MSTory 6: Silent Müll von abgemeldet (MSTing zu 'Monster with a Heart.?') ================================================================================ Kapitel 11: Anders als geplant ------------------------------ Ein Raum, nur erhellt vom Licht unzähliger Monitore unterschiedlichster Größe und unterschiedlichsten Alters; Sie werden von einem Geflecht aus Ketten und Stacheldraht gehalten, pendeln langsam hin und her. Jeder einzelne verströmt statisches Rauschen, für sich genommen leise; doch es sind so viele, dass ihre Geräusche zu einem einzigen, anhaltenden Brummen verschmelzen, einem Singsang aus Statik und elektrischem Geflüster, welches der alte Mann in der blutbefleckten, zerschlissenen Mönchskutte, der gebeugt zwischen den Monitoren steht, mittlerweile nicht mehr wahrnimmt. MSTsaws Augen sind vor lauter Konzentration zu dünnen Schlitzen verengt. Seine Pupillen glänzen im blassen Licht. Die Monitore umgeben ihn wie eine bizarre Kuppel und scheinen sich seinem Willen entsprechend beständig neu zu justieren, während er so viele wie möglich gleichzeitig zu überblicken versucht. Die meisten Bildschirme zeigen ihm nur eine Ruinenstadt, deren Gassen von dichtem Nebel nahezu überflutet zu sein scheinen. Manche zeigen loderndes Feuer und eingestürzte Gebäude, die in den Flammen untergehen; andere nur diffus leuchtende Nebelschwaden in nahezu beruhigend warmem Orange. MSTsaw sieht kämpfende Sues. Einige kann er beiläufig als Mitglieder der MSTing-Organisation identifizieren; eine von ihnen ist die Chaosfee und der große Mann in der Rüstung Torquemada. Ein grauer Schemen, der hin und her huscht, manchmal unwirklich schnell von einem Bildschirm verschwindet, nur um auf einem anderen wieder zu erscheinen, könnte Meon sein. „Verdammte Sues“, brabbelt MSTsaw, während er einige hastige Gesten mit den Fingern vollführt. „Sind sie mir also tatsächlich in die Stadt gefolgt und bekämpfen sich? Pah! Die kommen niemals auf die andere Seite. Ich will die hier nicht.“ MSTsaw ächzt, wankt für wenige Sekunden und geht in die Knie. Stechende Schmerzen schießen regelrecht in seinen Kopf, ziehen sich hinter seiner Schläfe entlang bis zu seinem linken Auge. Er presst sich eine Hand ins Gesicht und ringt nach Atem. „Deus Ex Machina“, murmelt MSTsaw gepresst, während der Krampf in seiner Augenmuskulatur immer intensiver wird. Sämtliche Übertragungen enden von einer Sekunde auf die andere und MSTsaw versinkt in tiefster Dunkelheit. Als die Monitore dann, zeitlich verzögert und begleitet von spitzen, klickenden und knisternden Geräuschen, erneut zu senden beginnen, wird sein Schatten wie eine verzerrte Chimäre kurz in sämtliche Richtungen geworfen. MSTsaw blinzelt prüfend; brennender Schmerz macht sich in seinem linken Auge bemerkbar. Resignierend kneift er es zu und sieht nur noch mit dem rechten auf die Monitore. Ihm bietet sich im Grunde die gleiche Szenerie dar: Verfallene Straßen, Häuserzeilen, zerschlagene Fenster und kaputte Autos; Bilder einer zerstörten Stadt, in der kein Leben mehr weilt. Aber es ist dunkler geworden; tiefste, lichtlose Nacht hängt über den Dächern, und irgendetwas ist an dem Nebel anders: Er ist weißer, dichter, unwirklicher, als er sein sollte. Er leuchtet. MSTsaw dreht sich langsam, um auch die Monitore betrachten zu können, die hinter ihm hängen. Die bizarren Gebilde neigen sich ihm entgegen und er wendet den Kopf, senkt ihn, fährt plötzlich wieder herum, als hätte er etwas aus dem Augenwinkel bemerkt. Schließlich seufzt er kraftlos, kneift auch das rechte Auge zu und wischt sich über die faltige Stirn. Eiskalter Schweiß bleibt auf seiner Hand zurück. „Das hält man ja im Kopf nicht aus, verfluchter Mist“, lallt er, während er sich über die geschlossenen Augen reibt und sich zwingt, wieder auf seine unangenehm flimmernden Bildschirme zu starren. „Wo sind sie nur? Deus Ex...“ Dann verstummt er abrupt. MSTsaw stürzt vor und nähert sich einem der Bildschirme so schnell, dass er fast gegen ihn stößt. Die Drähte und Ketten rasseln auf, als er sich am Monitor festhält, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Am hintersten Ende der Straße, wo der Nebel so dicht ist, dass er sich kaum mehr durchblicken lässt, ist ihm, als könne er jemanden erkennen; als huschte dort eben ein heller Schemen von einer Straßenseite auf die andere, fast wie ein Wetterleuchten, welches der Nebel mühevoll zu verschlucken versucht. „Deus Ex Machina!“, ruft MSTsaw aus. Sofort kommt Bewegung in die Übertragung und sie zoomt der Stelle entgegen. Grelle Lichtstrahlen durchbrechen die Nebelwand und reißen ein tiefes Loch hinein, sondieren die Umgebung wie Suchscheinwerfer; aber da ist niemand und falls doch, ist er oder sie bereits verschwunden. Tatsächlich hatte MSTsaw sich die Bewegung nicht nur eingebildet. Doktor Golden Chie, ihres Zeichens eine Mary Sue, wie sie das Multiversum noch nicht erlebt hatte, hockt hinter einem halb zerfallenen Gebäude und späht vorsichtig um die Ecke. An den Nebel hat sie sich schon lange gewöhnt - an die Eiseskälte, die bis auf ihre Knochen vorgedrungen zu sein scheint, dafür umso weniger. Eventuell hätte sie sich etwas anderes als ihr eng tailliertes, goldenes Cocktailkleid mit Fellkragen anziehen sollen, bevor sie in diese Höllenwelt aufbrach, um die Welt zu retten. Die Hochhackigen mit den Perlenschnürsenkeln sind auch nicht unbedingt praktisch und weiter hinten ist ihr ein Absatz abgebrochen, als sie plötzlich rennen musste … ganz zu schweigen von ihrer ehemals weißen, nun beinahe bis zur Unkenntlichkeit verdreckten Pelzstola. Aber das macht nichts. Golden ist eine Mary Sue, sie kriegt das auch so hin. Sogleich schüttelt sie den Kopf, um ihre abschweifenden Gedanken zu zügeln. Sie blinzelt mehrmals, ehe sie sich vorsichtig nach vorn neigt, um sich noch etwas weiter um die Ecke lehnen zu können. Gut zehn Meter über dem Boden pendelt eine von MSTsaws unheimlichen Apparaturen; ein Gewirr aus Ketten und Stacheldraht, welches sich durch die Stadt windet wie eine endlos lange, metallische Alptraumschlange, mit einem Fernseher aus der Nachkriegszeit als Kopf. Golden hat bereits Dutzende von ihnen gesehen. Sie kommen aus dem Himmel, oder was auch immer sich über den pechschwarzen Wolken dieser Welt verbirgt. Golden weiß es nicht. Plötzlich geht ein Ruck durch das Gebilde, der Bildschirm flackert drei, vier mal so hell auf, dass der Nebel aufleuchtet, als würde mit Taschenlampen Morsecode gesandt. Die Sue geht blitzschnell in Deckung, keine Sekunde bevor das Konstrukt einen blendend hellen Lichtstrahl ausspeit. Durch den Nebel wird der gleißende Speer unzählige Male reflektiert; knochenbleiches, milchiges Licht breitet sich weiträumig aus, als das Ding wie ein Suchscheinwerfer die Gegend zu sondieren beginnt. Instinktiv geht Golden in die Hocke und hält ihr rückenlanges, wallendes Mary-Sue-Haar mit beiden Händen fest, auf dass nicht ein Windstoß aufkommen und das gesponnene Gold im falschen Moment hinter der Ecke hervor wehen möge. Eventuell hätte ihr ein Haargummi so manches jetzt leichter gemacht, und vielleicht wäre sie vorhin nicht an einem Nagel hängen geblieben und hätte sich unbedachterweise eine ganze Strähne ausgerissen. Aber das macht nichts. Golden ist eine Mary Sue, sie wird sich von solchen Banalitäten nicht unterkriegen lassen. Erneut muss sich die Sue mit Anstrengung in die Situation zurückrufen, in der sie sich befindet. Noch immer sondiert der unheimliche Suchscheinwerfer die Umgebung, lenkt seinen Lichtkegel jetzt über das, was einst eine Häuserwand war. Dampfende, zischende Spuren bleiben zurück, wo das Licht über feuchtes Holz und nassen Asphalt streicht; es muss noch deutlich heißer sein, als es aussieht. „Hier hinten“, erklingt plötzlich eine hohe Mädchenstimme. Golden zuckt zusammen, unterdrückt nur mit Mühe einen ängstlichen Schrei. Sie fährt herum und sieht erst überhaupt nichts. „Hier!“, spricht das Mädchen erneut. Golden erkennt die Stimme: Es ist der Dämon von Silent Hill. Angestrengt kneift sie die Augen zusammen, um vielleicht besser sehen zu können, was nicht gut funktioniert. Ein Lichtzauber wäre jetzt das probate Mittel, oder auch nur eine Taschenlampe! Aber Golden ist eine Mary Sue. Sie braucht solchen Nippes nicht. Schließlich entdeckt sie, halb verborgen hinter dem Kellerfenster des Gebäudes, den Kopf des kleinen Mädchens, mit rabenschwarzem Haar und leichenblasser Haut, die selbst in diesen spärlichen Lichtverhältnissen noch weiß erscheint. Der Suchscheinwerfer deaktiviert sich, doch keine Sekunde zu früh. Scheinbar hat MSTsaw aufgegeben. „Golden, es funktioniert nicht“, flüstert ihr das Mädchen zu, während die Sue in gemessener Geschwindigkeit zum Kellerfenster huscht und in die Hocke geht. „Komm herunter!“ Golden sieht prüfend über ihre Schultern, mustert dann den halb zerbrochenen Holzrahmen genauer und kommt zu dem Schluss, dass er zu eng für sie ist. „Da passe ich nicht durch. Ich bin eine Mary Sue, keine Ratte“, wispert sie, verpufft zu einer Wolke goldener Fünkchen und weht kurzerhand zwischen Holz und zersplittertem Glas hindurch, um sich im Keller wieder zu materialisieren. Der Raum ist widerwärtig feucht; irgendwo plätschert Wasser. Stickige Luft und Schimmelgestank werden Golden allzu unangenehm bewusst. Sie blinzelt mehrmals, um ihre Augen besser an die noch hinderlicheren Lichtverhältnisse gewöhnen zu können. Es war bereits in der Stadt dunkel, die einzige Lichtquelle, abgesehen von MSTsaws bizarren Konstruktionen, paradoxerweise der Nebel selbst, der in einer inneren, leblosen Energie zu leuchten scheint. Hier unten ist es nahezu stockfinster. Einzig Goldens geschärfter, sechster Mary-Sue-Sinn verrät ihr, dass das Mädchen neben sie tritt. „Alessa, was soll das heißen, es funktioniert nicht?“, fragt sie verwundert. „Ich hätte gedacht, dass die Kommentatoren langsam fertig sein müssten.“ „Aber es stimmt!“, beharrt ihr Gegenüber. Alessas pechschwarze Augen wirken wie zwei Löcher in ihrem hellen Gesicht, das sich selbst hier noch deutlich abzeichnet. „Die Kommentatoren haben ihr MSTing beendet. Doch der Dämon … er erscheint nicht! Sie haben ihn nicht beschworen.“ Alessas Stimme klingt nervös; sie flüstert nur, und doch schwingt in ihrer Stimme eine Besorgnis mit, die Golden ihr nie zugetraut hätte. „Nicht...?“, stockt die Mary Sue, spürt plötzlich einen trockenen Kloß in ihrem Hals. „Aber das kann nicht sein!“ „Aber es ist so“, zischt Alessa zurück. „Du musst jetzt sofort mit mir kommen! Irgendetwas stimmt nicht.“ Damit schnellt eine von Alessas Händen vor und packt Goldens Linke. Wie aus einem Reflex heraus versucht Golden sich loszureißen. „Ich muss die Entführten finden“, beharrt sie und bemerkt, dass Alessas Griff stärker ist, als der Griff eines Mädchens es je sein sollte. Ihre Hand ist eiskalt, stellt Golden fest; noch kälter als der Nebel und die Luft an diesem Ort, die an manchen Stellen Fenster und Autoscheiben mit Eisblumen verzieren. Es ist, als wäre das Mädchen überhaupt nicht am Leben. „Dafür haben wir keine Zeit“, meint Alessa bestimmend, gräbt ihre Hand so fest in Goldens, dass sie der Sue beinahe weh tut. „Ich werde diese Menschen befreien, wenn all das vorbei ist.“ Um die Mary Sues herum beginnt der Raum zu wabern, als die Schatten selbst sie zu verschlingen scheinen; Sekunden, bevor MSTsaws unheimlicher Monitor vor dem Kellerfenster erscheint und ihn in gleißende Helligkeit taucht. „Ich hab sie doch gesehen“, murmelt MSTsaw, kratzt sich den Bart; das Haar ist feucht und klebrig von der wässrigen Flüssigkeit, die mittlerweile aus seinen maßlos überanstrengten, blutunterlaufenen Augen tränt. Der Alte ignoriert es, prüft willkürlich und mittlerweile hilflos nach und nach jeden Monitor. „Die Sue ist hier. Sie muss hier sein! Die Sue steckt dahinter und die Sue hat die Kommentatoren entführt. Anders geht das überhaupt nicht.“ „In der Tat, MSTsaw, ist Golden hier - und doch auch nicht“, wallt dann eine Stimme durch seine Gedanken, unbeschreiblich und unwirklich, nicht von dieser Welt. Und nicht aus diesem Multiversum. „Sei still!“, ruft MSTsaw aufgebracht. „Von dir will ich nichts mehr hören!