Von Pausen und Proberaumgesprächen von abgemeldet (OS-Sammlung) ================================================================================ Von Geschwindigkeit und Langeweile ---------------------------------- | von geschwindigkeit und langeweile | Aoi konnte wirklich nicht verstehen, was andere so sehr an Pausen mochten. Wirklich nicht. Lieber würde er alle kleinen Pausen durchmachen und dafür am Ende eine Stunde eher gehen, als ständig fünfzehn Minuten zu warten, dass die anderen sich erholt hatten. Von was auch immer. So eine Probe artete eher selten in wirkliche Arbeit aus, dazu mussten alle wirklich einen richtig guten Tag haben. Und das geschah selten. Ruki hatte sowieso ständig schlechte Laune und meckerte an allen herum, weil er meinte, den Leader raushängen lassen zu müssen, ihr eigentlicher Leader suchte stundenlang nach allem, meistens nach Drumsticks oder wichtigen Unterlagen, manchmal auch nach dem Schlüssel, um sie überhaupt reinzulassen morgens. Reita war eh ein ganz fauler Sack und Uruha war zu langsam, um in der Zeit irgendwas zu schaffen, was produktives Arbeiten ausmachte. Kein Wunder also, dass sie ständig einen Rüffel vom Manager bekamen, endlich mal was zu tun, anstatt nur herumzusitzen. Was sie dann meistens nachts taten. Überstunden waren auch noch so etwas, das er nicht ausstehen konnte, aber leider mussten sie sich an die Termine halten, und nachts war dann meist auch in Uruhas Hirn angekommen, dass sie proben wollten oder noch einen Song zu besprechen hatten. Gelangweilt blickte er die Decke an, die weit über ihm war. Er lag auf dem Boden, die Füße unter den niedrigen Tisch gestreckt, an welchem Kai kniete und mal wieder etwas suchte. Heute waren Reita und Ruki dazu verdonnert worden, Kaffee zu holen, damit wenigstens einmal das Getränk noch warm und trinkbar war, bevor sie ›weitermachen‹ mussten. Meistens gingen er und Uruha, aber der Andere war zu langsam und er redete zu viel. Dabei schwieg er schon mindestens seit fünf Minuten! Und bestimmt würde er das auch die restlichen zehn schaffen! Aoi schob seine Arme unter den Rücken, stemmte sich ein wenig hoch, um mit überstrecktem Kopf einen Blick hinter sich werfen zu können. Von hier aus konnte man in den Nebenraum gucken, dessen Tür offenstand und in welchem sie probten. Und man konnte Uruha sehen. Der Leadgitarrist stand wie versteinert neben seinem Verstärker und schien – für Unwissende – auf etwas zu warten. In Wirklichkeit arbeitete sein Gehirn gerade auf Hochtouren, versuchte zu verstehen, warum es so ruhig war, zu realisieren, dass sie Pause hatten und dass alle anderen nicht mehr im Raum waren. Anscheinend hatte niemand den Anderen vorhin an die Hand genommen und auf das Sofa hier am Tisch gesetzt. Egal, der würde schon noch früh genug merken, dass er mal wieder dabei war, die Pause zu verpassen, wenigstens hatte er kapiert, dass die Probe bereits begonnen hatte. Obwohl sich Aoi schon fragte, wie Uruha das machte, dass er während eines Lives – und auch während den Proben – perfekt die Einsätze schaffte und den richtigen Song spielte und nicht noch bei dem davor war. Uruha war ein erstaunliches Wesen, sein Unterbewusstsein schien die wichtigen Dinge herausfiltern zu können – wie ihre Musik – und dafür die Langsamkeit an anderen Stellen auszugleichen. So wie am Anfang einer Probe, wenn der Andere minutenlang in der Tür stand und sich wunderte, dass die Bahn direkt vor seinem Proberaum gehalten haben musste, obwohl die Station doch eigentlich ein paar Gehminuten entfernt war. Uruhas Leben musste toll sein, jeden Tag neue Überraschungen und Wunder. Erschrocken zuckte Aoi zusammen, als der Andere plötzlich den Kopf drehte und ihn direkt ansah. Das war manchmal wirklich gruselig, wenn Uruha doch mal bemerkte, dass man ihn anstarrte. »Aoi, lass ihn. Du weißt, dass er es nicht mag, wenn man ihn anguckt«, meinte Kai neben ihm. »Sag nicht, du hast schon wieder Langeweile.« »Warum machen wir auch dauernd Pause?« »Was heißt hier dauernd?« »Vormittagspause, Frühstückspause, zweite Frühstückspause, Mittagspause, Nachmittagspause, zweite Nachmittagspause, …« »Ja, ist ja gut! Aber sieh es mal aus Ruhas Sicht, in seiner Welt machen wir nie Pause.« »Der Glückliche …«, seufzte Aoi und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf, beobachtete nun den Leader, der noch immer in einem Haufen herumwühlte und die Zusammenfassung mit allen Terminen suchte, wie er vorhin gesagt hatte. Was er vermutlich schon wieder vergessen hatte, aber, wie Kai immer sagte, wenn man erst mal suchte, dann erinnerte man sich auch wieder daran. Zumindest alle anderen. Irgendwie passten Kai und Uruha wirklich gut zusammen. »Aoi, warum suchst du dir keine Beschäftigung für die Pausen? Ein Buch oder so.