Diary of a Lady Bat von Ishizuka-Kazumi (What if... Batman was a girl?) ================================================================================ Kapitel 1: The First Night -------------------------- Liebes Tagebuch, Um ehrlich zu sein, hasse ich es, den ersten Eintrag mit dieser fürchterlichen Standard-Floskel beginnen zu müssen, aber leider fällt mir nichts Besseres ein. Bei meinem permanenten Schlafmangel ist ja der Gedanke daran, ein Tagebuch zu führen, schon dämlich genug. Aber ich habe das Gefühl, dass ich bei meinem derzeitigen Lebensstil demnächst ernsthafte psychische Probleme bekommen könnte, und dann werden mir diese Einträge hoffentlich dabei helfen, mich selbst zu analysieren und wieder halbwegs in Ordnung zu bringen, ehe man mich in einer dieser "Besserungsanstalten" verschwinden lässt, wie alle anderen, die sich kritisch äußern. Vermerk Nummer 1: Morgen in der Lesung nach Hinweisen auf Paranoia fragen und mich selbst darauf prüfen Na toll. Ich führe dieses Tagebuch zur Selbstanalyse seit gerade mal zwei Minuten und habe schon den ersten Verdacht auf psychische Probleme. Wenn ich so weitermache, lasse ich mich in zwei Tagen selbst einweisen. Vermerk Nummer 2: Morgen in der Lesung ebenfalls nach Hinweisen auf krankhaftes Befolgen gesellschaftlicher Konventionen fragen und mich selbst darauf prüfen Vermerk Nummer 3: Sinnvolle Ausrede für das Fragen so seltsamer Fragen einfallen lassen, ehe irgendjemand Verdacht schöpft Ich seufze und lege den Stift beiseite, ehe ich das Tagebuch zuklappe und in den kleinen Tresor mit der 26-stelligen Kombination einschließe. "Tagebuch" klingt irgendwie ziemlich bescheuert und kindisch. Vielleicht sollte ich das Ding lieber meine Memoiren nennen. Aber wenn dieses Büchlein an die Öffentlichkeit kommt, bin ich erledigt. Dann hilft mir kein Geld der Welt mehr - und ich muss es wissen, ich bin reich. Na ja, genau genommen ist nur mein Vater reich. Ich überlege kurz, ob ich das Tagebuch wieder herausholen und einen vierten Vermerk bezüglich möglicher Minderwertigkeitskomplexe eintragen soll, aber dann finde ich das doch zu umständlich. Außerdem ist es schon spät, die Zeiger meines Weckers zeigen bereits zehn Minuten nach Mitternacht an. Höchste Zeit für meinen großen Auftritt hier in Gotham City. Ich habe es satt, das Opfer zu sein. Ich habe es satt, angelogen zu werden. Es hat lange genug gedauert, mich auf diesen Moment vorzubereiten. Aber nun werde ich die Dinge selbst in die Hand nehmen. All die Lügner, korrupten Ehrenträger und Mörder sollten sich besser in Acht nehmen. Ich habe genug gelitten. Ich werde dieses Leid anderen ersparen. Der Dress hängt in einem versteckten hinteren Teil meines Kleiderschranks, den man nur mit Netzhautscan öffnen kann. Hat doch seine Vorteile, nur so im Geld zu schwimmen. Was auf den ersten Blick wie einfacher grauer Stoff wirkt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ein Kevlar-Anzug. Schützt gegen Messer, Schläge und auf größere Entfernungen sogar vor Kugeln. Eigentlich habe ich nicht vor, in eine Situation zu geraten, in der ich solchen Schutz nötig hätte, aber man weiß ja nie. Ich bin lieber auf alles vorbereitet. Ich ziehe mir die schwarzen Handschuhe über, dann das Cape mit den Fledermausohren, die die ganzen Hightech-Geräte verbergen, die für meine kleinen Aktionen nötig sind. Das mit dem Fledermaus-Look ist vielleicht etwas zu theatralisch, aber irgendwie passt es doch ganz gut. Es war eine Fledermaus, die sich damals in mein Zimmer verirrt und über ein paar seltsame Zufälle mein Leben zerstört, aber auch gerettet hat. Ich habe sie nachträglich Bruce getauft. Bruce, die Fledermaus. Der Name passt meiner Meinung nach recht gut. Es ist eine Kleinigkeit, an der Hauswand emporzuklettern, das Überwachungssystem lahmzulegen und mich in das Zimmer mit dem Safe vorzuarbeiten. Das Ding wirkt gerade zu lächerlich im Vergleich zu dem, in dem ich vorhin mein Tagebuch verstaut habe. Fast schon als wollten diese Deppen, dass jemand kommt und sie ausraubt. Aber gut, ich will mich nicht beschweren. Mit einem dumpfen Klicken öffnet sich die Tür. Fein geordnet liegen das Geld und die Akten darin. Definitiv genug Informationen um zu beweisen, dass der Chef dieser Firma