“ „Wenn Golden hier wäre, könnte ich zu ihr sprechen und durch sie sehen und hören. Ich wüsste dann, was sie tut. Aber so ist es nicht. Und dennoch ist Golden hier. Nur Golden kann dieses Meer aus Nebel und Dunkelheit, das deine Stadt überflutet hat, in den goldenen Glanz tauchen, den du gesehen hast, MSTsaw; den wir gesehen haben.“ „Du sollst still sein!“, schreit MSTsaw, presst sich hektisch beide Hände auf die Ohren und kneift die Augen zu, bis er nur noch bleierne Schwärze und die flimmernden und flackernden Trugbilder vor sich hat, die seiner überreizten Netzhaut entspringen. Die Stimme des älteren Autors erklingt ungehindert weiter in seinem Geist. „Die Sue muss hier eingedrungen sein, als du die Welt der Chaosfee verlassen hast, MSTsaw. Eine andere Gelegenheit gab es dafür nicht. Ich kann bestätigen, dass Golden nicht die Macht hat, in diese Dimension zu reisen. Es ist aber so, dass Golden dafür nie den Auftrag erhalten hat.“ „Das interessiert mich nicht!“, schreit MSTsaw, wirft sich herum und geht drei, vier abgehackte Schritte. „Schweig, Elypsion!“ „Wir sind verbunden, MSTsaw, da du die Essenz meines Sues in dir trägst. Meine Gedanken erreichen dich, weil sie den Paninischneider erreichen - nicht, weil ich zu dir spreche.“ MSTsaw schreit; so laut und so lang, dass sich seine Stimme bald überschlägt. Er verstummt allein, da seine Stimmbänder ihm den Dienst versagen. Elypsions seelen-, geschlechts-, ton- und akzentloses Geschwätz … es macht ihn wahnsinnig. Sein Hass auf dieses Wesen, das bar jeder Empathie ist, macht ihn wahnsinnig. Der Umstand, dass, wenn Elypsion spricht, er einzig über Dinge spricht, die sind oder sein könnten, macht ihn wahnsinnig. Dass er so über sie - die Lebenden, die Menschen, die er benutzt und wie Schachfiguren hin und her schiebt auf einem Brett, das das Multiversum ist - spricht, macht ihn wahnsinnig. „Deus Ex Machina“, brummt MSTsaw, heiser und kraftlos. Er hebt die Arme, um sie sogleich wieder langsam zu senken. Rasseln und Klirren durchdringt den Raum, dann ohrenbetäubender Lärm, als jedes Leben aus den unzähligen Metallschlangen weicht und die Monitore zu Boden fallen, einer nach dem anderen zerbersten und sich gegenseitig zermalmen. Es wird dunkel. Nur noch vereinzelt verströmen einige Bildschirme totes, weißes Licht, halb begraben unter dem Wall aus Glas und Holz, der sich um MSTsaw gebildet hat. „Du hast viel auf dich genommen, um dieses Konstrukt zu erschaffen, MSTsaw. Nun hast du es zerstört. Du kannst Silent Hill und seine Dimensionen nicht länger sehen und hören, wenn du nicht selbst an dem Ort bist, den du sehen und hören willst. Nun bist du blind und taub. Wir sind uns in dieser Hinsicht ähnlich.“ „Du bist blind und taub!“, schreit MSTsaw, Speichel spritzt aus seinem Mund. „Du wirst durch mich nicht länger sehen und hören, was in dieser Stadt vor sich geht, und als nächstes werde ich Golden finden und vernichten! Damit du durch die auch nichts mehr siehst und hörst!“ „Jedoch, Golden ist nicht hier - und doch ist sie es. Es kann sich nur um eine Kopie der wahren Golden handeln, die sie geschaffen hat, um hier zu agieren, ohne mir ausgesetzt zu sein. Solches hat Golden nicht zum ersten Mal getan, ich habe es bereits erwartet - und habe Vorkehrungen getroffen.“ „Was? Vorkehrungen?!“, fragt MSTsaw und sieht empor, als könne er den Autor über sich erkennen - doch dort ist nur Schwärze, und Elypsion antwortet ihm nicht mehr. „Du hast gesagt, du weißt nicht, warum sie hier ist!“ MSTsaw wartet einen Moment, dann noch einen. Elypsion antwortet ihm nicht mehr. Torquemada stürmt, den Kriegshammer beidhändig emporgerissen, voran. Der Inquisitor schreit gellend, dass es nur so zwischen den Häuserfluchten hallt und fixiert den Bookman mit seinem bohrenden Blick wie ein Falke, der sich auf eine Maus stürzen will. Gut dreißig Meter liegen zwischen ihnen und Torquemada nimmt mit jedem donnernden Schritt mehr als einen. Doch der klein gewachsene Greis zeigt sich unbeeindruckt. Er fingert in einer Seelenruhe, die jeden unbeteiligten Beobachter stutzen lassen müsste, in einer Tasche seines Mantels herum und holt eine kleine, blaue Plastikflasche hervor. Ein anderer Alter im grauen Maßanzug, das Gesicht von tiefen Falten durchzogen und die Haut vom Teint einer Wachsfigur, tritt vor ihn, die Schultern gebeugt und den Kopf in den Nacken gelegt. „Lassen Sie uns sehen, ob wir das hitzige Gemüt des Inquisitors kühlen können“, murmelt er mit trockener Stimme und geht in die Hocke. „Nur zu. Erwarten Sie aber nicht, dass Sie Torquemada allzu lange aufhalten können, Eckhardt“, entgegnet der Bookman gefasst, während er den Deckel der kleinen Flasche wegschnippst und beginnt, bläulichen Schaum auf die Fingerstummel seiner linken Hand zu sprühen; die Substanz braucht keine zwei Sekunden, um zu härten. Torquemada ist fast heran. Eckhardt presst sein goldenes Artefakt auf den Boden und schließt die Augen. Sofort kommt Bewegung in den Nebel, als aus dem Nichts heraus ein Luftzug um sie herum in Wallung gerät, keine drei Sekunden braucht, um sich zu einer turbulenten Böe zu steigern und sich um den Alchemisten herum zu konzentrieren. Über ihnen tanzen die Wolken. Der Nebel wird regelrecht zusammengepresst und Sturzbäche klaren Wassers fallen tosend zu Boden. Eckhardt reißt den Kopf zurück und schreit aus vollster Kehle. Spitzer, knisternder Lärm verhallt in den Gassen, als das Wasser von unsichtbaren Kräften in den Boden gesaugt wird und dort binnen eines Lidschlags gefriert. Die Straße bebt drei, vier Mal kraftvoll, dann birst der Asphalt splitternd auseinander. Eisige Speere, so dick wie Baumstämme, brechen vor Eckhardt aus dem Boden und recken sich gen Himmel wie ein bizarrer Wald aus gefrorenem Wasser, verwinden und verästeln sich sich immer weiter und recken sich Torquemada entgegen. Der Inquisitor schreit und reißt die Augen auf so weit er kann, hält unbeirrt auf die eisigen Säulen zu. Noch weitere heben sich hervor und neigen sich bald nach vorn wie Palisaden. „Diese Hexerei wird mich nicht bremsen!“, brüllt Torquemada. Dann erglühen die goldenen Insignien auf seiner Rüstung in innerem Feuer: Der Inquisitor beginnt zu brennen und wirft sich, umhüllt von einer flammenden Aura, mit aller Kraft in den gefrorenen Wall. Er pflügt mit seinem Hammer durch die Säulen hindurch, als träfe er kaum auf Widerstand und zerschlägt sie mühelos. Eisbrocken und feiner Schnee wirbeln durch die Luft und verdampfen, kaum dass sie auf Torquemadas feurige Rüstung treffen. „Sie sehen, Torquemada aufzuhalten gestaltet sich schwierig“, murmelt der Bookman hinter der Eismauer und verstaut das Fläschchen wieder. Seine Linke ist nun mit einer blauen, schaumigen Hülle umgeben. Auch das verbrühte Sharingan auf seinem Unterarm hat er eingesprüht. „Wählen Sie einen anderen Gegner, Eckhardt. Torquemada hat es ohnehin auf mich abgesehen. Ich werde ihn ins Stadtzentrum locken.“ „Wenn Sie meinen?“, murmelt der Alchemist ohne auch nur die geringste Spur von Interesse. Er erhebt sich beiläufig, klopft sich etwas Dreck vom Mantel. Vor der Eismauer lodern zischende Flammenzungen auf und ab, Scheppern und Klirren verhallt zwischen den Gebäuden. Eckhardt bemerkt aus den Augenwinkeln, wie der Bookman mit wehender Kutte davon eilt. Dann zerbirst der Wall mit einem lauten Schlag; Torquemada bricht regelrecht durch ihn hindurch und hält auf Eckhardt zu. „Aus dem Weg, Hexer!“, schreit er und reißt den Hammer empor. Eckhardt rührt sich nicht, zuckt unmerklich mit einer Augenbraue. „Ich bin ein Alchemist, Sie Einfaltspinsel“, seufzt er beinahe gelangweilt und macht keine Anstalten, dem nahenden Schlag auszuweichen. Torquemada hält auf Eckhardt zu wie eine Dampfwalze und schwingt seinen Hammer. Der Treffer katapultiert ihn davon wie einen Ball; er wird mit solcher Wucht gegen die nächste Häuserzeile geschleudert, dass er sie einfach durchschlägt. Weiter hinten spannt sich die Chaosfee und fixiert die rothaarige Schwertkämpferin mit zu Schlitzen verengten Augen, analysiert binnen des Bruchteils einer Sekunde, wie leicht und freizügig die Gegnerin bekleidet ist; wer sich bauchfrei und in engen Lederhosen, mit weitem Dekolletee und Hochhackigen, in einen Kampf wagte, war gemeinhin schnell genug, um nicht auf schützende Kleidung angewiesen zu sein - oder verfügte über andere Fähigkeiten. „Ziemlich gewagt, dich gegen so viele Gegner zu stellen!“, ruft die Frau und klingt beinahe vergnügt. Gemessenen Schrittes kommt sie auf die Chaosfee zu. „Du bist entweder sehr stark oder sehr dumm.“ Die Chaosfee verzieht keine Miene, als offenbar wird, dass die Frau auch sie mustert; den Gedanken, dass ihr rothaariges Gegenüber womöglich nur übereilt aufbrach und 'eigentlich' doch eine Rüstung trägt, verwirft sie instinktiv - nein, sie weiß genau, wie sie sich kleidet und schert sich nicht darum, dass ihr Hals und ihr Becken offen liegen... „Ich habe auf diesen Tag gewartet, MSTing-Sues“, entgegnet die Chaosfee gefasst. „Ich hätte nur nicht erwartet, dass er so bald kommt.“ „Pardon: Kennen wir uns?“, fragt die Rothaarige und hält im Schritt inne, hebt eine Augenbraue an. „Nicht persönlich, nein. Aber ich kenne deine Organisation. Ich weiß, was ihr tut“, murmelt die Chaosfee mit vor Verachtung bebender Stimme. „So, weißt du das? Dann klär' mich doch mal auf. Von meiner Warte aus wissen unsere Anführer selbst nicht, was sie tun.“ Die Chaosfee zögert einen Moment, wirkt fast resignierend, frustriert. „Ich denke, der Worte sind genug gewechselt.“ Sie spannt sich, ballt ihre Fäuste und reckt die Arme empor; zwei knöcherne Dornen von der Länge ihrer Unterarme schieben sich knapp oberhalb der Handgelenke heraus. Die Rothaarige schmunzelt, während sie die Waffen eingehend mustert. Sie schwingt demonstrativ ihre Schwerter, die mit Gewinden und Halterungen fest an ihren durchaus wuchtigen Handschuhen befestigt sind, in der Bewegung mit singenden Lauten durch die Luft schneiden. Keine Sekunde später stößt die Gegnerin sich ab und setzt mit weiten Schritten und in beachtlicher Geschwindigkeit auf die Chaosfee zu. Noch ehe sie heran ist, schwingt sie bereits ihre Klingen, dreht sich in unglaublicher Geschwindigkeit um die eigene Achse und wirbelt wie ein todbringender Kreisel auf die Chaosfee zu. Die Mary Sue steppt zurück und entgeht dem sirrenden Hieben, verengt die Augen und stößt ihre Knochendornen in wuchtigen, elliptischen Schlägen vor. Es klirrt laut, als sie die Klingen der Gegnerin pariert, ihren Wirbel unterbricht und sie für eine Millisekunde ins Wanken bringt; doch die Rothaarige fällt wie eine Bauchtänzerin in die Hocke, und kreuzt noch im Fall die Arme vor der Brust, reißt sich mit ungeheurer Kraft herum und setzt nach vorn! Ächzend stößt sich die Chaosfee ab und entgeht der Schwertschere mit ihrem Sprung nur um Haaresbreite. Sogleich stößt sich die Schwertkämpferin noch aus der Hocke ab, folgt der Chaosfee in die Luft und schlägt abermals zu; die Mary Sue weitert überrascht die Augen. Instinktiv streckt sie die Arme vor sich und richtet ihre Handflächen auf die Rothaarige. Wallende, wabernde Zuckungen breiten sich durch die Luft, den Raum selbst aus; und einen Moment später brechen die telekinetischen Kräfte der Chaosfee donnernd über ihrer Widersacherin zusammen. Die Rothaarige wird zurückgeworfen, überschlägt sich mehrmals in der Luft und kommt mit einem eleganten Salto zu Boden, während fast zeitgleich auch die Chaosfee landet. Doch kaum setzt sie den ersten Fuß ab, stürmt die Kämpferin bereits wieder wie ein Blitz auf sie zu, noch schneller als zuvor! Sie stößt sich ab, segelt durch die Luft und stürzt sich mit den Schwertern voran auf die Chaosfee. Ächzend setzt die Mary Sue zurück, doch kaum ist ihre Kontrahentin einen halben Meter vor ihr gelandet, macht sie einen Hechtsprung, kommt auf die Knie, nur um sich herum zu reißen und beschreibt mit einer ihrer Klingen einen ausholenden Halbkreis, der die Chaosfee fast von den Füßen reißt … oder sie direkt von ihnen trennt. Die Mary Sue reagiert blitzschnell, reißt ein Bein empor und stampft sogleich wieder auf den Boden, kaum dass die zweite Klinge herannaht; Funken brechen aus ihrer metallischen Stiefelsohle hervor, als sie das Schwert zu Boden tritt und mit ungeheuerlichen Kräften dort fest hält. „Nett“, raunt die Gegnerin mit vor Vergnügen zitternder Stimme, zieht ihre Waffe mit einem kraftvollen Ruck zurück und bringt die Chaosfee ins Taumeln. Noch in der gleichen Bewegung wirft sie sich erneut herum, reißt ein Bein hoch und stößt mit dem Fuß nach der Kehle der überrumpelten Mary Sue; die reagiert in letzter Sekunde und lässt tellergroße Plotholes vor und hinter ihrem Hals erscheinen; der Fuß verschwindet im ersten, und erscheint fast zeitgleich aus dem zweiten. An den Stilettos der Angreiferin prangen stählerne, handlange Dornen anstatt Absätzen; ein Treffer wäre verheerend. Doch die Erleichterung der Chaosfee währt nur kurz: Überrascht zieht die Gegnerin ihr Bein zurück, noch ehe die Chaosfee die Plotholes schließt und setzt zwei, drei Mal zurück, um einige Meter Abstand zwischen sie zu bringen. Weiter hinten erheben sich eisige Säulen, Schreie und Scheppern dringen heran. „Du bist also diese Chaosfee“, spricht die Schwertkämpferin beschwingt und zieht die Aufmerksamkeit der Mary Sue wieder auf sich, während sie sich langsam erhebt. „Hab viel von dir gehört. Wenn ich mir deine Frisur ansehe, scheint das mit dem Chaos auch zu passen; hätte aber gedacht, du siehst irgendwie … feenmäßiger aus.