Nicht wie immer von Quiana (Sasuke × Sakura | (Naruto × Hinata)) ================================================================================ Prolog: Vorspann ---------------- Prolog: Ein Chaostrio entsteht »Es kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass jede gebildete Schülergruppe der Privatschule Konohas ihre eigene kleine Geschichte hat« Im Alter von knapp sechs Jahren, eventuell auch etwas weniger, schlossen Naruto und Sasuke Freundschaft. Wie genau es dazu kam, kann heute keiner der beiden mehr sagen. Womöglich lag es an der Vorliebe der kleinen Jungen, in den Wald zu gehen, was von Seiten der Eltern natürlich verboten wurde. Gehe nicht alleine in den Wald, hieß es immer. Und da allgemein bekannt ist, dass das Wort 'nicht' ein Reizwort ist, taten sie es doch. Vielleicht waren es die gemeinsam gemeisterten Abenteuer oder der eingefangene Ärger mit den Eltern, die sie zusammengeschweißt haben - oder die ständigen Treffen, um Wettkämpfe gegeneinander auszutragen. Die anfänglichen Gemeinsamkeiten der Jungen schwanden mit der Zeit. Naruto entwickelte sich zu einem immer fröhlichen Plappermaul, während Sasuke ruhiger wurde. Seine ungestüme Art, sofort alles zu sagen was er dachte, wich zurück und ein ziemlich schlauer Kopf kam zum Vorschein. Allerdings schien ihn dies nicht davon abzuhalten, zusammen mit seinem besten Freund, ein halber Lehrerschreck zu werden. Immer häufiger waren ihnen kleine Streiche zum Versüßen des Schulalltags eingefallen. Es war wohl ihr Glück, in die gleiche Schule eingeschult worden zu sein - und gleichzeitig das Pech der Lehrer. Dieses Pech sollte genau sechs Jahre anhalten, denn danach wechselten beide Jungen die Schule, um ihr erstes Jahr auf der Privatschule anzutreten, welches für einige Schüler gleichzeitig ein Internat darstellte. Eine von ihnen war ein Mädchen namens Sakura und so fing das eigentliche Chaos und Unglück aller Lehrer erst richtig an. Sakura war, so konnte man es sagen, einigermaßen klug, meistens freundlich und hilfsbereit, recht zuverlässig und der Störfaktor Nummer drei schlechthin. Es hatte nämlich genau drei Wochen, drei Tage und drei Schulstunden gebraucht, bis sie sich Naruto und Sasuke anschloss. Für viele Mitschüler in der Klasse unverzeihlich, da sie Kontakt zu dem anderen Geschlecht hatte, für die beiden Jungen aber grade recht. Zumindest für Naruto, da ihn ihre Haarfarbe stark an eine Nachspeise seiner Mutter erinnerte und er somit, wann immer er Sakura sah, eine Erinnerung an seine Familie hatte. Sasuke sah in ihr jemanden, mit dem er zusammen seine Hausaufgaben machen konnte - was auch der eigentlich Grund Sakuras war, zu ihnen zu gehen. Als sie dann von all dem Unfug hörte, den die beiden Jungen zusammen angestellt hatten, war sie nicht mehr von ihnen wegzulocken. Sie war es sogar, die spaßeshalber den ersten Streich an der neuen Schule ausheckte und ihren gewonnenen Freunden davon erzählte, die sofort Feuer und Flamme waren. Ein Mädchen, dem ein so genialer Scherz einfiel? So jemand wurde nicht mehr hergegeben! Der Streich verlief super, die Lehrer ärgerten sich und beschuldigt wurde der blöde Schlägertyp ein paar Jahrgänge über ihnen. Kapitel 1: Erster Teil ---------------------- Erstes Kapitel: Gerüchteküchen in vielerlei Hinsichten »Gerüchte verbreiten sich wie Lauffeuer - es sei denn, niemand interessiert sich für sie. Dann heißt es Pech gehabt« I love you more than my morning latte stand auf dem Zettel, der Sakura entgegen segelte, nachdem sie ihren Spind aufgeschlossen hatte. Verwundert hob sie ihn auf, betrachtete die Handschrift und lächelte dann. "Oi Sakura! Du hast einen Verehrer, der dich mehr als seine Morgenlatte liebt?" Vor lauter Schreck knallte Sakura die blecherne Tür zu und drehte sich schnell um, sodass sie in das Gesicht Narutos schauen konnte. "Erschreck mich nicht so!", machte sie ihn an, doch der Kerl, der sich ihr bester Freund schimpfte, grinste nur. "Ich liebe dich auch mehr als jede einzelne meiner Morgenlatten. Sei froh, dass du keine bekommen kannst. Weißt du, wenn du aufwachst und dann …" Schnell hielt Sakura Naruto den Mund zu. "Das ist mehr, als ich je wissen sollte", meinte sie. "Außerdem ist damit das Getränk gemeint, du Schwachkopf!" Mit diesen Worten widmete sie sich wieder ihrem Schließfach, um ihre Schulbücher zu holen. "Und von wem ist der Zettel jetzt?", fragte Naruto neugierig. Sakura lachte. "Von Ino. Dafür, dass ich ihr meine Hausaufgaben gegeben habe." Sie schloss die Tür, schulterte ihre Tasche und machte sich mit Naruto auf den Weg zum ersten Unterricht des Tages. "Was machst du eigentlich schon so früh hier?", fragte sie. Normalerweise kam Naruto immer erst kurz vor Stundenbeginn völlig außer Atem im Klassenraum an. Da er, wie Sakura auch, im Internat wohnte, blieb er gerne etwas länger als nötig und möglich in dem Gebäudekomplex mit den vielen Zimmern, ehe er über das gesamte Gelände und durch das Schulhaus hetzte. "Das weiß ich selber gar nicht", antwortete Naruto und kratzte sich am Hinterkopf. Es war schon verwunderlich genug, dass er so früh aufgewacht war. Sonst haute er immer drei Mal auf die Schlummertaste seines Weckers, ehe er aufstand. Was ihn dazu geritten hatte, auch noch so zeitig loszugehen, konnte also beim besten Willen nicht beantwortet werden. Bei Sakura sah das Ganze schon anders aus. Ihr Wecker klingelte fünf Mal die Woche viel zu früh, dafür aber ohne Wiederholung. Im Gegensatz zu Naruto hatte sie keine Probleme damit, schnell aufzustehen. So blieb ihr mehr Zeit um zu duschen und in der schuleigenen Cafeteria zu frühstücken (das Essen schmeckte sogar). "Nicht, dass du krank wirst, Naruto", scherzte Sakura und boxte ihrem Freund halbherzig gegen den Oberarm. "Oder hast du deine Hausaufgaben wieder vergessen und willst abschreiben? Meine bekommst du nicht, Ino hat sie." "Ach Quatsch, die habe ich sogar ausnahmsweise gemacht. Vielleicht wollte ich ja auch einfach etwas Zeit mit dir verbringen", grinste er und machte einen übertriebenen Kussmund. Sakura lachte und zeigte ihm einen Vogel. "Du bist doch verrückt", sagte sie, hakte sich aber trotzdem bei ihm unter und zog ihn zum Klassenraum, vor dem bereits einige Mitschüler warteten. "Hey! Da ist Sasuke", rief Naruto gegen den allgemeinen Lärm, der von den anderen verursacht wurde, und fuchtelte wirsch in der Luft herum. "Teme, wir sind hier!", machte er auch sie aufmerksam und bahnte sich und Sakura einen Weg durch die Masse. Sasuke wohnte anders als die beiden nicht im Internat, sondern bei seiner Familie. Narutos Eltern hatten aus beruflichen Gründen umziehen müssen, ihren Sohn aber nicht der vertrauten Umgebung reißen wollen. "Hallo", begrüßte Sakura ihren guten Freund lächelnd, der sich verschlafen über das Gesicht fuhr. "Morgen", brummte er nur, steckte die Hände in die Hosentaschen und schloss die Augen. Naruto lachte laut. "Weißt du schon das Neuste?", fragte er und warf Sakura einen schelmischen Seitenblick zu. Sie wusste, was gleich kommen würde. "Lass mich raten, du hast deine Hausaufgaben nicht", murmelte Sasuke, ohne die Augen zu öffnen. "Ich habe meine Hausaufgaben sehr wohl gemacht", empörte sich Naruto. "Sakura hat das vorhin auch schon behauptet. Stell dir vor, sie hat grade einen Brief in ihrem Spind gefunden auf dem steht, dass jemand sie mehr liebt als seine Morgenlatte. Was hältst du davon?" "Hm?" Verwirrt blinzelte Sasuke erst Naruto und dann Sakura an, die abwehrend die Hände hob. "Stimmt das?", fragte er. "Naruto erzählt mal wieder nur Unsinn! Das war Ino, die mir das als Dankeschön geschrieben hat. Und mit der Latte war das Getränk gemeint." "Hätte mich jetzt aber auch gewundert." Gleichgültig zuckte Sasuke mit den Schultern. "Was war daran jetzt so toll?" "Ich dachte, es interessiert dich vielleicht", schmollte Naruto. "Ich meine …" Sasuke und Sakura schalteten ihre Ohren auf Durchzug und warteten, bis ihr Lehrer kam und den Klassenraum aufschloss. Gelangweilt starrte Naruto auf die Tafel. Nicht dass er wirklich las, was darauf geschrieben stand, aber so bemerkten die Lehrer nicht sofort, dass er geistig nicht anwesend war. Früher hatte er immer den Blick aus dem Fenster bevorzugt, da die Außenwelt schlichtweg interessanter war, allerdings war dies auch für den Lehrer auffälliger, da er nicht nach vorne schaute. Also hatte Naruto sich angewöhnt, in Richtung Tafel zu schauen. Seine Unaufmerksamkeit wurde so zu mindestens fünfzig Prozent später entdeckt. Er hatte das dringende Bedürfnis, sich wieder in sein Bett zu legen und bis zum nächsten Tag durchzuschlafen. Erstaunlicherweise lag er letzte Nacht sehr lange wach und musste nachdenken - obwohl er sonst ein wahrer Schnelleinschläfer war. Naruto raufte sich die Haare und seufzte leise. "Was ist los?", flüsterte Sakura ihm zu und auch Sasuke zu seiner anderen Seite warf ihm einen fragenden Seitenblick zu. Naruto lächelte matt. "Nur etwas übermüdet", murmelte er zurück, doch Sakuras Blick verriet ihm, dass sie sich, mit dieser zugegeben nur halben Wahrheit, nicht zufrieden gab. "Das kannst du gerne meiner Oma erzählen", wisperte sie ihm ironisch zurück und Sasuke nickte zustimmend. Naruto war noch nie gut darin gewesen, anderen Leuten etwas vorzuspielen. Vor allem, wenn es dabei um seine eigenen Gefühle ging. "Du hast doch gar keine Oma mehr!", meinte Naruto wahrscheinlich etwas zu laut, da nun die gesamte Aufmerksamkeit der Klasse auf ihm lag. "Wir nehmen ja auch nur an, dass er noch eine hätte. Natürlich lebt sie nicht mehr, da auch er schon etwas älter ist." Ihr Lehrer rückte seine Brille zurecht und schaute seinen Schüler eindringend an. "Hä? Wer ist er?", gab Naruto zurück. Die Augenbraue des Lehrers zuckte einmal gefährlich. "Deiner wirklich sehr intelligenten Aussage nach, nehme ich an, dass du den Text auf deinem Arbeitsblatt nicht gelesen und somit auch von einer Oma in einem anderen Zusammenhang gesprochen hast", sagte er leicht genervt. "Natürlich habe ich den Text nicht gelesen", grummelte Naruto, was glücklicherweise in dem allgemeinen Gekicher der Klasse unterging. "Und was hat dich jetzt von deinem Schönheitsschlaf abgehalten?", fragte Sasuke, als sie zusammen in die Pausenhalle gingen. Den restlichen Unterricht lang hatte ihr Lehrer penibel genau darauf geachtet, dass Naruto ihm auch ja seine Aufmerksamkeit schenkte und so oft es ging Fragen beantwortete. Zur Überraschung aller war es ihm sogar gelungen, einige logische Aussagen zu treffen. "Nichts. Habe ich doch schon gesagt." Sie setzten sich um einen Tisch und Sasuke holte sein Pausenbrot hervor, von dem er seinem Freund wie selbstverständlich etwas abgab. Sakura grinste. "Du wirst ja ganz rot, Naruto", stichelte sie und kniff ihm in die Wange. Für sie und Sasuke war spätestens jetzt klar, was in dem Kopf ihres Gegenübers ablief. "Du bist am Überlegen, ob und wie du Hinata zu einem Treffen einladen kannst, weil …" "… du sie nämlich doch etwas mehr magst. Und das nicht nur vielleicht", vervollständigte Sasuke den Satz Sakuras und verschränkte selbstzufrieden seine Arme vor der Brust. Er und sein bester Kumpel redeten nicht oft über diese Gefühlsduselei, wie sie es nannten, und wenn doch, war es immer ein schweigendes Gespräch mit viel Gedruckse und Stammeleien. Einer dieser Unterhaltungen hatte neulich stattgefunden. Mit hochrotem Kopf hatte Naruto Sasuke gebeichtet, dass er Hinata ein ganz kleines wenig hübsch fand und sie vielleicht, aber auch wirklich nur vielleicht, mochte. "Nein!", protestierte Naruto, doch Sakura schaute ihn mit ihrem ich-wusste-es-bevor-du-es-wusstest-Blick an, sodass er verstummte. "Und wie soll ich das anstellen?", fragte er kleinlaut und zog den Kopf zwischen die Schultern. Sasuke stutzte. Er hatte seinen besten Freund schon lange nicht mehr so beschämt erlebt. Zuletzt vor einigen zwei Jahren, als er zu Beginn des letzten Schuljahrs versehentlich ihrer Oberstufenleiterin an die Brust gefasst hatte, da er unglücklich über seine eigenen Füße fiel. Aber warum musste er sich auch so stark auf sein Essen konzentrieren? "Ist doch ganz einfach", antwortete Sakura schnippisch. "Du fragst sie einfach, ob sie dir zu irgendeinem Thema in Mathe noch mal etwas erklären kann und als Dank lädst du sie meinetwegen zum Eis ein." "Warum denn Mathe?", fragte Naruto entrüstet. "Das kann ich doch gar nicht!" Sasuke schlug sich vor die Stirn. "Aber das ist es doch grade. Sie ist ein Ass in Mathe, also kann grade sie dir helfen!" "Ihr stellt euch das vielleicht einfach vor, aber …" "Hey Hinata!", rief Sakura durch die Pausenhalle, nachdem sie gesuchte Person gefunden hatte, und winkte ihr aufgeregt zu."Komm mal bitte hierher!" "Was soll das?", zischte Naruto aufgebracht und schaute seine Freundin wütend an. "Sonst bist du doch auch nie schüchtern", entgegnete Sakura knapp. Zwar mochte Naruto es nicht wirklich sein, Hinata dafür aber umso mehr. Sie versteckte sich oft hinter ihren dunklen Haaren und begann ab und an zu stottern, sollte man sie zu plötzlich ansprechen. Leicht lächelnd kam sie auf das Trio zu und blieb schließlich mit etwas Entfernung vor ihnen stehen. "Warum hast du mich gerufen?", fragte sie und bemühte sich, nicht in die Gesichter von Naruto und Sasuke zu schauen. "Naruto wollte dich etwas fragen", sagte sie unverbunden. "Und Sasuke und ich müssen jetzt noch etwas erledigen, nicht wahr?" Entschlossen nahm sie seine Hand, zog ihn mit sich. Einen kurzen Moment schien er verwirrt, ehe er sich wieder fing und brav mit Sakura mitlief. So schnell es ging, verschwanden sie in der großen Pausenhalle in der Menschenansammlung und verschwanden hinter einer Ecke. "Du bist ganz schön dreist", grinste Sasuke schief und Sakura fuhr sich gespielt verlegen durch das Haar. War nur noch zu hoffen, dass ihr Freund es tatsächlich schaffte, Hinata nach Nachhilfe zu fragen. Oder einem Treffen. Was auch immer. "Ich hoffe nur, dass er es nicht verhaut." "Zuzutrauen wäre es ihm ja", brummte Sasuke und schaute auf ihre noch immer verschlungenen Hände. Sakura, die diesen Blick bemerkte ließ ihn schnell los, wurde aber dennoch leicht rot. "Tut mir leid", murmelte sie und erhielt ein Schulterzucken als Antwort. Als sie am Ende der Pause zu ihrem Tisch zurückschlenderten, sprang Naruto ihnen grinsend entgegen, schloss Sakura in die Arme und startete den Versuch, sie herumzuwirbeln. Klappte nicht ganz, war aber auch okay. Narutos Freude war unübersehbar. "Sie hat gesagt, dass sie mit mir lernen wird", jubelte er. "Ich liebe dich wirklich mehr als meine Morgenlatte, Sakura!" Gut, dass er zwei Ohren hatte, denn ansonsten träfen sich seine Mundwinkel bestimmt auf seinem Kopf wieder, oder fielen einfach ab. "Und dich auch", sagte er und umarmte Sasuke kumpelhaft, der nur perplex schaute, Naruto dann aber auf die Schulter klopfte. "Hey, wartet mal", meinte Naruto plötzlich, schob Sasuke von sich, hielt ihn aber dennoch fest. "Du bist doch auch gut in Mathe!", warf er seinem Freund vor, woraufhin Sakura lediglich seufzte. "Ihr seid vielleicht zwei gerissene Füchse …" Na immerhin hatte er es überhaupt geschafft, sich zu einem Treffen mit ihr zu verabreden. Ein Grund, um stolz auf ihn zu sein. "Lasst uns losgehen, sonst gibt es noch Ärger, weil wir zu spät sind", sagte Sasuke und konnte unter den Schülern, die sich ebenfalls zum Unterricht aufmachten, Hinata sehen, die schüchtern rüber lächelte. Allerdings nicht zu ihm, sondern zu Naruto, nur dass dieser das leider nicht bemerkte. Kein Wunder, dass er noch nie eine richtige Freundin gehabt hatte, so wie er sich immer anstellte. "Kann ich dich kurz sprechen?" Zwischen Tür und Angel zu ihrem Zimmer blieb Sakura stehen, drehte sich um und schaute, wer ihr nach Unterrichtsschluss gefolgt war. "Klar, was gibt es, Ino?", fragte sie und forderte ihr Gegenüber auf, einzutreten. Das blonde Mädchen ging in den gleichen Jahrgang wie Sakura, liebte Blumen, weshalb sie sich oft im Schulgarten aufhielt, war dennoch stets schick angezogen und hatte die größten, blauen Augen (Dackelblick vorprogrammiert), die sie je gesehen hatte. Ino setzte sich auf das schmale Bett und knetete ihre Hände. "Mir ist das etwas unangenehm … und du sollst auch nicht denken, dass ich dich nicht mag oder so, ich finde es super lieb, dass ich so oft deine Hausaufgaben bekomme, aber … Was läuft da zwischen dir und Sasuke?" Boom! Die Bombe war geplatzt. Ino lächelte kläglich und legte den Kopf schief. "Ich meine, ihr werft euch ab und an diese Blicke zu, verschwindet heute händchenhaltend hinter der nächsten Ecke Richtung Knutschkammer und kommt betont lässig wieder zurück." Oh verdammt … "Ich denke, du hast einen Freund?", fragte Sakura misstrauisch, doch Ino hob sofort abwehrend die Hände. "Ich frage ja nicht von mir aus." "Sondern von … ?" "Kann ich dir nicht sagen", druckste Ino. "Also, was läuft da?" "Gar nichts", antwortete Sakura kurz angebunden. Ino schaute sie skeptisch an. "Ihr macht nicht rum?" "Nein!", empörte Sakura sich. "Ich habe ihn nur von Naruto weggeholt, damit er mit Hinata reden kann. Tut mir leid für wen auch immer, wenn es nach etwas anderem aussah." Nachdenklich schaute Ino sie an. "Deine Hausaufgaben lügen fast nie, also glaube ich dir. Wehe wenn doch, sonst wirst du noch dein blaues Wunder erleben, soll ich dir noch ausrichten." Ino stand auf, drückte die nun verunsicherte Sakura und legte eine Hand auf die Türklinke. "Naruto und Hinata also, hm?", fragte sie verschmitzt und Sakura nickte matt. "Wegen dir redet er übrigens ständig von Morgenlatten." "Was?", fragte Ino verwirrt. "Ach nichts", winkte Sakura ab. Ihr Gegenüber zuckte mit den Schultern. "Okay." Dann war sie verschwunden. Sakura seufzte. Da wollte man eigentlich nur jemanden verkuppeln und sofort kamen neue Gerüchte auf. Wenn das mal keinen Ärger gäbe. ∞ ∞ ∞ Die Gerüchteküche brodelte nicht, sie kochte oder brannte auch nicht. Nein, sie lag auf Eis und war so tief gefroren, dass Sakura das Gespräch mit der unbekannten Person, wenn auch über Ino, schnell wieder vergaß. Vielleicht hatte sie es noch irgendwo in ihrem Unterbewusstsein gespeichert, aber daran konnte sie sich nicht mehr richtig erinnern. Eigentlich nicht sehr verwunderlich, wenn man bedachte, dass sie kein einziges Gerücht über sie und Sasuke hörte. Stattdessen redete scheinbar die ganze Schule nur noch über ein Thema: Maskenball. In den ersten Stunden wurde verkündet, dass die Schule zu irgendeinem Ereignis, das eh wieder jeder vergessen hatte, diese Veranstaltung auf die Beine stelle und es für jeden Schüler Pflicht wäre, in angemessener Kleidung zu erscheinen. Mitgebrachtes Essen und Getränke seien natürlich immer sehr gern gesehen. "Ich finde es total lächerlich, dass wir zu diesem blöden Ball müssen", behauptete Naruto in der Pause und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. "Ich meine, wie typisch ist das denn? Am Ende ist es noch wie in einem Film, in dem die Hauptcharaktere miteinander tanzen und dann irgendetwas Dummes zwischen ihnen passiert, ihre Freundschaft dann einen Bruch hat und sie gefühlte Jahre brauchen, um schließlich doch zusammenzukommen." Sakura sagte darauf nichts, sondern schaute ihren Freund daraufhin nur verwundert an. "Und du schaust also total kitschige Liebesfilme, ja?", fragte Sasuke und kratzte sich grinsend am Nasenrücken. Naruto streckte ihm nur die Zunge raus. "Ich bin auch nicht super begeistert, aber sehe es doch mal so", begann Sakura nach kurzem Zögern, "du könntest Hinata fragen, ob sie mit dir hingeht." Naruto nuschelte etwas Unverständliches und Sasuke verdrehte die Augen. "Was hat er gesagt?", fragte Sakura. "Nuscheljungensprache verstehe ich nämlich nicht." "Er hat gesagt, dass er gar nicht tanzen kann", übersetzte Sasuke und zuckte mit den Schultern. "Dann lern es halt. Außerdem steht doch gar nicht fest, dass man Walzer und so einen Kram tanzen muss." "Würdest du es mir trotzdem beibringen? Also so, dass wir zusammen tanzen?", fragte Naruto, sodass Sakura sich die Hand vor die Stirn schlug. "Du bist so ein Idiot. Sasuke und du können nicht zusammen tanzen, es sei denn du willst den Frauenpart übernehmen." Sie kicherte. "Aber keine Sorge, ich kann es auch nicht. Aber wenn du willst, lernen wir es zusammen. Abgemacht?" "Gebongt", antwortete Naruto und grinste. "Zieh dir schon mal Schuhe mit Stahlkappen an, dann wirst du nicht spüren, wenn ich auf denen Fuß trete." "Untersteh dich!" Kapitel 2: Zweiter Teil ----------------------- Zweites Kapitel: Verkupplung Solist »Auch die kleinsten Sachen können in Verlegenheit bringen« Naruto war aufgeregt. Aber so ziemlich. Er hatte mit Hinata abgesprochen, dass sie an den nächsten Samstagen zu ihm käme, damit sie gemeinsam für die nächste Matheklausur lernen konnten, auch wenn es noch gar keinen Termin für diese gab. Mit Zahlen umzugehen schien für Hinata eine der einfachsten Sachen der Welt und Naruto hatte das Gefühl, das Meiste von dem was sie erklärte, zu verstehen. Wenn sie denn mal etwas im Unterricht sagte. Sie war ruhig, etwas schüchtern und irgendwie das nette Mauerblümchen