerungen, die sich in Hollywoods ach so feine Filmhistorie eingeschlichen hatte. Bei einem gemütlichen Glas Tee und ein paar selbstgemachten Weihnachtsplätzlich, kamen sie weiter ins Gespräch. "Wie lange arbeiten Sie denn schon hier?", wollte Lisa wissen. Der Mann seufzte: "Schon bald fünfzig Jahre. Und ich habe nicht vor dies in nächster Zeit zu ändern. Für mich ist es der einzigste Lebensinhalt, das Wunder der Leinwand wieder und wieder zu erleben. Das freudige Lachen der Zuschauer zu hören oder die angsterfüllten Schreie. Je nachdem, was für ein Film gerade anläuft versteht sich. Auch wenn meine Arbeit keinen all zu hoch geschätzten Wert hat, so macht es mich doch nochzufieden und glücklich auf meine alten Tage." Lisa nickte zustimmend und trank den letzten Schluck Tee aus ihrem Glas. Dabei bemerkte sie jedoch zu ihrem Leidwesen, dass ihre Blase sie ein wenig drückte. "Ach sagen Sie, ähm, dürfte ich einmal ihre Toiletten benutzen?", fragte sie mit leicht verschämtem Gesichtsausdruck. Der Alte nickte nur mit einem verstehenden Lächel. "Sicher, sicher. hier zur Tür hinaus, dann links und die zweite Tür rechts." Sie nickte und stand zügig auf, um rasch das stille Örtchen aufzusuchen. Als sie erleichtert aus der Klotür heraus kam, hörte sie mit einem Mal eine ihr vertraute Melodie. Es klang, wie das Intro zum Herrn der Ringe. Nur irgendwie anders. Es war sonderbar, denn als sie zum Klo gegangen war, war noch keine Musik da gewesen. Und diese kam direkt aus einem Saal gegenüber der Damentoilette. Neugierig schritt sie auf die breite Kinosaaltür zu. Sie lauschte zunächst daran, ob nicht vielleicht noch jemand außer dem Hausmeister dort vorzufinden war. Doch nichts. Keine Stimmen. Keine dumpfen Schritte auf dem roten Teppichboden. Nur diese hypnotische, sanfte Musik. Zögerlich schob sie die Tür zum Kinosaal auf und musste einen Moment lang blinzeln. Licht flutete ihr aufs Gesicht und blendete sie fast. Nachdem sich ihre Augen etwas an das schummrige Licht gewohnt hatten, konnte sie deutlich einen Schriftzug auf der Leinwand lesen. Auf schwarzem Grund mit goldenen Buchstaben prangte die Aufschrift 'Der Hobbit' vor ihr. Sie konnte es nicht glauben. Niemand anderes war dort im Saal. Keine Zuschauer, kein Personal, nicht einmal der alte Hausmeister. Sie huschte hinein. Zu groß war die Versuchung, auf die Möglichkeit noch vor allen anderen Zuschauern den Hobbit zu sehen und dazu völlig kostenlos. Sie suchte sich einen Platz in der letzten Reihe, wo man die beste Sicht auf alles hatte und machte es sich bequem. Schon ging es los. Bilbo, der ein Buch aus der Kiste kramte, die Geschichte der Zwerge und des Erebor, beeindruckende Bilder flackerten vor ihren Augen hin und her. Das Auenland, Frodo, Beutelsend. Ach wie hatte sie dieses behagliche Gefühl vermisst. Ein Gefühl wie, nach hause zukommen. "... und es geschah nie etwas unerwartetes...", töne die Stimme des alten Bilbo durch die Lautsprecher. Plötzlich wurde die Leinwand weiß. Sie glühte und strahlte regelrecht! Lisa krallte sich erschrocken in ihren Kinosessel, als sie spürte, wie ein Sog sie erfasste. Ja, wie sie Buchstäblich aus ihrem Sitz gerissen wurde. Bald half kein Klammern und kein Hilfeschreien mehr. Sie wirbelte durch die Luft. Das Licht wurde heller und heller. Sie trudelte dem Sog hinterher, wie in einem heftigen Tornado. Während des Fluges verlor sie irgendwann durch die vielen Drehungen ihr Bewustsein. Ihre nächste Erinnerung, war das Erwachen auf einem weichen, leicht feuchtem Bett aus Moos, Erde und Wurzeln. -Prolog Ende- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)