“ Die Gegnerin lächelt verschmitzt. „Und mit wem habe ich das Vergnügen?“, entgegnet die Chaosfee sogleich und geht erneut in Position, wirkt wie eine Ballerina, die zum Sprung ansetzt. Das kurze Gerangel hat ihre Ausdauer merklich strapaziert; ihr Atem geht bereits schneller, als ihr lieb ist. „Rayne. Blood Rayne“, knurrt die Gegnerin und lässt zwei Mal ihre Schwerter so schnell kreisen, dass kurz nur noch flirrende Linien zu erkennen sind. „Ah ja...“, macht die Chaosfee und lässt die Widersacherin nicht aus den Augen, sieht aber immer wieder kurz zu den Dächern empor. Von Meon und den anderen Frauen fehlt jede Spur, und weiter hinten wabert Feuer empor, als Torquemada gegen den Eiswall anhält. „Ich erkenne an deinen Augen, dass du nicht menschlich bist. Was bist du, hm? Dryadisch?“, fragt die Chaosfee und fixiert wieder die Rothaarige, deren hellgrüne Iriden trotz des spärlichen Mondlichtes leuchten wie die einer Katze. Sie ist unglaublich schnell und in ihren Schlägen steckt mehr Wucht, als eine menschliche Sue sie je aufbringen könnte. Rayne faucht und bleckt ihr nahezu blütenweißes Gebiss, die Eckzähne so spitz wie Nadeln und allzu deutlich größer als sie sein sollten. „Vampirisch … das hat mir gerade noch gefehlt“, murmelt die Chaosfee leise, gewahrt plötzlich beiläufig, schräg oben auf einem der Dächer, ein Leuchten und hört einen hohlen, surrenden Laut. Nach Luft schnappend materialisiert sie abermals zwei Plotholes, keine zwei Millisekunden bevor ein gleißendes, hellblaues Projektil wie ein etwas größeres Glühwürmchen auf sie zuhält, im Plothole verschwindet und mit einem lauten, elektrisch anmutenden Knall ein faustgroßes Loch in die gegenüberliegende Wand sprengt. Auf dem Dach kommt Raynes blauhaarige Verbündete im bauschigen Samtmantel zum Vorschein und geht mit einem schlanken, futuristisch anmutenden Gewehr in Position. „Scharfschütze … das hat mir auch noch gefehlt“, seufzt die Chaosfee und fühlt einen eiskalten Schweißtropfen ihre Schläfe hinabfließen. Hinter sich hört sie ein Steinchen knirschen. Sie steppt zur Seite und zieht noch in der Bewegung mit einem Ruck ihre Dornen ein, packt die dritte MSTing-Sue, die kurz davor stand, ihr in den Rücken zu fallen. Dem aufblitzenden Dolch entgeht sie nur um Haaresbreite. Ächzend versucht sie, sie herumzureißen, doch die grünhäutige Fremde im knappen Ledergewand hält mit Kräften gegen die Chaosfee, die eine Frau dieser zierlichen Statur überhaupt nicht aufbringen könnte. Die Chaosfee spannt sich, lässt ihre Dornen wieder hervorschnappen und hiebt nach der Angreiferin, doch sie entgeht einer der Waffen mit einer blitzschnellen Halbdrehung und packt die andere mit der freien Hand, um sie ohne Mühe zu fixieren, stößt erneut ihren Dolch vor und rammt ihn in die Brust der Chaosfee - oder in das Plothole, das dort in letzter Sekunde erschien! Mit unglaublicher Geschwindigkeit dreht sich die Fremde abermals und entgeht ihrer eigenen Klinge, die einen Moment später aus einem zweiten Plothole vor ihrer Brust herausbricht. Noch in der gleichen Sekunde, in der sie auf die Füße kommt, bemerkt die Chaosfee alarmiert, dass diese hier sogar noch leichter bekleidet ist als Rayne, ihre grünliche Haut und ihre wie Stahlseile gespannten Muskeln allzu offen zeigt; die Ohren der Frau sind spitz zulaufend, gedrungen, stehen etwas ab. Beinahe frustriert murrend setzt die Frau zurück und verschwindet so schnell in den Schatten wie sie gekommen war. „Assassine … halborkisch. Das kann was werden“, zischt die Chaosfee und sieht kurz zu den zwei anderen Gegnerinnen. „Da ist jemand weit herumgekommen“, murmelt Rayne, die sie gehört hat - natürlich: Vampirsinne. Von Meon fehlt nach wie vor jede Spur und Torquemada scheint weiter im Inneren der Stadt gut beschäftigt zu sein, wie seine heran hallenden Flüche und donnernde Explosionen vermuten lassen. Sie würde sich allein gegen die beachtlich starken MSTing-Sues behaupten müssen, die bisher gewiss nur einen Bruchteil ihrer Kräfte gezeigt hatten - doch das gilt auch für die Chaosfee. „Es dauert circa eine halbe Sekunde, ehe die abgefangenen Angriffe durch das zweite Plothole dringen“, ruft die Schützin ihren Verbündeten zu. „Selbst wenn sie meine Schüsse abwehrt und auf euch umzulenken versucht, könnt ihr ihnen mit Leichtigkeit entgehen, wenn ihr in Bewegung bleibt!“ Die Chaosfee stößt scharf Luft aus und blickt verächtlich zu der Frau empor; sie lehnt sich nach vorn und rückt das Visier des Gewehres fest vor ihr Auge, den Finger bereits am Abzug. Das eben waren nicht einmal ernsthafte Angriffe … sondern eine Farce, um ihre Kräfte zu analysieren! „Ziele kategorisiert, analysiere Kampfpaarungen“, spricht Orianna mit ihrer blechernen Stimme, während sie die Arme weit von sich gestreckt hat und langsam rückwärts durch eine Häuserflucht schreitet. Ein Käfig aus Metallstreben umgibt sie, seinerseits umgeben von einem bläulich glühenden Kraftfeld wie von einem undurchdringbaren Wall, und von außerhalb schlägt immer wieder in erstaunlicher Geschwindigkeit ein kreischender Hamster dagegen. Meons Schläge donnern regelrecht gegen Oriannas Barriere, doch sie wird nicht um ein My schwächer. Über Oriannas Kopf schwebt das Okular der Kugel: Eine blank polierte Linse an einem wirren Geflecht aus Drähten und Zahnrädern, welches den leblosen Blick nicht von Meon lässt. Das Konstrukt gibt mechanische, surrende Laute von sich, als würde es mit Orianna kommunizieren. „Kampfpaarungen: Torquemada VS Bookman. Chaosfee VS Rayne, Helga Neymann, Dar Pha. Meon VS Orianna, Kugel. Pieter van Eckhardt; Status: Nicht im Kampf. Nina Sharp; Status: Nicht im Kampf. Dando, Viggo, Arin, Malik; Status: Nicht im Kampf; Datensätze unvollständig“, plappert das Maschinenmädchen vor sich hin, Meon scheinbar gar nicht wahrnehmend. Abermals gibt die Kugel eine Antwort, die niemand außer Orianna verstehen kann. „Aaargh, verdammt! Ich bin hier vor dir!“, quietscht Meon genervt und hält unermüdlich gegen die Barriere an; doch zu mehr als dazu, Orianna langsam zurückzudrängen, scheint sie kaum in der Lage zu sein. „Ziel Meon fixiert, analysiere Kampfparameter. Status: Ehemalige MSTing-Sue-Per, MSTing-Sue-Per-Niveau. Schlussfolgerung: Rückzug empfohlen, anderen Gegner wählen. Die Kugel hat Recht.“ Meon schreit so laut, dass ihre quietschige Stimme sich fast überschlägt, und wirft sich immer wieder gegen die energetische Barriere. Gleißende Blitze zucken um das Konstrukt herum, das sich plötzlich um Orianna zusammenzufalten beginnt. Der Raum fängt an zu wabern wie die Oberfläche einer Flüssigkeit, immer mehr knisternde Energie baut sich auf. Meon weicht entsetzt zurück; doch was sie für einen Angriff hielt, entpuppt sich als eine Art Teleportation. Keine Sekunde später sind Orianna und die Kugel in einem Lichtblitz verschwunden. „Du liebe Zeit“, seufzt Meon überrumpelt und reibt sich den Kopf. Der Hamster lässt sich auf einer Mülltonne nieder und sieht sich um; Unrat, Dunkelheit. Es stinkt nach Verwesung und Moder. Kampfgeräusche dringen aus unterschiedlichen Richtungen heran, und immer wieder Torquemadas wüste Beschimpfungen. Der Mann hat vielleicht ein Sprachorgan, denkt Meon irritiert. Sie blinzelt einige Male und springt dann empor, um zügig auf das Dach des Gebäudes zu fliegen und sich umzusehen. In der Ferne entdeckt sie Torquemada, der dem Bookman nachjagt. In einer anderen Richtung kämpfen die Chaosfee und die drei MSTing-Sues in den exzentrischen Gewändern. Sie scheinen alle keine Hilfe zu brauchen, und Meon lässt sich nachdenklich auf dem Sims des Daches nieder. Sollte sie vielleicht die Jungs suchen? Orianna ist ihnen wohl gefolgt, eventuell brauchen sie Hilfe. Dann wiederum waren die Jungs ja auch nicht ohne. Wer war gleich wieder dieser Eckhardt? Sollte sie vielleicht gegen ihn kämpfen? Aber wozu überhaupt? Orianna hatte auch eine Nina erwähnt, vermutlich Nina Sharp. Die war doch aber gar nicht dabei, als vorhin die MSTing-Sues erschienen sind! Wo ist sie dann? Ein Hinterhalt? Lauert sie irgendwo Malik auf und will ihn entführen? Meon bemerkt beiläufig, wie in der Richtung, in der Torquemada und der Bookman kämpfen, irgendetwas explodiert. Aber der Inquisitor würde ihre Hilfe ganz gewiss nicht benötigen. Meon kneift die Augen zu und schüttelt einige Male den Kopf. Was für ein Chaos! Wieso kämpfen sie jetzt überhaupt? Was ging die MSTing-Sues das alles an? Es ist doch nicht deren Sache, ob sie ihre entführten Freunde suchen oder nicht! Kurz sieht Meon die Gesichter von Eli, Goe und Basy vor ihrem geistigen Auge. Ihre Adoptivkinder müssten hier ja irgendwo sein, sie waren schließlich in Silent Hill, und irgendwo hatte MSTsaw sich versteckt, oder alternativ konnte man seine Geisterwelt betreten, denkt Meon. Sie blinzelt erneut und schluckt den unangenehmen Kloß, der sich in ihrem Hals gebildet hat, hinunter. Jawohl! Ihre Adoptivkinder und den neuen Kommentator, wie heißt er doch gleich, zu suchen, war das einzig Sinnvolle, das sie tun könnte. Torquemada würdigt den davonfliegenden Eckhardt keines Blickes mehr, als er dem Bookman nachsetzt, der bereits wieder mehr Distanz zwischen sie gebracht hat und sich behände über ein quer auf der Straße stehendes Autowrack schwingt. Keine zwei Atemzüge später hört der Bookman, wie Metall donnernd auf Metall trifft. Den riesigen Schatten unter sich gewahrt er noch aus dem Augenwinkel, springt instinktiv zur Seite und entgeht dem zu Boden fallenden, nun lichterloh brennenden Auto im letzten Moment. Aus der Hocke heraus stößt er sich mit aller Kraft vom Boden ab, segelt fünf, sechs Meter durch die Luft und kommt mit einem Salto wieder zu Boden, um noch in der selben Sekunde hinter einer hüfthohen Mauer in Deckung zu gehen. Das Auto explodiert, wird regelrecht auseinandergerissen und überzieht die Umgebung mit glühendem Metall und Glas wie eine Schrapnellgranate. Der Bookman registriert beiläufig, wie keinen halben Meter über ihm eine brennende Autotür gegen die Wand kracht, abprallt und zu Boden fällt. Blitzschnell rollt er sich über die Schulter ab und entgeht dem Trümmer mit Leichtigkeit, keine Sekunde, bevor Torquemada durch die Mauer hindurchbricht und mit seinem Hammer ein Loch in den Bordstein reißt, wo er einen Moment zuvor noch gekauert hat. „Begreifen Sie, wie unnötig dieser Kampf ist?“, zischt der Bookman und fixiert den brennenden, schwer gerüsteten Hünen mit verächtlichem Blick, doch Torquemada stürmt nur erneut wie ein Stier nach vorn und hält auf ihn zu. „Du und deine verfluchte Organisation!“, schreit er und schwingt den Hammer in ausholendem, horizontalen Bogen. „Ohne euch und eure verdammten Machenschaften wäre es nie zu all dem gekommen!