« »Dafür sind die auch wieder zu kurz.« »Dir kann man es wirklich nie recht machen …« Der Drummer widmete sich wieder seiner Suche, bis er den Blick bemerkte, der sich in seine Seite bohrte, weshalb er wieder zu Aoi sah. »Was ist denn?« »Du könntest ja mit mir reden, dann vergeht die Zeit schneller«, schlug der Schwarzhaarige grinsend vor. »Nächstes Mal geh ich Kaffee holen …«, seufzte Kai. »Wir reden doch die ganze Zeit. Und du hältst mich von der Arbeit ab. Wie immer.« »In der Pause soll man auch nicht arbeiten, sagst du immer.« »Aoi, ich muss den wirklich finden.« »Wenn du ihn findest, beschäftigst du mich aber, oder?« »Wenn es sein muss …« »Hier!« Strahlend reichte Aoi ihm den gesuchten Zettel, der die ganze Zeit hinter Kai auf dem Boden gelegen hatte. Ein strenger Leader-Blick traf ihn. »Hast du den da hingelegt?« »Nein, du vorhin, als du ihn das zweite Mal gefunden hattest.« Stöhnend raufte Kai sich die Haare, atmete tief durch und quetschte sich dann ein schiefes Lächeln aufs Gesicht. »Gut, du Nervbolzen.« Er setzte sich gemütlicher hin, drehte sich zu Aoi, der ihn von unten herauf schelmisch angrinste. »Dann red mal los.« Aois Grinsen reichte schon fast bis zu den Ohren. »Kai, hab ich dir schon mal gesagt, dass ich dich ganz doll mag?« »Nein, aber du könntest es mir ruhig jeden Morgen sagen und dabei vor mir niederknien.« »Du bist doch nicht Reita!« »Nervst du den auch so viel?« »Nur wenn er mich ignoriert.« »Also immer.« »Hey!« Empört kniff der Schwarzhaarige den Drummer ins Bein. Aber dann viel ihm etwas ein, was er schon immer mal wissen wollte. »Kai, darf ich dich was fragen?« »Kommt drauf an.« »Hey, warum sitzt ihr hier?« Plötzlich schlurfte Uruha in den Raum, ließ sich auf das Sofa plumpsen und starrte sie an. »Ist Uruha im Bett eigentlich auch so langsam? Er ist doch der Seme bei euch, oder?« Kai lief rot an und warf einen schnellen Blick in Richtung des Leadgitarristen, der völlig verwundert zur Uhr hinaufsah. »Aoi …« »Keine Angst, bis Uruha die Frage verstanden hat, ist es eh schon zu spät. Also?« »Sei nicht so gemein zu ihm!« »Bin ich nicht! Er ist doch mein bester Freund!« »Warum fragst du ihn das dann nicht?« »Weil in seiner Dimension alles schnell geht, egal, wie lange er braucht. Er wird nie eine richtige Antwort darauf geben können!« Der Drummer nickte nachdenklich, lachte dann ein bisschen verlegen. »Na ja, ich weiß nicht …« »Theoretisch müsste er doch eine Stunde nach dem Orgasmus plötzlich zu stöhnen anfangen, oder? Dann könnt ihr ja nie tagsüber!« Kais Gesichtsfarbe war Antwort genug. »Und wie macht ihr das? Er ist doch der Aktive, aber wie denn?« »Aoi!« »Du reitest ihn also immer? Und er merkt es erst, wenn du schon längst fertig bist?« »Also wirklich!« »Hey, der Witz war gut!«, lachte Uruha plötzlich und die beiden drehten sich erschrocken um. »Na der, dass der Arzt sagt … nee, der Patient sagt: ›Herr Doktor, alle ignorieren mich!‹, und der Patient … ach nein, der Arzt antwortet: ›Der Nächste bitte!‹« »Ähm …« Kai kratzte sich verlegen am Kopf. »Ruha, den Witz hat Ruki heute Morgen erzählt, als ich den Schlüssel vor der Tür gesucht habe.« »Heute Morgen?« »Mhm.« »Oh.« »Jetzt sag schon!«, drängelte Aoi, denn er konnte sehen, wie sich Reita und Ruki näherten, waren sie gut sichtbar im schmalen Glasfenster der Tür. »Also …« »Ist Aoi wieder frech gewesen?«, fragte Reita grinsend, der nun mit dem Kleinen den Raum betrat und den dampfenden Kaffee auf dem Tisch abstellte. Sofort schüttelte Aoi den Kopf, während Kai nickte und Uruha sich am Kopf kratzte. Schon trat der Bassist grinsend hinter den Schwarzhaarigen, strich ihm durch die Haare, bis sich alle Anwesenden auf die Kaffeebechern gestürzt hatten und nicht mehr auf sie achteten, dann verstärkte er seinen Griff und zog Aois Kopf in seine Richtung, sodass dieser das Gesicht leicht verzog. »Was hab ich dir gesagt?« »Äh … Dass ich mich besser benehmen soll …?« »Und was wird das hier schon wieder?« Aoi grinste nur. »Jeden Tag dasselbe mit dir, was soll ich nur machen?« »Du könntest es mir besser beibringen!« Reitas Mundwinkel verzogen sich zu einem dreckigen Grinsen, ehe er nickte und sich an Kai wandte. »Wir gehen noch eine rauchen.« Ihr Leader setzte den Kaffee ab, sah nachdenklich zum Fenster. »Zieht euch eine Jacke an, es ist kalt draußen. Und beeilt euch, ihr habt noch fünf Minuten!« »Na los.« Reita half dem Schwarzhaarigen hoch, packte ihn am Arm, als keiner mehr hinsah und schob ihn Richtung Tür. »Im Klo wird es warm genug sein, oder was meinst du?« Aoi grinste nur verschmitzt und ließ sich aus dem Raum schieben. »Hey, haben wir Pause?« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)