von Nebenan. Also das komplette Gegenteil von Naruto. Jedenfalls hatte er sich vorgenommen, sie gleich morgen nach dem Lernen nach einem Treffen zu fragen - als kleines Dankeschön natürlich. Er hatte sein Zimmer aufgeräumt, in dem er einfach alle herumfliegenden Sachen in seinen viel zu vollgemüllten Kleiderschrank warf und hatte sogar an seine Mathesachen gedacht. Sasuke wäre bestimmt stolz auf ihn, wenn er es wüsste. Wobei … wahrscheinlich doch nicht. Er hätte lediglich verächtlich mit der Nase gerümpft und etwas in die Richtung gesagt, das sich anhörte wie 'das ist ja aber auch das Mindeste'. In Narutos Augen war sein bester Freund einfach nur peinlich penibel. Sollte auf seinem Fußboden etwas liegen, dass nicht nach einem großen Sitzkissen aussah, konnte er partout nicht schlafen, sodass er aufstehen und aufräumen musste. Sollte Naruto mal bei Sasuke übernachten (dürfen), kam es also immer vor, dass seine eigentlich achtlos in die Ecke geworfenen Klamotten am nächsten Tag plötzlich ordentlich gefaltet auf seinem Rucksack lagen. Und nun lag er nicht in dem Zimmer von Sasuke, sondern in seinem eigenen und wartete darauf, dass die Nacht sich endlich dazu erbarmte und es morgens werden ließ. Oder nachmittags, das wäre noch besser. Eigentlich hatte Naruto zu ihr gehen wollen, doch Hinata hatte ihm unter Drucksen gebeichtet, dass ihr Vater in Sachen Jungenbesuch nicht ganz so tolerant wie andere Eltern war. Also kam sie lieber zu ihm. Sie erzähle im einfach, dass sie sich mit einer Freundin träfe. Sakura gähnte, tapste aus dem Bad in den Flur und schloss ihr Zimmer auf, das genau gegenüber lag. Ihre Füße hinterließen wässrige Spuren, aber das war ihr egal. Ebenso wie die Tatsache, dass ihre tropfenden Haare das Handtuch, welches sie sich umgeschlungen hatte, komplett durchnässten. Je fünf Mädchen oder Jungen teilten sich ein Bad, in dem es glücklicherweise mehr als nur eine Dusche und Toilette gab. Sakura wollte sich gar nicht vorstellen, was es sonst morgens für einen Zickenterror gäbe. Da sie selber immer rechtzeitig aufstand, hatte sie das Bad meisten für sich, da die anderen Mädchen gerne noch etwas länger schliefen und sich dementsprechend schnell fertig machen mussten. Alles im allen war Sakura trotzdem recht zufrieden mit ihrer Situation. Sie hatte ein Zimmer erwischt, von dem aus der Garten sichtbar war und dann musste sie keine vier Schritte gehen, um zu den Sanitäranlagen zu gelangen. In diesem Falle war das Internat nämlich teilweise etwas ungeordnet. So kam es, dass ein Mädchen, das am anderem Ende des Ganges ihr Zimmer hatte, jedes Mal über den kompletten Flur laufen musste (der vergleichsweise schon etwas länger war), um sich fertig zu machen. Sakura betrachtete die geschlossene Tür ihres Kleiderschrankes und überlegte, was sie anziehen sollte. Es war Samstag, also musste sie nicht allzu sehr auf ihre Kleiderwahl achten. Wobei, wie der letzte Vogelschreck wollte sie nun auch nicht herumlaufen. Es klopfte und Sakura drehte sich langsam um. Sie wusste genau, dass Naruto vor der Tür stand. Niemand anderes hatte die Angewohnheit, mit der flachen Hand anklopfen zu müssen … Sie holte einmal tief Luft, richtete sich auf und öffnete ihrem Freund. "Hallo Naruto … wie siehst du denn aus?" Entgeistert musterte sie ihren Besucher, der lediglich mit Boxershorts, einem halb angezogenen T-Shirt und Augenringen vor ihr stand. "Ich konnte nicht schlafen", klagte er und drängte sich an Sakura vorbei. "Lass mich in deinem Bett schlafen." Ohne weiter abzuwarten warf er sich auf ihr Bett und drehte sich so, dass er sie noch aus halb geöffneten Augen beobachten konnte. Verdutzt ließ Sakura die Tür wieder ins Schloss fallen. "Okay, und warum?", fragte sie, obwohl sie sich den Grund eigentlich schon denken konnte. "Ich musste die ganze Zeit an heute Nachmittag denken", gab Naruto zu und rückte das Kopfkissen zurecht. "Ist doch nur Nachhilfe", gab Sakura zurück und grinste innerlich. "Nur Nachhilfe?", empörte Naruto sich. "Vor ein paar Tagen hast du aber noch etwas ganz anderes gesagt!" Sakura belächelte ihn nur fies. "Drehst du dich bitte weg? Ich will mich umziehen." Sie zupfte an ihrem Handtuch, doch ihr Freund dachte erst gar nicht daran, sich wegzudrehen. "Du in Unterwäsche bist nicht anders als in einem Bikini", sagte er knapp und schaute Sakura so auffordernd an, wie es mit Augenringen eben ging. "Naruto … Ich bin nackt, okay?" Sollte sie jetzt jemand sehen, konnte es doch recht zweideutig interpretiert werden. Sakura mit nichts als einem Handtuch bekleidet und Narutos Shirt war ihm bis über die Brust gerutscht. "Ich nicht", nuschelte er noch, ehe seine Augen sich wieder schlossen und er für ein vormittagliches Nickerchen wegdriftete. ∞ ∞ ∞ "Sie hat ja gesagt!" "Ja, was? Sie will dich heiraten?" "Alter!" "Vor Schönheit, danke. Weiß ich. Was ist nun?" "Sarkasmus steht dir überhaupt nicht, wenn ich das mal so anmerken darf. Gleich Montag nach der Schule gehen wir Eis essen. Ich lade sie ein." "Hast du dich also doch getraut zu fragen? Bin stolz auf dich …" "Danke!" "…" "Das war Ironie gewesen, kann es sein?" "Irgendwann wirst du es noch lernen. Apropos, kannst du Mathe jetzt?" "So ungefähr …? Aber ich will jetzt nicht über Mathe reden." "Dann kann ich ja auch auflegen." "Halt warte! Sag mir lieber, was ich anziehen soll!" "Hose und T-Shirt. So wie immer. Ich hoffe, dass du nicht vorhattest, im Anzug aufzukreuzen." "Haha, du bist so lustig." ∞ ∞ ∞ "Denkst du, er vermasselt es?" Fragend schaute Sakura Sasuke an, der noch immer Hinata und Naruto hinterher starrte, die soeben das Schulgebäude verließen, um in die Stadt zu gehen. "Denkbar wäre es. Sagen wir die Chance dazu liegt bei fünfzig Prozent." Sasuke kratzte sich am Nasenrücken. "Auch hunger?" "Willst du mich etwa einladen?", feixte Sakura und knuffte ihn mit dem Ellenbogen in die Seite. "Ne, aber ich würde gerne etwas essen. Hat die Cafeteria offen?" "Klar." Sakura streckte sich. "Dass du mal freiwillig länger in der Schule bleibst gleicht an ein Wunder." Sasuke grinste nur schief und setzte sich dann Bewegung. Seine Freundin folgte ihm. Kurz hatte er überlegt, ohne sie zu gehen, aber er war im Moment nicht auf Einsamkeit aus. Außerdem wurde es mit Sakura nie langweilig, weil sie immer irgendetwas zu erzählen hatte. Sogar langweilige wirtschaftliche Angelegenheiten hörten sich aus ihrem Mund viel interessanter an, als wenn ein Lehrer versuchte ihnen die Themen einzuprügeln. Er wusste nicht warum, aber vielleicht lag es an der Art, wie sie berichtete. Es hing immer etwas Begeisterung in ihrem Unterton, sodass sich sogar die blödesten Themen nach etwas Besonderem anhörten. "Hallo ihr beiden", grüßte ihr Klassenlehrer sie, der gemeinsam mit ihnen die große Cafeteria betrat. "Heute also mal ohne Naruto, aber dafür mit Sasuke, was?", scherzte er und steuerte als erster die Essensausgabe an. Kakashi Hatake war ein relativ großgewachsener Mann, der durch seine wirr abstehenden Haare noch größer wirkte. Alles in allem ein netter Typ, der zum Glück nicht ganz so schnell aus der Ruhe zu bringen war, wie manch andere. Sasuke betrachtete das Essen und dann die Frau hinter der Glasscheibe. "Oh nein, nicht diese blöde Tante schon wieder", raunte er Sakura zu, die eine Grimasse zog. Diese hagere Frau war die unfreundlichste in dem gesamten Cateringservice und regte sich zu jeder Gelegenheit über die Schüler auf, die sie zu bedienen hatte. Nun jedoch schaute sie ihren Lehrer mit einem Lächeln an, das sie selber wahrscheinlich als charmant bezeichnete und legte ihm mit einem merkwürdigen Wimpernklimpern ein Glas auf das Tablett. Er bedankte sich, nickte seinen Schülern einmal zu und ging dann zum Lehrertisch. Kurz schaute die Bedienung Kakashi Hatake hinterher, dann klatschte sie, natürlich wieder mit ihrem üblichen, grimmigen Gesichtsausdruck, lustlos das Essen für Sasuke und Sakura auf die Teller. Die beiden bedanken sich und suchten sich geeignete Sitzplätze. "Ich glaube, mir ist grade schlecht geworden", sagte Sasuke und schüttelte den Kopf. "Sie könnte locker seine Mutter sein und versucht mit ihm zu flirten", raunte Sakura und musste sich doch ein Kichern verkneifen. "Na los, spuck es aus." Sakura legte ihre volle Gabel beiseite und schaute Sasuke auffordernd an. Er hatte sich ihr gegenüber niedergelassen und zwischen jedem zweiten Bissen schmunzelnd zu ihr geschaut. "Du planst etwas, kann es sein? Ich sehe dir das an, wenn dir langweilig wird", stellte er nüchtern fest, beugte sich dann aber doch interessiert näher. Sakura grinste. "Ich habe da an den guten alten Sekundenkleber gedacht. Sowie an ein obszönes Blatt Papier und einen Lehrertisch. Weißt du, ich habe da nämlich neulich diese Entdeckung gemacht …" Nun war es Sasuke, der grinste. Ja, ihr Kleber war schon länger nicht mehr zum Einsatz gekommen. ∞ ∞ ∞ "Möchtest du noch etwas Bummeln gehen?", fragte Naruto und seufzte innerlich auf. Er hatte es tatsächlich geschafft sie zu fragen! Ganze zehn Minuten musste er mit sich ringen, ehe ihm diese Frage über die Lippen kam. Gut, dass Hinata ihr Eis viel langsamer als er aß, sonst hätte sie sich sicherlich schon längst von ihm verabschiedet. Und gut war ebenfalls, dass Sakura das Wort Bummeln so oft benutze, sonst hätte er fragen müssen, ob sie noch irgendwo hingehen wolle, was eventuell etwas falsch rüberkommen konnte. Etwas anderes wäre ihm sicherlich nicht eingefallen. "Gern", antwortete Hinata nach einiger Zeit des Schweigens, in der sie Naruto einfach nur angeschaut hatte. Unweigerlich musste er an die Momente denken, in denen sich ein paar Sekunden wie Stunden hinziehen konnten. Naruto nickte, holte einen Kellner herbei und bezahlte, ohne auf die leisen Proteste seiner Begleitung zu achten. Das Eis war teuer, aber schmeckte und er war so mit Hinata unterwegs, wodurch er über den Verlust in seiner Geldbörse hinwegsehen konnte. "Gibt es denn irgendetwas bestimmtes, nach dem du gucken möchtest?" Hinata schüttelte den Kopf. "Ich werde einfach mit dir gehen und in die Schaufenster gucken. Das reicht mir", piepste sie mit ihrer leisen Stimme und schulterte ihre Tasche. Naruto ertappte sich mehrmals dabei, wie er im Laufe des Tages beinahe zu enthusiastisch für seine schüchterne Verabredung wurde und zwang sich, sein Temperament zu zügeln. Dies war allerdings gar nicht so einfach, da Hinata mit der Zeit allmählich auftaute und ihm die eine oder andere Geschichte erzählte, zu denen ihm lustige Anekdoten einfielen. Zudem musste er sich eingestehen, dass Hinata nicht ganz so war, wie er anfangs gedacht hatte. Okay, erst verhielt sie sich ihm gegenüber wie in der Schule auch, doch allmählich war sie offener geworden, hatte gelacht und auch etwas über sich erzählt. Allerdings schien es Naruto, als hätte sie seine überschwängliche Art doch wieder etwas abgeschreckt. Während er sich also lauthals über ein neues Konsolenspiel freute (das Sasuke sicherlich bald hätte, sodass Naruto es bei ihm spielen konnte), stand Hinata kläglich lächelnd neben ihm. Dafür interessierte sie sich für die neusten Bücher und schien kein Problem damit zu haben, eine geschlagene viertel Stunde nach einem bestimmten Werk zu suchen. Das fand Naruto ziemlich langweilig, aber ihr zuliebe sagte er nichts dergleichen. Zudem hatte er herausgefunden, dass sie beide einige Filme gerne schauen wollten, die demnächst in die Kinos einliefen. Auf die Frage, ob sie gerne mit ihm zusammen dorthin gehen würde, lief sie nur rot an und druckste, dass sie erst schauen müsse, ob sie Zeit hätte. Naruto zuckte lediglich mit den Schultern und lächelte. Immerhin war es keine Absage gewesen. Er wusste nicht ganz, wie er sich ihre Verabredung über fühlen sollte. Er war nicht wirklich aufgeregt, aber still stehen zu bleiben schaffte er auch nicht. Obwohl es scheinbar völlig Überflüssig war, befürchtete er, dass Hinata sich langweiligen könnte und nur so tat, als ob sie Spaß hätte. Außerdem war er permanent am Grübeln, ob er sie heute einfach küssen sollte, oder nicht. Naruto konnte nicht einschätzen, was sie in ihm sah. Einen ganz normalen Jungen vielleicht? Oder hatte sie ihn heimlich doch als verrückt abgestempelt? Doch diesen Gedanken verwarf er jedes Mal, wenn er Hinata von der Seite ansah. Nein, so ein Mensch war sie sicherlich nicht. Was war, wenn sie das alles gar nicht wie eine Art Verabredung ansah sondern eher wie ein nichtiges Dankeschön. Hoffentlich machte er sich grade nicht zum Volltrottel … "Du musst nicht weiter mitgehen", sagte Hinata und blieb kurz hinter einer Kreuzung stehen. Sie drehte sich zu ihm um und lächelte freundlich. "Ich möchte nicht, dass du mich falsch verstehst, aber mir wäre es unangenehm, wenn mein Vater mich in Begleitung eines Jungen sieht." Verständnislos schaute Naruto sie an und verbarg seine Hände in den Hosentaschen. "Ist er wirklich so intolerant? Ich meine, du bist fast volljährig, warum solltest du dich nicht mit Jungs treffen. Ist ja schön, dass er so besorgt um dich ist, aber meinst du nicht, dass du auf dich alleine aufpassen kannst?" Hinata lachte kurz und sehr leise. "Du kennst ihn nicht, aber es ist lieb von dir, das zu sagen." Kurz standen sie sich unschlüssig gegenüber und schwiegen. "Ich werde dann mal …", unterbrach Hinata unsicher die Stille und wollte grade los, als Naruto einen Schritt auf sie zu tat. "Warte. Ich finde … es war heute ein schöner Tag", sagte er und beugte sich zu ihr herunter. Verwirrt schaute Hinata ihn an und verbeugte sich ebenfalls vor ihm, ehe sie winkend losging. Stirnrunzelnd und sich am Kopf kratzend schaute Naruto ihr hinterher. Eigentlich hatte er sie küssen wollen. Stattdessen hatten sie einen auf Diener gemacht?! Gut, es war nicht die beste Stimmung gewesen, aber Naruto konnte schon immer deutlicher mit Taten als mit Worten sprechen. ∞ ∞ ∞ Betont lässig schlenderten Sakura, Naruto und Sasuke an Kakashi Hatake vorbei, der die Pausenaufsicht führen musste. "Jungs", sagte Sakura laut und blieb stehen. "Ich muss mal für kleine Mädchen. Wenn ihr also kurz warten würdet?" Sie nickte einmal und ging Richtung Toiletten, ehe sie kurz davor in den Gang zu den naturwissenschaftlichen Räumen abbog und von dort aus ein Stockwerk höher huschte. Sie suchte ihren Klassenraum auf, in dem sie als nächstes Unterricht hatten, und atmete erleichtert auf, als sie dessen Tür wieder hinter sich schloss. Ein Glück, dass nicht abgeschlossen war. Sich ein Lachen verkneifend, fischte sie Kleber und ein bedrucktes Blatt Papier, das zusätzlich noch eingeschweißt war, aus ihrer Tasche und legte beides behutsam auf dem Lehrerpult ab und holte einmal tief Luft, ehe sie sich ans Werk machte. Sie beschmierte die Seite des Blattes, die nicht bedruckt war, mit ihrem wirklich sehr gut haftenden Kleber und platzierte es anschließend auf der Stelle des Tisches, an dem normalerweise das Klassenbuch lag. Schnell holte sie einen besonders dicken Wälzer aus ihrer Tasche, drückte ihn ein paar Mal auf das Papier um sicherzugehen, dass es auch wirklich am Tisch haftete und grinste dann selbstzufrieden. Innerlich klopfte sie sich für diesen grandiosen Einfall auf die Schulter und hoffte, dass möglichst viele Mitschüler ihr Werk sahen, ehe sie sich hinsetzten. Zugegeben, unbedingt originell war es nicht, aber für Lacher würde es alle Male sorgen. Ebenso wünschte sie sich, dass Naruto so für eine Weile von seinen Gedanken abgelenkt war. Er mochte es zwar nicht zugeben, aber Sakura wusste, dass ihn die Kusspleite doch mehr mitnahm als er wollte. Sie und Sasuke hatten ihm versucht zu erklären, dass sie seine Geste wahrscheinlich einfach nur falsch verstanden hatte und er sie einfach noch einmal treffen sollte, doch Naruto zweifelte daran, ob Hinata ihn wirklich sehen wollte. "Du hast lange gebraucht", stellte Naruto misstrauisch fest, als Sakura grinsend zu ihren Freunden traf und sie gemeinsam einen freien Tisch suchten, um den sie sich setzen konnten. "Tut mir leid. Hab noch eine Badgenossin getroffen, die sich darüber beschwert hat, dass sie morgens immer als letzte duschen darf." Naruto schaute sie an, schien die Lüge aber dennoch zu glauben. "Verstehe eh nicht, warum ihr nicht einfach abends duschen geht und euch morgens nur wascht. Wäre doch viel einfacher." "Naja ich habe morgens keine Zeitprobleme", behauptete Sakura und nahm sich ein Brot aus der Dose, die Sasuke grade auf den Tisch legte. "Hey!", sagte er. "Das ist meins!" "Ich habe aber Hunger", entgegnete Sakura grinsend und biss einen großen Teil des Brotes ab. "Willst du es wieder haben?", fragte sie und hielt es Sasuke unter die Nase, der angeekelt zurückwich. "Danke, lass mal." Naruto lachte. Das laute Schwatzen der Schüler, die in den Klassenraum strömten, wurde allmählich durch verhaltenes Kichern ersetzt. Die allermeisten blieben kurz vor dem Lehrertisch stehen, betrachteten diesen und gingen weiter zu ihrem Sitzplatz. Einige Mädchen wurden rot, andere Jungen begannen lautstark zu grölen. "Was ist denn los?", fragte Naruto und stürzte ebenfalls auf den Tisch zu, der anscheinend der Verursacher der allgemeinen Belustigung sein musste. Als er das Bild sah, das auf der Arbeitsfläche geklebt war, wusste er den Grund. Irgendjemand musste ein beinahe pornografisches Bild aus dem Internet ausgedruckt und aufgeklebt haben. Die zwei Personen - oder vielleicht auch drei, so genau konnten die ganzen Gliedmaßen gar nicht zugeordnet werden - vergnügten sich in einer mehr als fragwürdigen Stellung, die in Naruto ein leichtes Schwindelgefühl verursachte. Als seine Freunde neben ihn traten, kicherte Sakura hinter hervor gehaltener Hand und sogar Sasuke ließ ein Glucksen von sich hören. "Wer kommt auf solche Ideen?", fragte Naruto lachend. "Ich meine, niemand außer uns würde auch nur … Ihr wart das, kann es sein?" Argwöhnisch musterte er seine Freunde, die ertappt in die Gegend schauten. "Lass dich einfach überraschen", flötete Sakura. Naruto schüttelte nur belustigt den Kopf und legte ihr und Sasuke einen Arm um die Schulter und schob sie zu ihren Sitzplätzen. "Nur noch eine Frage … woher habt ihr dieses Bild?" "Das willst du gar nicht wissen", antwortete man ihm unison und die beiden schüttelten angewidert den Kopf. Diese Auskunft reichte Naruto vollkommen, denn ehrlichgesagt wollte er es gar nicht so genau wissen. Solange die beiden sich keinen Porno zusammen angeschaut hatten, war alles in bester Ordnung. Denn das wäre dann wirklich sehr komisch gewesen. Als ihr Lehrer, wie immer mit einiger Verspätung, in den Klassenraum trat, wurde es ruhig. Verwirrt schritt Kakashi Hatake zu seinem Pult, legte seine Tasche darauf und sah erwartungsvoll in die Runde. "Was ist los?", fragte er. "Ihr wisst genau, dass ich einer Klasse, die keinen Mucks sagt, nicht traue." "Kakashi Sensei!", grölte ein Junge aus der hintersten Reihe und sofort keimte unterdrücktes Kichern auf. "Warum setzten Sie sich nicht einfach, legen Ihre Tasche beiseite und beginnen den Unterricht?" Sichtlich verwirrt kratzte ihr Lehrer sich am Hinterkopf, tat aber wie geheißen und stütze sein Kinn schließlich auf den Fäusten ab. Fragend wurde die Klasse von ihm gemustert, die ihn ebenfalls gebannt anstarrte. "Irgendetwas ist doch heute im Busch …", murmelte er, schüttelte den Kopf, holte das Klassenbuch aus seiner Tasche und legte es auf den Tisch. Und hob es danach wieder hoch. "Was?", fragte er entsetzt, als die allermeisten Schüler nicht mehr an sich halten konnten und laut loslachten. "War das etwa einer von euch?", fragte er misstrauisch und sein Blick bleib sofort auf einem gewissen Trio hängen, dem schon so einige Sachen anzuhängen waren. "Was gibt es dann da zu sehen?", rief jemand in den Raum, doch niemand antwortete ihm. Sakura grinste ihrem Lehrer frech entgegen. "Aus meinem Fenster kann man prima in den großen Garten schauen und Leute beobachten, die mit Icha-Icha Büchern im Gesicht ein Schläfchen auf der Bank halten. Ich hätte nie gedacht, dass Sie solche Schmuddelbücher lesen!" Ihr Lehrer hüstelte peinlich berührt und versuchte das Bild zu entfernen. "Sekundenkleber?", fragte er genervt und Sasuke nickte. "Hätte ich mir ja denken können." "Was ist denn da nun?" "Das mein lieber Freund, hättest du dir grade eben ansehen können, aber nicht jetzt. Und bevor wir mit dem Unterricht anfangen, kommen wir von einer teilweise rhythmischen Aktivität zu einer anderen. Wer kann mir sagen, in welchem Takt ein Walzer gespielt wird?" Kapitel 3: Dritter Teil ----------------------- Drittes Kapitel: Dreiviertel Takte »Linker Fuß zurück, rechter Fuß zur Seite, nach rechts schließen. Rechter Fuß vor, linker Fuß zur Seite, nach links schließen« Genervt stöhnte Sakura auf, als Naruto ihr schon wieder auf den Fuß trat. Nicht, dass er keine Tritte von ihr abbekommen hatte, aber bei weitem nicht so viele. Zumal hatte Sakura sich die Schrittreihenfolge sehr schnell eingeprägt, was Naruto nicht so recht gelingen wollte. Mal klappte es, mal nicht. Sasuke sah sich das Ganze schmunzelnd an und verdrehte ab und an genervt die Augen, wenn sein