“ Der Alte duckt sich darunter hinweg und hört das glühende Metall noch an seinem Ohr vorbeizischen, spürt einen brennenden Schmerz, rollt sich jedoch unbeirrt zur Seite und entgeht Torquemadas auf ihn niedersausenden Stiefel. Putz und Mauerwerk wirbeln durch die Luft, als der Hammer gegen die Wand neben ihnen kracht und ein mannshohes Loch hineinreißt, als träfe er auf keinerlei Widerstand. „Aber ihr seid ja alle blind, und lasst euch von Taldeer steuern wie Marionetten! Die Augen werde ich euch öffnen!“, brüllt Torquemada. Schreiend reißt er eine Hand empor, um auf den Bookman zu deuten: Seine Augen glühen auf, als loderten plötzlich Sonnen in ihnen, und ein gleißender, grell-weißer Blitz bricht aus seinem gepanzerten Handschuh hervor, dem der Bookman im letzten Moment mit einem Salto entgeht. Wo er gerade noch hockte, zischt und blubbert nun pechschwarzer, geschmolzener Asphalt. „Komm her, Greis! Ich werde dich zermalmen wie ein Insekt!“ Ächzend wirft sich der Bookman herum und eilt zur gegenüberliegenden Straßenseite, gewahrt fast sofort, wie Torquemada sich mit donnernden Schritten wieder in Bewegung setzt und ihm folgt. Er legt den Kopf in den Nacken und späht das drei Stockwerke hohe Gebäude empor; die kleinen Gesimse, die unterhalb der Fenster aus dem Mauerwerk herausragen, erkennt er deutlich im flackernden Licht von Torquemadas Flammenaura. Hastig saugt er die Lungen voll Luft, stößt sich ab und überwindet die Distanz bis zum ersten Stockwerk mit Leichtigkeit, nur um sich behände am Fensterbrett festzuhalten, mit nur seiner unverstümmelten Hand emporzuschwingen und in einer nahezu unmöglichen Bewegung auf dem Sims aufzukommen. Unten rast bereits Torquemada auf das Gebäude zu wie eine brennende Kanonenkugel. Der Bookman beißt die Zähne zusammen, wirft sich herum und springt im Zickzack von Sims zu Sims, erreicht das Dach ohne jede Mühe. Kaum setzt er auf, knallt es unter ihm laut und Vibrationen durchzucken den Boden, als sei das Haus von der Faust eines Riesen getroffen worden. Die Mauern erbeben noch mal und noch mal und lassen das Dach merklich erzittern, als Torquemada allem Anschein nach einfach durch die Wände hindurchrennt. Plötzlich herrscht Ruhe. „Verdammt“, murmelt der Bookman. Ruhe kann nur bedeuten, dass Torquemada sich konzentrieren muss. Er schnellt vor, hastet mit weiten Schritten über das Dach, so schnell er kann. Glasscheiben zerbersten scheppernd. Von einer Sekunde auf die andere wird alles in waberndes Orange getaucht, als zu beiden Seiten des Gebäudes Flammen meterhoch emporlodern, scheinbar aus den Fenstern dringen, als Torquemada seine Kräfte entfesselt und das Gebäude ansteckt wie Zunder. Der Bookman verengt die Augen und hält abrupt inne. Hinter ihm stürzt bereits das Dach ein, und Torquemadas gellender, ihn verfluchender Schrei hallt aus dem Inneren empor. Ein Sprung auf die gegenüberliegende Häuserzeile und durch Torquemadas magisches Feuer hindurch wäre auch dem Bookman zu heikel; als er unter sich abermals das Dach erzittern fühlt und berstende, knackende Laute sich Bahn brechen, wirft er sich herum und stürmt vor. „Bleib hier!“, dringt Torquemadas dröhnender, wutgeschwängerter Schrei heran, übertönt noch den Lärm des Gebäudes, das wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt, regelrecht zerrissen von den titanischen Kräften des Inquisitors. Der Bookman verzieht keine Miene, während er über einen schmalen Sims setzt und auf das nächste, etwas tiefer gelegene Dach springt. Eine Explosion ertönt, Mauerwerk birst und donnert, dicht gefolgt von metallischem Gepolter und feurigem Rauschen; ungeheuerliche Vibrationen lassen auch dieses Dach erzittern, und der Bookman wirft eilig einen Blick über die Schulter. Hinter sich bemerkt er Torquemada, die Augen brennend wie Sonnen und umgeben von einem feurigen Heiligenschein. Seine Rüstung ist plötzlich an manchen Stellen eingedellt. Hatte er allen Ernstes unter sich selbst eine Explosion ausgelöst, um sich auf das Dach zu katapultieren und ihn weiter zu verfolgen?! Jeder von Torquemadas ungezügelten Schritten drückt tiefe Löcher in die Dachziegel. Ächzend stürmt der Bookman voran. Vor ihm zeichnen sich gleißend helle, haardünne Symbole und Runen kreisrund auf dem Boden ab. Er verharrt im Schritt, steppt zur Seite und entgeht der zischend aufsteigenden, gut drei Schritte messenden Säule magischer Flammen um Haaresbreite. Ungeheuerliche Hitze schlägt ihm entgegen, als er an ihr vorbei eilt. Der Saum seines Mantels wird von den Flammen nur berührt und zerfällt noch im selben Moment zu Asche. Weiter vorn glühen noch mehr Symbole auf, und erneut erheben sich feurige Säulen, überziehen fast die gesamte Dächerzeile wie ein brennender Wald. Der Bookman fährt herum und hält auf die Mauer zu. Auf den Dächern der gegenüberliegenden Häuserzeile blitzt es grell, kurz bevor sich auch dort erste Feuersbrünste erheben. „Mein geheiligtes Fegefeuer hat bisher jeden Gegner in die Knie gezwungen! Auch du wirst ihm nicht entgehen, Greis!“, brüllt Torquemada, der mittig auf dem Dach zur Ruhe gekommen ist, und packt den Hammer mit beiden Händen. Seine feurige Aura lodert intensiver denn je und die Insignien auf seiner Rüstung erglühen in blendender Helligkeit. Er rammt den Griff des Hammers zu Boden, sogleich breiten sich filigrane Symbole und Runen kreis- und linienförmig aus, vereinigen sich mit den Schriftzeichen, welche die feurigen Säulen hervorbringen und erstrahlen immer heller. Bald ist der ganze Boden mit Torquemadas magischen Schriftzeichen übersät. Der Bookman reißt die Augen auf, sieht sich aus den Augenwinkeln nach allen Richtungen um. Der einzige Ausweg führt nach unten und zurück auf die Straße, doch hinunterzuspringen würde sich kompliziert gestalten, da er sich nur mit einer Hand abfangen könnte; dann würde Torquemada ihn mit Leichtigkeit auch dort verfolgen können. Sirrende, zischende Laute dringen durch die Luft. Der Bookman fährt herum und sprintet auf die Dachkante zu, hört hinter sich bereits die Feuersbrunst, die sich mit dem Lärm einer Explosion emporhebt und tiefrotes, loderndes Licht weiträumig über die Stadt wirft. Mit einem beherzten Satz stößt er sich ab und springt über die Kante, fixiert die unter ihm liegende Straße und neigt sich langsam nach vorn. Beiläufig gewahrt er, dass auch auf der Wand des Hauses magische Schriftzeichen prangen, deren Farbe sofort von grellem Weiß in feuriges Rot umschlägt. „Verdammt!“, schreit der fallende Bookman, als keine Sekunde später Torquemadas feuriger Zorn das Mauerwerk schwärzt und wie ein Inferno über ihn hereinbricht. Die Chaosfee schluckt hart, während sie ihre Gegnerinnen fixiert. Ihr wird instinktiv klar, dass diese MSTing-Sues viele Schlachten zusammen geschlagen und zweifelsfrei auch gewonnen haben müssen. Rayne stürmt los. Erneut dringt elektrisches Surren in die Ohren der Chaosfee; sie blickt hastig zwischen Rayne und der Blauhaarigen hin und her, setzt zurück, als die Scharfschützin erneut das Feuer eröffnet und ihr ein todbringendes Projektil nach dem anderen entgegen schickt. Sie entgeht den Geschossen gerade so und sprintet im Zickzack so schnell sie kann auf das Gebäude zu, auf dem die Schützin sich positioniert hat. Gleißende Kugeln prallen auf den Asphalt und schlagen dampfende Löcher hinein. Rayne schreit und setzt mit gezückten, singenden Schwertern vor; die Chaosfee fixiert sie und lässt ein mannshohes Portal zwischen sich und der Kontrahentin erscheinen; doch die Schwertkämpferin reißt sich mit unglaublichen Reflexen herum und entgeht dem Plothole mühelos … womit die Chaosfee nur gerechnet hat! Sie spannt sich, wirft sich ebenfalls herum und springt ihrerseits in das Plothole. Kurz verschwimmt alles um sie herum in Wirbeln, als sie das Portal durchquert und einen Moment später wieder daraus hervorspringt - oberhalb des Gebäudes und mit der blauhaarigen Scharfschützin, die verdutzt den Blick umwendet, genau unter sich! Die Chaosfee schreit zornig und richtet beide Hände auf die Gegnerin, um die herum sogleich der Raum zu wabern und zu flirren beginnt. Doch die Schützin reagiert mit der Geschwindigkeit einer Raubkatze, stößt sich vom Rand des Daches ab und entgeht dem telekinetischen Angriff im letzten Moment, kurz bevor ein donnernder Schlag ertönt und der Putz zerbirst, als habe eine riesige Faust auf ihn geschlagen. Hinter der Chaosfee erklingt ein charakteristisches, wirbelndes Geräusch, als ihr Plothole erneut durchquert wird; sie reißt sich noch im Fall herum und fängt Raynes Angriff mit den Knochendornen ab, ringt und ficht mit der Angreiferin und tritt sie schließlich mit aller Kraft von sich. Rayne trudelt durch die Luft und fällt die gut zehn Meter zu Boden, während die Chaosfee mühelos auf dem rissigen Gesims aufkommt und sich sofort umwendet, um der Schützin nachzusetzen. Erst jetzt bemerkt sie verdutzt, dass von der Blauhaarigen plötzlich jede Spur fehlt. Eine Feder schnappt über. Kurz scheint um die Chaosfee herum alles langsamer abzulaufen, als sie aus den Augenwinkeln in die Richtung sieht, aus der das Geräusch kam, und dort die Assassinin entdeckt, halb verborgen hinter einem Dachaufbau und eine kleine Armbrust auf sie gerichtet, deren Bolzen … reflexartig öffnet die Chaosfee zwei Plotholes, um den Angriff abzufangen. Der Bolzen verschwindet in dem Portal und wird auf die Assassinin umgelenkt, die sich bereits hinwegduckt. Das Geschoss fliegt gegen den Aufbau und bleibt stecken, nur um einen Moment später zu explodieren! Unten schreit Rayne schrill auf. Abermals fährt die Chaosfee auf dem Absatz herum und bemerkt, wie die Vampirin sich mit urgewaltigen Kräften vom Boden abstößt, um mit vorgestreckten Schwertern auf das Dach zu springen! Die Schützin feuert ihre Waffe ab; reflexartig lässt sich die Chaosfee in die Hocke fallen und sieht das Geschoss noch über sich hinwegsirren, rollt sich über den Rücken ab und entgeht einem zweiten, das auf den Boden schlägt, wo sie eben noch stand. So schnell sie kann spurtet sie los, wirft aus dem Augenwinkel einen Blick nach Links, um die Widersacherin zu finden: Doch sie kann sie nirgendwo entdecken. Hinter sich hört sie Rayne auf das Dach aufsetzen. Die Schwertkämpferin setzt ihr blitzschnell nach und die Chaosfee realisiert instinktiv, dass sie sie jeden Moment einholen wird. Schreiend fährt sie herum, reißt ihre Knochendornen empor und stößt nach der Gegnerin. Rayne pariert die Schläge mühelos und dringt mit kraftvollen Hieben auf die Chaosfee ein. Funken schlagen, als ihre Waffen aufeinander treffen und die Sues gegeneinander halten. Die Chaosfee starrt mit eisernem Blick in Raynes Gesicht, die fast vergnügt wirkt und herausfordernd schmunzelt. Plötzlich erklingen schwere, hämmernde Schüsse! Rayne lässt von der Chaosfee ab und setzt in Windeseile zurück. Irritiert sieht sich die Mary Sue nach allen Seiten um und bemerkt eine ganze Salve heller, blauer Lichtkugeln, deutlich langsamer als die anderen, doch auch viel größer, und sie gehen wie ein Sternschnuppenschauer auf sie darnieder! Fluchend wirbelt sie herum und spurtet los, als bereits das erste Geschoss auf das Dach trifft und in einer gewaltigen, gleißend hellen Explosion ein tiefes Loch hinein sprengt. Das Dach erzittert, wankt unter den Füßen der Chaosfee, als mehr und mehr Explosionen es regelrecht auseinanderreißen! Sie wird von einer Wucht erfasst und davongeschleudert, zieht instinktiv Arme und Beine an und fliegt in hohem Bogen durch die Luft, genau in die Gasse hinunter, die zwischen dieser und der nächsten Häuserzeile liegt. Die Gedanken überschlagen sich nur so hinter der Stirn der Chaosfee: Diese MSTing-Sues sind ein eingespieltes Team und außerordentlich fähig; eine blitzschnelle, halbvampirische Schwertkämpferin, eine halborkische Assassine mit ungeheurer Stärke und eine Schützin mit ungeahnter Feuerkraft, die zweifellos ebenfalls nicht menschlich ist! Wenn eine angreift, gehen die anderen in Position und lassen ihr keinen Moment, um auch nur Luft zu holen! Glas zerbirst: Die Chaosfee, noch immer im Fall, wird aus ihren Gedanken gerissen und bemerkt die Assassinin, die mit