nicht ganz so legal gehandelt hat wie er immer vorgibt. Ich stecke den gesamten Inhalt in den winzigen Rucksack, der unter dem Cape versteckt ist. Die Akten sind für die Polizei, damit sich mein Image etwas aufbessert, das Geld ist für mich, weil Daddy schon wieder mit dem Taschengeld knausert. Und diese Ausrüstung, die ich gerade trage, war wirklich alles andere als billig. In dem Moment, in dem der Safe leer ist, geht plötzlich laut und schrill der Alarm los. Offenbar war der Boden darin gewichtsempfindlich. Ich fluche leise, dass ich daran nicht eher gedacht und etwas anderes als Ersatz hineingelegt habe. Eine Visitenkarte oder so etwas, wie man es in Filmen immer sieht. Jetzt ist dafür leider keine Zeit mehr. Ich bin beinahe auf dem Dach angekommen, als man mich entdeckt. Lautes Geschrei unter den Männern, die mir nun vorne und hinten im Gang den Weg versperren. Vielleicht sind es Cops, vielleicht Kriminelle. In dieser Stadt trifft wahrscheinlich beides zu. "Hände hoch! Und leg alles, was du genommen hast, vor dir auf den Boden!", schreit einer und richtet seine Pistole auf mich. Ich ziehe eine Schnute und verkneife es mir, den Herren darauf hinzuweisen, dass ich nicht gleichzeitig die Hände hochnehmen und etwas auf den Boden legen kann. Außerdem bin ich hier bestimmt nicht eingebrochen, nur um den Krempel jetzt zurückzugeben. Stattdessen rühre ich mich nicht und warte ab. Auf den richtigen Moment. Der Moment in dem einer von ihnen mir die Chance gibt, hier wegzukommen. Der Kerl redet aber munter weiter. Sein Fehler. "Wer bist du? Und was soll der komische Aufzug? Karneval ist vorbei, Freundchen!" Ich hoffe darauf, dass der Stimmverzerrer, den ich eingebaut habe, seinen Job macht, ehe ich den Mund öffne und antworte. Meine Stimme klingt tiefer und rau, irgendwie richtig unheimlich. "Sehen Sie das nicht, Sir?" Der Mann vor mir zittert. Offensichtlich findet er die Stimme auch unheimlich. Gut. "Schluss mit dem Unfug! Sag endlich, wer du-" Er ist so sehr aus der Fassung, dass er gestikuliert und dabei die Pistole von mir abwendet. Da ist sie ja endlich, meine Chance. Ich renne los, direkt auf ihn zu. Er ist irritiert genug, um nicht sofort zu schießen. Ein blitzschneller Griff zu seinem Handgelenk, eine geübte Gewichtsverlagerung und schon fliegt der Kerl auf seine beiden Kollegen hinter ihm und mein Weg zum Dach ist endlich frei. Meine Lungen brennen von dem ganzen Gerenne, als ich oben ankomme. Außer Atem sauge ich die kühle Nachtluft ein. Ausdauer war noch nie meine Stärke. Vielleicht hätte ich letztes Jahr nicht so oft den Sportunterricht schwänzen sollen. Am Rand des Gebäudes bleibe ich stehen, blicke nach unten auf die Lichter der von hier aus winzig klein erscheinenden Autos. Wie viele Stockwerke hatte das Gebäude noch mal? Fünfundvierzig oder Vierundfünfzig. Ich habe schon immer gerne Zahlendreher gemacht. Hinter mir haben sich derweil die Wachmänner aufgebaut, jeder seine Pistole im Anschlag. Jeder außer dem Kerl, der sich nun sein seltsam verdrehtes Handgelenk hält und hinter den anderen steht. Der sieht gar nicht glücklich aus. "Von hier aus kommst du nicht mehr weg! Ergib dich endlich, du Freak! Du ziehst dich vielleicht wie eine Fledermaus an, aber fliegen kannst du sicherlich nicht!" Ich zwinge mich, nicht zu grinsen. Image bewahren. Los, gib dir Mühe. Die raue Stimme, die mir sogar selbst fremd vorkommt, ertönt wieder. "Sicher...?" Dann stürze ich mich rückwärts über das viel zu niedrige Geländer. Blöde Idee. Wenn ich das Cape als Fallschirm benutzen will, muss ich anders herum in der Luft sein. Toll gemacht. Ein paar Sekunden freien Falls vergehen noch, ehe ich es endlich schaffe mich zu drehen und das Cape aufzuspannen. Über mir wird es laut. Die Kerle haben letztendlich doch noch angefangen zu schießen. Aber ich bin schon zu weit weg, lande in einer dunklen Gasse zwei Straßen weiter neben meinem pechschwarzen Motorrad. Die kriegen mich nicht mehr. "Hey, Prinzesschen! Aufwachen! Wenn der Prof dich hier schlafen sieht, gibt's ein Donnerwetter!" "Als ob du noch nie in der Lesung geschlafen hättest", grummle ich und lasse die Augen geschlossen, die Aufforderung geflissentlich ignorierend. Was ich leider nicht ignorieren kann, ist das