Freund ihn fragte, was er nun tun musste. Die Grundschritte des Walzers mussten es echt in sich haben. "Mensch Naruto! So schwer ist das nicht", empörte Sakura sich, als ihr armer Zeh schon wieder getreten wurde. "Denk dir doch einfach, dass das hier irgendeins dieser komischen Spiele ist, die du und Sasuke manchmal spielt und dass du dir die Schrittreihenfolge merken musst, damit du weiterkommst." Naruto blieb stehen und sah sie verwundert an. "Ich glaube, jetzt drehst du völlig durch", murmelte er. Dennoch glaubte Sakura, dass er ihren Tipp beherzigte, denn keine fünf Minuten später saß diese phänomenal schwere, aus ganzen sechs Schritten bestehenden Choreografie perfekt. Ob er sich wirklich vorstellte, sich selbst mit einem Controller zu steuern? "So wie es aussieht, könnt ihr ja jetzt tanzen", sagte Sasuke und lehnte sich auf seinem Bett zurück. Er hatte sich dazu bereiterklärt, sein Zimmer als Trainingsraum herzugeben, da es groß genug war. Sakura fühlte sich jedes Mal etwas unwohl, wenn sie bei Sasuke zu Hause war. Sie schien immer etwas fehl am Platz, wenn sie die hübsch dekorierten Wände oder das harmonierende Mobiliar sah. In jedes der sechs Zimmer dieser Wohnung hätte ihr eigenes fast zwei Mal hineingepasst … "Wenn ich es jetzt auch noch auf dem Ball hinbekomme", seufzte Naruto und schmiss sich neben Sasuke. "Lust habe ich immer noch nicht so wirklich." "Warum fragst du nicht Hinata, ob sie mit dir zusammen hingehen möchte?", fragte Sakura und setzte sich schließlich unschlüssig auf die Bettkante zwischen ihre beiden Freunde. Sasukes Kinn schob sich kurz nach links und Narutos Nasenspitze wackelte. "Ich weiß nicht. Ist wahrscheinlich keine so gute Idee." "Und warum nicht?", fragte Sasuke. "Nur weil du denkst, eure Verabredung war ein Reinfall, was gar nicht bewiesen ist." Naruto drehte sich zum Kopfende, sodass Sakura nicht mehr sein Gesicht sehen konnte. Sicherlich schmollte er jetzt. Diese Sache nahm ihn wirklich stark mit. "Und woher willst du das so genau wissen, du Experte?", fragte er. "Du hast noch nie jemanden geküsst oder eine Freundin gehabt." Sasuke hob den Kopf leicht, sah Sakura an und verdrehte die Augen. Wie konnte man sich nur so anstellen? "Jetzt hör mir mal gut zu, mein Freund. Ich habe gehört", setzte sie an und drehte Naruto wieder auf den Rücken, "dass dieser eine Kerl aus dem Abschlussjahrgang sie fragen will. Solltest du sie also wirklich mögen, nimmst du besser deine Beine in die Hand und fragst sie so schnell es geht. Sonst stehst du als Volltrottel da, der sich nicht getraut hat ein Mädchen zu fragen, mit der er schon mal aus war."" Kurz entglitten Naruto die Gesichtszüge, dann fing er sich wieder. "Ist ja schon gut, Mama." Sasuke musterte sie, während seine Augenbraue zuckte. Lüge? Sakura neigte kurz ihren Kopf und grinste. Na was denkst du denn? ∞∞∞ Im Kopf einen dreiviertel Takt summend, schlenderte Naruto durch den langen Flur und betrachtete die geschlossenen Türen rechts und abschnittsweise links von ihm. Irgendwie musste er eine Art Ohrwurm von den Schritten eines Walzers haben. Seit Sakura ihm die Eselsbrücke zum Merken der Reihenfolge nannte, bekam er sie nicht mehr aus dem Kopf. Auch wenn er es nie zugeben würde, hatte er sich anfangs tatsächlich eine Konsole vorgestellt, auf der er die Steuerung benutzte, damit die Figur des Spieles (also in diesem Falle er selbst) anfing zu tanzen. Nur, dass er jetzt nicht mehr aufhören konnte - egal was er tat. Letzten Abend konnte er sich dabei erwischen, wie er seine Zähne jeweils in drei Schlägen putzte oder, dass jeder vom dritten in den vierten übergehender Schritt besonders federnd war. Es wunderte ihn nicht, wenn sich seine Beine sogar im Schlaf bewegten. Heute würde Hinata wieder vorbeikommen und Naruto hatte sich fest vorgenommen sie zu fragen, ob sie mit ihm zum Ball gehen möchte. Er hoffte, dass dies nicht zu aufdringlich war. Schließlich hatte er schon letztes Mal gefragt, ob sie sich nicht treffen wollen. Und wenn er dann auch noch an ihre missglückte Verabschiedung dachte … Wahrscheinlich hielt sie ihn tatsächlich für irgendeinen Trottel, der nichts Richtiges mit seinem Leben anfangen zu wusste. Naruto stieß seine Zimmertür auf und atmete tief ein. Vielleicht sollte er es auch mal mit dem Esoterikquatsch, oder was es nun auch immer war, seiner Mutter probieren. Sie redete oft von positiver Energie und Gedankenkraft. Ihm fiel ein, dass auch Sakura vor einigen Jahren davon gesprochen hatte … Aber ob es ihm jetzt noch half, wenn er mit seiner inneren Kraft anbandelte? Seine Mathesachen, die verstreut auf seinem Schreibtisch lagen, grinsten ihn an und Naruto seufzte. Warum konnte dieses blöde Fach nicht so einfach wie Biologie sein? Oder Chemie. In keiner Arbeit hatte er es bis jetzt bis zu einer guten Note geschafft, er war höchstens daran vorbeigeschlittert. ∞∞∞ Summend schlenderte Sakura durch die schmalen Passagen, die von etlichen Kleiderständern gebildet wurden, und zog immer mal wieder eines der hübschen Stoffe hervor. Sie hatte sich genug Geld zusammengespart, um sich ein, von der Qualität her gutes, Kleid kaufen zu können - allerdings in der Sale-Abteilung. Da es ihnen auf dem Internat verboten war, nebenher arbeiten zu gehen, hatte sie schon vor vielen Jahren damit begonnen, immer einen Teil ihres Geldes zurückzulegen. Sasuke hatte ein einziges Mal den Fehler gemacht, nach ihren Eltern zu fragen, danach nie wieder. Sie und Sakura hatten ein alles andere als gutes Verhältnis zueinander, sodass Sakura jeglichen Kontakt zu ihnen mied. Die monatlich bezahlte Unterkunft, sowie Taschengeld und ein Geschenk zum Geburtstag und zu Weihnachten war alles, was sie von ihren Eltern zu hören bekam. Zugegeben wollte sie auch nicht mehr. Versuchte also ihre Mutter sie doch einmal anzurufen, hob sie in den meisten Fällen nicht ab oder sagte schlicht, sie hätte wegen des Lernens grade keine Zeit. Also hatte sie niemanden, den sie nach Geld für ein schickes und balltaugliches Kleid fragen konnte. Als wäre es ein Lichtreflex, sprang ihr ein besonders billiger Preis vor die Lupe und voller Vorfreude fischte sie nach dem Kleid. Es war schlicht schwarz, ein runder Ausschnitt und eigentlich das, was sie gesucht hatte. Sakura hielt sich den Stoff vor den Körper und riss entsetzt die Augen auf. Wie ein billiges Flittchen, dessen Hintern zu sehen war, wollte sie dann doch nicht herumlaufen. Kurz hatte sie sich sogar gefragt, ob sie nicht doch nach einem rosa Kleid suchen sollte, aber noch mehr auffallen wollte sie dann doch nicht. Vielleicht etwas Hellbeiges, Braunes, Tiefblaues oder Dunkelgrünes, auf mehr Farben würde sie sich nicht einlassen. Außerdem mindestens knielang und nicht allzu modern. In Sakuras Ohren hörte sich das Wort Ball immer so altertümlich an. Vielleicht hatte sie auch ein durch die Medien geprägtes, falsches Bild eines Balls. Prunk, Gold, Geheimnistuerei und etwas Romantisches, Fantasievolles waren die Stützpfeiler ihrer Vorstellungen. Mit vier Kleidern zur Auswahl zwängte sie sich in die Umkleidekabine und betrachtete sich im Spiegel. "Na dann, auf, auf", sagte sie, zog den Vorhang zu und begann, sich die Schuhe auszuziehen. Gerne hätte sie jemanden dabeigehabt, der sie beraten könnte, doch keine der zur Wahl stehenden hatte Zeit gehabt. Zudem musste sie gestehen, dass sie mit den meisten Mädchen, die sie kannte, weniger befreundet als nur bekannt war. Ino stände zur Auswahl, allerdings war diese nirgends aufzufinden, Naruto lernte mir Hinata, die sie auch nicht wirklich kannte und Sasuke schleppte sie sicherlich nicht mit. Egal, bis jetzt hatte sie sich noch immer auf ihren Geschmack verlassen können. Sie zwängte sich aus Oberteil und Hose und stülpte das erste Kleid über. Es zwickte etwas im Hüftbereich, fiel aber ansonsten locker um ihre Beine. Der dunkle Stoff schimmerte leicht, wenn man sich drehte und war recht angenehm auf der Haut. Mühselig schoss sie den Reisverschluss an ihrem Rücken und zupfte das Kleid zu Recht. Kritisch musterte Sakura sich. Nun, sie hatte schon schöneres gesehen. Eine letzte Drehung und sie entschied sich, dass es dieses Kleid definitiv nicht war. Bei dem Zweiten sah die Sache mit dem Anziehen schon anders aus. Da es an dem Rücken zugeschnürt wurde, musste Sakura erst auf eine Verkäuferin warten, die ihr half. Dafür sah das Ergebnis allerdings sehr vielversprechend aus. Das beige, enganliegende Kleid verdeckte einen guten Teil ihrer Oberschenkel und hatte eine Art Schleier an der Hüfte befestigt, der bis auf den Boden reichte. "Wenn Sie möchten", sagte die Verkäuferin und zog mit einem kräftigen Ruck, der Sakura fast die Luft abschnürte, die letzten Bänder eng, "kann ich schauen, ob wir auch ein Tuch in Ihrer Haarfarbe haben, den Sie statt des jetzigen an ihrem Kleid befestigen können." Sakura legte den Kopf leicht schief und schaute ihr über den Spiegel in die Augen. "Kann man das denn machen?", fragte sie. "Natürlich. Wenn Sie genauer hinschauen, können Sie sehen, dass es nur ganz einfach angebracht ist. Ich werde mich gleich auf die Suche machen." Sakura nickte und sah zu den anderen Kleidern. So wie es aussah, erübrigten sich die Anproben der beiden. Adé, lange gespartes Geld. Hoffentlich seid ihr es wert und das Kleid mehr als nur einmal getragen … Sakura seufzte. Ein paar Jahre noch, dann würde sie arbeiten können. ∞∞∞ "Hast du das Prinzip verstanden?", fragte Hinata. "Denn an sich ist es ja gar nicht schwer. Man darf nur die zwei Formeln nicht durcheinander bringen." Naruto nickte und versuchte ihr, die Regeln noch einmal zu erklären. Dass er dabei einen entscheidenden Fehler machte, bemerkte erst hinterher. Er stotterte eine Entschuldigung, doch Hinata lächelte nur. "Das zeigt mir, dass du es verstanden hast." Naruto grinste und streckte sich. "Na dann ist ja alles klar. Vielleicht ist dieses Thema ja doch nicht so schwer, wie ich dachte. Danke!" "Dann ist ja gut. Ich denke, du kannst den Unterrichtsstoff jetzt auch, also …", stammelte Hinata. "Du weißt jetzt alles, was du für den Unterricht brauchst. Ich kann dir nicht mehr groß helfen." Fragend schaute Naruto sie an. Auf was wollte sie hinaus? Sie wollte ihm doch grade nicht allen Ernstes klar machen, dass er nun alles für die Klausur wusste, was nötig war? "Ich werde dann mal gehen", sagte Hinata leise, klaubte ihre Sachen zusammen und stand auf. Sie wollte sich doch wohl nicht heimlich und leise aus dem Staub machen? "Wenn du noch Fragen hast, kannst du mich gerne ansprechen." Naruto bemerkte, dass sie kleine rote Flecken im Gesicht bekam. Jetzt oder nie, dachte er. Nachher wäre seine Chance noch vertan, weil dieser Typ aus der Abschlussklasse sie schon gefragt hatte.. Er holte tief Luft und stand ebenfalls aus. "Dann hätte ich noch eine Frage", begann er. Hinata schaute ihn erwartungsvoll an. "Gehst du mit mir auf den Ball?" Naruto hatte erwartet, total nervös zu werden und keinen vernünftigen Satz zustande bringen zu können, stattdessen war es Hinata, die ihn verwirrt anschaute und dann unruhig von einem Fuß auf den anderen trat. Hatte er etwas falsch gemacht? Oder hatte sie etwa schon jemanden, mit dem sie auf den Ball ging? Narutos Schultern sackten etwas in sich zusammen. Etwa wirklich der Typ aus der Abschlussklasse? "Ich weiß, es ist eigentlich schon zu spät um dich zu fragen, aber ich dachte, dass du vielleicht noch niemanden hast. Ist schon okay, vergiss es einfach, ja?" Hoffnungsvoll sah er sie an. Naruto mochte Abfuhren nicht besonders gerne und wenn das hier wirklich eine sein sollte, da wäre es am besten, wenn Hinata einfach ginge und so tat, als hätte er diese dumme Frage nie gestellt. "Nein, so ist es nicht", nuschelte sie und knetete ihre Hände. "Gehst du nicht mit Sakura zusammen?" Wäre Naruto nun eine Zeichentrickfigur, fiele sein Mund in diesem Moment auf den Boden und seine Augen würden Tellergroß. Damit hatte er nun beim besten Willen nicht gerechnet. "Nein, nein", beeilte er sich zu sagen. Innerlich machte er einen kleinen Freudensprung. Diese Antwort war zwar tatsächlich nicht das, was er erwartet, aber auch nicht das, was er befürchtet hatte. "Nicht?" "Sakura und Sasuke haben einfachhalber beschlossen, zusammen zum Ball zu gehen", behauptete Naruto und klopfte sich innerlich für dieses rasche Argument auf die Schulter. "Oh, na dann." Hinata lächelte. "Wenn es dir nichts ausmacht, werde ich deine Begleitung sein. Zu viert werden wir bestimmt viel Spaß haben", meinte sie zuversichtlich. Nach ihrer Verabschiedung - Naruto hatte Hinata völlig überrumpelt in die Arme geschlossen - war es, als ob ein Fenster in seiner Nähe, wenn nicht sogar in ihm selbst, zerbrach. Wie zum Teufel sollte er seine beiden Freunde dazu bringen, sich gegenseitig als Verabredung zu haben?! ∞∞∞ Im Kopf hatte er sich eine Liste zusammengestellt. Eine, die wie der Walzerschritt aus drei Punkten bestand. Zwar waren zwei von diesen schon abgehakt, aber so war er wenigstens zuversichtlich, sein Ziel zu erreichen. Schritt Eins bestand daraus, tanzen zu lernen. Erledigt. Und wehe, seine Lehrer rechneten ihm das nicht an! Punkt Zwei - Hinata fragen, ob sie seine Begleitung sein möchte. Erledigt. Punkt Drei - Sasuke und Sakura beibringen, dass sie zusammen zu diesem dämlichen Ball gehen werden. Wahrscheinlich unmöglich. Naruto raufte sich die Haare. Die beiden würden ihm einen Vogel zeigen, wenn er ihnen diese Neuigkeiten überbrachte. Im schlimmsten Falle, nämlich wenn seine beiden Freunde sich gegen seine Bitte sprechen, hätte er Hinata angelogen und das wollte er nun nicht. So wie er sie einschätzte, war seine Begleitung eine gutgläubige Person, die von Lügen mehr als nur enttäuscht war. Es war wie ein Zwiespalt in ihm. Einerseits wollte er seine besten Freunde nicht zu etwas zwingen, was sie vielleicht gar nicht wollten, andererseits war Hinata das erste Mädchen seit langem, für das er sich wieder interessierte … Naruto hatte seine beiden Freunde extra zu sich bestellt. So konnte weder Sakura ihn aus ihrem Zimmer, noch Sasuke ihn aus seiner Wohnung schmeißen, sollten sie völlig entsetzt sein. Und zumindest von Sasuke konnte er sicher sein, dass er nicht aus Narutos Zimmer stürmte. Sein Kumpel war noch nie davongelaufen, wenn vergraulte er die anderen. Vielleicht gab es ja dann doch noch eine Chance für ihn. Aber vielleicht, redete Naruto sich ein, vielleicht wird es ja auch nicht so schlimm werden und Sasuke und Sakura werden ihn verstehen. Als es schließlich klopfte, rutsche sein Herz doch ein ganzes Stück Richtung Hose. Verdammt! Seit wann war er so peinlich drauf, wenn es um Mädchen ging? Er öffnete die Tür und starrte in Sasukes gelangweiltes Gesicht. Sie begrüßten sich und Naruto machte seinem Freund grade Platz um einzutreten, als Sakura völlig außer Atem den Gang entlang getrabt kam. "Meine Güte", keuchte sie. "Diese ewigen Treppen bringen mich irgendwann noch um. Aber dafür bin ich pünktlich." Sie zwängte sich an Naruto vorbei und setzte sich auf sein Bett, um zu Atmen zu kommen. Ihr eigenes Zimmer lag genau am anderen Ende des Gebäudes. Dennoch konnte sie, wenn sie sich weit aus ihrem Fenster lehnte, knapp in Narutos Zimmer linsen, das ebenfalls zur Gartenseite und zwei Stockwerke tiefer lag. "Ach was, jeder Gang macht schlank", grinste er. Sakura schnaubte. "Und jeder zweite in die Breite. Und jeder dritte auf die Titte, nicht zu vergessen." Sasuke setzte sich zu seiner Freundin und schaute Naruto erwartungsvoll an. "Also, was gibt's?", fragten sie gleichzeitig. Unweigerlich musste Naruto trotz seiner merkwürdigen Nervosität grinsen. Vielleicht war das ja grade ein gutes Zeichen. Sollte er es wagen und gleich mit der Tür ins Schloss fallen? "Also", begann er. "Ich werde mit Hinata auf den Maskenball gehen …" "Yes!", unterbrach Sakura ihn und reckte triumphierend eine Faust in die Luft, ehe sie diese wieder öffnete und Sasuke unter die Nase hielt. Grummelnd holte dieser sein Portemonnaie aus der Hosentasche und legte ihr einen Geldschein auf die Handfläche. Naruto glaubte, ihm fielen gleich die Augen aus dem Kopf. "Ihr habt auf mich gewettet?!", fragte er empört und versuchte dabei seiner Unverständnis irgendwie Luft zu machen. Sakura grinste. "Unser lieber Freund hier hat anscheinend nicht genug Vertrauen in dich und hat behauptet, dass du es nicht schaffen würdest sie zu fragen. Ich als loyale Freundin stand natürlich von Anfang an zu hundert Prozent hinter dir." "Verräterin!", zischte Sasuke und verschränkte die Arme vor der Brust. "Dein Anteil für mein Kleid!" Innerlich rang Naruto mit sich, ob nun auf diesem Thema weiter herumreiten oder das aussprechen sollte, weswegen er seine Freunde bestellt hatte. Kurz schaute er zu Sakura. Früher oder später müsste er es ihnen sagen. Also jetzt, dann hatte er es hinter sich. "Wisst ihr schon, mit wem ihr hingehen werdet?", fragte er vorsichtig und erhielt ein synchrones Kopfschütteln als Antwort. "Äh … und wie wäre es, wenn ihr gemeinsam hingeht? Ich weiß, das ist vielleicht komisch, aber dann hättet ihr die Suche auch schon hinter euch. So langsam müsstet ihr euch mal entscheiden." "Das ist nicht dein Ernst, oder?", fragte Sasuke und stand auf, nur um seinen Freund skeptisch zu betrachten. "Nur um mir das sagen zu können, bin ich bis hier hin gefahren? Wir haben Telefone, weißt du. Was hast du angestellt?" "Nein! So ist es nun auch nicht", antwortete Naruto hastig und drückte seinen Freund wieder zurück auf das Bett. Solange er der Größte im Raum war, fühlte er sich etwas stärker als normalerweise. "Ich habe Hinata gesagt, dass ihr zusammen hingehen würdet, sonst wäre sie vielleicht nicht meine Begleitung geworden …?" So, jetzt war es raus. Vielleicht nicht ganz so auf dem Wege, wie Naruto es sich erhofft hatte, aber dies war nun auch nicht mehr zu ändern. "Könntet ihr euch also zusammentun?", fragte er kleinlaut und zog eine Grimasse, als Sakura und Sasuke ihn entgeistert anschauten. "Du hast was … ganz bestimmt nicht!", meldete Sakura sich entgeistert. "So etwas kannst du doch nicht einfach über unsere Köpfe hinweg entscheiden!" Auch Sasuke sah nicht grade sehr verzückt aus. "Noch einmal: was hast du angestellt, wenn du ihr das erzählen musstest?", fragte er schroff. Narutos Schultern sackten in sich zusammen. Er erhielt noch weniger Verständnis von seinen Freunden, als er gerechnet hatte. Dabei war seine Bitte im Endeffekt nicht mal etwas Schlimmes. Während Sakura weiter auf ihn einredete, überlegte er bereits, wie er Hinata gestehen konnte, dass er sie angelogen hatte. Ob sie dann noch mit ihm ginge? Leicht betrübt schaute er seine Freunde an, die ihm noch immer wer weiß was für Dinge an den Kopf warfen. Da mochte er einmal ein Mädchen und dann so was! Na schöne Scheiße aber auch. Nur am Rande bekam er mit, wie Sasuke plötzlich aufhörte zu reden und ihn nachdenklich musterte. "Ist etwas?", fragte Naruto ruppig und drehte sich weg. Sollte er lieber sich selber Vorwürfe machen oder trotz erwarteter Reaktion Unverständnis zeigen? "Wenn du nichts weiter zu sagen hast, gehen Sakura und ich jetzt", antwortete Sasuke. Seine Stimme hatte einen eisigen Unterton angenommen. Sasuke haute ab? "Was?", empörte sich Sakura daraufhin. "Dieses Thema ist noch nicht abgeschlossen!" Doch Sasuke zerrte sie nur an ihrem Arm aus dem Zimmer. Die Tür fiel klackend ins Schloss und Naruto war wieder alleine. Enttäuscht, traurig und irgendwie wütend zugleich warf er sich auf sein Bett und schloss die Augen. So hatte er sich das Ganze nicht vorgestellt. Nie hätte er gedacht, dass seine Freunde so ein Theater veranstalten würden … "Lass mich los Sasuke!", zischte Sakura und befreite sich aus seinem Griff. "Was sollte das?" Sasuke schaute sie kurz an und ging einige Schritte von Narutos Zimmertür weg, ehe er wieder stehen blieb. "Hast du gesehen, wie traurig er plötzlich aussah?", fragte er unvermittelt. "Natürlich habe ich das, aber das ändert nichts an der Tatsache -" "Möchtest du mit mir auf den Ball gehen, Sakura?" Verwirrt hielt sie inne. War er jetzt vollkommen übergeschnappt? "Wie kommst du denn darauf?", fragte sie und schaute Sasuke unsicher an. Ob er krank wurde oder sich den Kopf gestoßen hatte? Grade eben hatte er Naruto prophezeit, nicht mit ihr zusammen als Begleitung zu gehen und nun fragte er sie aus heiterem Himmel so etwas! "Vielleicht mag er ein Vollidiot sein, aber anscheinend liegt ihm wirklich etwas an Hinata … Und ich bin ihm was schuldig. Immerhin hat er bewiesen, dass er sehr wohl ein Mädchen fragen kann, ob sie mit ihm zum Ball geht, ohne dass etwas noch Größeres dazwischen kommt. Und wenn wir ehrlich sind, haben wir vielleicht auch ein bisschen überreagiert." Sasuke zuckte mit den Schultern. Von einem Bein auf das andere stellend, dachte Sakura über seine Worte nach. Recht hatte er ja, aber so gaben sie Naruto klein bei. Nicht, dass er nun jedes Mal solch eine Macke abzog, weil er dachte, dass er wieder seinen Willen bekam. Andererseits hatte sie noch keinen Partner und ehrlich gesagt war sie auch nicht daran interessiert