einer Eleganz, die ihresgleichen sucht, und der Kraft einer ganzen Stierhorde durch ein Fenster springt, dessen Splitter ihr wie ein glitzernder Kometenschweif folgen. Mit gezücktem Dolch, geballter Faust und unerbittlichem Blick hält sie auf sie zu! Anspannung und aufkeimende Verzweiflung brechen sich in einem ohrenbetäubenden Schrei Bahn, der in der Häuserflucht nur so verhallt, als die Chaosfee mit einem Ruck die Glieder von sich streckt und den Dolch der Assassinin pariert, die sogleich mit der geballten Faust vorstößt. Die Chaosfee reißt eine Hand herum, um den Schlag abzufangen, doch er trifft auf ihre Handfläche wie ein Dampfhammer, schmettert ihren Arm zurück, als könne sie keinerlei Gegenwehr aufbringen und entfacht stechende Schmerzen in ihrer Schulter! Die Assassinin reißt ein Bein hoch und schickt einen Tritt hinterher, so schnell, dass die Chaosfee ihn gerade noch bemerkt; die Wucht des Treffers schmettert sie mit ungeheurer Wucht auf den Boden. Doch die Chaosfee nimmt alle Kraft zusammen, um sich sofort zur Seite zu rollen und der wie eine Kanonenkugel auf sie niedergehenden Halborkin zu entkommen! Die Gegnerin schreit, als sie mit den Stiefeln voran dort aufkommt, wo einen Moment zuvor noch die Chaosfee gelegen hat, und die Wucht ihres Aufpralls lässt sogar die Mauern der Gebäude erzittern, schlägt unter einem urtümlichen Knall eine mehrere Fuß messende, kreisrunde Delle in den Boden. Ächzend taumelt die Chaosfee zurück und geht in die Hocke, sieht bereits wieder die Assassinin auf sich zu rasen; doch im Nahkampf scheint sie ihr chancenlos ausgeliefert zu sein! Verzweifelt ballt die Chaosfee beide Hände zu Fäusten und um sie herum wabert und schwingt die Luft wie Wasser. Müllcontainer, Tonnen, alte Kisten und Geröll werden von telekinetischen Kräften emporgehoben und fliegen der Assassinin entgegen. Sie hält inne, festigt ihren Stand und reißt ein Bein hoch, um gegen eine herbeifliegende Mülltonne zu treten; das Gefäß wird unter der Wucht ihres Trittes geplättet, ehe es zurückgeschleudert wird und der Chaosfee entgegenkommt. Die Sue weicht im letzten Moment aus und bringt mehr Abstand zwischen sie, während die Assassinin nach und nach jedes Objekt durch nichts anderes als ihre titanischen Schläge und Tritte abwehrt! Zuletzt stemmt sie sich gegen einen auf sie niederfallenden Müllcontainer, fängt ihn scheinbar mühelos auf wirft ihn der Chaosfee wie einen eisernen, zu groß geratenen Ball entgegen - einen Ball, der mindestens eine Tonne wiegt! Die Chaosfee schreit und öffnet ein Plothole vor sich, gerade noch rechtzeitig, so dass der Container darin verschwindet - und mit der gleichen Wucht, mit der die andere ihn warf, genau über ihr aus einem zweiten Plothole wieder hervortritt! Doch die Angreiferin ist schneller, springt gegen die Wand eines Gebäudes und stößt sich dort ab, nur um danach auf dem fallenden Container zu landen, sich abermals abzustoßen und in das Plothole der Chaosfee einzutauchen! Als sie es bemerkt, ist es bereits zu spät: Schreiend setzt die Chaosfee zurück und schließt die Plotholes, doch ihre Kontrahentin taucht auf, noch ehe das Portal sich auflöst und wirft sich ihr entgegen. Verzweifelt fängt die Chaosfee die Schläge ab, wird zurückgedrängt und zieht ein Knie hoch, um es der Gegnerin in die Hüfte zu rammen; die Halborkin schreit vor Schmerz, doch weicht um keinen Millimeter zurück und verpasst der Chaosfee eine Ohrfeige, die ihr fast das Genick bricht und sie gegen die nächste Wand schleudert! Röchelnd fängt sie sich ab, wirft sich herum und entgeht im letzten Moment einem zweiten Schlag der Assassinin, der die Wand mit der Wucht einer Explosion trifft und ein mannshohes Loch hineinreißt. Als die Chaosfee davonrennt, beinahe verrückt vor Angst, kann sie vor lauter Schwindel kaum ihr Gleichgewicht halten. Unter größten Anstrengungen öffnet sie ein Plothole und springt hinein in eine andere Welt, die der einzige Ausweg zu sein scheint. Meon flattert kraftvoll ein, zwei Mal mit ihren dämonischen Flügelchen und hebt sich empor. MSTsaws Landhaus wäre wohl der geeignetste Ort, um mit der Suche zu beginnen, und sie lenkt beflissen in die Richtung, in der sie das Anwesen vermutet … wo war es doch gleich... Aus den Augenwinkeln bemerkt Meon ein gleißendes, zuckendes Flackern in einer der Häuserfluchten; dann ertönt ein Donnerschlag, und im selben Moment bricht dort ein violetter Blitz hervor! Meon schreit und wirbelt herum, entgeht dem Angriff nur um Haaresbreite. Sogleich kann sie verbranntes Fell riechen und spürt unangenehme Wärme, gerät ins Trudeln und überschlägt sich mehrmals. Aus der Häuserflucht tritt der Alte im grauen Anzug hervor. Die Rechte hat er gerade vor sich gestreckt und genau auf Meon gerichtet, und das goldene Objekt, das er umklammert, leuchtet in unheimlicher, violetter Energie. Abermals feuert Eckhardt einen donnernden Blitz auf die Hamster-Sue ab, doch diesmal ist sie schneller und weicht mit einer ruckartigen Bewegung aus. Dieser Typ will es scheinbar wissen! Meon schreit vor Wut und Erregung auf, beginnt von innen heraus zu leuchten. Sie stürzt wie ein kleiner Komet auf Eckhardt nieder. Der Alte macht keine Anstalten, ihr auszuweichen, wirkt beinahe gelangweilt. Als sie ihn schließlich wie eine Kanonenkugel rammt und sich mit aller Kraft gegen ihn wirft, wird er davongeschleudert wie eine Puppe. Meon drängt ihn gegen eine Mauer, durchschlägt sie berstend, drängt noch weiter zurück und befördert ihn mit einem wuchtigen Tritt in die Luft. Eckhardt fliegt davon und fällt zu Boden, nur um sich wieder zu erheben, als sei nichts gewesen. Meons Augen weiten sich erschrocken. „Ich bin unsterblich“, murmelt er mit monotoner Stimme. Meon setzt zurück und schwebt still in der Luft. „Wieso greift ihr uns überhaupt an? Wir wollen hier unsere entführten Freunde suchen und MSTsaws Pläne vereiteln! Euch kann nicht entgangen sein, dass der was vorhat!“ „Ihr?“, zischt Eckhardt verächtlich. „Ihr seid doch gar nicht dazu in der Lage, MSTsaw aufzuhalten. Ihr begebt euch zu ihm und landet im Deus Ex Machina … und dann ist er nicht mehr zu stoppen. Närrin.“ „Ach. Aber ihr könnt ihn scheinbar auch nicht aufhalten, sonst hättet ihr es schon getan!“, schreit Meon. Eckhardt stöhnt genervt, reibt sich über die Stirn. „Sie sind nicht mehr in der Organisation, Hamster. Was wir tun und lassen, geht Sie nichts an.“ Meon schreit gellend und stürzt vor. Sie wirft sich mit aller Kraft gegen Eckhardt, doch diesmal spannt er sich mit unmenschlicher Stärke dagegen und erträgt den Angriff einfach. Meon schreit in Rage, während sie Eckhardt langsam, Zentimeter für Zentimeter zurückschiebt. Der Alte regt sich um keinen Millimeter, als wäre er zur Salzsäule erstarrt. Er scheint ihren Schlag nicht einmal zu spüren! Als wolle er ein lästiges Insekt verscheuchen, hebt Eckhardt die Rechte und sieht beiläufig zu seinem goldenen Artefakt. Die Scheibe wird von violetten Blitzen umgeben, knistert und zwitschert wie ein Schwarm Vögel. Fast beiläufig fegt er Meon mit einem Schlag davon. Die Hamster-Sue schreit gequält, als ungeheure Stromstöße durch ihren Körper fahren, ihr für Sekunden jede Kontrolle über sich rauben. Meon geht ächzend zu Boden, versucht sich aufzurichten, doch ihr Körper versagt ihr den Dienst. „Sie sollen mal eine MSTing-Sue-Per gewesen sein“, spricht Eckhardt verächtlich, richtet seine Sigle auf Meon und verengt die Augen zu Schlitzen. „Man hat Sie wohl mit gutem Grund aus der Organisation entfernt.“ Das Artefakt leuchtet immer intensiver. Zuckende Energie baut sich um den Alchemisten herum auf und konzentriert sich vor dem goldenen, filigran gearbeiteten Objekt. Eckhardt schreit vor Anstrengung, als er den Blitzschlag schließlich entfesselt, alles um Meon herum in gleißende Helligkeit taucht. Ächzend fällt die Chaosfee auf die Knie, krallt sich in den flauschigen, roten Wollteppich, mit dem ihr Gemach ausgelegt ist. Alles dreht sich, noch immer ist sie wie paralysiert von der Backpfeife der Assassinin. Sie wundert sich kurz, wozu ihre Gegnerin überhaupt einen Dolch braucht. Sie ringt nach Luft, Schweiß tropft von ihrem Gesicht und Blut aus ihrem Mund. Erst jetzt realisiert sie, wie stark ihre rechte Hand schmerzt. Blanke Angst sitzt ihr im Nacken und sendet eisige Schauer über ihren Rücken, als wäre sie gerade um ein Haar dem eigenen Tod entronnen. Diese MSTing-Sues sind unglaublich mächtig! Mit einer von ihnen hätte sie es vielleicht aufnehmen können, doch drei auf einmal? In Gedanken hört sie Torquemadas brummende, tiefe Stimme, wie er sie auffordert, sich zurückzuziehen. Er wusste wohl sehr genau, warum. Meon und Torquemada waren beide einst Anführer in der Organisation und konnten sich gegen diese Gegner wohl behaupten - doch die Chaosfee war lange in einer FF versiegelt und erst vor kurzer Zeit wieder befreit worden. Ihr letzter Kampf, der eher einem kurzen Schlagabtausch mit anschließender Diskussion glich, war der gegen Torquemada. Sie beißt die Zähne aufeinander, so fest, dass bald die Gelenke ihrer Kiefer schmerzen. Blitzende Lichter tanzen vor ihren Augen auf und ab. Nein … sie darf nicht aufgeben. Sie kann die anderen nicht zurücklassen. Zumindest muss sie diese MSTing-Sues beschäftigen, um sie von Meon und Torquemada abzulenken, auf dass sie nicht überwältigt und von dieser kleinen Armee überrannt werden. Sofern sie ihre Kämpfe gewinnen, würden sie ihr zu Hilfe eilen. Die Chaosfee nimmt einen tiefen Atemzug und reißt die Augen auf, erhebt sich, nur um sogleich ihr rechtes Handgelenk zu packen, den Arm erst vor sich zu strecken und dann mit einem Ruck quer an ihre Brust zu ziehen. Ein lautes, unangenehmes Knacken dringt aus ihrer Schulter, als das Gelenk spürbar wieder einrastet, und sie ballt prüfend ein, zwei Mal die Faust. Hastig vollführt sie einige Gesten, um sich magisch zu heilen; doch sie bemerkt, dass ihre Kräfte bereits erschöpft sind und versorgt ihre Wunden nur notdürftig, um länger gegen die Gegner anhalten zu können. Die nächste Geste öffnet bereits ein Plothole. Auf dem gleichen Platz, auf dem sie zuvor ihren Kampf begonnen hat, materialisiert sie sich wieder, sucht die Gegnerinnen, die gewiss noch hier sind. Etwas ist jetzt anders, es ist heller geworden. Sofort bemerkt die Chaosfee gewaltige Feuersäulen, die weiter hinten, näher am Zentrum der Stadt, meterweit in den Himmel ragen. Torquemada muss zwischenzeitlich seine Macht entfesselt haben. „Dachte schon, du lässt uns sitzen“, hört sie Rayne spotten, die Stimme raunend und vibrierend. Die Chaosfee wendet sich um und entdeckt die MSTing-Sues auf dem irgendwie intakt gebliebenen Hauptgesims des Gebäudes, dessen Dach zuvor vom Granatenhagel der Schützin eingerissen wurde. Rayne sitzt mit lässig baumelnden Füßen zwischen ihren Gefährtinnen, während die Assassinin gerade ihre Armbrust spannt, deren Feder hörbar einrastet. Die Schützin schultert einen überdimensionalen Granatwerfer, als wöge er nichts und lässt die Chaosfee nicht aus den Augen. Ihr langer Mantel weht in einer sanften Brise. „Alle Achtung. Dafür, dass die Anführer so einen Terz veranstaltet haben, als du befreit worden bist, bist du ziemlich schwach“, sagt Rayne, erhebt sich nebenbei und zückt ihre Klingen. „Oder spielst du nur mit uns?“ „Ich...