Pieksen in meinen Arm, das darauf folgt. "Los, Prinzesschen, wach auf! Oder muss ich erst einen Prinzen finden, der dich wach küsst?" "Hau ab. Lass mich schlafen", fauche ich, öffne nun aber trotzdem die Augen. Was ich sehe, sind zerrissene Jeans voller Sicherheitsnadeln. Ich hebe langsam den Blick. Schottenrock, zerfetztes Tanktop, Lederjacke, kahlrasierter Kopf mit Ausnahme des hochgegelten, blondierten Irokesen in der Mitte. Am Hinterkopf sind es Rastalocken, das weiß ich, auch ohne sie zu sehen. Ich gähne. "Morgen, Mike." "Morgen, Prinzesschen", grüßt er zurück und lässt sich mit einer Zeitung in der einen und einem Kaffee in der anderen Hand auf den Stuhl neben mir fallen. Die Vorlesung beginnt zwar in zehn Minuten, aber das hat ihn noch nie bei seinem Frühstück gestört. Während mein einziger Freund in diesem Saal voll mit Hunderten von Studenten in seiner Tasche nach seinem Essen wühlt, schnappe ich mir die Zeitung. Wehe meine kleine Aktion gestern Abend hat keine Schlagzeilen gemacht. Auf dem Titelblatt prangt in großen Buchstaben "Wer ist der mysteriöse" - ich halte unbewusst die Luft an - "Superman?". Ach, verdammt. Schon wieder dieser Spinner aus Metropolis. Macht nichts außer durch die Gegend zu fliegen und irgendwelche Idioten zu retten. Der reinste Pfadfinder. Ich blättere weiter und sehe auf Seite 3, wonach ich gesucht habe. "Unbekannter im Fledermauskostüm raubt Industriekonzern 'Eugenics' in Gotham City aus - Streng vertrauliche Akten vor Polizeiamt gefunden - Verdacht auf Kooperation Eugenics' mit Drogendealern eventuell bestätigt" Eventuell bestätigt? Was soll das denn heißen? Ich habe diesen Deppen von der Polizei mindestens das Dreifache an Beweisen geliefert, was nötig wäre, um diesen Verdacht zu bestätigen. Offenbar sind da schon wieder Bestechungsgelder geflossen. Wie ich diese Stadt doch hasse. Halbherzig überfliege ich den Artikel, bis ich zum Ende komme. "... teilte ein Sprecher des Sicherheitsdienstes mit, der Täter habe ein Fledermauskostüm getragen. Offiziell hat sich noch niemand zu dem Einbruch bekannt. Der Namenlose wird von den meisten bereits "Batman" genannt." Meine Hand krallt sich fester in das Zeitungspapier. Batman? BatMAN? Okay, ich weiß, ich habe nicht gerade die weiblichste Figur. Meine Oberweite und meine Hüfte könnten stattlicher sein, und meine Taille ein wenig schmaler. Und ich bin ein wenig muskulös, schließlich klettern sich vierzig Stockwerke nicht von allein hoch. Aber haben die mich wirklich für einen Mann gehalten? "Hey, locker, Prinzesschen. Sauer, dass die Herren in den Strumpfhosen dir die Show gestohlen haben? Bist leider nur auf Seite 17, blätter mal vor", reißt mich Mikes Stimme aus meinen Gedanken. Ich streiche das zerknitterte Zeitungspapier glatt und blättere weiter. "Milliardenerbin Beverly Bennett beginnt Psychologie-Studium in Gotham City mit dem besten Durchschnitt seit sieben Jahren", grunze ich leise vor mich hin. Beverly Bennett. Ich hasse meinen Namen. Klingt wie aus einem dieser billigen Schnulzen-Romane. Absolut bescheuert. "Na, BB? Stolz auf dein Genie?" "Nenn mich nicht 'BB'. Du weißt, dass ich den Namen hasse." "Nur mit der Ruhe, Prinzesschen." "Nenn mich nicht Prinzesschen. Du weißt, dass ich das hasse." "Oh, heute sind wir also wieder launisch. Aber man kann sich das wohl leisten, wenn man so einen reichen Vater hat wie du, was?" "Reduzier mich nicht auf das Vermögen meines Vaters. Du weißt, dass ich das hasse." "Ja ja. Dann antworte mir doch endlich mal, ob du stolz darauf bist, dass du so viel intelligenter bist als wir alle hier." Der Professor kommt herein, wie immer zu spät, und beginnt die Vorlesung. Das erspart es mir, Mike darauf aufmerksam zu machen, dass ich es hasse, wenn man mich als Genie darstellt. Jetzt musst ich erst mal aufpassen und etwas lernen. Immerhin hat mir mein Wissen über die menschliche Psyche gestern Nacht das Leben gerettet. Wer weiß, wann das wieder nötig ist. ~*~*~*~ Okay. Erstes Kapitel ist fertig. Zweites auch beinahe. Auf einmal kam die Kreativität über mich. Lassen wir uns überraschen, wo das hinführt. Ich hoffe, ich kann den ein oder anderen ein wenig amüsieren =3 Hosted by Animexx e.V. 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