einen zu finden, da sie die meisten Jungs ihres Jahrgangs schlichtweg nicht mochte oder es peinlich fand, mit ihnen gesehen zu werden. "Okay", willigte sie zögernd ein, während sie sich wieder auf den Weg machten. "Wir gehen zusammen hin. Aber unter einer Bedingung! Wie werden Naruto kein Sterbenswörtchen davon sagen!" "Du sprichst meine Gedanken aus", schmunzelte Sasuke und betrachtete Sakuras Profil. Kapitel 4: Vierter Teil ----------------------- Viertes Kapitel: Voraussetzungen (k)einer Freundschaft »Einer Eingebung zu folgen kann unter Umständen zu den fatalsten Folgen führen« Die Schule war trotz der späten Stunde gut besucht. Nachdem in der großen Aula eine ausführliche Rede über etwas gehalten wurde, das selbst Sasuke wieder vergessen hatte, da es für Schüler schlichtweg uninteressant war (was gingen sie schließlich die Finanzen und die Zusammenarbeit mit was für einer brillanten Firma auch immer an?), wurde die Stimmung allmählich lockerer. Zwar sahen einige junge Menschen, die ihm über den Weg liefen, wegen des bevorstehenden Tanzes nervös aus, aber Sasuke scherte sich nicht sonderlich darum. Er konnte tanzen und das genügte. Er lief über den großen Hof der Schule um Sakura abzuholen, die sich kurz vor der langatmigen Rede aus dem Staub gemacht hatte. Er nahm es ihr etwas übel, ihn nicht mitgenommen zu haben. Naruto hatte er heute noch nicht entdeckt. Ob er Hinata wieder abgesagt hatte? Ein bisschen tat es ihm leid, seinem Kumpel die Laune verdorben zu haben. Trotzdem hatte er die letzten Tage über dicht gehalten. Er sollte nicht denken, dass er mit seinem Verhalten durchkam. Nicht, dass Sasuke etwas dagegen hatte, mit Sakura zum Ball zu gehen, allerdings entschied er lieber selber, mit wem oder was er zu tun haben wollte. Dinge über seinen Kopf hinweg entscheiden zu lassen, mochte er nämlich überhaupt nicht. Kurz vor dem Gebäudetrakt, in dem die Schüler wohnten, entdeckte Sasuke seine Eltern. Mit ernster Miene hörte sein Vater seinem Lehrer zu, der bestimmt wieder etwas von seiner Leistung zum Besten geben musste, um den Mann ihm gegenüber zufriedenzustellen. Er tat, als hätte er das Winken seiner Mutter nicht bemerkt und beeilte sich, aus dem Blickfeld seines Vaters zu kommen. Auch sein Bruder Itachi befand sich nicht unweit von Sasuke. Er lehnte gegen einen der wenigen Bäume im Innenhof und betrachtete desinteressiert einige Schüler, die sich angeregt unterhielten und rauchten. Schmunzelnd beobachtete er seinen jüngeren Bruder, der in dem großen Gebäude verschwand, aus dem mehr und mehr Leute strömten. Zögernd trat Sasuke ein, als Sakura nach mehrmaligem Klopfen noch immer nicht die Tür zu ihrem Zimmer geöffnet oder gar reagiert hatte. Etwas, was sehr ungewöhnlich für sie war. "Hallo, Sakura?", rief er fragend und sah sich um. Auf ihrem Bett lagen mehrere Hosen sowie ein Kleid und auf ihrem sonst so ordentlichen Schreibtisch hatte ein ganzes Sammelsurium an Kosmetikprodukten Platz gefunden. Auch einige Teile ihrer Unterwäsche hatten sich dort eingefunden, die Sasuke hastig zur Seite schauen ließen. Er lockerte seine Krawatte, verließ ihr Zimmer und klopfte sachte gegen die Badezimmertür, eher er sie öffnete. Sakura stand, nur mit einem weißen Handtuch bekleidet und über Kopfhörer Musik hörend, vor dem Spiegel und schien sich zu Recht zu machen. Als sie Sasuke sah, zupfte sie hastig den Stöpsel aus ihrem Ohr, drehte sich zu ihm um und zog hastig ihr Handtuch ein Stückchen höher. "Sasuke", sagte sie überrascht. "Ich habe dich gar nicht gehört." Ihr Freund lächelte leicht. "Kein Wunder. Wen solltest du auch bei dieser Lautstärke noch hören können?" Er deutete auf ihr Musikgerät. Sasuke einen bösen Blick zuwerfend, schaltete Sakura es aus. Augenblicklich verstummte scheinbar jegliches Geräusch um sie herum und hinterließ eine unangenehme Decke des Schweigens über ihnen. Befangen steckte Sasuke seine Hände in die Hosentasche und starrte die Kachelfliesen an. "Ich bin gleich fertig, muss mir nur noch was anziehen", meinte Sakura kurz angebunden, um die Stille zu durchbrechen. Sasuke hob eine Augenbraue und versuchte ihr, trotz der ihm nicht angenehmen Situation, einen skeptischen Blick zuzuwerfen. "Du stehst also fast nackt im Bad und schminkst dich lieber zu erst, als dass du dich umziehst? Spricht das nicht gegen euer Gesetz?" "Haha. Zufälligerweise", entgegnete sie ihm schnippisch, "weiß ich, wie ich mich schminken muss und mit meinem Haar stelle ich erst gar nichts an, sodass es nichts ausmacht, wenn mein Kleid sie berührt. Außerdem zieh ich es einfach von unten an. Und bitte was für ein Gesetzt?" Daraufhin zog Sasuke lediglich erneut eine Augenbraue in die Höhe. Was interessierte ihn schon, wie man nun welches Kleidungsstück anziehen musste? Solange sie Stoff am Körper trug, war alles okay. "Wie kommt es eigentlich, dass du einfach so, mir nichts, dir nichts, in ein Mädchenbad spazierst? Hier hätte wer weiß stehen können. Ich hätte auch nackt sein können." Das wiederum ließ Sasuke leicht erröten. Diese Tatsache hatte er nicht mit einberechnet. Er war einfach seinem Gefühl gefolgt, dass er Sakura, und auch wirklich nur sie, im Bad antreffe. Und auch, dass sie sicherlich etwas anhatte. Niemand außer ihr war noch immer nicht bereit für das große Ereignis, welches bald stattfand. Wer also sollte sich jetzt noch in einem Badezimmer aufhalten? Und dazu nackt? Er war an nicht nur wenigen etwas zu stark gepuderten Mädchen vorbeigegangen, die den Anlass eines Balls allen Anschein nach nicht kannten und beziehungsweise oder ihn in eine Zeit der Freizügigkeit änderten. Und Sakura stand nur dort und schien alle Zeit der Welt zu haben. "Gegenfrage: Wie kommt es, dass du nicht bei all den ganzen, spannenden Reden anwesend warst? Noch besser: warum hast du mich nicht mitgenommen?", konterte Sasuke und verschränkte die Arme vor der Brust. "Der war schlecht", entgegnete Sakura und sah ihn mit einem schneidenden Blick an, als er grade dazu ansetzte, etwas zu sagen. "Sag einfach gar nichts, Sasuke. Einfach gar nichts." Letztendlich hatte er noch eine geschlagene viertel Stunde warten müssen, bis Sakura endlich in die Puschen kam. Seinen momentanen Ohrwurm im Kopf singend, wartete Sasuke vor dem Zimmer seiner Freundin, als die Tür wieder aufging und Sakura sich mit dem Rücken zu ihm drehte. "Machst du mal zu?", fragte sie und hob ihre Haarmähne an, um ihm sein offenes Kleid zu präsentieren. Sasuke seufzte, macht sich dann aber ans Werk. Wie immer, wenn er Sakura mehr oder weniger nackt sah, fiel ihm auf, wie dünn sie eigentlich war. Einige Knochen ihrer Wirbelsäule warfen ihren Abdruck auf ihrem Rücken, was Sasuke, zugegeben, nicht sehr attraktiv fand. Trotzdem musste er gestehen, dass sie eine wunderbar weiche und dem Anschein nach reine Haut hatte. Er zog den Stoff zusammen, um auch das letzte Stück des Reißverschlusses schließen zu können und Sakura japste nach Luft. "Nicht so grob, du Rabiator!", beschwerte sie sich, doch Sasuke lachte nur. "Dein Pech, wenn du dich in so ein enges Ding rein zwängen möchtest." Grade als Sakura ihre Zimmertür endgültig verschloss, kam Naruto hektisch vom anderen Ende des Ganges angerannt. "Hier seid ihr!", rief er außer Atmen und kam schlitternd vor den beiden Freunden stehen. "Ich habe euch schon vermisst." Er stützte sich kurz auf seinen Knien ab und versuchte dann, sein Jackett zu richten, welches er extra für diesen Anlass aus den Tiefen seines Schrankes geholt hatte. Zumindest war es das, was Sasuke wusste. Sich Naruto in einem Anzug vorzustellen, war ein befremdlicher Gedanke, ihn tatsächlich in einem zu sehen, war tatsächlich noch merkwürdiger. "Wie siehst du denn aus?", entfuhr es Sakura kichernd. "Dein Hemd ist völlig falsch zugeknöpft!" "Äh, oh … was?" Naruto schaute an sich herunter und begann hektisch damit, seine sieben Sachen zu sortieren. "Gar nicht bemerkt …", nuschelte er und schaute seine Freunde anschließend skeptisch an. "Wo sind eure Partner?" "Partner?", fragte Sakura und Sasuke könnte schwören, dass sie sich nun absichtlich dumm anstellte. "Die zum Tanzen!", antwortete Naruto ungeduldig und begann, von einem Fuß auf den anderen zu treten, während er gleichzeitig versuchte, sein Hemd wieder zu richten. "Die siehst du doch", antwortete Sasuke ruhig und musste ein Schmunzeln unterdrücken. "Das ist wirklich nicht lustig, du Blödmann. Ich kann hier niemanden außer euch sehen." "Du siehst sie nicht?", kicherte Sakura und zupfte ihr Kleid zu Recht. "Dann schau doch mal nach, ob du sie in Sasukes Jackentaschen findest, vielleicht haben sie sich da versteckt." Naruto schnaubte laut. "Ich habe jetzt keinen Nerv und keine Zeit für eure blöden Späße! Schlimm genug, dass ich Hinata angelogen habe, um mit ihr tanzen zu können, jetzt muss sie auch noch wegen euch warten!" "Nein, wie tragisch!" Sasuke grinste innerlich und betrachtete Sakura, wie sie Schlüsselschwingend auf ihren hohen Schuhen losstapfte. Zwar mochte er nicht wissen, was genau in ihrem Kopf vorging, doch hatte sie bestimmt schon einen ungefähren Plan. Hoffte er zumindest. Allzu lang wollte er seinen Kumpel nun auch nicht mehr ärgern. Der Weg aus dem Gebäude dauerte ungewöhnlich lang. Die Strecke, die sie sonst in wenigen Minuten hinter sich legten, um an das andere Ende des Schulgeländes zu kommen, schien sich dieses Mal in eine halbe Ewigkeit zu ziehen. Allerdings war Sakura auch recht wackelig auf ihren Schuhen mit Mörderabsatz unterwegs (eigentlich war es gar nicht so hoch, doch Sasuke fand es befremdlich, dass sie nun ein ganzes Stück größer war) und schien bei jeder Treppenstufe, die sie nehmen mussten, zu überlegen, ob sie nun wirklich weiter ging, oder stehen blieb. Nun, es war nicht sein Problem, wenn sie sich unbedingt solche Schuhe antun musste. Naruto scharwenzelte ungeduldig um sie herum, schien tatsächlich ein paar Mal zu überlegen, Sakura nicht einfach zu tragen und schaute sich ab und an suchend um. "Also … mit wem tanzt ihr nun?", fragte er zum wiederholten Male und heftete sich an Sakuras Fersen, so dass sie beinahe stolperte, hätte ein gewisser blonder Chaot sie nicht hektisch davon abgehalten. Sasuke verdrehte genervt die Augen. "Das erfährst du noch früh genug. Und jetzt hör endlich auf zu zappeln, das nervt!" Er zog die Hände aus den Taschen und hielt seinen Freunden die Tür auf. Endlich, endlich traten sie hinaus ins Freie. Unweit von ihnen konnte er Hinata sehen, die mit verschränkten Händen und hochgezogenen Schultern auf sie wartete. Das Mädchen, das Sasuke nur als eine ruhige, unscheinbare Mitschülerin kannte, trug ein hoch geschlossenes Kleid und schien sich allen in allem sichtlich unwohl zu fühlen. Über Narutos Gesicht hingegen zog sich ein Lächeln, sobald er sie sah. Auch wenn Sasuke den Eindruck hatte, dass es etwas gequält aussah. "Hallo Hinata", lächelte Sakura den Neuzugang freundlich an und versuchte hastig, ihr Kleid etwas höher zu ziehen. Im Gegensatz zu Narutos Begleitung hatte sie nämlich etwas mehr auf ihre Oberweite gesetzt. Sasuke hob feixend eine Augenbraue in die Höhe und nickte Hinata dann zu. "Sollen wir dann losgehen? Ich glaube, die ersten treffen schon in der Turnhalle ein", stellte ihr neues Anhängsel fest und setzte sich grade in Bewegung, als Naruto sie grob am Arm zurückhielt. Fragend, oder vielleicht auch verwirrt, schaute sie ihn an. "Äh also weißt du … wir müssen noch kurz warten. Sasuke und Sakura haben nämlich … also eigentlich. Die beiden …", stotterte Naruto unbeholfen und versuchte es mit einer Kunstpause. Er atmete einmal tief durch und begann gleich darauf, nervös mit seinen Fingern zu spielen. "Da gibt es eine Sache die ich dir sagen muss …" "Und zwar", warf Sakura ein, "dass du heute sehr gut aussiehst. Naruto steht nur manchmal etwas auf dem Schlauch, wenn er Komplimente machen möchte, nimm es ihm nicht übel. Sollen wir denn dann auch langsam mal, oder gibt es noch jemanden, auf den wir warten müssen?" ∞∞∞ Die große Turnhalle sah eigentlich so aus wie immer, wenn man von der Beleuchtung, einigen Tischen und dem Buffet absah. Sasuke schaute sich nach seinen Eltern um, konnte aber nur seinen Bruder entdecken, der sich mit einem Mitschüler aus dem höheren Jahrgang unterhielt. Sakura, die sich (zumindest des Scheines wegen) bei ihm untergehakt hatte, sah sich ebenfalls um. Auf dem kurzen Weg zu den sporadischen Räumlichkeiten hatte Naruto Sasuke beiseite gezogen und ihm unter Gestammel versprochen, von nun an erst zu denken, bevor er redete. Dafür hatte Sasuke ihm versprochen, Naruto nicht ein weiteres Mal aus der Zwickmühle zu helfen, sollte er sich wegen seiner eigenen Dummheit mal wieder in eine begeben. "Da hinten steht der Direktor", hob Sakura ihre Stimme gegen die Musik. "Und dort ist deine Familie, Sasuke. Lass uns zu ihr gehen und hallo sagen." Er murrte etwas, ließ sich aber dennoch mittziehen. Früher oder später wäre er eh nicht darum herum gekommen, bei seiner Familie zu stehen und sich die Gespräche seiner Eltern anzuhören. Etwas, dass ihn eher weniger interessierte. Zugegeben, es war Sasuke egal, was grade in der Politik oder in der Wirtschaft (oder sonst wo) passierte. Sein Vater hatte ein so weites Wissensspektrum, dass er nach einer gewissen Zeit schlichtweg nicht mehr verstand, worum es nun ging. Aber 'das hatte ja noch Zeit', wie sein Vater immer zu sagen pflegte. "Soll ich deinen Schlüssel nehmen?", fragte er, doch Sakura schüttelte nur den Kopf. "Geht schon, danke." "Du hast aber gar keine Tasche dabei. Willst du den die ganze Zeit halten?" Kurz blieb Sakura stehen. "Weißt du, Sasuke. Jedes Mädchen hat da so zwei Freunde, die ziemlich viel verstecken können, wenn sie groß genug sind." Verwirrt starrte er sie an, ehe Sakura ohne Umschweife ihren Schlüssel in ihrem Ausschnitt verstaute. "Zwischen deine … ich …" Irritiert schüttelte Sasuke den Kopf, wandte sein Blick von dieser doch sehr speziellen Tasche ab und zog Sakura weiter. Auch wenn er nicht grade Lust darauf hatte, seinen Eltern Gesellschaft zu leisten. "Hallo ihr beiden", grüßte Sasukes Mutter und zupfte ihrem Sohn das Hemd zurecht. "Guten Tag, Mikoto", antwortete Sakura brav und nickte anschließend Fugaku zu, der bereits ein Sektglas in der Hand hatte. "Wo habt ihr Naruto gelassen?", fragte er. "Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen. Es ist schade, dass seine Eltern nicht auch kommen konnten. Sehr nette Leute, die zwei." Verdutzt schaute Sakura sich um. Sie hätte schwören können, ihr blonder Freund wäre in ihrer Nähe gewesen. Vermutlich war er direkt zum Buffet gesteuert oder musste sich der Musterung von Hinatas Vater unterziehen, sollte dieser anwesend sein. "Eigentlich war er grade bei uns. Er kommt sicherlich noch vorbei", entschuldigte Sasuke sein Fehlen und schaute sich ebenfalls um, doch Naruto schien plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Er zuckte mit den Schultern. Die Halle war nicht grade das, was man übersichtlich nannte, vor allem durch das schwächere Licht und den ganzen Leuten war es schwer, nach einer einzelnen Person Ausschau zu halten. "Ihr werdet doch hoffentlich nachher tanzen, zumindest für mich?", fragte Mikoto wie aus dem Blauen heraus und sah die beiden Schüler vor sich an. "Mein Mann ist nämlich ein echter Tanzmuffel. Nicht mal eine Horde Zebras bekäme ihn auf das Parkett." Während Sakura das Blut in die Wangen schoss, schauten Vater und Sohn synchron auf einen scheinbar interessanten Punkt am anderen Ende des Raumes. "Klar?", meinte Sakura unsicher und warf Sasuke nervöse Blicke zu. Zwar war ihn bewusst, dass sie zumindest kurz mit ihm tanzen musste, dennoch war es ihr unangenehm, so direkt darauf angesprochen zu werden – und das auch noch von seiner Mutter … Sollte sie sich nun von ihr beobachtet fühlen? Weitere Unannehmlichkeiten waren glücklicherweise durch ihren Direktor unterbrochen worden, der sich auf ein kleines Podest gestellt hatte und durch Klopfen auf das Mikrofon vor seiner Nase die Aufmerksamkeit aller Anwesenden bekam. Er hielt eine mehr oder weniger kurze Rede, die einige tatsächlich zu interessieren schien, ehe er die Tanzfläche für offiziell eröffnet erklärte und jeden herzlich dazu einlud, sein 'Tanzbein zu schwingen', wie er mit einem Lächeln hinzufügte. Die ersten drei Lieder seien allerdings für die Schülerschaft reserviert, die extra für diesen Anlass das Tanzen erlernt hätten (in diesem Moment buhte jemand, der sich verdächtig nach ihrem Mitschüler Kiba anhörte) und nun vorführen wollten. Während des höflich applaudierten Beifalls, beschlossen Sasuke und Sakura das erste Lied abzuwarten. Eine scheinbar tanzwütige Horde an Schülern hatte sich bereits auf der großzügigen Fläche zusammengefunden und wartete nun jeweils in Paaren darauf, dass die Musik losging. "Hey!", entwich es Sakura erstaunt. "Sind das dort nicht Naruto und Hinata?" Sie versuchte Sasuke die Richtung zu zeigen, in der sie ihren Freund ausfindig hatte machen können. Und tatsächlich. Direkt neben Ino und ihrem Tanzpartner stand er und sah verwirrt auf die kleinere Hinata hinab. "Sieht so aus, als wisse er nicht, wie es passieren konnte, dass er als erstes tanzen muss", stellte Sasuke amüsiert fest und zog Sakura an den Rand der Tanzfläche, die von schaulustigen Schülern, Eltern und Lehrern gebildet wurde. Als nach schier endlosen Minuten endlich die Musik einsetzte, ging ein Ruck durch die wartende Menge und die ersten Bewegungen des Tanzes wurden getan. Es wunderte Sasuke nicht, dass Naruto prompt in die falsche Richtung Schritt und so beinahe mit Ino kollidierte. Erstaunlich war allerdings die plötzliche Entschlossenheit Hinatas, die allen Anschein nach für einen kurzen Moment die Führung übernahm und Naruto in den richtigen Takt dirigierte, ehe sie rote Wangen bekam und ihrem Partner die Hauptrolle überließ. Sasuke und Sakura wussten nicht, ob sie, Naruto oder Hinata selbst über ihre Handlung am überraschsten war. Dennoch schien es nun, wenn auch etwas holperig, zu klappen. Das Tanzpaar kollidierte nicht noch einmal und hielt sich wacker auf den Beinen. Sasuke zwang sich, nicht genau wie Sakura, unruhig sein Gewicht von dem einen auf das andere Bein zu wechseln. Auch bei der zweiten Runde die getanzt wurde, schien noch immer eine unermessliche Zahl an Schülern anwesend zu sein, die dicht aneinander gedrängt auf den Beginn der Musik warteten. Er fragte sich, warum sie nicht einfach taten, als hätten sie schon getanzt und am Flächenrand stehen geblieben sind. "Alles klar?", fragte Sakura wohl eher, um sich selber zu beruhigen und fasste nach seiner Hand. Sie waren nun beinahe auf Augenhöhe und er fragte sich, wie sie es schaffen wollte, sich mit diesen Schuhen zu bewegen – und auch ihm nicht auf den Fuß zu treten … Er umfasste sie, sicherte ihren Blickkontakt und hörte kurz darauf, dass das Lied nun gleich einsetzen sollte. Es ist nur ein beschissener Tanz, redete er sich ein. Kein Grund, dass gleich jeder deinen Herzschlag hören musste. Auch ihre ersten Schritte waren unsicher und zögerlich, doch mit der sich bewegenden Masse fühlte Sasuke sich zunehmend sicherer. Sakura in seinem Arm passte sich, wie geübt, jeder seiner Bewegungen an und lächelte. Etwas schief, aber sie lächelte. Sasuke tat es ihr gleich und kam sich augenblicklich wie ein Idiot vor. "Das sieht echt gekünstelt aus, lass es lieber", bestätigte Sakura seine Gedanken und streckte ihm kurz ihre spitze Zungen entgegen. Das war es, was er so an ihr schätzte. Sakura war ehrlich und scherte sich nicht darum, wenn sie sich anders verhielt, als man es normalerweise der Situation entsprechen tat. Natürlich gab es auch andere Mädchen, die er nett fand, aber die waren eben einfach nur nett. Mit denen hatte er keine Geschichte, die er an sich erzählen könnte. "Haha", meinte Sasuke dennoch und begann damit, eine Drehung zu umschreiben, auf die Sakura sich sofort einließ. "Hubs!" Reflexartig zog er sie zu sich. Scheinbar waren solch hohe Schuhe doch nicht für jede Bewegung gedacht, denn sobald der Kreis, den sie drehten, enger wurde, verlor Sakura das Gleichgewicht und drohte, sie beide mit sich zu ziehen. "Das wäre fast schiefgegangen, danke." Sie hielten sich noch immer aneinander fest, hatten aber den Takt, zu dem sie getanzt hatten, verloren. Unschlüssig umfasste Sasuke ihre Hüften und versuchte, sie in eine Art Schunkelei zu versetzen. Das sanfte Wiegen schien für Sakura auf alle Fälle einfacher, als der eigentliche Tanz. "Alles klar?", fragte dieses mal er. "Bist du umgeknickt oder so?" Sakura schüttelte den Kopf, ging einen Schritt auf ihn zu und legte ihre Hände um seine Schulter. "Jetzt ist es auch egal", sagte sie. "Das Lied ist bestimmt bald vorbei." Die Kurzschlussreaktion kam, als das Lied tatsächlich beinahe endete. Einige um sie herum hatten im Laufe des Tanzes ebenfalls den Rhythmus verloren und standen ebenfalls hin und her wiegend auf der Fläche, sodass es Sasuke letztendlich nicht als unangenehm empfand, etwas anderes als die anderen zu tun. Er hatte unwahrscheinlich viel Zeit gehabt, Sakuras Gesicht genauer zu mustern. Natürlich wusste er, wie sie aussah und dennoch entdeckte er Dinge, die ihm vorher nie aufgefallen war. Die kleine Falte neben ihrer Nase hatte er noch nie gesehen und auch die kleine Narbe oberhalb ihres Mundwinkels war ihm neu. Da stand er nun also. Mit seiner besten Freundin im Arm, beobachtete sie ganz genau und küsste sie plötzlich. Er hatte nicht einmal mitbekommen, dass er sich vorgebeugt hatte. Er zog sie näher an sich heran und schloss seine Augen. Ihre Lippen lagen weich gegen die seinen als er versuchte, seinen Mund gegen ihren zu bewegen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, das ihn durchströmte und das er nicht einordnen konnte. Dafür ließ ihn dieser kalte Schauer kurz erstarren. Ein Gedankenschlag, der wie ein Hagelsturm auf ihn einprasselte, sorgte dafür, dass er Sakura sofort losließ und sich von ihren Lippen trennte. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ob vor Erstaunen oder Entsetzen konnte er nicht sagen. Sasuke öffnete den Mund, unfähig etwas zu sagen, während seine Blicke verwirrt umher huschten. Der kurze Blick zu ihr hatte genügt, um sie nicht mehr weiter anschauen zu können. Er tat einen Schritt nach hinten, so wie auch Sakura, ehe sie sich auf dem Absatz umdrehte und flüchtete. Auch durch Sasuke ging ein Ruck, der ihn in die entgegengesetzte Richtung laufen ließ. Das war sein verdammter erster Kuss. Mit seiner besten Freundin. Was hatte er da nur getan? Kapitel 5: Fünfter Teil ----------------------- Fünftes Kapitel: Ein gezackter Bruch »Über kleine Dinge zu reden ist kein Problem. Aus ihnen einen Elefanten zu machen auch nicht« Sakura taperte unruhig in ihrem kleinen Zimmer auf und ab. Ihr Kleid lag noch immer auf ihrem Schreibtisch und warf traurige Falten. Sie hatte es am letzten Abend in diesem Sturm ihrer Gefühle ruppig von sich gezerrt und achtlos beiseite geworfen. Nach dem Vorfall mit diesem, diesem … Idioten! war sie wie von der Tarantel gestochen aus der Turnhalle gestürmt und sich schnurstracks in ihren vier Wänden eingeschlossen. Ein Gedankenstrom war dem nächsten gefolgt, sorgten dafür, dass sie nicht mehr klar denken konnte und letztendlich Kopfschmerzen bekommen hatte. "Nun mach mal aus einer Mücke keinen Elefanten!" Karin, die auf der Fensterbank hockte, sah Sakura erwartungsvoll an, doch wurde sie nicht weiter beachtet. Auch Ino, die ihren Popo auf dem Bett platziert hatte, schüttelte lediglich den Kopf und seufzte einmal. Um halb sieben am Morgen hatte Sakura ihre beiden Klassenkameradinnen zu sich bestellt und noch bevor die Tür wieder in ihr Schloss gefallen war, mit einer hysterischen Berichterstattung begonnen. Das tiefe Luftholen am Ende ließ sie kurzzeitig entspannen, ehe ihr gewisse Bilder wie in einer Rückblende wieder in den Sinn kamen und ihr Körper sich vom Neuen verkrampfte. "Ihr tut, als hättet ihr gevögelt oder so", warf Karin abermals trocken in den Raum, woraufhin Sakuras Wangen noch einen Tick dunkler wurden, als sie es schon von ihrer Aufregung waren. "Ihgitt!" "Was denn? Hätte ich keinen Freund und stände Sasuke nicht in Sachen Mädchen total auf dem Schlauch, würde ich es vielleicht tun." Sie lehnte sich an die kühle Fensterscheibe und legte den Kopf in den Nacken. Sakura betrachtete ihre Kameradin (so ganz genau sagen, ob sie Freunde waren, konnte sie nicht), die eine zum Schlafen kurze Hose trug, ein Top, das ihre unverschämt große Brust optimal zur Geltung brachte und das zerstrubbelte rote Haar. Und den verräterischen roten Fleck an ihrem Hals natürlich. Schön, dass es die gab, die freiwillig küssten und die, die es unfreiwillig taten. "Karin hat Recht", pflichtete Ino bei, die ebenfalls noch nicht umgezogen war. "Er sieht gut aus. Also sei doch lieber froh, dass grade du es warst!" Sakura grollte laut auf. Das war doch zum Haare ausreißen! "Ihr versteht das nicht! Ich bin seine beste Freundin, die küsst man nicht einfach so! Vor allem dann nicht, wenn man davor noch nie jemand anderen geküsst hat!" Ino hob eine ihrer feingeschwungenen Brauen. "So ein Unschuldsengel bist du nun auch wieder nicht. Auf meiner Geburtstagsfeier letztes Jahr …" "Ich doch nicht!" Natürlich hatte Sakura schon einige Male rumgeknutscht, doch wollte sie um Gottes Willen nicht wieder an diesen schnaufenden und sabbernden Typen erinnert werden! Es war ihr heute noch unangenehm, darüber nachzudenken … "Oh", kam es von den beiden Freundinnen synchron. "Willst du uns grade zufällig sagen, dass Sasuke noch nie – also wirklich noch gar nicht – auch nur irgendetwas mit einem Mädchen gehabt hatte?" "Nein", sagte Sakura mit Nachdruck, hätte sich im nächsten Moment aber dafür ohrfeigen können. Es war wahrscheinlich nicht richtig, diese Information einfach so weitergegeben zu haben. "Deshalb doch. Wenn er schon jemanden küsst, dann doch bitte jemanden, mit dem er auch zusammen ist. Aber doch nicht mich! Dazu sind beste Freunde nicht da!" "Ich finde, du machst trotzdem ein zu großes Trara daraus", erwiderte Ino schnippisch. "Sprich einfach mit ihm darüber und die Sache hat sich erledigt. Ganz einfach." Sakura schnaubte aufgebracht. Als ob sich mit einem Gespräch alles geregelt hätte! Außerdem wollte sie gar nicht darüber reden. Was sollte sie auch sagen? Doof, dass du mich geküsst hast und ein schönes Leben noch? Das war kein kleiner, feiner Riss in ihrer Freundschaft, das war eine Schlucht mit vielen Ecken und Kanten, die nicht einfach dadurch beseitigt werden konnten, in dem man redete. ∞ ∞ ∞ "Jetzt warte doch mal!" Naruto wetzte ihm hinterher und geriet dabei gefährlich ins Straucheln. Doch Sasuke beachtete ihn nicht weiter. Je eher er das Schulgelände hinter sich bringen konnte, desto besser. Der Schultag war einer der schlimmsten gewesen, die er seit langem erlebt hatte. Während er Sakura aus dem Weg gehen wollte, schien sie das gleiche vorzuhaben, sodass sich ihre Wege immer und immer wieder kreuzten. Von Naruto ganz zu schweigen, dessen Welt wohl ziemlich auf dem Kopf stehen musste – zumal ihn anscheinend niemand erklärt hatte, was Sache war. Das könnte allerdings darauf schließen lassen, dass niemand gesehen hatte, was er … beim Ball gemacht hat. Wobei Sasuke sich das eigentlich nicht vorstellen konnte. Schließlich standen sie ziemlich mittig des Raumes. Somit musste es schlichtweg noch nicht zu Naruto vorgedrungen sein, dass er Sakura … nun ja, dass er sie geküsst hatte. Wohl oder übel. Ziemlich unüberlegt. "Bleib stehen, oder geh wenigstens langsamer!" Keuchend holte Naruto ihn ein und versuchte Sasuke am Kragen seiner Jacke zurückzuziehen. "Lass los!", zischte er und versuchte dem Griff seines besten Freundes zu entkommen. Naruto wollte sicherlich reden. Aber Sasuke wollte nicht. Je weniger er darüber nachdenken musste, für einen Moment scheinbar seinen Kopf verloren zu haben, desto besser. Eine Erklärung für sein Verhalten hatte er nämlich nicht. Zumindest keine plausible, denn mit einer einfachen Kurzschlussreaktion wollte er sich doch nicht zufrieden geben. Nur weil er einem Freund in die Augen schaute, hieß dies nicht, ihn auch küssen zu müssen. Schließlich hätte er dann auch schon etliche Male Naruto näher gekommen sein müssen, als ihm selber lieb war. Überhaupt war es ihm ein Rätsel, warum irgendetwas in seinem Inneren plötzlich das Verlangen danach gehabt haben musste, jemanden zu küssen. Immerhin hatte Sasuke noch nie jemanden so gezeigt, dass er ihn (oder sie) mochte. "Man! Was ist denn los mit dir? Ich habe mich doch schon entschuldigt wegen gestern! Du musst nicht mehr genervt sein!" Naruto stellte sich in Eiltempo vor seinen besten Freund und versuchte ihn zum Stehen zu bringen. "Lass mich durch, Naruto. Ich möchte jetzt niemanden sehen." Sasuke wollte sich an ihm vorbeidrängen, als Naruto ihm mit der Faust hart auf die Brust schlug. "Sag mir wenigstens, was los ist!" Naruto funkelte ihn wütend an. Sasuke konnte es ihm im Geheimen nicht verübeln. Den ganzen Tag lang verhielten sich seine vermeidlichen Freunde wie Magnete, die sich immer wieder trafen und dann voneinander wichen, egal was Naruto auch versuchte und niemand sagte auch nur ein Wort der Erklärung. Er an seiner Stelle wäre da auch nicht grade glücklich drüber. "Hat nichts mit dir zu tun", brachte er hervor und hoffte, dass Naruto es damit auf sich beruhen ließ. Er wollte einfach nur nach Hause, sich in seinem Zimmer verschanzen und an gar nichts denken. "Grade dann kannst du mir es doch sagen! Ich bin dein bester Freund, dafür bin ich da", seufzte Naruto, der es aufgab Sasuke aufhalten zu wollen und lief stattdessen nun mit schnellen Schritten neben ihm her. "Manche Dinge behält man für sich." "Dann geht es um Mädchen", grinste sein Gegenüber plötzlich breit. "Da machst du nämlich dicht, weil dir das Thema total peinlich ist. Wie so ein pubertierendes Kind. Über alles andere kannst du reden, nur wenn es intimer wird, würdest du am liebsten weglaufen, habe ich Recht?" "Naruto!", knurrte Sasuke warnend und war froh darüber, dass sein verräterisch laut schlagendes Herz nicht außerhalb seines eigenen Körpers zu hören war. "Wahrscheinlich ist dir auf dem Ball ausgerutscht, dass du dich in irgendein schrulliges Mädchen verliebt hast und das war für Sakura so verstörend, dass sie jetzt immer Reißaus vor dir nimmt. Oder noch besser", lachte Naruto einmal laut auf, "ihr habt euch geküsst und seid danach einfach vor einander weggerannt." Die Hitze schoss Sasuke in das Gesicht, sodass er beschämt zur Seite schaute und das Muster der Gehwegsteine betrachtete. "Du hast …?" Für einen kurzen Moment blieb Naruto stehen, holte Sasuke dann jedoch wieder auf. "Wer ist es? Welcher hat es geschafft, diese eiserne Hülle um dein Herz herum zu durchbrechen?" Spielerisch stieß er seinen Ellenbogen in die Seite seines Freundes, der daraufhin abrupt stehen blieb und ihn wütend anfunkelte. "Ich bin nicht verliebt, klar?" "Natürlich nicht", flötete Naruto amüsiert. Zornig schubste Naruto ihn von sich. "Ich hab's getan, man. Ich hab Sakura geküsst, okay? Beim Tanzen. Danach ist sie abgehauen." "Woah", platzte es nach schier endlosen Sekunden des Schweigens aus Naruto heraus. "Das ist … okay. Gut. Du hast sie geküsst." Er kratzte sich kurz am Hinterkopf und lächelte dann zaghaft. "Aber hey, lieber sie als irgendeine von diesen Tussis, die an unserer Schule herumlaufen. Sie ist deine beste Freundin. Sie wird das schon verstehen." ∞ ∞ ∞ Nachdenklich fuhr Kakashi mit dem Zeigefinger über die Überreste des Bildes, das sein Chaostrio (oder zumindest ein Teil davon) auf das Lehrerpult geklebt hatte. Mit einem nassen Lappen, aggressivem Putzmittel und viel Geduld hatte Kakashi erst den Klebstoff Stück für Stück und anschließend das laminierte Bild entfernt. Irgendetwas war heute anders mit den dreien gewesen. Zumindest hatte er diesen Eindruck. Sakura, die sonst so aufgeweckt war, wirkte verstreut und wenn er ehrlich war, sah sie auch ziemlich übernächtigt aus. Sasuke, der neben Naruto saß, hatte zwar wie sie oft die Gesprächsversuche seines Freundes nicht angenommen, aber ignoriert hatte er ihn noch nie. Normalerweise konnte er sich einen bissigen Kommentar nicht verkneifen, damit Naruto still war, doch heute schien man bei Sasuke gegen eine Wand zu reden. Allgemein schien er nicht so ganz bei der Sache gewesen zu sein. Kakashi seufzte. Er beschloss, das Ganze morgen noch einmal genauer zu beobachten. Vielleicht irrte er sich ja und es war alles wieder beim alten. Kapitel 6: Sechster Teil ------------------------ Sechstes Kapitel: Ziemlich großer Mist »Manchmal sagt man etwas, das man nicht so meint. Oder?« Wütend starrte Sakura auf Inos I love you more than my morning latte-Zettel, den sie vor dem Ball in ihren Spind geklebt hatte. Vor ein paar Tagen war noch alles gut gewesen und jetzt? Sie taxierte das kleine Blatt mit der geschwungenen Handschrift so ausgiebig, als sei es der Auslöser für die Situation, in der sie sich nun befand. Schnaubend zerrte Sakura ein besonders dickes Schulbuch hervor, stopfte es in ihre Tasche und knallte die Tür ihres Faches mit einem besonders schönen Krachen zu. "Was sollte das?" Energisch tippte ihr jemand auf die Schultern. Sakura drehte sich gereizt um und stand Sumi gegenüber. "Was?", fauchte sie. "Ich habe die blöde Tür nicht mit Absicht zuknallen lassen, okay?" Sumi verschränkte die Arme vor der Brust und setzte ein so schnippisches Gesicht auf, das locker mit dem Ausdruck Sakuras mithalten konnte. "Das meine ich auch nicht." "Ach ja?" "Du küsst also Sasuke? Ich dachte es wäre klar gewesen, dass du deine dreckigen Finger von ihm lässt! Was hast du daran nicht verstanden?" Ungeniert presste Sakura ihrem Gegenüber die Hand auf den Mund. "Schrei doch bitte noch lauter!", zischte sie. "Der Direktor hat es noch nicht gehört! Außerdem kann ich mich nicht einmal daran erinnern, wann wir zuletzt miteinander geredet haben, du hast mir also gar nichts gesagt und zu sagen erst recht nicht!" Wütend drehte sie sich erneut um und stapfte Richtung Klassenraum. Grade wollte Naruto freudestrahlend auf seine Freundin zulaufen, als er deren grimmigen Ausdruck sah. Er beschloss, lieber wie alle anderen vor dem verschlossenen Klassenzimmer zu warten und so zu tun, als hätte er nicht bemerkt, dass sie offensichtlich nicht gut gelaunt war. Es wirkte geradezu so, als wäre ihr mehr als nur eine Laus über die Leber gelaufen. Wenn Sakura gereizt war, und das war sie zum Glück nicht oft, war sie wie eine tickende Bombe, die bei der kleinsten falschen Bewegung katastrophal in die Luft ging und anschließend ein ausgelaugtes Schlachtfeld hinter sich ließ. "Morgen", meinte Naruto schlicht und bemühte sich, seine Freundin nicht anzugucken. Sakura grummelte etwas in ihren (zum Glück nicht vorhandenen und ansonsten sicherlich sehr merkwürdig aussehenden) Bart und fixierte einen Punkt neben der Türklinke. Naruto war schon immer ein recht neugieriger Mensch gewesen, weshalb es ihm schwer viel, nicht nach Sakuras Laune zu fragen, allerdings hatte er die Befürchtung, sollte er es tun, von ihr kastriert oder schlimmeres zu werden. Und Naruto hing an seinem kleinen Freund. Oder andersherum. Je nach Ansicht. Eine kleine, böse Stimme in seinem Kopf vermutete Sasuke hinter ihrer Laune, gleichzeitig konnte er sich aber nicht vorstellen, weshalb sie wegen eines Kusses dermaßen sauer sein sollte. Gut, Sasuke schien auch nicht grade der glücklichste Mensch, aber wahrscheinlich konnte man sie im Moment eh nicht miteinander vergleichen. Und sollte Sakura sich nicht eher freuen, dass er nicht ('versehentlich') irgend ein anderes Mädchen geküsst hatte, die ihm gar nichts bedeutete? Auch, wenn sie nur Freunde waren und keine tieferen Gefühle füreinander hegten. Zumindest glaubte er das und Naruto war sich bei dieser Sache eigentlich ziemlich sicher. Oder …? "Pass doch auf, du Hornochse", keifte Sakura wütend Kiba an, nachdem dieser sie versehentlich anrempelte. Okay … vielleicht sollte Naruto sich heute wirklich zusammenreißen und überhaupt gar nichts zu nichts und niemanden sagen, sollte er wirklich an seinem Leben hängen. Allerdings sollte er auch – und das sah er als eine Art feste Pflicht als bester Freund – mit Sakura reden. Früher oder später. Also eigentlich lieber später als früher. Möglichst außerhalb der Gefahrenzone, denn irgendetwas stimme ganz und gar nicht mit ihr. Als Sasuke dicht hinter ihrem Lehrer um die Ecke bog und Sakura sich demonstrativ von Naruto abwandte, wusste dieser instinktiv, dass sie tatsächlich wegen dieses Kusses so gereizt wie schon lange nicht mehr war. Eine ganz kleine Stimme in seinem Kopf seufzte erleichtert auf, dass er nicht neben ihr saß und heute bis auf die jetzige Unterrichtsstunde keine weiteren mehr mit ihr haben würde … ∞ ∞ ∞ Nachdenklich starrte Kakashi auf die Klassenliste. Seine Schüler hatten mal wieder die Motivation einer Horde Faultiere gezeigt und er befürchtete, dass einige mit dieser Einstellung die nächste Klausur gehörig in den Sand setzten. Er sollte demnächst mal mit Betroffenen reden. Ebenso wie er Sakura unter vier Augen sprechen sollte. Er hatte gehofft, dass diese Stunde besser als die letzte würde, aber das Gegenteil war eingetreten. Die Luft um sie herum schien noch eisiger geworden und sein Beschluss, sie im Unterricht in Ruhe zu lassen, war wahrscheinlich der Richtige gewesen. Zwei Tage noch. Er gab ihr zwei Tage, um sich zu beruhigen, sollte sich bis dahin nichts an diesem merkwürdigen Zustand ändern, würde er eingreifen. Zwar würde das wieder zu Lästereien im Lehrerzimmer führen, aber er war Lehrer geworden, um mit Heranwachsenden zu arbeiten und nicht um vor ihnen zu stehen und eine Predigt nach der nächsten zu halten. Er konnte sich noch genau an einige Lehrer seiner eigenen Schulzeit erinnern, die sich schlichtweg gar nicht für das Lehrer-Schüler-Verhältnis und das Klima im Klassenzimmer geschert hatten. Kakashi aber wollte genau das Gegenteil. Wenn er sich mit den Schülern gut verstand, arbeiteten sie viel lieber mit ihm und verhielten sich so, dass er keine Ohrenschmerzen befürchten musste. Vollblutlehrer nannten seine Freunde ihn des Öfteren des Scherzes halber, aber eigentlich hatten sie ja recht – und sonst, so war zumindest Kakashi der Meinung, musste er im falschen Beruf gelandet sein. Um fair zu sein, wollte er keine Namen nennen, aber er wünschte die Lehrer weit, weit fort, die nur zum Jammern in das große Lehrerzimmer kamen. Zu irgendeinem Ort, in dem sie nichts mit Schülern zu tun haben mussten. Zum Wohl beider Seiten. Manchmal musste er sich den Kommentar verkneifen, dass sie doch den Beruf wechseln sollten, wenn sie so gar nicht mehr zufrieden waren. Auch wenn ihm bewusst war, dass das einfacher gesagt, als getan war. Wenn es den Schülern nicht gut ging, lernten sie nun einmal nicht richtig und Kakashi war der Meinung, dass jeder Lehrer wenigstens den Versuch starten sollte, dies zu ändern, sollte es denn nötig sein. Und ein kleines bisschen neugierig war er auch. Zugegeben. Über Schüler zu tratschen mochte er neben dem Unterrichten nämlich auch. ∞ ∞ ∞ "Hey, Sasuke!" Angesprochener hielt in seiner Bewegung inne und blieb mitten in der Pausenhalle stehen. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, sich zu der Stimme umzudrehen, die ihm lediglich vage bekannt vorkam. Wenn grade jetzt jemand etwas vom ihm wollte, sollte er schon selber herkommen, denn Sasuke war alles andere als in guter Laune. Immer noch, schon wieder. Je nachdem, wie man es betrachten wollte. Tief im Inneren wusste er, dass es nicht an ihm war, sich so zu verhalten. Schließlich hatte ihm niemand etwas getan, aber dennoch wurmte ihn irgendetwas gewaltig. Wenn er auch noch nicht wusste, was genau es war. "Hast du mich gehört?" Sumi kam um ihn herumgelaufen und strich sich das kinnlange, helle Haar hinter die Ohren. "Natürlich", blaffte Sasuke unhöflich. "Sonst wäre ich ja nicht stehen geblieben." Er betrachtete ihre Stirn, die sich kurz in Falten legte. Zugegeben, dies sah von seiner Position aber auch komisch aus. Zumal er ein ganzes Stück größer als Sumi war, die soeben die Hände in die Hüften stemmte. "Was hat diese blöde Kuh gemacht?" Irritiert starrte Sasuke sie an. Bitte wovon redete sie? Und warum redete sie überhaupt mit ihm? Sasuke konnte sich nicht einmal daran erinnern, ob und wie viele Kurse sie zusammen belegten … "Ich habe keine Ahnung, was du mir sagen möchtest. Und wenn du lästern möchtest, kannst du das gerne mit deinen Freundinnen machen." Mit diesen Worten wollte er sie geschickt umrunden, doch Sumi stellte sich ihm erneut in den Weg. "Ich rede von Sakura!" Genervt seufzte Sasuke auf und wollte grade zu einer Antwort ansetzen, als sie ihn unterbrach. "Ich habe gesehen, wie sie dir ihre Zunge in den Hals gesteckt hat!" Nun verschränkte sie die Arme unter ihrer Brust und Sasuke versuchte plötzlich beschämt überall nur nicht auf ihre beinahe rausfallenden Brüste zu gucken. Und das war gar nicht so einfach, wenn man so wie er auf eine kleine Person hinunterblicken musste! Vielleicht war dies der Grund, weshalb es erst verspätet bei ihm Klick machte und er verstand, was Sumi da grade von sich gegeben hatte. Und eben dies gefiel ihm gar nicht. Es schossen ihm so viele Fragen gleichzeitig durch den Kopf, dass er sie selber gar nicht verstehen konnte. Es war wie eine einzige Kombination aus wie, was, wo und warum zugleich. "Aha", sagte Sasuke stumpf und fühlte sich wie auf den Schlips getreten. Sonst reagierte er doch auch nicht so dümmlich! Nur dieses verdammte Kuss-Thema ließ seine Gedanken lahmlegen und ihn wie ein Geistesloser wirken. "Und warum tut sie das? Ich dachte, ihr seid nicht zusammen!" Sasuke atmete einmal tief ein. Er sollte erst einmal seine eigenen Gedanken sortieren, eher er antwortete. "Erst einmal hat hier niemand irgendjemand die Zunge in den Hals gesteckt und nein, wir sind nicht zusammen. Aber ich wüsste nicht, was dich das angehen sollte." Ein Hoch auf diese Antwort! "Natürlich geht mich das etwas an! Immerhin hat Sakura mir geschworen, nichts mit dir anzufangen!" "Und was wäre, wenn ich es aber wollen würde und es einfach nur ein Geheimnis ist, dass wir zusammen sind?", pustete er ihr unbeabsichtigt ins Gesicht, nach dem er sich zu Sumi hinuntergebeugt hatte. Ungläubig starrte sie Sasuke an, ehe sich ihr Gesicht in Wut verzerrte, sie auf dem Absatz umdrehte und davon stolzierte. Scheiße! Scheiße! Scheiße! Erst denken, dann reden! Scheiße! So schwer war das doch nicht! Und was sollte überhaupt 'Sakura hat geschworen' bedeuten? ∞ ∞ ∞ "Huch!" Erschrocken knallte Naruto seinen Laptop zu, als Sasuke unangekündigt in sein Zimmer platzte und aufgebracht in dem kleinen Raum stehen blieb. Wahrscheinlich bildete Naruto es sich nur ein, aber es sah so aus, als bebte seine Brust wie die eines wilden, verärgerten Stieres. "Äh, setzt dich doch …?", fragte Naruto und schaute unsicher hin und her. Es war noch nie ein gutes Zeichen, wenn Sasuke so aussah, wie er es im Moment tat. Aber immerhin schnaufte er noch nicht wie das eine Mal, als Naruto versehentlich sein Handy schrottete. "Oder nicht", murmelte er, als sein Freund seiner Aufforderung nicht nachging. Sasuke schnaufte hart. So oft, dass Naruto besorgt aufstand, um entweder weglaufen oder seinen Freund auffangen zu können. Je nach dem sollte er gleich kollabieren oder in die Luft gehen. Bei ihm wusste man nie so genau und Naruto wollte lieber auf Nummer Sicher gehen. "Ich glaube, ich habe Mist gebaut", quälten sich die brüchigen Worte aus Sasukes Mund hinaus. "Ziemlich großen Mist sogar." Sasuke zu beruhigen (maßlose Übertreibung, war er immer noch nicht) hatte seine Zeit gedauert. Zeit, in der Naruto hatte eigentlich mit Hinata schreiben wollen, die hoffentlich nicht immer noch im Chat auf ihn wartete. Schließlich hatte er ohne ein weiteres Wort ihre Unterhaltung abgebrochen. Dennoch hatte er es für unpassend gehalten Sasuke schnell zu sagen, dass er noch einmal an seinen Laptop musste und irgendwie war es ihm auch peinlich seinem Freund zu sagen, dass er lieber mit Hinata schrieb, als direkt mit ihr zu reden. Zwar hatte er sich auf dem Ball gut mit ihr verstanden (und diese Kuss-Verbeugung-Misere schien auch sie nicht weiter thematisieren wollen) sogar ihren tatsächlich strengen Vater kannte er nun, aber dennoch war Naruto noch am gleichen Abend der Mut entschwunden. So stellte er sich immer das Mutantrinken und die Zeit der Ausnüchterung vor. Also nutzte er doch lieber das Internet … "Hey, vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm wie du im Moment denkst!" Er hatte es inzwischen geschafft, Sasuke auf sein Bett zu bugsieren und hatte sich neben ihn gesetzt. "Nicht so schlimm?", fragte sein Freund tonlos. "Hast du überhaupt gehört, was ich gesagt habe?" Natürlich hatte Naruto zugehört! Sasuke wiederholte sich die letzten zwanzig Minuten ununterbrochen und es schien ihm egal, was Naruto dazu zu sagen hatte. Je optimistischer er zu sein versuchte, desto pessimistischer wurde die Antwort. "Also wenn du dir nicht helfen lassen willst, kann ich auch nichts für dich tun! Du bist grade jedenfalls nicht der Sasuke, den ich kenne, sondern nur ein jammernder Haufen!" Naruto sprang auf und stellte sich vor Sasuke, der ihn wirr anstarrte. Ob er seine Worte überhaupt realisieren konnte? Denn davor hatte Naruto das Gefühl gehabt, dass nur das zu ihm vordrang, das er auch widerlegen konnte. Sasuke ließ sich nach hinten sinken. "Wenn ich Pech habe, denkt morgen die ganze Schule, ich sei mit Sakura zusammen …" Naruto seufzte. "Ich habs dir doch schon mal gesagt: Ist doch nicht schlimm. Ihr wisst, wie es wirklich ist und es kann euch doch egal sein, was die anderen reden!" "Ach ja? Wie fändest du es, wenn ich morgen einen Zettel an das schwarze Brett hänge, auf dem steht, dass du Hinata nur an die Wäsche willst?" "Das ist was anderes und eine Lüge!" Naruto wurde rot. Aber immerhin kam da wieder ein kleines bisschen von dem Teil hervor, den er als seinen besten Freund erkannte. Das ging ja jetzt doch recht schnell … Vielleicht sollte er es bei seinen nächsten Problemen immer so versuchen. "Das kann doch den anderen egal sein!" Okay … und vielleicht verstand Naruto ihn doch irgendwo. Allerdings verstanden er nicht, warum es schlimm wäre, mit Sakura zusammen zu sein. Abgesehen davon, dass sie Freunde waren. Resigniert setzte er sich wieder neben Sasuke. Vielleicht sollte er vorerst einfach aufgeben und den morgigen Tag abwarten. Ausrichten konnte er im Moment eh nicht viel. Kapitel 7: Siebter Teil ----------------------- Siebtes Kapitel: Gespräch, eines »Kommunikation. Das A und O der Gegenwart« Hinata saß auf seinem Bett, fühlte sich sichtlich unwohl und schaute auf ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen. Naruto saß, noch in Boxershorts und hastig übergezogenem Shirt, auf seinem Schreibtischstuhl ihr gegenüber und versuchte seine Gedanken zu sortieren. Er hatte ganz vergessen, dass er mitten in der Nacht über seinen eigenen Schatten gesprungen war und Hinata eine Nachricht geschrieben hatte, dass sie doch bitte noch vor Schulbeginn zu ihm kommen möge. Er war ziemlich überrumpelt gewesen, als sie plötzlich in seinem Türrahmen stand (und, angesichts der Tatsache, dass er nur in einer Hose bekleidet war, rot anlief) und irgendwie hatte Naruto Sasuke erwartet, der ihn aus seinem Bett schmeißen wollte. Verschlafen, oder sonst irgendein Grund. "Ich brauche dringend deine Hilfe!" Es hatte seine Zeit gedauert bis ihm wieder eingefallen ist, dass dies der Grund war, weshalb er sie gerufen hatte. "Meine Hilfe? Ich dachte, du hättest in Mathe jetzt alles verstanden", sagte Hinata leise und schaute endlich auf. "Es ist nicht wegen mir. Hast du …. äh …" Naruto kratzte sich am Hinterkopf. Was war, wenn Hinata noch gar nichts von den Gerüchten gehört hatte? Egal, auf eine Person mehr oder weniger kam es nun auch nicht mehr an. "Es geht um Sakura und Sasuke. Es geht das Gerücht um, dass sie angeblich etwas miteinander hätten." "Weil sie sich beim Ball geküsst haben?" Täuschte er sich, oder blitzte da etwa Neugierde aus ihren Augen hinaus? Und warum hatte sie es gesehen, er aber nicht?! "Aber das stimmt nicht! Also Sasuke hat Sakura geküsst, das stimmt, aber da läuft nichts. Und Sakura ist jetzt total sauer und redet nicht mehr richtig mit uns und dann hat Sasuke auch noch fälschlicherweise herumerzählt, dass sie doch etwas miteinander hätten und jetzt stürzt uns bestimmt die Decke auf den Kopf und ich darf die Launen von den beiden aushalten und der Sündenbock für beide sein und das möchte ich nicht!" Hinatas Kopf wackelte unentwegt, während sie versuchte, Narutos wirrer Erzählung zu folgen, nickte aber am Ende entschieden, ehe sie verneinte. "Und wie kann ich da helfen?", fragte sie kleinlaut. "Ich habe doch gar nichts mit den beiden zu tun." "Sie müssen einfach nur mit einander reden, danach kommt alles wieder ins Lot. Davon bin ich überzeugt. Aber bekomm die beiden mal dazu, aufeinander zuzugehen!" Naruto tippte sich an die Stirn, um dieser Unmöglichkeit Ausdruckskraft zu verleihen. "Was hast du denn bis jetzt probiert, außer ihnen zu sagen, dass sie miteinander sprechen müssen?", fragte Hinata. Auf Naruto machte sie einen unsicheren, aber dennoch stark interessierten Eindruck. Wer hätte gedacht, dass auch sie auf Klatsch und Tratsch abfuhr? "Naja … gar nichts. Aber Sasuke will partout nicht und mit Sakura kann ich nicht einmal einen Satz reden, bevor sie mich anschnauzt! Als hätte ich Schuld an der ganzen Sache!" "Und wie soll ich dir dabei helfen?", wiederholte Hinata ihre Frage. Naruto stand auf und setzte sich neben sie. Jetzt möglichst cool sein und nicht diesen nervösen Trottel raushängen lassen … "Ich dachte, dass du vielleicht irgendwie Sakura knacken könntest. Du bist so ruhig und süß, dass man dich gar nicht anmeckern kann." Oh Gott. Er hatte es gesagt. Er hat ihr ein erstes, wenn auch verstecktes, Kompliment gemacht. Natürlich hatte Hinata das ebenfalls bemerkt und presste die Lippen aufeinander. Das kleine Lächeln und vor allem die rot schimmernden Wangen konnte sie trotzdem nicht verbergen. Innerlich klopfte Naruto sich auf die Schulter. Gut gemacht, Kumpel! Wenn man erst einmal seinen eigenen Schweinehund überwunden hatte, war es doch gar nicht so schwer. "Sakura?" Hinata zog den Kopf ein. Natürlich hatte auch sie die Launen seiner Freundin mitbekommen und wenn Naruto ehrlich war, dann stellte Hinata wohl den stärksten Kontrast zu Sakura dar, den man in der ganzen Schule finden konnte. "Naja! Du könntest ja versuchen, sie in eine Besenkammer zu locken und ich schubse Sasuke dazu und dann verriegeln wird die Tür, damit die beiden gezwungen werden, miteinander zu reden!" Hinata kicherte verhalten und wandte sich von ihm ab, nachdem sie Narutos Blick bemerkt hatte. Allerdings nur, um noch lauter zu lachen. "Das ist sehr originell", sagte sie und hielt sich eine Hand vor den Mund. Ihre zuckenden Schultern verrieten trotzdem, dass sie sich noch immer amüsierte – und hatte sie etwa grade versucht, ihn aufzuziehen? Nun musste auch Naruto grinsen. Steckte da etwa noch mehr hinter Hinatas schüchterner Fassade? "Na was auch immer", beeilte er sich zu sagen. "Irgendetwas wird mir sicherlich schon einfallen! Und …" Hinatas abruptes Aufspringen ließ ihn stoppen. "Ist etwas?", fragte er irritiert. "Der Unterricht hat längst begonnen! Ich komme zu spät und du auch!" Panisch starrte sie auf ihre Uhr, schnappte sich ihre Tasche und sprang beinahe Richtung Tür. "Oh", sagte Naruto lediglich, blieb aber gelassen. Es kam ab und an mal vor, dass er unpünktlich war. Kein Grund zur Hektik also. Schulterzuckend nahm auch er seine Tasche und öffnete sine Zimmertür und wollte sie für Hinata aufhalten, die ihm aber zuvorkam und auf die Schulter tippte. "Willst du dir nicht erst etwas richtiges anziehen?", fragte sie, kicherte noch einmal und verschwand eiligst aus seinem Zimmer. ∞ ∞ ∞ "Was stimmt denn mit meinen Hausaufgaben nicht?" Während alle anderen Schüler in die Pause entlassen wurden, kam Sakura auf das Lehrerpult zu und neben Kakashi zum Stehen. Jetzt musste er sich etwas Gutes ausdenken, zumindest so lange, bis alle anderen den Raum verlassen hatten. Die Hausaufgaben aller hatte er natürlich nicht durchgesehen. Wenn er ehrlich war, ärgerte er sich über sich selber, sie unbedingt mitnehmen zu wollen. Warum hat er sich nicht einfach in der Stunde besprochen? "Ich bin mir nicht sicher, ob du das Thema wirklich verstanden hast", begann Kakashi langsam und beobachtete genervt den letzten Schüler, der grade seine Tasche schulterte und endlich, endlich Richtung Flur schlurfte. Schnarchnase! "Nicht verstanden? Also ich fühle mich eigentlich ziemlich sicher was das ganze angeht. Auch im Unterricht selber verstehe ich alles …" Kakashi schmunzelte. Da waren seine Beobachtungen aber doch etwas anders. "Meiner Meinung nach bist du im Moment eher abgelenkt. Du weißt, dass du dir das so kurz vor den Überprüfungen nicht leisten kannst. Was auch immer der Grund für deine fehlende Aufmerksamkeit ist, versuche es in den Griff zu bekommen." "Unaufmerksam?" Sakuras Mundwinkel zuckte und wenn Kakashi es recht sah, dann blähten sich ihre Nasenflügel kurz auf. Oho, da hatte er wohl ihren wunden Punkt getroffen! Treffer versenkt, direkt ins Schwarze! Und eigentlich sollte dies kein Grund dafür sein, sich zu freuen. Kakashi tat es trotzdem. Jetzt hatte er sie, da war er sich sicher. Und irgendwie hatte er doch nach der Aktion mit den Bildern auf dem Lehrertisch noch etwas gut bei ihr, oder? Ein ganz kleines bisschen Stänkern sollte ihm gegönnt sein. "Nun, deine Beteiligung hat stark nachgelassen in der letzten Woche und ich habe öfters das Gefühl gehabt, dich lieber nichtanzusprechen. Ich habe befürchtet, dass du mir nämlich nicht antworten könntest." "Jeder darf doch mal eine schlechte Woche haben!", rief Sakura entrüstet aus. "Aber nicht so kurz vor dem Schluss. Gerade jetzt musst du Vollgas geben. Und da deine geistige Abwesenheit allen Anschein nach etwas mit deinen Freunden zu tun hat, rate ich dir, was auch immer es ist, es schnellstmöglich in den Griff zu bekommen." Wenn er sie nun am richtigen Haken erwischt hatte und sie auf dem Zug aufsprang … Kakashi kicherte innerlich. Er könnte sie richtig schön auflaufen lassen. Und nein, das sollte nicht bösartig gemeint sein. Vielleicht ein bisschen Schadenfroh, so aus Rache. "Wie kommen Sie darauf, dass es etwas mit meinen Freunden zu tun hätte?", fragte Sakura und verschränkte die Arme unter der Brust. Kakashi schmunzelte. "Man muss sehr schlechte Menschenkenntnisse haben, um das nicht zu bemerken, Sakura. Kann ich dir denn irgendwie helfen?" "Helfen?" "Hast du dich gestritten? Auf Naruto scheinst du nämlich überhaupt nicht gut zu sprechen zu sein." "Mit Naruto hat das nichts zu tun! Und ich weiß selber, dass ich mich unfair ihm gegenüber verhalte, aber er ist einfach …" "Dann hat es etwas mit Sasuke zu tun", unterbrach Kakashi sie schlussfolgernd und konnte beobachten, wie Sakura scharlachrot anlief und sich anspannte. Hundert Punkte an mich, dachte er johlend und musste sich zusammenreißen, um nicht triumphierend aufzuspringen. "Ich bin zwar nicht der Experte in Sachen Beziehungen, aber kann ich wirklich nicht helfen?", versuchte er es noch einmal (wenn auch leicht scheinheilig), als Sakura nichtssagend weiterhin neben ihm stand und sich nicht rührte. "Beziehung? Nie im Leben!", zischte sie, woraufhin sich ihre Lippen zu zwei dünnen, weißen Linien verzogen. "Dann war das vor ein paar Tagen aber ein sehr freundschaftlicher Kuss zwischen euch. Aber wer weiß, wie die Jugend heutzutage das handhabt." Kakashi stellte sich absichtlich dumm. Den Kuss hatte er natürlich gesehen, doch hatte er sich nichts weiter dabei gedacht. Viel eher war er der Meinung, dass Sakura und Sasuke zusammen seien. Er hatte immer daran geglaubt, dass sie früher oder später mit einem ihrer Freunde zusammenkäme … Dann hieße es ja, irgendeiner von den beiden muss den anderen ohne Einverständnis geküsst haben. Oha. Das ganz große Drama. Dann kam der Moment, in dem Sakura explodierte (Himmel, hatte das Mädchen ein brodelndes Temperament). "Sie …! Sie, Sie sind ein …!" Seine Schülerin machte eine Kopfbewegung die so betrachtet von Arschloch bis sexy Mann alles bedeuten konnte und stürmte aus dem Raum. Nicht, ohne die Tür lautstark hinter sich zuzuschmeißen wohlbemerkt. Hoffentlich bekam niemand Kakashis kleinen Freudentanz mit, den er vollführte. Endlich hatte er seine Schüler auch mal am Hemdzipfel. ∞ ∞ ∞ Naruto überlegte immer noch, wie er Sakura und Sasuke dazu bringen konnte, miteinander zu reden. Briefe im falschen Namen zu schreiben erschien ihm dann doch zu albern und von all den originellen Ideen kam ihm die 'in einen Raum einsperren' immer noch als die effektivste vor. Allerdings brauchte es immer einen Weg zum Ziel und eben dieser erschien sich als nicht sehr einfach. Trotzdem musste er etwas unternehmen, denn so konnte es nicht weitergehen. Sakura hatte sich anscheinend vorgenommen, dauerhaft schlechte Laune zu haben und es an allen und jeden auszulassen, die ihr in die Quere kamen. Und am liebsten an Naruto. So kam es ihm zumindest vor. Nachdem er eine geschlagene viertel Stunde zu spät zum Unterricht kam und sie ihn lautstark dafür angepflaumt hatte, war sein Plan nur noch standhafter geworden. Es war die eine Sache, für kurze Zeit wütend (warum auch immer) auf ihn zu sein, aber über eine Woche hinweg wollte er nicht mit diesen Launen leben müssen. Schlimmer noch war aber das ständige Hin-und-Her Gerenne zwischen seinen beiden Freunden, das allmählich an seinen Nerven nagte und der Hauptgrund für seine Pläne war. Seine erste Überlegung war, die beiden unter irgendeinen Vorwand in sein Zimmer zu locken. Allerdings wohnte er im Erdgeschoss und der Abstand von Fenster zu Erde war nicht grade so groß, dass es eine Flucht ausschloss. Naruto redete da aus Erfahrung … Sakuras Zimmer wäre gut, aber wie sollte er Sasuke dorthin bugsieren? Ihn nach dem Unterricht in der Schule zu halten, sollte nicht allzu schwer werden. Immerhin tat er dies ab und an, wenn er noch etwas mit ihm und Sakura (oder eben nur mit Naruto, wie auch immer man es nun sehen wollte) unternahm. Und danach? Er konnte doch nicht einfach sagen, dass Sakura einen Unfall gehabt hätte und nun schon die ganze Zeit in ihrem Zimmer warte. Also so dumm war selbst er nicht! Ihm musste dringend etwas einfallen – und bitte möglichst schnell! Als er in die Pausenhalle stürmte, konnte er gerade noch Hinata sehen, die sich von einigen Klassenkameradinnen verabschiedete und allen Anschein nach Richtung Bushaltestelle lief. "Oh, hey! Hinata, warte mal!", rief Naruto und eilte los, um sie noch aufhalten zu können. Vielleicht hatte sie ja mittlerweile eine Idee. Glücklicherweise hatte sie Naruto gehört und war stehen geblieben. Jedoch war deutlich zu sehen, dass sie rot anlief, als ihre Freundinnen zu kichern begannen, sich in die Seite stießen und schnell die Reichweite suchten. Wahrscheinlich nur hinter die nächste Ecke, um zu spannern. "Hast du noch etwas Zeit?", fragte Naruto, sobald er zu Hinata aufgeholt hatte. "Vielleicht kannst du mir ja noch ein bisschen mit dem helfen, was wir heute Morgen besprochen haben." "Wolltest du die beiden nicht in einen Raum einsperren?", fragte sie und er war sich sicher, dass sie ihn im Geheimen gerade auslachte. Sollte es wirklich so sein, konnte sie es allerdings sehr gut verstecken. "Naja, also …" Naruto kratzte sich am Hinterkopf. "Also das ist das einzige, was mir in den Sinn gekommen ist. Aber ich weiß nicht, wie ich sie zueinander bringen soll. Dir ist wirklich nichts mehr eingefallen?" Hinata verneinte. "Wo ist eigentlich Sakura? Ich dachte, ihr hattet gerade zusammen Unterricht?" "Unser Lehrer wollte noch mit ihr sprechen. Zum Glück. Du glaubst ja gar nicht, wie nervig ihre Launen im Moment sind." Naruto überlegte kurz. "Lass uns in den Garten gehen und da weiter sprechen, okay?" Einige Schüler beobachteten die beiden interessiert, als Naruto mit Hinata im Schlepptau über den ganzen Hof Richtung Wohnkomplex und zu seinem Zimmer lief. "Was hast du vor?", fragte sie irritiert, als Naruto ihre und seine Tasche auf seinem Bett abstellte und das Fenster weit öffnete. "Wenn wir von hier aus rausgehen, geht es schneller", grinste er und setzte sich auf das Fensterbrett. Er ging oft in den Schulgarten, wenn er einen klaren Kopf bekommen musste. Weil er zu wirre Gedanken, einen über den Durst getrunken hatte oder doch einmal seine Ruhe haben wollte. Bis auf einige Lehrer verirrten sich nicht viele Leute in das Stück Grün, das von der Wohnanlage umrandet war. "Wir werden da runter springen?", fragte Hinata entsetzt und stellte sich neben Naruto. Sein Zimmer lag im Erdgeschoss, allerdings musste man über einen kleinen Busch hinwegkommen. Für ihn hatte die Pflanze allerdings noch nie zu Problemen geführt. "Es geht ganz einfach! Siehst du?" Er stieß sich ab, flog für einen kurzen Augenblick und landete sicher auf dem Boden, keinen Meter von Hinata entfernt. "Wenn du möchtest, dann helfe ich dir." Zögerlich strecke er ihr seine Hände entgegen. Wenn sie sich an ihm festhielt, würde sie bestimmt den kurzen Abstand schaffen. "Ich weiß nicht", murmelte Hinata. "Ich bin nicht so gut im Weitsprung …" Weitsprung? Naruto schüttelte irritiert den Kopf. Wenn er sich anstrengte, wäre sogar einer seiner Schritte größer als dieser Abstand. "Na los! Du musst jetzt einfach Vertrauen in mich haben." "Na gut …" Hinata kletterte ebenfalls auf das Fensterbrett, beugte sich weit vor und nahm Narutos Hände. Sie zuckte ein paar Mal unsicher, ehe auch sie sich abstieß und, genauso wie er, sicher neben ihm landete. Ihre Wangen wiesen einige rote Flecken auf, allerdings musste sie lächeln. "Siehst du, war doch gar nicht so schlimm." Naruto ließ lediglich eine ihrer Hände los, ehe er sie durch das Grün, in Richtung einer Bank zog. "Weißt du", begann er, nachdem sich sie setzten. "Ich möchte nicht weiter zwischen Sakura und Sasuke hin und her rennen müssen und vor allem möchte ich nicht, dass wir Sakura verlieren. Seit Tagen ist sie sauer auf uns und ich befürchte, dass sie irgendwann einfach nichts mehr mit uns zu tun haben möchte. Also noch weniger als Momentan." "Mit dir auch nicht?", fragte Hinata überrascht. "Du hast ihr doch aber nichts getan!", protestierte sie. Naruto lachte schwach und drückte ihre Hand. "Das ist Sakuras Logik, die ist nicht einfach zu verstehen. Aber du hast natürlich Recht." Hinata zögerte. "Und du möchtest sie wirklich in einen Raum einschließen, in der Hoffnung, dass sie miteinander reden werden?" "Etwas Besseres ist mir nicht eingefallen", gestand Naruto und starrte kurz hoch zu Sakuras Zimmer. Zumindest in unmittelbarer Fensternähe regte sich nichts. "Und wenn du …" Kurz schien Hinata zu überlegen. "Was ist, wenn du so tust, als seist du in Sakuras Zimmer und bräuchtest dringend seine Hilfe?" "Und weiter?" So in etwa hatte sein Gedankengang auch ausgesehen, allerdings kam danach lediglich gähnende Leere, die ihn nicht weiterhalf. "Du müsstest irgendwie an ihren Schlüssel kommen und Sakura muss natürlich in ihrem Zimmer sein. Und wenn Sasuke dann vorbeikommen sollte …" "… dann gebe ich ihm einfach einen Stoß und schließe die Tür von außen ab! Ich kann mich ja einfach im Bad verstecken!", übernahm Naruto und richtete sich auf. "Du bist genial, Hinata! Das mir das nicht eingefallen ist! Jetzt muss ich mir nur noch ausdenken, wie ich Sasuke zu mir locken kann." "Und du musst ihn natürlich in ihr Zimmer bekommen. Freitags habe ich mit Sasuke zusammen noch einen Kurs, während für euch der Unterricht schon aufgehört hat. Warte doch einfach dann auf ihn und dann kannst du versuchen, sie zusammen einzuschließen. Wenn das überhaupt machbar ist." Das könnte natürlich ein Problem werden. Aber wie hieß es so schön? Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. "Ich hätte es schön gefunden, wenn wir zu viert etwas unternehmen könnten. Ich finde, am Tag, als der Ball war, haben wir uns doch eigentlich alle ganz gut verstanden." Naruto rutschte näher an Hinata und kreiste mit dem Daumen über ihren weichen Handrücken. "Eigentlich sollte das ein richtig schöner Tag werden", murmelte er leise. "Aber er das war er doch", erwiderte Hinata leise. "Vielleicht nicht für Sakura und Sasuke, aber ich hatte eine Menge Spaß mit dir." Erstaunt sah Naruto sie an. Natürlich war Hinata wieder dunkelrot angelaufen. Das kannte er mittlerweile von ihr. "Das freut mich", lächelte er ihr zu. "Und weißt du …", redete er weiter. Das Herz schlug ihm schnell in der Brust und er schluckte nervös. "Als wir zusammen in der Stadt waren und ich dich nach Hause gebracht habe, da wollte ich eigentlich etwas ganz anderes und nicht den Diener vor dir machen." Vorsichtig ließ er ihre Hand los, um seine eigenen sanft auf ihre Wangen zu legen. Zittrig leckte Naruto sich über die Lippen, schaute auf Hinatas, in ihre Augen und wieder zurück auf ihren Mund. Langsam lehnte er sich näher zu ihr. Es war ein gutes Gefühl, das ihn durchströmte. Es fühlte sich richtig an, mit ihr zu sein, sie zu halten. Selbst wenn sie dabei so schüchtern und peinlich berührt war, wie jetzt. Er schloss seine Augen. Natürlich waren Hinatas Lippen weich, als er sie vorsichtig küsste. Vieles an ihr wirkte so zerbrechlich, dass Naruto Angst hatte, sie verletzen zu können. Umso mehr erstaunte es ihn, dass sie sich plötzlich in den Kuss hineinlehnte und unsicher seinen Nacken umschloss. Naruto lächelte leicht, ließ sie los, nur um sie noch näher bei sich halten zu können. ∞ ∞ ∞ Es erschienen unendlich viele Wochen zu sein, bis der Freitag endlich in die Schule einrückte. Naruto hatte das Gefühl, als wäre die ganze Schule in Aufbruchsstimmung, was angesichts des bevorstehenden Wochenendes durchaus möglich sein konnte. Allerdings verhielten sich auch die Lehrer anders als sonst. Zumindest hatte er das Gefühl, dass ihr Klassenlehrer des Öfteren flachsend zu Sakura und Sasuke schaute. Einmal meinte er sogar gesehen zu habe, wie er sich ein schadenfrohes Grinsen verkneifen musste. Aber woher sollte er von den beiden wissen? Zwar gingen mittlerweile in der Schule mehr als nur ein Gerücht über seine Freunde um (einige davon waren so dreckig, dass Naruto nichts anderes blieb, als wegen dieser Vorstellungen rot zu werden), aber dass ein Lehrer …? Nein! Solche Lästertanten waren sie bestimmt nicht. Hoffte er zumindest. Das waren erwachsene Menschen. Die hatten bestimmt andere Probleme, als über ihre Schüler zu tratschen. Ganz sicher. "Du bist jetzt tatsächlich mit Hinata zusammen", stellte Sakura fest. "Du hast ihr aber auch lange genug hinterher gehechelt." "Ich habe ihr nicht …!" Naruto verstummte und musste sich ein Lächeln verkneifen. Wenn es so einfach war, dass Sakura endlich wieder normal mit ihm redete, ihn aufzog, dann wäre er schon viel früher mit Hinata …! Nein, doch nicht. Einfach so zu ihr zu gehen hätte er sich doch nicht getraut und ein bisschen wunderte er sich immer noch über sich selber. Nie im Leben hätte er sich träumen können, Hinata zu küssen. Und das fast so wie aus dem Blauen heraus, wie Sasuke es bei ihrer Freundin getan hatte. In der letzten Zeit war er beinahe jede Pause mit Hinata zusammen gewesen, hatte mit ihr geredet, gelacht, etwas gegessen und sie immer wieder kurz geküsst. Auch wenn sie sich dabei jedes Mal zierte und scheinbar alle Augenpaare der Stadt auf ihnen lagen und sie genauestens beobachteten. Seine feste Freundin … Es hörte sich fremd in Narutos Ohren an, jemanden so zu nennen. Seine letzte 'richtige' Beziehung lag immerhin schon ein paar Jahre in der Unterstufe zurück. "Sag mal", begann Naruto, "kann ich mir deine Mitschriften vom Biounterricht ausleihen und kopieren? Ich schreibe doch immer nicht mit und wenn ich die Klausur schaffen möchte …" Er lachte und kratzte sich am Hinterkopf. Sakura seufzte. "Okay. Ich habe den Ordner in meinem Zimmer, komm mit. Du bist wirklich ein Idiot, Naruto." "Sagt die, die Briefchen bekommt, auf denen steht, dass jemand sie mehr liebt als seine Morgenlatten." "Naruto?" "Ja?" "Halt die Klappe." "Aber du bringst ihn mir gleich wieder, wenn du fertig bist. Und zwar noch heute! Ich muss auch noch lernen." "Jaja", antwortete Naruto nervös und trat von einem Fuß auf den anderen, ehe er sich in Bewegung setzte. Während Sakura ihren Ordner gesucht hatte, war Naruto zu einem Kleinkriminellen geworden, der klammheimlich Sakuras Schlüssel, die sie glücklicherweise achtlos auf ihr Bett geworfen hatte, einsteckte. Jetzt musste er also nur noch darauf warten, bis Sasukes Unterricht beendet war. Und vielleicht sollte er sich wirklich Sakuras Mitschriften kopieren, wenn er sie schon mal hatte … Und hoffentlich blieb Sakura auch in ihrem Zimmer und verschwand nicht irgendwo hin. 'Scheiße man! Du musst mir helfen! Kannst du nach dem Unterricht schnell zu Sakuras Zimmer kommen? Die bringt mich um, wenn sie mich erwischt!' Naruto drückte auf senden und hoffte, dass seine Nachricht an Sasuke glaubwürdig klang. Er hatte extra einen großen Teil ihres Verlaufs nachgelesen, nur um seinen üblichen Tonfall nachahmen zu können. 'Warum?', kam es kurze Zeit später von seinem Freund zurück. Naruto atmete auf. Er hatte ihn also schon mal so weit, dass er auf sein Handy schaute. 'Ich hab mich heimlich in ihr Zimmer geschlichen, um ein paar Sachen zu kopieren, aber jetzt macht ihr Drucker so komische Sachen! Du weißt genau, dass sie es nicht leiden kann, wenn ich einfach so ihre Unterlagen nehme. Sie wird mich umbringen!' 'Rette mich!', schickte er zusätzlich hinterher, und hoffte, dass Sasuke den Ernst dieser nicht existierenden Lage verstand und seinen Hintern in seine Richtung bewegte. Immerhin hockte Naruto bereits seit geschlagenen zehn Minuten hinter der Tür zu Sakuras (und eben denen, die es ebenfalls nutzen) Badezimmer. Zum Glück war noch niemand hineingekommen und hatte ihn erwischt. Wie er sich dann herausreden sollte, wusste er nämlich nicht. Wie oft kam es schon vor, dass irgendein Kerl in dem eigenen Badezimmer stand und stumm auf sein Handy starrte? 'Volltrottel', kam es zurück. 'Fass nichts an, beweg dich nicht und lass vor allem den Drucker in Ruhe. Ich bin gleich da.' Naruto war erleichtert. Jetzt musste er nur noch hoffen, dass Sakura noch in ihrem Zimmer war und er es schaffte, Sasuke schnell genug zu ihr zu stoßen. Den Schlüssel schon mal in das Schloss zu stecken, hatte er sich nicht getraut. Nicht, dass Sakura noch etwas davon mitbekommen hätte. Er musste sich jetzt einfach auf seine Schnelligkeit verlassen und hoffen, dass Sasuke solch einen Überraschungsmoment erlebte, dass er gar nicht richtig reagieren konnte. ∞ ∞ ∞ Fluchend ging Sasuke durch den langen Flur. Natürlich beeilte er sich nicht, um Naruto zu helfen. Dieser Trottel sollte es doch irgendwann einmal schaffen, etwas alleine auf die Beine stellen zu können, ohne dabei Hilfe zu bekommen! Wenn er sich nämlich recht überlegte, wäre Naruto auch (noch) nicht mit Hinata zusammen, hätten er und Sakura ihn nicht in die richtige Richtung gestoßen. Trotzdem kam Sasuke jedes Mal angelaufen, wenn sein Freund etwas brauchte. Dabei hatte er sich jedes Mal geschworen, dass es nun aber endgültig das letzte Mal sei, das er Narutos Hintern rettete. Ein komisches Gefühl durchflutete ihn, als er vor Sakuras Zimmertür zu stehen kam. Wie lange hatte er sie nun nicht mehr richtig gesehen? Lediglich in ihren gemeinsamen Kursen mussten sie gezwungenermaßen beieinander sein. Erst wollte er klopfen, aber dann entschied er sich, einfach in das Zimmer zu platzen. Sollte Naruto doch einen Herzkasper bekommen! Ohne weiter zu zögern, riss er die Tür auf und trat einen Schritt ein, eher er abrupt stehen blieb. In den Raum befand sich kein Naruto, der am Verzweifeln war, sondern eine ziemlich erschrockene Sakura, die an ihrem Schreibtisch saß und sich zum ihm drehte. Sasuke öffnete den Mund, entschloss sich aber gleichzeitig, auf dem Absatz umzudrehen und wieder zu gehen. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, einen Stoß von hinten zu bekommen. Er konnte grade noch so sehen, wie Naruto in Rekordtempo die Tür vor seiner Nase zuknallte, ehe es einmal laut klickte. Natürlich wusste Sasuke, dass Naruto abgeschlossen hatte, er rüttelte trotzdem an der Türklinke. "Schließ sofort wieder auf, du Penner!", rief Sasuke wütend, kannte die Antwort aber ebenfalls. "Nein! Und ich mache so lange nicht auf, bis ihr nicht miteinander geredet habt!", kam es von der anderen Seite. "Naruto!" Doch Angesprochener reagierte nicht. Wahrscheinlich war er einfach gegangen. Sasuke drehte sich um, lehnte sich gegen die Tür und starrte Sakura an, die noch immer unbewegt auf ihrem Schreibtischstuhl saß und scheinbar nicht wusste, wie ihr gerade geschah. Natürlich war er schon oft in diesem Zimmer gewesen, aber noch nie mit diesem befangenen Gefühl, das er gerade verspürte. Tief in ihm wusste er, dass er Sakura eine Erklärung schuldete, ein anderer Teil sagte ihm aber, dass er ihres Verhalten wegen wütend auf sie ein sollte. Was war das denn für ein Benehmen – einfach wie ein kleines Kind wegzurennen? Hätte sie sich nicht so plötzlich davon gemacht, wäre er sicherlich ebenfalls geblieben und die beiden hätten klären können, was passiert war. Aber Sakura war nun einmal nicht da geblieben, sondern gegangen. "Sorry, dass ich einfach reingeplatzt bin", unterbrach Sasuke nach längerem ihr stilles Starren. "Ich dachte Naruto wäre hier." "Aha", kam die einsilbige Antwort. Sakura hatte sich noch immer nicht großartig bewegt. Saß nur da und schaute. Ihr Gesicht verriet keinerlei Mimik und Sasuke wusste nicht, ob sie mehr hören wollte, oder nicht. "Er meinte, er wollte heimlich einige Sachen von dir kopieren und dein Drucker hätte Probleme gemacht", fuhr Sasuke monoton fort. "Du würdest ihn umbringen, wenn du ihn erwischst, hat er mir geschrieben." Sakura schnaubte. "Was für ein Idiot." Und als wäre dies ihr Stichwort, drehte sie sich demonstrativ um und begann, wie wild auf die Tasten ihres Laptops zu hauen. Sasuke bezweifelte, dass sie so auch nur ein einziges Wort richtig schreiben konnte. Nach einiger Zeit, Sasuke hatte sein Zeitgefühl komplett verloren, stieß er sich von der Tür ab und trat hinter Sakura. Sie arbeitete gerade eine Hausaufgabe für die nächste Woche aus. "Du hast da was …" "Warum hast du mich geküsst?!" Sakura war aufgesprungen und stand nun dicht vor ihm. Ihre Nasenspitze hätte beinahe seine Halsmulde berühren können. "… falsch geschrieben." "Und warum setzt du irgendwelche komischen Gerüchte über uns in die Welt?!" "Das war nicht mit Absicht!", rechtfertigte Sasuke sich prompt. "Und warum sagst du dieser Sumi, dass du 'nichts mit mir anfangen würdest'?" "Was?" "Warum redest du mit ihr über mich?" "Warum sollte ich mit ihr über dich reden? Ich mag Sumi nicht einmal!" "Moment." Sasuke hob einhaltend die Arme und machte einen Schritt rückwärts. "Und warum erzählt sie mir das dann?" Es war erstaunlich, wie viele Sätze sie miteinander wechseln konnten, ohne wegzulaufen. Aber … hah! Das war ja momentan eh nicht möglich … "Was weiß ich? Frag doch Ino! Sie ist schließlich eine Freundin von … oh. Ino!" Sakura sah aus, als wäre ihr soeben etwas in den Sinn gekommen, dass Sasuke verpasst hatte. "Was?", war es nun an Sasuke zu fragen. "Nichts. Gar nichts", errötete Sakura. "Und jetzt beantworte mir endlich meine Frage!" Sasuke holte tief Luft und ging noch ein Stückchen nach hinten, um Sakura normal ansehen zu können. Das Blut in seinen Adern pulsierte heiß. "Ich weiß es nicht", gestand er. Wie viele verdammte Male hatte er sich diese Frage im Geheimen schon gefragt und keine Antwort gefunden? Es war zum Haare ausreißen! Eine blöde Kurzschlussreaktion, die für einen Moment sein Denken ausschaltete und ihn einfach nur handeln ließ. Mehr war es nicht! "Du weißt also nicht, warum du aus heiterem Himmel fremde Menschen küsst?", zischte Sakura. "Du bist nicht fremd für mich! Ebenso wenig, wie es für dich bin. Deshalb solltest du wissen, dass ich sonst immer nachdenke, bevor ich handle!" "Dann ist dieses eine Mal aber gründlich in die Hose gegangen, Sasuke!" Seinen Namen nach so langer Zeit wieder aus ihrem Mund zu hören, klang fremdartig. Dabei war es eigentlich etwas, was ihm so vertraut wie wenig anderes war. "Es tut mir Leid, okay?", sagte er leise. "Ich weiß auch nicht, was mich da geritten hat." Erschrocken hielt er die Luft an, als er sah, dass sich in ihren Augen Tränen sammelten. Da rang er sich eine Entschuldigung ab und sie musste weinen … "Man, warum hast du das gemacht?", flüsterte sie, ehe der erste Tropfen ihre Wange hinunterrann. "Können wir das nicht einfach vergessen und so tun, als wäre nichts passiert?", zerknirscht schaute er Sakura an. Er hatte es noch nie leiden können, wenn sie weinen musste. Vor allem trug er allen Anschein nach momentan die Schuld daran. Er konnte es drehen und wenden wie er wollte. Er fand keinen anderen Ausgang aus dieser Situation. "Das ist nichts, was ich einfach vergessen kann", schniefte Sakura. "Jetzt ist eh nichts mehr so wie immer! Obwohl meine Freundinnen sagen, dass ich mich nicht so anstellen soll." Sasuke unterdrückte den Drang danach zu fragen, warum sie es unbedingt ihren Freundinnen erzählen musste. Sasuke kannte keine größeren Lästermäuler an der Schule, als sie es waren. Auch wenn er ihnen irgendwo Recht geben musste. Sie stellten sich wirklich nicht so an, als wären sie zwei mehr oder weniger erwachsenen Menschen, sondern eher wie kleine Kinder, die einen Konflikt nicht anders zu lösen wussten, als einfach nicht mehr miteinander zu reden. Er zögerte, eher er ungelenk die Arme um Sakura legte und sie in eine alles andere als bequeme Umarmung zog. "Und was machen wir jetzt?", fragte er leise, als er bemerkte, dass Sakura ihn nicht von sich stieß, sondern ebenfalls ihre Arme um seinen Körper schlang und laut in sein Oberteil schluchzte und heulte. "Es macht mich fertig, wenn wir zerstritten sind", konnte er in ihrem Genuschel erkennen. "Und dann bin ich auch immer noch so gemein zu Naruto. Dabei will ich das gar nicht! Wer bin ich denn ohne euch?" Es war schrecklich, wie sie sich die ganze Zeit auf einem Punkt drehten, ohne voran zu kommen. Aber immerhin redeten sie miteinander – und Sasuke hatte es sich weitaus schlimmer vorgestellt mir ihr zu sprechen, wenn sie es denn je wieder getan haben sollte. Auch konnte er nicht beurteilen, ob Sakura noch immer sauer auf ihn war. Aber würde sie dann in seinen Armen liegen und weinen? Wahrscheinlich sollte er erst einmal seine eigenen Gefühle verstehen, bevor er es bei ihr versuchte. So ein großes Chaos in seinem Inneren hatte er noch nie erlebt. "Sakura?" Er schloss die die Augen und lehnte seine Stirn gegen ihre. "Und was ist, wenn du mich jetzt einfach küsst?" Kapitel 8: Achter Teil ---------------------- Achtes Kapitel: Einen Knall haben »Manchmal muss Altes losgelassen werden, um anderem zu weichen« Unweigerlich zog Sasuke den Reißverschluss seiner Jacke höher, als er die Schule betrat und anscheinend sämtliche Blicke auf ihm ruhten. Normalerweise ließ er sich immer Zeit, doch nun hastete er eilig durch die verschieden Gänge, um zum Unterrichtsraum zu gelangen. Er war nicht gerne das Zentrum aller Aufmerksamkeit. Im Moment fühlte er sich jedoch, als hätte er irgendetwas Widerliches im Gesicht. Natürlich hatte auch er von den Gerüchten gehört, die herumkursierten, doch nun, da sie ja in gewisser Weise stimmten, schienen sie ihm noch präsenter zu sein. Dabei sollte es eigentlich niemand wissen können, was gestern alles in Sakuras Zimmer passiert war. Oder eben nicht. Als er endlich das Klassenzimmer erreichte, konnte er bereits den blonden Hinterkopf seines Kumpels ausmachen. Der Sitzplatz Sakuras hingegen war noch leer. Ein merkwürdiger Umstand, wie Sasuke fand. Normalerweise kam Naruto immer als einer der letzten, während ihre Freundin unlängst im oder vor dem Raum wartete. "Alter, bist du gerannt?", kam es ihm statt einer Begrüßung von Naruto entgegen, als Sasuke schwer atmend zu ihrem Tisch kam und seine Tasche abstellte. Er setzte sich und kramte seine Wasserflasche hervor. "Wie im Zoo …", nuschelte er und setzte die Öffnung an seinen Mund, um die kühle Flüssigkeit trinken zu können. "Die gaffen herum, als wäre ich ein verdammter Löwe oder so." "Löwe würde ich jetzt weniger sagen", lachte Naruto, musterte ihn dann aber neugierig. "Wo ist Sakura? Ich glaube, ihr seid eher so zwei Hasen, die den ganzen Tag nur am Rammeln sind und … Aua!" Während Sasuke ihm entrüstet gegen den Oberarm geboxt hatte, zog sich gleichzeitig ein dickes Schulbuch über Narutos Kopf. Mit böser Miene stand Sakura hinter ihnen und schnaufte. "Ganz bestimmt nicht", pustete sie Naruto in das Gesicht, der sich seinen lädierten Hinterkopf rieb. "Wie du eine Freundin abbekommen hast, ist mir mittlerweile ein echtes Rätsel!" "Sagt die, die Zettelchen mit irgendwelchen Sprüchen über Morgenlatten bekommt!", konterte er und Sasuke verdrehte nur genervt die Augen. "Aber jetzt erzählt doch mal! Was war denn nun gestern? Als ich wieder aufgeschlossen habe, saßt ihr nur wie die Blöden da!" Sasukes Herz schlug schneller und er musste einmal schlucken, bevor er antworten konnte. "Was soll schon passiert sein?" "Und was ist mit diesem riesigen Knutschfleck an Sakuras Hals?" Sasuke wurde unmittelbar wärmer. "Netter Versuch, Blödmann. Aber wo nichts ist, da ist auch nichts." Sakura hatte sich ihren Stuhl geschnappt und zu ihnen herumgedreht. Trotzdem hatte er das Gefühl, dass ihre Augen einmal kurz zu ihm huschten. Ganz so, als wollte sie abschätzen, was er alles erzählt hatte. Gleichzeitig schien es wie ein stilles Abkommen zwischen ihnen, dass sie einfach nichts über den letzten Tag erzählten und ihren Freund im Dunkeln tappen ließen. Sakura konnte taff sein, das musste man ihr lassen. "Ich bin neugierig!" "Und stellst die komischsten Fragen, die niemand anderem außer die einfallen können!" Noch bevor Naruto dazu kam, sich auch nur in irgendeiner Art und Weise zu verteidigen, kam ihr Lehrer eilig hereingeschneit und begann den Unterricht. Sasuke fuhr sich über den Nacken. Er saß, zusammen mit Naruto, auf ihrem angestammten Sitzplatz in der Pausenhalle und fühlte sich nach wie vor beobachtet. Die letzten Tage war er noch so in seine Gedanken versunken gewesen, dass er es wahrscheinlich einfach nicht mitbekommen hatte, doch heute spürte er die ganzen Fragen, die sich die anderen Schüler über ihn stellten, regelrecht gegen ihn fliegen. Und warum mussten Ino und Karin, Freundinnen von Sakura, immer so verschmitzt grinsen, wenn sich ihre Blicke kreuzten? Sakura würde doch kaum …? Naruto hingegen schien nichts Ungewöhnliches zu bemerken. Er aß voller Vergnügen ein Sandwich, das er sich geholt hatte und fing hektisch an zu winken, sobald er Hinata sah, die soeben den ausladenden Flur betreten hatte. Vielleicht bemerkte er die Blicke auch nicht, weil er sich generell zum Trottel machte und immer angeschaut wurde. Das härtete bestimmt ab. "Hey", lächelte Hinata, als sie sie erreichte, setzte sich neben ihren Freund und ließ sich einen Kuss geben. Sasuke schaute weg, wollte den beiden einen Moment geben und konnte Sakura entdecken, die aus Richtung Spinde kam und ihr Mathebuch unter dem Arm eingeklemmt trug. Entweder beachtete sie die tuschelnden Leute nicht oder – und das nahm Sasuke nun nicht an – bemerkte sie sie ebenfalls nicht. Sicherlich ignorierte sie dir anderen einfach. Oder? Wenn er genauer hinsah, konnte er doch erkennen, wie ihre Augen jeden einzelnen Schüler, der auffällig unauffällig über sie zu reden schien, genau ins Visier nahmen. Also störte sie es auch. Eine merkwürdige Art der Zufriedenheit breitete sich in ihm aus. Ein ganz kleiner Teil in ihm war froh, dass gewisse Ereignisse auch nicht spurlos an ihr vorbeigegangen waren. "Hallo, Hinata!" Lächelnd ließ Sakura sich zwischen ihn und Naruto plumpsen, dessen Freundin sie ebenfalls begrüßte. "Komisch, wieder hier mit euch zu sitzen", begann Naruto und Sasuke konnte schwören, dass er wusste, worauf diese arglose Konversion hinauswollte. "Die letzten Tage seid ihr euch schließlich immer aus dem Weg gegangen. Und jetzt plötzlich nicht mehr. So, als hätte jemand mit dem Finger geschnipst und alles wäre wieder gut." Er griff nach Hinatas Hand und drückte sie einmal. Sasuke konnte schwören, dass Sakura sich ein genervtes Stöhnen verkniff und dass ihnen Hinata irgendwie einen sehr neugierigen Blick zuwarf, wenn auch nur kurz. Danach schaute sie auf ihre mit Narutos verschränkten Fingern und wurde rot. "Stimmt. Sorry", begann Sakura gedehnt. "War bestimmt blöd für dich." Allerdings schaute sie während des Sprechens provozierend zu Sumi, die sich unweit von ihnen hingestellt hatte und Sakura alles andere als freundlich anstarrte. Aufgrund ihrer geringen Körpergröße sahen die in die Seiten gestemmten Hände nicht sehr bedrohlich aus, doch mittlerweile hatte Sasuke gelernt, dass die Köpergröße eines Mädchens nichts zu sagen hatte. Wenn er es sich recht überlegte, war seine Mutter auch nicht die größte und wenn sie wollte, konnte sie in Sekundenschnelle die Hosen in ihrer Familie an haben, sodass sogar sein Vater nach ihrer Pfeife tanzte. Und das sollte schon etwas heißen. "Warum guckt Sumi so böse?" Hinata hatte sie auch bemerkt und beugte sich nun etwas vor, um das Mädchen besser sehen zu können. "Im Unterricht sieht sie eigentlich immer ganz nett." "Ganz nett?", fragte Sakura und auch Sasuke hätte sich beinahe lachend an die Stirn getippt. "Sie ist jetzt nicht der Teufel, aber sicherlich auch kein Engel …" Gut, so genau konnte er das nicht bewerten, aber sie hatte etwas Hinterlistiges an sich. So viel hatte er doch mitbekommen. "Ich finde, sie sieht so aus, als wolle sie dir am liebsten eine reinhauen", flüsterte er Sakura ins Ohr, die daraufhin doch zu schmunzeln begann. "Weißt du was? Dann schlag ich auch zu." Sasuke lachte. Das wollte er sehen. Sakura schaute nun zu ihm und er war sich sicher, dass sie überlegte, ob sie ihn einfach vor den Augen aller küssen sollte. "Ich würde das jetzt nicht noch provozieren, hinterher hast du wirklich noch ein Veilchen um dein Auge, oder so." "Aber die Leute würden aufhören zu reden." "Was tuschelt ihr da?", fragte Naruto und beugte sich ebenfalls zu ihnen. Sasuke musste grinsen, dann lehnte er sich noch ein Stückchen weiter vor und legte seine Lippen für den Bruchteil einer Sekunde auf Sakuras. Wahrscheinlich bildete er es sich nur ein, aber die ganze Pausenhalle schien zu verstummen. "Uhrg!", war das erste Geräusch, das zu hören war und gleichzeitig von Naruto kam, ehe die Welt sich dazu entschloss, dass es wohl doch keinen Grund gegeben hatte, um sich nicht mehr weiterzudrehen. ∞ ∞ ∞ 'Musstet ihr das machen?!' Sasuke lachte unweigerlich kurz auf, als er die Nachricht von Naruto las. Er hatte sie den ganzen Tag so entgeistert angeschaut, als hätten er und Sakura eröffnet, dass sie eigentlich von einer anderen Galaxie kämen und hier nur Urlaub machten. 