“, murmelt die Chaosfee. Ihr Gesicht verzerrt sich zu einer zornigen Grimasse. Sie schreit, breitet in einer ausholenden Bewegung die Arme aus und materialisiert ein Plothole über dem Platz, schräg auf die MSTing-Sues gerichtet und größer als die vorherigen, so dass mindestens ein Auto hindurchpassen würde. Fast zeitgleich neigen die Gegnerinnen ihre Köpfe und sehen dem Portal entgegen … und weiten erschrocken die Augen, als nur Momente später ein tosender Flammensturm zischend und dröhnend aus dem Plothole hervorbricht! Die Sues reagieren mit ungeheurer Geschwindigkeit und entgehen dem Inferno, welches sogleich die Ruine verschlingt, ihren Stein schwärzt und knacken lässt. Rayne kommt leichtfüßig zu Boden und rennt auf die Chaosfee zu; die vollführt komplizierte, hastige Gesten mit ihren Fingern und konzentriert sich mit aller Kraft auf ihre Plotholes. Sie fängt an zu schweben, erhebt sich mit ausgebreiteten Armen in die Luft. Das Portal, mit dem sie einen Teil von Torquemadas magischem Feuer hier her umleitet, zerfasert wie ein Spinnennetz im Wind. Kurz wehen unzählige, hauchdünne Flammen durch die Luft und zur Chaosfee, als sich die Myriaden hauchfeiner Risse im Gefüge dieser Dimension wie ein Schleier um sie legen und erneut zu unzähligen kleinen Plotholes vereinigen, dann mit einem Ruck zusammenfahren und den Flammenstrahl der Schwertkämpferin entgegen schicken. Rayne springt zurück, um dem Angriff abermals zu entgehen. Aus dem Augenwinkel folgt die Chaosfee der Blauhaarigen, die über den Dachsims gespurtet ist und gerade auf einem anderen Gebäude in Position geht, nun wieder ihr Scharfschützengewehr in Händen. Sie schreit noch lauter, und um die Schützin herum beginnt der Raum zu wabern; noch ehe sie ihre Waffe anlegen kann, setzt sie zurück und weicht dem telekinetischen Schlag aus, der so mächtig ist, dass er das halbe Gebäude berstend unter sich zermalmt. Noch mehr Plotholes entstehen um die Chaosfee herum, lenken tosende Feuerstürme in sämtliche Richtungen, um auch die Assassinin zu erwischen, die sich zweifellos bereits wieder aus dem toten Winkel nähert. Eine Feder schnappt über, durchdringt den dröhnenden Lärm des Feuerzaubers allzu deutlich. Die Chaosfee stockt, als ruckartig etwas gegen ihre linke Schulter schlägt, brennende, stechende Schmerzen in ihren Körper sendet. Die Armbrust der Assassinin! Sie erinnert sich sofort, dass der Bolzen jeden Moment explodieren wird, packt mit einem verzweifelten Fluch auf den Lippen das Geschoss und reißt es mit einem Ruck aus ihrer Schulter, um es davon zu schleudern. Der Schmerz raubt ihr jede Konzentration, und sofort schließen sich die Plotholes. Nur einen Lidschlag später verhallt der Lärm des explodierenden Geschosses zwischen den Häuserzeilen. Nach Atem ringend sinkt die Chaosfee zu Boden. Aus dem Augenwinkel bemerkt sie die Schützin, die über die Straße rennt und mit zwei kleinen Waffen voran genau auf sie zu hält. Ein Trommelfeuer an elektrischen, surrenden Schüssen ertönt, als ganze Schwärme winziger Laserkugeln durch die Luft und genau auf die Chaosfee zu sirren. Mit letzter Kraft öffnet sie ein Plothole, in das sie rücklings hinein fällt. Meon kreischt panisch und nimmt alle Kraft zusammen, als sie Eckhardts tosenden Blitzschlag auf sich zu wirbeln sieht. Sie wirft sich herum und kriecht durch einen zufälligerweise genau neben ihr befindlichen Lüftungsschacht in das Innere des Gebäudes, entgeht dem Gewitter noch um Haaresbreite. Meon ringt nach Luft. Sie hatte lange nicht mehr richtig gekämpft und war bereits nach so kurzer Zeit außer Atem. Die anderen erinnerten sie gern daran, dass sie einst eine Anführerin in der MSTing-Organisation war, aber das ist alles so lange her und sie ist so eingerostet... Rötlich glühende Risse durchbrechen den Boden. Meon springt schreiend auf und kriecht zurück, als vor ihr alles einbricht, und darunter, wo Erdreich sein sollte, ist glühende Lava! Die Hamster-Sue wirft sich kreischend herum und rennt so schnell sie kann ins Innere des Gebäudes, keine Sekunde bevor hinter ihr alles explodiert und eine Woge brodelnder Lava sich in den Raum ergießt. Binnen weniger Momente fängt die modrige Einrichtung des Straßencafés Feuer. Meon schleudert einen Stuhl zur Seite und springt auf einen Tisch, um die Lage zu überblicken. Hinter ihr explodiert ein Feuerlöscher. Die Hamster-Sue kreischt so schrill, dass sich fast ihre Stimme überschlägt, als der Tisch umgeworfen und sie selbst davon geschleudert wird. Schützend reißt Meon die Beinchen vor sich und durchschlägt die Fensterfront des Cafés, wird hinaus auf die Straße katapultiert, wo sie ächzend zu Boden kommt und noch einige Schritte weit rollt. Das Gebäude hinter ihr versinkt gurgelnd in einem See aus geschmolzenen Gestein. „Verdammt!“, schreit Meon entsetzt und erhebt sich wieder in die Luft. Auf der anderen Seite der Lavagrube hockt Eckhardt und hat seinen Talisman fest auf den Boden gepresst. Meon schreit vor Anspannung, stürzt vor und fliegt eine weite Kurve um Eckhardt. Abermals wirft sie sich mit aller Kraft gegen ihn. Ihr Aufprall ist so stark, dass die Druckwelle Schutt und Geröll davonschleudert, als wöge es nichts. „Das ist vollständig sinnlos. Ich bin unsterblich!“ Meon schreit in Rage. „Lecken Sie mich doch an meinem pelzigen Arsch mit Ihrer Unsterblichkeit!“, brüllt sie und fängt an, erneut wie eine Sternschnuppe zu leuchten. Binnen einer Sekunde wirbelt Meon herum und fliegt so weit davon, dass Eckhardt sie nicht mehr sehen kann; verdutzt blickt der Alte ihr nach und bemerkt, dass sie eine Mauer so schnell durchschlagen hat, dass dort nur ein rauchendes Loch geblieben ist. Meons spitzer Schrei hallt heran, von oben! Eckhardt neigt beiläufig den Kopf und sieht der auf ihn zu rasenden Hamster-Sue entgegen. Sie trifft ihn mit einer Geschwindigkeit, bei der sie lautstark die Schallmauer durchbricht. Eckhardt wird von den Füßen gerissen und in den Lavasee geschleudert, dessen Oberfläche zu zucken und schwingen begonnen hat wie tosende Brandung. Er mustert die Hamster-Sue aus überrascht aufgerissenen Augen, ehe die brodelnde, feurige Flüssigkeit ihn dampfend verschlingt. „Meine Güte“, japst Meon, außer Atem, und kommt einige Meter neben der Grube zu Boden. Sie ringt nach Luft, streicht sich mehrmals durch ihr Fell. „Du liebe Zeit! Unsterblich, ich werd nicht mehr! Erzeugt Lava und Blitze! Hier ist was los!“ Hinter sich hört sie etwas Feuchtes zu Boden klatschen. Meon wendet sich in einer beinahe absurd langsamen Bewegung um; ihre Pupillen verengen sich zu winzigen Pünktchen, als Eckhardt aus dem Lavasee wieder heraussteigt. Die Chaosfee stöhnt, als sie schwer zu Boden fällt, sucht hinter dem Sims des Daches Deckung und verschließt die Plotholes. In den Sekunden, die sie nun nur da liegt und nach Atem ringt, hört sie ihren eigenen Herzschlag pochen, als handele es sich um Glockenschläge. Er übertönt beinahe die grollenden Explosionen in der Entfernung, das Tosen eines einstürzenden Gebäudes, dann einen Lärm, der sich fast wie ein Flugzeug anhört. Was passiert dort draußen nur? Brennende Schmerzen machen sich in ihrer Schulter bemerkbar, wo der Bolzen der Assassinin sie getroffen hat, noch intensiver werdend durch den kalten Stein unter ihr. War der Pfeil vergiftet? Würde die Assassinin explodierende Bolzen noch zusätzlich vergiften? Doch von den Schmerzen und der allgemeinen Erschöpfung abgesehen, ist das Bewusstsein der Chaosfee klar. Vorsichtig richtet sie sich auf und späht über das Mauerwerk; nach wie vor erhebt sich Torquemadas Feuersbrunst in den Himmel und taucht die Dächer in wabernde Helligkeit. In einer anderen Richtung blitzt es immer wieder auf, elektrische, gleißende Entladungen zucken zwischen den Gebäuden empor wie ein Gewitter, das vom Boden kommt. Weiter am Rand der Stadt scheint es ebenfalls zu brennen und eine dichte Rauchsäule erhebt sich träge. Der Kampf gegen die MSTing-Sues tobt an mehreren Fronten. Sie fragt sich, ob die Anderen wohl in Ordnung sind; sie selbst ist nun am Ende ihrer Kräfte angelangt, würde nicht länger... Plötzlich fliegt in nur geringem Abstand etwas über sie hinweg, aus der Richtung, in der die Straße liegt, und kommt neben ihr auf dem Dach auf. Die Chaosfee zuckt zusammen, als sie bereits aus den Augenwinkeln bemerkt, dass es sich bei dem faustgroßen, braunen Objekt um eine Bombe aus säuberlich vernähtem Leder handelt, deren Lunte fast abgebrannt ist. „Verflucht“, zischt sie und wirft sich herum, doch dort ist der Sims... Sie fährt empor, aber sogleich sieht sie das Gewehr der blauhaarigen Kämpferin aufleuchten und eines der glühenden Projektile rast heran! Verzweifelt packt die Chaosfee die Bombe und wirft sie davon, doch sie explodiert bereits in kaum einem Meter Entfernung. Sein Anzug ist nicht mehr, doch der alte Mann selbst ist vollständig unversehrt und auch der metallische Handschuh, mit dem er das goldene Artefakt hält, sitzt noch immer an seiner Hand! Nicht einmal sein Haar ist verbrannt! Unzählige Narben prangen auf der fahlen Haut des Alchemisten, die im feurigen Schein der Lava wie Wachs schimmert; die Narben wirken wie die Skizze eines Skelettes, sind nicht durch normale Verletzungen entstanden. Es sieht fast so aus, als sei Eckhardt überall aufgeschnitten und etwas in ihn eingesetzt worden. „Närrische Sue“, faucht der Alte hasserfüllt und reißt die behandschuhte Rechte empor, beginnt, mit seinem Talisman weite Kreise vor sich zu zeichnen. Sofort kommt Bewegung in die Luft um sie herum, die immer schneller wird, sich binnen weniger Sekunden zu einem Sturm aufbaut. Zischender Dampf stiebt über dem Feuersee empor. Die Windhose fängt an, Lava aus der Grube zu saugen, wird zu einem feurigen, glühenden Strudel und verspritzt das geschmolzene Gestein weiträumig über die Umgebung! Wo die Masse zu Boden fällt, breiten sich sofort lodernde Flammen aus, Rauch steigt empor. Meon springt zur Seite und entgeht einem rot glühenden Todesfladen nur um Haaresbreite. Immer wieder muss die Hamster-Sue den feurigen Tropfen und Klumpen ausweichen. Meon schluckt. Dieser Mann verfügt ja über ungeheure Kräfte, und keiner ihrer Angriffe fügt ihm wirklich Schaden zu! Am Ende ist Eckhardt wirklich unsterblich, denkt Meon entsetzt und nimmt all ihre Kraft zusammen. Sie würde ihn vermutlich nicht besiegen können, aber es wäre wohl auch genug, ihn einfach los zu werden! Abermals stößt sie sich ab und wirft sich dem Unheimlichen entgegen. „Ich bin unsterblich!“, grollt Eckhardt nur, als er sich gegen Meons Angriff stemmt, tosende Druckwellen sich Bahn brechen, die den Lärm von Flugzeugturbinen erzeugen und den Lavasee auf und ab tanzen lassen. Die Hamster-Sue ekelt sich, als sie die gummiartige Haut des Alten berührt; er ist ja eiskalt, fast wie eine Leiche! Doch Meon schreit grell und presst beide Vorderpfötchen auf ihn. Gleißende Energie materialisiert sich zwischen ihr und Eckhardt, ballt sich zu einer Kugel zusammen und wird immer heller. „Ich sag das jetzt eben auch noch mal! Lecken Sie mich mit ihrer Unsterblichkeit! SHOOP-DA-WHOOP!!!1!“, kreischt Meon und entlädt die aufgestaute Suekraft in einer unbeschreiblich hellen Sonneneruption! Weil sie ein Hamster ist, und Hamster so was in dieser Story halt können. Ihre Whoop reißt Eckhardt empor und hebt ihn langsam in die Luft. Meons ungeheure Energie unterbindet den Feuerstrudel, pustet ihn einfach auseinander. Der Alchemist schreit gellend, als er von der geshoopten Whoop kurz in einer bizarr anmutenden Position in der Luft gehalten wird, unbeholfen mit Armen und Beinen strampelt; doch Meon gibt auf halber Strecke noch mal alles und legt den letzten Rest ihrer Kraft in die Whoop! Es knallt laut, als der Strahl sich gen Himmel Bahn bricht und Eckhardt mit sich reißt. Noch ehe der unsterbliche Alchemist gänzlich aus ihrem Sichtfeld verschwunden ist, langsam wie ein Komet am Nachthimmel entlang über die Stadt gleitet, sinkt Meon erschöpft zu Boden. Die Hamster-Sue nutzt ihre letzten Reserven, um weiter von der Lavagrube weg zu kriechen. Schließlich sinkt sie gegen einen halbwegs unversehrt gebliebenen Zaun und blinzelt mehrmals. Das Letzte, das Meon sieht, bevor sie das Bewusstsein verliert, sind die fröhlich lächelnden Gesichter von Eli, Goe und Basy. Wahrlich, dramatischer hätte Meons erster Kampf seit 2010 nicht laufen können. Ich hoffe, ihre paar Fans sind zufrieden. xD Der Bookman schlägt die Augen auf, gewahrt binnen eines Momentes, dass er mittig auf der Straße liegt. Sein Herz rast, sein Atem geht schnell; er fühlt sich, als würde er jeden Moment ersticken. Über sich sieht er das einstürzende Gebäude. Brennende, schwelende Brocken aus Mauerwerk und Metallteilen regnen um ihn herum zu Boden. Die Wand des zweiten Stockwerkes kippt, löst sich beinahe absurd akkurat ab und fällt nahezu geräuschlos auf ihn nieder. Er reißt vor Schreck die Augen auf, wirft sich herum und versucht, davon zu robben, doch es gelingt ihm nicht mehr. Für einen Moment wird alles schwarz, als Tonnen von Geröll über ihm zusammenbrechen. Der Bookman schlägt die Augen auf, gewahrt binnen eines Momentes, dass er auf der anderen Straßenseite steht. Sein Herz rast, sein Atem geht schnell; er fühlt sich, als würde er jeden Moment ersticken. Plötzlich hat er ein Déjà-Vu. Was geht hier vor? Wenige Schritte entfernt liegen die schwelenden Trümmer, von denen er meint, dass sie ihn gerade noch zermalmt haben müssten; die Trümmer des Gebäudes, das Torquemada mit einer magischen Explosion in Schutt und Asche legte; einer Explosion, die ihn zerfetzt haben müsste! Kurz ist ihm, als würde die Zeit langsamer verstreichen, als er zu analysieren versucht, was hier geschieht. Fast beiläufig bemerkt der Bookman, dass der blaue Schaum von seinem linken Unterarm abgefallen ist. Das Sharingan, das er sich vor einiger Zeit dort eingepflanzt hat, scheint bereits genesen zu sein, und seine Iris leuchtet in blutigem Rot, während die Pupillen wirr hin und her zucken. Das Sharingan... Sofort ergibt alles Sinn: Izanagi, die gefürchtete Technik, welche die Grenzen zwischen Schein und Wirklichkeit überwinden und den eigenen Tod in eine bloße Illusion verwandeln kann! Die Mary Sue, welcher der Bookman das Sharingan entnahm, musste über diese Technik verfügt haben, und in dem Moment, in dem er sich am Ende wähnte, musste er sie aktiviert haben. Doch er erinnert sich noch an mehr: Ein Sharingan kann Izanagi nur ein einziges Mal anwenden. Wie lange die Grenzen zwischen Realität und Illusion aufgehoben sind, variiert von Individuum zu Individuum. Ist die Zeit verstrichen, erblindet das Auge und schließt sich für immer; ein Umstand, den der Bookman keinesfalls akzeptieren kann. Nach allem, was er auf sich nahm, wäre der Verlust dieses Plotdevices untragbar! Hastig greift er in seinen Mantel und fördert ein handtellergroßes Objekt hervor, das entfernt an eine grünlich goldene Marmorscheibe erinnert, mit einem unscheinbaren Knopf am Rand und graviert wie eine Uhr - doch mit drei Ringen statt einem. Anstelle von Zeigern prangt ein durchsichtiger Kristall im Zentrum der Scheibe. Eilig geht der Bookman in die Hocke und hält das Objekt über sein Sharingan. Wie lange Izanagi aktiv sein würde - und vor allem, bereits war - kann er unmöglich erahnen. Auch wenn es verlockend erscheint, den Kampf mit dieser Fähigkeit fortzusetzen, so ist das Risiko, sein geschätztes Plotdevice zu verlieren, viel zu groß. In Gedanken versucht er abzuschätzen, wie lange es her ist, dass Torquemadas Explosion ihn erfasste. Eine halbe Minute? Fünfundvierzig Sekunden? Der Bookman zögert. Jetzt den Knopf zu drücken, würde seine physische Existenz zurückspulen, auf einen Zustand von vor genau einundsechzig Sekunden. Einfach nur durch einen Knopfdruck. Er fängt an, vor Anspannung zu zittern, als er die Macht dieses Deus Ex Machina zu begreifen versucht, dieses Fragmentes der Feenschale, der Schöpferin des Multiversums, welches über lediglich einen Bruchteil ihrer göttlichen Kräfte gebietet und doch so unglaublich mächtig ist. Genau eine Minute. Wenn er Pech hat, setzt der Deus Ex Machina ihn auf den Zustand zurück, in dem Torquemadas Explosion ihn zerrissen hat; im Idealfall auf den Zustand, bevor er über die Kante des Daches sprang. Er kneift die Augen zusammen. „Du! Wieso lebst du noch?!“, hört er über sich Torquemada rufen, der an den Rand des Daches getreten sein muss und ihn nun bemerkt hat. Der Bookman drückt den Knopf; sogleich leuchtet der Kristall grün auf. Die eingravierten Ziffern erglühen eine nach der anderen. Da fällt dem Bookman auf, dass sich das Sharingan bereits schließt; im selben Maß, in dem sich die Augenlider zusammenziehen, ebbt auch der rote Schein ab. „Verflucht!“, ruft er entsetzt, sieht immer wieder zwischen dem Deus Ex Machina und dem Sharingan hin und her. Schließlich brechen grün gleißende Blitze aus dem Kristall, schlagen in den Bookman ein, ohne auch nur die geringste Empfindung zu verursachen, und das ohrenbetäubende Schlagen eines unsichtbaren, gewaltigen Uhrwerkes ertönt drei Mal. Dann geht ein Ruck durch ihn, raubt ihm für eine Millisekunde das Bewusstsein. Alles wird schwarz, aber es ist eine andere Schwärze als die, die ihn umgibt, wenn er die Augen schließt; als würde um ihn herum nichts mehr existieren. Der Bookman schlägt die Augen auf, gewahrt binnen eines Momentes, dass er noch immer am Rand der Straße steht. Sein Herz rast, sein Atem geht schnell; er fühlt sich, als würde er jeden Moment ersticken. Doch der Deus Ex Machina hat seinen Dienst getan, und er hatte Glück. Das Sharingan ist genesen und in den Zustand zurückversetzt worden, in dem Izanagi sich noch nicht aktiviert hatte; der Bookman lebt. Dem Tod von der Schippe gesprungen … das Potential dieses Plotdevices ist wahrlich grenzenlos. Mit einem zufriedenen, kaum merklichen Grinsen verstaut er den Deus Ex Machina, dessen Kristall nun so lange grün leuchten wird, bis er erneut einsatzfähig ist, wieder in seiner Kutte. Seine Hände zittern vor Erregung. „Nun, Torquemada...“, hebt er schließlich an, räuspert sich. Der Boden erbebt, als der Inquisitor einfach vom Dach springt, wuchtig auf dem Asphalt aufkommt und mit seinem Aufprall tiefe Dellen hineindrückt. Seine lodernde Flammenaura ist erloschen und seine Augen brennen nicht länger in innerem Feuer. Über ihm ebben langsam die Feuersbrünste ab, und mit ihnen auch die Helligkeit, die sie über die Stadt werfen. „Wie mir scheint, lerne ich trotz meines hohen Alters noch immer neue Fähigkeiten.“ Der Bookman räuspert sich und sieht Torquemada fest an. „Du kämpfst nicht, Greis. Du fliehst wie ein Feigling. Wozu soll das gut sein?“ „Ich könnte Sie das Gleiche fragen, Torquemada. Dieser Kampf ist auf mehr Ebenen sinnlos, als ich jetzt in diesem Moment aufzählen kann.“ „Dann verschwinde zurück in das Loch, aus dem du gekrochen bist!“, ruft der Inquisitor und deutet mit seiner gepanzerten Hand auf den viel kleineren Bookman. „Unsere Angelegenheiten gehen dich und deine Organisation nichts an. Ihr habt kein Recht, euch einzumischen!“ „MSTsaw ist eine Angelegenheit der interdimensionalen MSTing-Organisation, Torquemada. Ihrer Logik nach hätten Sie kein Recht, sich in unsere Angelegenheiten einzumischen.“ „Ich frage mich nur, wie ihr uns aufhalten wollt?“, brummt Torquemada und lacht verhalten. „Du bist keine Bedrohung für mich! Dein überhasteter Aufbruch muss es dir unmöglich gemacht haben, dich auf mich als Gegner einzustellen, und du hast nur dein Allzweck-Set von Plotdevices mitgenommen! Kein einziges kann mich bedrohen!“ Torquemadas Mund verzieht sich zu einem höhnischen Grinsen, dass sich sein Schnauzbart nur so kräuselt. „Behalten Sie ihre Drohungen für sich“, meint der Bookman nur ungerührt und zieht langsam den linken Ärmelsaum empor. Torquemada legt die Stirn in Falten, als er bemerkt, dass das blutig rote Auge an der Unterseite seines Armes wieder geöffnet ist. „Ich drohe Ihnen, Torquemada: Gehen Sie, oder ich nutze dieses Plotdevice, um Sie offen anzugreifen. Wie ich bereits herausfinden konnte, sind Sie nicht immun gegen die Illusionen meines Sharingans, und wer weiß, welche Fähigkeiten es noch verbirgt... Ich kann nicht zulassen, dass mächtige Sues wie Sie, Meon oder die Chaosfee sich in MSTsaws Reichweite begeben. Er hat bereits eine MSTing-Sue-Per! Jede weitere in seinem Deus Ex Machina mehrt seine Macht, und irgendwann ist er nicht mehr aufzuhalten!“ „Pah!“, ruft Torquemada nur lautstark. „Einer meiner Schüler hat MSTsaw in der Welt der Chaosfee mehrmals hintereinander bezwungen! Ich habe keine Angst vor ihm! Du?!“ „Ist dem so?“, fragt der Bookman, die Falten auf seiner Stirn vor Überraschung noch etwas tiefer als sonst. Er schließt für einen Moment die Augen, zieht langsam Luft ein. „Aber wenn Ihr Schüler MSTsaw mehrmals besiegen musste, gibt uns das nur weiter zu denken. Dieser alte Mann … er hat Nevan besiegt! Begreifen Sie nicht, wie mächtig Nevan ist, und welche Kraft es erfordert, ausgerechnet Nevan, von allen MSTing-Sue-Per, zu bezwingen?“ Sekunden des Schweigens verstreichen, nur durchbrochen vom Knistern brennenden Holzes, und hin und wieder zu Boden bröckelnden Gesteins. „Ja. Das hattest du schon erwähnt...“, murmelt Torquemada, nun sichtlich in Gedanken versunken. „Wissen Sie überhaupt, was die Organisation getan hat, Torquemada? Was Taldeer uns aufgetragen hat? Wir haben einen Dämon in MSTsaw versiegelt: Den Dämon Paninischneider, beschworen aus einer FF, die Sie kennen sollten.“ Torquemadas Augen weiten sich vor Schreck. Eine Schweißperle fließt seine glänzende Schläfe hinab. „Ihr Narren … ihr habt DIESE FF geMSTed?!“, japst er und erbleicht. „Nicht wir. Nicht vollständig, heißt das“, fährt der Bookman fort. „Dieses MSTing wurde unter anderem von Ihren Schülern und noch anderen Kommentatoren durchgeführt, damals, auf Meons Kreuzfahrtschiff.“ Der Bookman zuckt mit den Schultern. „Ich nehme an, an die Episode erinnern Sie sich?“ „Ja!“, gellt Torquemada. „Aber … diese FF! Das darf nicht sein!“ „Taldeer hat es so angewiesen. Ihre Gründe schienen stichhaltig. Wir haben nur eingegriffen, weil Ihre Schüler und Meon währenddessen den Ellipsenpapst bezwungen hatten. Wäre dies nicht geschehen, hätte die Organisation das Schiff nie attackiert.“ Der Bookman räuspert sich, spuckt auf den Boden. Als er Torquemada wieder ansieht, wird sein Blick eisern, bohrend. „Ich weiß mittlerweile, dass Taldeer all dies inszeniert hat, und noch mehr: Selbst Ihren Austritt aus der Organisation hat Taldeer eingefädelt! Mittlerweile ist St. Ditto ebenfalls verschwunden … ich nehme an, auch hier hat Taldeer ihre Finger im Spiel, denn sie selbst hat ihn in die Welt gesandt, in der es geschah.“ Torquemada verengt die Augen zu kleinen Schlitzen, während er angespannt zuhört. „Wir sind alle von ihr manipuliert worden. Nach St. Dittos Verschwinden kam es zu einem Zerwürfnis; und kurz bevor MSTsaw sie entführt hat, hat sogar Nevan sich von Taldeer abgewandt.“ „Ach so?“, fragt Torquemada leise, legt den Kopf schief. „Wenn auch der Ellipsenpapst weg ist, wenn du Taldeer hinterfragst und selbst Nevan sich offen von Taldeer abwendet, dann … ich muss alles erfahren! Alles, was nach meinem Weggang geschehen ist!“ „Nun“, murmelt der Bookman, während er den Saum seines Ärmels wieder zurückzieht und zweimal die Rechte zur Faust ballt. Die kurze Klinge, die unter seinem Ärmel hervorragt, schnappt lautstark zurück. „Sobald MSTsaw bezwungen ist, erzähle ich Ihnen alles, doch keine Sekunde eher.“ „Aber du kannst nicht in die Festung der Organisation zurückkehren!“, begehrt Torquemada auf, hebt beschwörend beide Hände. „Wenn du hier sagst, dass du dich offen gegen Taldeer stellst, dann weiß sie, dass es geschehen wird, und wird dich töten!“ Torquemada blinzelt. „Ich nehme dich gefangen. Du kommst mit in die Welt der Chaosfee.“ Ein kehliges, trockenes Lachen ist zunächst die einzige Antwort des Bookman. „Durchaus eine vernünftige Überlegung. Allerdings ... unterhalten Sie sich mit einer Illusion, Torquemada. Ich habe Sie bereits vor Minuten mit meinem wiederhergestellten Sharingan hypnotisiert. Wenn diese Illusion abebbt, werden Sie feststellen, dass ich mich bereits auf den Weg gemacht habe, um die kämpfenden Sues zu stoppen. Sie möchten sich dann womöglich auf die Suche nach Ihren Schülern begeben, ehe sie allzu weit in MSTsaws Gebiet vorgedrungen sind, sofern das nicht ohnehin bereits der Fall ist.“ „Was?!“, ruft Torquemada überrumpelt, richtet seine Konzentration sofort nach innen und prüft seinen Geist. Aber er ist rein - keinerlei Hexerei beeinflusst seine Wahrnehmung. „Natürlich nicht“, fährt der Bookman fort. „Die Techniken eines Sharingans haben mit Hexerei nichts gemein. Daran, dass ich Ihre Gedanken lese, erkennen Sie, dass sich all dies in Ihrer Wahrnehmung abspielt - und daran, dass Sie mich nicht länger angegriffen haben.“ „Du hinterhältiger, verschlagener Greis!