'Küsst du Hinata nicht auch ständig?', schrieb er zurück. 'Seine eigenen Freunde dabei zu sehen ist wie seine Eltern dabei zu erwischen, wie sie es miteinander treiben!' Sasuke zog eine Augenbraue in die Höhe. 'Außerdem sind wir zusammen, du Penner! Ihr nicht!', kam der Nachtrag, ehe er noch weiter über die vorherige Nachricht denken konnte. Aber vielleicht wollte Sasuke das auch gar nicht. Sicher ist sicher. Am besten sprach er das auch nicht an. Zu viele Informationen waren zu viele Informationen. 'Oder seid ihr jetzt zusammen? Könnt ihr mich irgendwie mal aufklären?!' Sasuke lachte noch einmal. Kurz überlegte er, dann schrieb er Sakura. ∞ ∞ ∞ "Ja?", rief Sakura durch ihr Zimmer, nachdem jemand von außen lautstark an ihre Tür hämmerte. Sie vermutete Naruto, der sich nun endlich von seinem Schock erholt hatte und sie mit Fragen löchern wollte. Es polterte noch einmal, sodass Sakura genervt aufstand, die Tür aufriss und entgegen ihrer Annahme nicht Naruto, sondern einer wütenden Sumi gegenüber stand. Irgendwo hatte sie wohl damit gerechnet, aber dass sie so kurz nach Unterrichtsschluss gleich auftauchte, hätte sie nicht gedacht. "Hast du einen Knall oder so?", rief Sakura, als Sumi sie zurück in ihr Zimmer schubste, selber eintrat und die Tür hinter sich mit Schwung zurück in die Angeln warf. "Du bist hier die, die den Schuss nicht gehört hat!", keifte Sumi zurück. In ihren Augen hatten sich Tränen gesammelt. "Warum hast du was mit Sasuke angefangen? Ist es nicht offensichtlich, dass ich ihn mag?" Wütend stampfte sie einmal mit den Fuß auf. "Ich hab Ino doch nicht umsonst zu dir geschickt!" Perplex schaute Sakura sie an. "Du warst das also wirklich, die Ino gesagt hat, dass sie mir sagen soll, dass ich Sasuke in Ruhe lassen soll? Weißt du eigentlich, wie dämlich das ist?!" "Dämlich?! Was hätte ich denn sonst machen sollen? Und jetzt hat er sich in dich verknallt und will nichts mit mir zu tun haben." Abwehrend hob Sakura ihre Arme. In so einer surrealen Situation hatte sie sich noch nie befunden. Innerlich war sie darauf eingestellt gewesen, dass Sumi eine Furie wurde und ihr die Augen auskratzen oder sonst was antun wollte. Aber sicherlich nicht mit so etwas! "Ich weiß nicht, ob Sasuke überhaupt wusste, wer du bist, wenn ihr ehrlich bin", gestand sie. Sumi heulte einmal auf, ehe sie Sakura hart vor die Brust stieß. Ein bisschen Aggressionen waren also doch da … Und obwohl sie es Sasuke gesagt hatte, schaffte sie es nicht, irgendwie großartig wütend zu werden. Sauer vielleicht, aber eigentlich empfand sie (wie sie mit Schrecken feststellte) fast so etwas wie Mitleid mit Sumi. Auch sie wusste wie es war, wenn man einen Kerl toll fand, der aber (anscheinend) Interesse an einer anderen zeigte. "Was findet er so toll an dir?! Du hast so kleine Dinger, du kannst mir nicht erzählen, dass er darauf steht! Und sonst hast du auch nichts, was ich nicht habe!" Sakura schnappte einmal nach Luft. Ein bisschen gemein wurde sie ja schon. Und nur, weil sie keine Monsterbrüste aufweisen konnte, hieß das immer noch nicht, dass sie so flach wie ein Brett war! "Freundschaft. Ich bin mit ihm befreundet, du nicht. Ganz einfach", erwiderte Sakura bissig und verschränkte die Arme unter ihrer Brust – auch wenn sie davon nicht unbedingt größer aussah. "Du kannst mich mal!", zischte Sumi, ehe sie sich auf dem Absatz umdrehte und fluchtartig das Zimmer verließ. Die Tür blieb offen. Noch immer verwundert starrte Sakura auf die Stelle, wo vor wenigen Augenblicken noch ihr unfreiwilliger Besuch gestanden hatte. Sie wusste nicht genau, was sie nun darüber denken sollte. Da kreuzte dieses Mädchen auf, machte sie lediglich halbherzig zur Sau und ging dann wieder? Hoffentlich kam da nichts Schlimmeres auf sie zu … Sakura wurde erst wieder aus ihren Gedanken gerissen, als ihr Handy kurz klingelte und ihr so eine eingegangene Nachricht mitteilte. "Mehr hat sie nicht gesagt?" Sasuke saß auf seinem Bett und schaute Sakura so verwundert an, wie Sakura es vor ungefähr einer Stunde auch war. Er hatte vorgeschlagen, dass sie doch zum ihm kommen könne, woraufhin sie zugestimmt hatte. Sie hatte unbedingt mit jemandem reden müssen und da Ino eine Freundin von Sumi war, fiel diese schon einmal weg und auf die Zurechnungsfähigkeit von Naruto konnte sie wahrscheinlich immer noch nicht zählen. Also hatte sie alles Sasuke erzählt, sobald sie bei ihm ankam und sich ebenfalls auf sein Bett gesetzt hatte. Nur, dass er eventuell in die verliebt sein könnte, hatte sie außen vorgelassen. Soweit hatte ihre 'Unterhaltung' gestern doch nicht geführt. Auch wusste sie nicht, ob sie dieses Thema ansprechen sollte. Einerseits war sie zu froh darüber, endlich wieder mit ihm zu reden und wollte das nun eigentlich auch beibehalten, andererseits war diese Sache mit dem Kuss auf dem Ball für sie noch immer nicht so richtig geklärt. Sie waren schon immer gut darin gewesen, unangenehmen Situationen nicht gerecht zu werden, indem sie nach einiger Zeit einfach ignoriert wurden. Allerdings war dies bis jetzt immer nur in anderen Situationen passiert und nicht in einer, die sie so direkt betraf. Und sie hatten herumgeknutscht. Nicht unbedingt wenig, um genau zu sein. Sie hatte Sasuke tatsächlich geradeso davon abhalten können, ihr einen Knutschfleck zu verpassen. Was Naruto dazu gesagt hätte, wollte sie sich gar nicht vorstellen. "Danach ist sie einfach weggelaufen", bestätigte Sakura Sasukes Frage. "Meinst du, sie wird dich in Ruhe lassen?" "Ich glaube, die Frage ist eher, ob sie dich in Ruhe lässt. Spätestens jetzt kannst du nicht mehr leugnen zu wissen, dass sie auf dich abfährt." Sasuke schnaubte nur, sodass Sakura grinsen musste. Es stimmte schon. Wenn es um Mädchen ging, stand Sasuke so dermaßen auf dem Schlauch, dass es schon wieder lustig war. Vor zwei Jahren hatte sich ein Mädchen aus einem der unteren Jahrgänge für ihn interessiert. Allerdings hatte er das erst verstanden, nachdem Sakura und Naruto ihn viel später darüber in Kenntnis gesetzt hatten. "Irgendwie hat sie mir sogar etwas leidgetan, weißt du?" Sasuke schnaubte abermals. "Mir nicht. Wer Gerüchte über mich in die Welt setzt kann, der wird auch nicht von mir bemitleidet." "Naja", kicherte Sakura. "Sie hat lediglich das weitererzählt, was du ihr erzählt hast." Böse funkelte Sasuke sie an und drehte sich zu ihr. Der Lattenrost knacke dabei leise. "Verteidigst du sie auch noch?" "Es ist nur die Wahrheit", lachte Sakura laut. "Das musst selbst du zugeben." Sasuke brummelte etwas Unverständliches und ließ es darauf beruhen. "Warum wolltest du eigentlich, dass ich herkomme?" Neugierig musterte sie ihn. Vor gewissen Ereignissen hatten sie sich natürlich auch nur zu zwei getroffen, aber im Moment wusste Sakura nicht recht, auf welcher Ebene sie standen. Sasuke hatte sie bestimmt nicht eingeladen, weil ihm langweilig war. "Ist jetzt nicht mehr wichtig", behauptete er. "Erzähl das deiner Oma, aber nicht mir!" Sie stieß ihm mit den Ellenbogen in die Rippen. Sie kannte Sasuke nun lange genug um zu sagen zu können, dass das eine dicke Lüge gewesen war. "Sag schon, was war so wichtig, dass du es mit mir besprechen wolltest?" "Gar – nichts", betonte Sasuke und verdrehte genervt die Augen. Er wusste genau, dass Sakura hartnäckig sein konnte, wenn sie etwas wissen wollte. "Du warst schon immer ein schlechter Lügner! Raus mit der Sprache!" Doch Sasuke tat scheinbar so, als hätte er sie nicht gehört. Sakura schnippte ihm mehrmals gegen den Oberarm. "Hallo? Ich rede mit dir!" "Und ich habe gesagt, dass es jetzt nicht mehr so wichtig ist!" Sakura schloss ihre Augen und holte einmal tief Luft. "Du kannst doch ni-" Sasuke hatte seine Hände auf ihre Hüften gelegt und küsste sie. Unerwartet, plötzlich, schon wieder. Im ersten Moment blinzelte Sakura, da sie diese Attacke nicht hatte kommen sehen können. Sie wurde nicht schlau aus diesem Jungen. Sie konnte, zugegeben, nicht genau verstehen was er wollte – zumal er sie allen Anschein nach zum Schweigen bringen wollte. So viel Verstand konnte sie einsetzten. Allerdings hatte sie den leisen Verdacht, dass Sasuke selber nicht wusste, worauf er hinauswollte. Seine Lippen bewegten sich vorsichtig gegen ihre, bevor seine Zunge sachte gegen sie stupste. Sakura unterdrückte ein Seufzen, ehe sie sich ihm hingab und ihre Arme um Sasukes Nacken schlang und sich näher an ihn drückte. Eigentlich war es ein schönes Gefühl ihn zu küssen, das musste sie sich eingestehen. Und Sasuke hatte schnell herausgefunden, wie er zu küssen hatte, damit es ihr gefiel. Seine Lippen fühlten sich warm und irgendwie vertraut auf ihren an. Nicht so wie der paar Jungen, mit denen sie bis jetzt ausgegangen war und mit denen sie nicht einmal befreundet war, bevor sie mit ihnen zusammenkam. Es war ein seltsamer Unterschied, wie sie fand und wenn Sakura ehrlich zu sich selber war, fühlte sich der Kuss mit Sasuke viel echter an. Einfach, weil sie ihn kannte und ihn – wenn auch auf eine andere Art und Weise – liebte. Ihre intensiven Küsse unterbrachen, als er sie vorsichtig auf seine Bettdecke drückte. Er hauchte ihre Wangen und ihr Kinn hinab, ehe er sich ihrem Hals hingab und ihn sanft mit seinen Lippen abtastete. Sakura legte ihren Kopf in den Nacken und drückte ihr Rückgrat durch. Sasuke hatte gestern schon bemerken dürfen, dass sie dort besonders stark auf seine Berührungen reagierte. Trotzdem versuchte sie, ihn zurückzuhalten. "Nicht", flüsterte sie, ehe sie ihn wieder zu sich hochzog und erneut in einen Kuss verwickelte. Sasuke stützte sich auf seinen Armen neben ihr ab und sie musste sich eingestehen, dass sie das Gefühl dieser besonderen Gefangenschaft anstachelte. Ein Teil in ihr war über diesen Sasuke, der scheinbar doch nicht nur auf der platonischen Eben dachte, erstaunt, wollte mehr von ihm kennen lernen und wissen, wie er auf sie reagierte. Ein anderer, irgendwie kleinerer Teil war traurig bei dem Gedanken, dass ihre Freundschaft wohl nie mehr so werden würde, wie sie einst war. Neckisch biss sie ihm in die Unterlippe, sodass Sasuke sich von ihr löste. "Hey!", raunte er. Ein Grinsen zierte sein Gesicht und seine Augen schienen einmal im Schalk aufzublitzen, ehe er sich mit seinem vollen Gewicht auf ihr niederließ und ihr so kaum noch Bewegungsfreiheit ließ. Sie schaffte es gerade noch so, eines ihrer Beine um seines zu schlingen, eine Hand in sein Haar und die andere in die Bettdecke zu krallen. Abermals trafen sich ihre Münder und Sakura entwich ein Keuchen, über das sie sich selber erschrak. Nie hätte sie gedacht, dass sie es so anmachte, in ein Bett gedrückt zu werden. Vor allem nicht von Sasuke, dem sie dieses Handeln nie zugetraut hatte, wenn man bedachte, dass er bis vor kurzem noch nicht einmal geküsst wurde. Er saugte an ihrer Lippe und strich mit seinem Daumen sanft über die Kuhle ihres Schlüsselbeines entlang. Egal, was Sakura versuchte, er ließ sie nicht zum Zuge kommen, sodass sie resigniert nach- und sich ihm hingab. Erst das Klopfen an seiner Zimmertür veranlasste Sasuke dazu, von ihr abzulassen. "Der Tisch ist gedeckt!", rief seine Mutter von außen. "Wir sind gleich da!", antwortete er und begann noch im gleichen Atemzug damit, Sakura erneut zu küssen. ∞ ∞ ∞ "So etwas kann man doch nicht einfach so sagen!" Sasuke glaubte, dass sein Herz ein Stück Richtung Hose rutschte. Es hatte ihn so einiges an Mut gekostet und war ihm ziemlich peinlich gewesen, sie zu fragen. Er hatte Sakura gebeten, nach dem Unterricht mit ihm in den kleinen Garten hinter dem Gebäudekomplex zu kommen, in dem seine Freunde ihre Zimmer hatten. Eigentlich war er recht zuversichtlich gewesen – solange, bis sie sich auf die kleine Bank gesetzt hatten und Sasuke das fragen wollte, was ihm seit einigen Stunden auf der Zunge lag. Seine Entschlossenheit war ihm genau dann abhanden gekommen, als sie ihn mit erwartungsvollen Augen angeschaut hatte. Und trotzdem hatte er es geschafft, sie zu fragen. Auch, wenn er ein paar Mal stocken musste. "Warum nicht?", fragte er. Sasuke hoffte, dass seine Stimme nicht zu zaghaft klang. Die ganze Nacht hatte er wach gelegen und überlegt. Eigentlich hatte er sie bereits gestern fragen wollen, aber dann hatte Sakura ihn mit ihrer Erzählung so dermaßen aus dem Konzept gebracht, dass er es doch nicht mehr geschafft und sie stattdessen geküsst hatte. Taten waren so viel leichter als Worte. "Man entscheidet doch nicht einfach so, ob man nun zusammen ist, oder nicht!" "Wie denn sonst?" Darauf konnte Sakura keine Antwort geben. Vielleicht wusste sie es selber nicht – und wenn Sasuke so zurückdachte, dann war sie eigentlich immer recht überraschend mit ihren Kurzzeitfreunden angekommen. Gerade das war doch aber genau die Art gewesen, wie er ihr vorgeschlagen hatte … zusammen zu sein. Oder es wenigstens zu probieren. "Naja … ich weiß nicht. Aber wäre es nicht komisch, wenn wir jetzt einfach zusammen sind?" Sasuke stutzte kurz. Mit so einer Frage hatte er nicht gerechnet, da die Antwort für ihn klar auf der Hand lag und so offensichtlich war, dass er im Geheimen darauf gehofft hatte, dass sie die gleichen Gedanken wie er hatte. "Alle denken doch eh, dass wir es wären und …" Er zögerte kurz. Es war ihm unangenehm, es auszusprechen. "Jetzt wird es doch eh nicht mehr wie früher werden, nach dem, was ich getan habe. Und ich will nicht, dass das jetzt irgendwie immer zwischen uns hängen wird." Für einige Augenblicke musterte Sakura ihn ausgiebig, ehe sie begann, verhalten zu kichern und sich an ihn lehnte. "Manchmal, glaube ich, bist du der größte Idiot von uns allen." ∞ ∞ ∞ Seufzend starrte Kakashi aus einem der Flurfenster in den Schulgarten hinab. Eigentlich hatte er es sich, wie schon so oft, einfach dort gemütlich machen und alle Geräusche um ihn herum ausblenden wollen. Normalerweise lag der Garten auch immer verlassen da, doch nun hatte er einmal Naruto gesehen, wie er mit einem Mädchen, das er lediglich vom Sehen her kannte, da war und nun saßen Sasuke und Sakura auf der Bank und schienen sich gegenseitig aufessen zu wollen. Kakashi war noch nie so ganz schlau aus dem Handeln von Heranwachsenden geworden, aber konnten sie ihre Aktivitäten nicht bitte irgendwo andershin verlegen? Er war sich nicht einmal mehr sicher, ob er überhaupt noch auf der Bank, die er schon als sein Eigentum betrachtete, sitzen oder liegen wollte. Wahrscheinlich musste er dann immer daran denken, dass seine eigenen Schüler genau hier wild miteinander rumgemacht hatten. Und darauf konnte er verzichten. Er seufzte noch einmal und schaute auf das kleine Buch in seiner Hand. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass seine drei Schüler, die zu manch Zeiten im Kollegium einfach nur noch Chaostrio genannt wurden, sich wieder zusammengefunden hatten. Dabei hatte er die Zeit, in der er keine Überraschungen auf Tischen oder der Tafel vorfinden musste, genossen. So wie er Sakura, Sasuke und Naruto konnte, würde es nicht lange dauern, bis das Theater wieder von vorne losging und sie eine Lehrkraft nach der anderen in den Wahnsinn treiben konnten, wenn sie es denn wollten. Und vielleicht war es an der Zeit, sich ein neues Örtchen zum Lesen seiner Bücher zu suchen. Epilog: Abspann --------------- Epilog: Nicht wie immer »Manchmal muss Altes losgelassen werden, um anderem zu weichen« Es war eine Sache der Zeit und der Gewohnheit, bis man nicht mehr hinter hervorgehaltener Hand über Sasuke und Sakura redete. Natürlich hatte die Tatsache, dass sie tatsächlich ein Paar waren, viele Fragen aufgeworfen und es war einigen Lehrern anzusehen, dass auch sie anfangs verwirrt waren, aber spätestens zum Ende des Schuljahres hatten sich jegliche Gerüchte um sie verflüchtigt. Ebenso wurden Sasukes und Sakuras Zweifel, ob ihre Beziehung wirklich die richtige war, weniger. Vor allem Sakura hatte lange mit sich hadern müssen, bis sie feststellte, dass sie und ihr Freund noch immer ähnlich miteinander umgingen, vor allem, wenn Naruto dabei war. Sasuke war niemand, der seine Beziehung unnötig zur Schau stellte und jegliche Zärtlichkeiten lieber in einen privaten Raum verschob. Naruto traute es sich nicht laut auszusprechen, lediglich Hinata hatte er es anvertraut, aber manchmal dachte er, dass seine Freunde es genossen, zusammen zu sein. Vielleicht bildete er es sich auch nur ein, aber ab und an meinte er sehen zu können, dass sie sich gegenseitig verstohlen einen Kuss gaben, wenn sie sich unbeobachtet fühlten. Zumal Sasuke jedes Mal rote Ohren bekam … Naruto würde es wahrscheinlich nie ansprechen, aber er hegte den Verdacht, dass er und Sakura doch irgendwie ineinander verliebt waren. Auf ihre eigene, komische Art und Weise. Es war merkwürdig, wie viel schneller die Zeit verflog, wenn sie zu dritt, mal zu viert, im Einklang waren, ohne dass es Streitigkeiten zwischen ihnen gab. Ehe sich Naruto, Sakura oder Sasuke hatten versehen können, standen ihnen einige lernintensive Monate bevor. Der Schulabschluss nahte und es hieß, ein passables Zeugnis vorlegen zu können. Naruto hatte das Gefühl, dass jeder Lehrer sie nun für die vergangenen Jahre an Scherzen bestrafen wollte – und dennoch schaffte er seine Klausuren. Sogar seine Mathenote war … halbwegs vorzeigbar. Die größte Freude lag aber wahrscheinlich darin, dass sie sich auch nach der Schulzeit beliebig oft sehen konnten. Während Naruto und Sakura eine Ausbildung begannen und Hinata ein Freiwilliges wissenschaftliches Jahr absolvierte, erhielt Sasuke die Zulassung der Universität in Konoha, sodass auch er bleiben würde. Den Werdegang ihrer Freundschaft zu betrachten war für die drei noch immer ein komisches, aber sie waren sich sicher, dass ihr Treffen zu einen der besten Momente ihrer bisherigen Laufbahn gehörte. Selbst mit allen Höhen und Tiefen, die sie hatten erleben müssen. Und vielleicht mochte ihre Freundschaft nun nicht mehr die sein, die es einmal war, aber sie wurde keineswegs durch etwas Schlechteres ersetzt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)