“, schreit Torquemada und stampft lautstark auf den Boden. Der Bookman grinst gehässig, verschränkt die Arme und wendet sich ab. Er geht noch ein, zwei Schritte, dann löst sich sein Bild einfach auf. Torquemada bleibt tatsächlich allein zurück. Ihm ist, als sei plötzlich eine undefinierbare Last von ihm abgefallen; als sei er von einem Bann befreit worden, der ihm vorher nicht bewusst war, sich aber jetzt, als die Illusion verflogen ist, umso stärker bemerkbar macht. Hinter ihm stürzt lautstark Geröll zu Boden. Langsam setzt er einen Fuß vor den anderen, macht sich auf den Weg zurück zu dem Platz, an dem sie zuvor erschienen sind. Wenn die Organisation sich tatsächlich von Taldeer abzuwenden begonnen hat und nach und nach ihre Anführer verschwinden oder entführt werden, musste es Ereignisse gegeben haben, von denen er nichts wusste, die dafür jedoch umso wichtiger waren. Aber zunächst würde er sich um MSTsaw kümmern müssen. Schwaden aus wallendem, dickem Rauch breiten sich über das Dach aus und schwappen beinahe wie eine Welle über die Chaosfee herein, rauben ihr die Sicht. Eine Rauchbombe! Oder Gift? Reflexartig hält sie die Luft an und erhebt sich torkelnd, entfernt sich so schnell sie kann vom Sims des Daches. Unten bei der Straße muss die Assassinin sein. Die Schützin würde sie in dieser Wolke kaum anvisieren können und sie würde auf der anderen Seite des Daches … doch abermals dringen surrende, elektrische Geräusche in die Ohren der Chaosfee, als die blauhaarige Gegnerin eine ihrer Waffen lädt; diesmal viel lauter. Eiskalte Schauer laufen ihr über den Rücken, als sie einen markerschütternden, schrillen Pfiff hört und wieder irgendein Projektil heranrasen muss. In all dem Rauch sieht sie nichts und öffnet verzweifelt ein Plothole hinter sich, um das Geschoss abzufangen. Die Explosion, die keine Sekunde später ein tiefes Loch in das Gebäude reißt, den Rauch hinweg fegt und alles um sie herum in gleißende Helligkeit taucht, nimmt die Chaosfee kaum mehr wahr. Als die glühend heiße Druckwelle sie erfasst, reißt sie sie von den Füßen und schleudert sie einfach davon. Ächzend und vor Schmerz wie gelähmt kneift die Chaosfee ihre Augen zusammen, wirbelt herum und fliegt in hohem Bogen durch die Luft. Ein Portal … sie muss ein Portal öffnen und sich in Sicherheit bringen! Sie hat kaum mehr Kraft in sich - ein Sturz aus großer Höhe würde ihr diesmal sämtliche Knochen brechen! Doch noch ehe sie reagieren kann, springt die Assassinin vor dem Gebäude empor, mühelos über mehrere Stockwerke hinweg, und sie hält mit unglaublicher Präzision auf die Chaosfee zu! Der Drop Kick, mit dem die Angreiferin sie sogleich erfasst und krachend zurück auf das Dach schleudert, dass es ihr fast sämtliche Luft aus den Lungen treibt, raubt ihr beinahe das Bewusstsein. Für einen Moment kann sie kaum sehen, hat nur noch flirrende Lichter und Sternchen vor sich. Es dauert fast eine Minute, bis sich ihre Sicht langsam wieder klärt. Die drei Gegnerinnen sind bereits da und umringen sie, sehen aus gefassten, nahezu ausdruckslosen Gesichtern auf sie darnieder. „So viel dann wohl zur Chaosfee“, murmelt Rayne, schürzt ihre Lippen. „Du hast gegen uns verloren“, spricht dann die Assassinin, die Stimme warm und freundlich, mit einem türkischen Akzent - ganz anders, als ihr bestialischer Kampfstil und ihre orkische Erscheinung es vermuten lassen würde. „Ich schlage vor, dass du dich nun ergibst.“ „Wenn ihr mich töten wollt, dann tut es“, röchelt die Chaosfee, hustet und spuckt Blut. Sie versucht sich aufzurichten, doch bereits diese Bewegung ist zu viel. „Wir haben kein Interesse daran, dich zu töten“, meint die Schützin nur. Ihre Stimme ist eiskalt, mit einem fast höhnischen Unterton, und ihre orangen, großen Augen blitzen auf in unverhohlener Herablassung. „Nun … da du verloren hast, nehme ich an, du gibst auf und wir können uns endlich aus dem Staub machen?“ Sie lässt ihre Waffen verschwinden, die kurz in blauem Licht erglühen sich schließlich einfach entmaterialisieren. „Aus dem Staub machen...?“, wiederholt die Chaosfee ihre Worte kraftlos und sieht verdutzt zu den Gegnerinnen empor. Was auch immer diese MSTing-Sues vorhaben: Tot sehen wollen sie sie offenbar nicht, sonst hätten sie sie längst ausgeschaltet. Die Chaosfee ist sich sogar sicher, dass die MSTing-Sues sich noch zurückgehalten haben. „Ja. Aus dem Staub machen! Kann doch nicht so schwer zu verstehen sein“, zischt Rayne, während sie in die Hocke geht und die Chaosfee anfunkelt. „Auch wenn du gerade ziemlich hart mit dem Kopf aufgeschlagen bist.“ „Rayne, bitte“, spricht wieder die Assassinin und geht ebenfalls in die Hocke. „Dieser Kampf ist sinnlos. Wir haben alle keinen Streit mit dir und wären eher daran interessiert, unsere Herrin zu finden.“ „Dar Pha, danke“, faucht Rayne schmunzelnd zurück. „Das trifft's.“ Dar Pha rollt mit den Augen und fährt fort: „Wie uns zu Ohren gekommen ist, kennst du den Entführer unserer Herrin Nevan. Sicherlich gibt es gewisse Grundspannungen zwischen unseren Seiten, aber sag: Könntest du nun, wo wir dich bezwungen haben, womöglich deine Informationen preisgeben?“ „Sollte es deine Zunge lockern, können wir so tun, als überließest du uns die Informationen im Austausch für dein Leben“, kichert wieder Rayne. Die Schützin lacht leise. „Schnittig, meine liebe Rayne; ich würde allerdings vorschlagen, die Chaosfee nicht weiter zu verhöhnen, wenn wir sie bereits verhören.“ Rayne rollt nur noch mit den Augen. „Leck mich, Helga. Wisst ihr was? Macht doch was ihr wollt“, sagt sie noch, ehe sie gemessenen Schrittes zur Kante des Daches schlendert. Dar Pha seufzt. „Helga, Rayne, würdet ihr bitte still sein? Hier.“ Sie reicht der Chaosfee ein rotes Glasfläschchen. „Dieser Trank sollte dir helfen, deine Wunden zu regenerieren. Was kannst du uns nun über MSTsaw erzählen? Ich nehme an, wir finden ihn und sein Versteck in dieser Stadt? Ja?“ Die Chaosfee zögert einen Moment, fixiert Dar Pha aus zu Schlitzen verengten Augen und mit zitternden Pupillen. „Ihr … wollt eure Herrin retten? Nevan?“ Dar Pha hilft ihr hoch, während die Chaosfee mit unbeholfenen Fingern die Flasche zu öffnen versucht, bis Dar Pha ihr schließlich hilft. Sie zögert sichtlich, ist sich nach einem erneuten Blick in die warmen Augen der Assassinin allerdings sicher, dass sie ihr tatsächlich helfen will. „Ja“, meint Dar Pha, während sie die Chaosfee stützt. „Nevan ist unsere Anführerin in der Organisation. Soweit ich weiß, habt ihr euch bereits getroffen.“ Mittlerweile hat die Chaosfee das Fläschchen geleert. Ihr Gesicht wirkt schmerzverzerrt. „In der Tat … haben wir uns getroffen. Kurz bevor Taldeer das Kreuzfahrtschiff meiner Freundin zerstörte, nachdem eure Organisation dort einfiel, um ihre Gäste abzuschlachten.“ Helga lacht schallend, und die Chaosfee wirft ihr einen vernichtenden Blick zu. Sogleich verstummt die Blauhaarige und hebt beschwichtigend die Hände. „Verstehe mich nicht falsch, Chaosfee. Mich amüsiert nur die Selbstverständlichkeit, mit der du über derlei Dinge zu sprechen pflegst. Wir für unseren Teil dachten uns bereits, dass sich auf der M.S.Ting mehr ereignet haben muss, als man uns erzählt hatte. Von einem, nun, Massaker, wussten wir bisher nichts.“ Die Chaosfee zögert einen Moment und mustert Helga eindringlich - für sie sieht es nicht so aus, als würde die Schützin lügen. „Nun, die … Golden Sues hatten den größten Anteil daran.“ „Ah ja, ah ja“, macht Helga schnippisch. „Taldeer und der Bookman haben die Golden Sues bereits mehrmals angeheuert. Vermutlich hatten sie sie wieder damit beauftragt, die Drecksarbeit für sich zu übernehmen.“ Helga winkt ab. „Uns ist nur bekannt, dass die Herrin vier deiner Verbündeten herausgefordert hat, um sich für den kläglichen Zustand zu rächen, in dem ihre geliebte Stadt Silent Hill und die Heimat einer unserer MSTing-Sues sich heutzutage befindet. Dafür scheint sie ihnen die Schuld zu geben.“ Die blauhaarige Schützin breitet in einer ausschweifenden Bewegung die Arme aus und deutet auf die sie umgebenden Ruinen. „Wenn die Herrin erst sieht, was wir nun noch angestellt haben, wird sie wohl außer sich sein vor Wut.“ Sie zwinkert vielsagend und verschränkt die Arme, um langsam Rayne zu folgen. „Lügen, Intrigen, Heimlichkeiten“, murmelt die Rothaarige mit gespieltem Desinteresse vor sich hin, doch so laut, dass die anderen sie problemlos hören können. „Ich für meinen Teil kann nur annehmen, dass Taldeer maßgeblich an allem beteiligt war“, kommentiert Helga gehässig. „Ihr gesteigertes Interesse an den Geschehnissen auf der M.S.Ting lässt in dieser Hinsicht ja tief blicken. Dass sie einmal mehr die Herrin mit hineingezogen hat, stimmt mich durchaus ein wenig verdrießlich.“ Mittlerweile ist sie bei Rayne angekommen und sieht zusammen mit ihr in die Ferne, hin zu der langsam schwächer werdenden Feuersbrunst. „Torquemada hat wohl heftig ausgeteilt“, meint Rayne. „Ob wir dem Bookman helfen sollten?“ „Wohl kaum“, wehrt Helga mit einer grazilen Handbewegung ab. „Der Speichellecker Taldeers mag sich seiner Haut selbst erwehren. Solange die Herrin nicht zurück ist, unterstütze ich für meinen Teil keinen anderen MSTing-Sue-Per mehr.“ „Ach, komm“, knurrt Rayne. „Den hat sie doch auch nur benutzt.“ Mittlerweile hat sich die Chaosfee wieder erhoben. Tatsächlich schließen ihre Wunden sich bereits. Lediglich der an vielen Stellen lädierte Overall und ihr wüstes Haar lassen noch erahnen, welchen Kampf sie vor wenigen Momenten ausgefochten hat. „Ihr … steht nicht hinter Taldeer? Sie ist nicht diejenige, die eure Organisation kontrolliert und euch Befehle gibt?“, fragt sie mit bebender Stimme. Helga fährt herum, dass sich ihr Mantel nur so bauscht. „Taldeer, meine liebe Chaosfee, ist eine selbstdarstellerische, machtgierige Redenschwingerin und Manipulatorin, die sich womöglich gern als alleinige Anführerin unserer Organisation sehen würde. Doch zuletzt ist sie sehr in Ungnade gefallen, als sich herausstellte, dass sie uns MSTing-Sues lange Zeit für ihre persönlichen Ziele benutzt hat. Dann ist sogar St. Ditto verschwunden, nachdem Taldeer ihn auf eine Mission geschickt hatte!“ Die Chaosfee stutzt und gibt sich alle Mühe, ihre Überraschung zu verbergen; wie neben ihr nur noch Golden wusste, war St. Ditto ein Diener des älteren Autors Elypsion, während die MSTing-Sues und St. Ditto selbst glaubten, es handle sich bei ihm um eine Art Gottheit. Dass Elypsions Diener verschwunden war, konnte nichts Gutes bedeuten. Helga bemerkt nicht, wie die Gedanken der Chaosfee kreisen und fährt unbeirrt fort: „Auch wenn wir noch immer im Unklaren darüber sind, welcher Natur ihre wahren Absichten sind, so können wir mit Bestimmtheit sagen, dass keiner von uns auf Taldeers Geheiß hier ist. Der Bookman möchte verhindern, dass MSTsaw mehr Sues entführen und in seinen Deus Ex Machina sperren kann, während wir im Moment ausschließlich unsere Herrin retten wollen, die kürzlich noch selbst Taldeers Plänen zum Opfer fiel. Ich nehme an, dir ist ebenfalls bekannt, dass MSTsaw in seiner heutigen Inkarnation auf Taldeers Anweisung erschaffen worden ist?“ „Ja, das … konnte ich herausfinden“, entgegnet die Chaosfee verlegen, räuspert sich mehrmals. Es wäre vermutlich keine gute Idee, den MSTing-Sues zu erzählen, dass sie die ganze Zeit über mit Golden zusammenarbeitet. „Ich muss zugeben, dass ich nicht verstehe, wieso die Feenschale so etwas überhaupt zugelassen hat. Meines Wissens nach hätte sie sowohl MSTsaw als auch diesen Paninischneider assimilieren müssen, kaum dass sie sich im Plothole befanden.“ „Die Feenschale?“, fragt Dar Pha. „Eine Feenschale kenne ich nicht.“ „Nie gehört“, meint Rayne schnell, und Helga rollt nur abermals mit den Augen. „Nun, bei der Feenschale handelt es sich einem Mythos zufolge um die Schöpferin des Multiversums und Gründerin der Organisation: Eine 'ältere Autorin', die bei dem Versuch, ihre eigene Welt zu zerstören, das Multiversum überhaupt erst erschuf und dabei all ihre Macht verlor“, beginnt Helga ausschweifend und registriert Raynes genervte Blicke. „Später rief die Feenschale ihre treuen Diener … ach, ihr wisst schon. Mythen und Geschichten, die sich leicht im Archiv des Bookman nachlesen lassen. Dem Archiv zufolge hat die Feenschale allerdings vor sehr langer Zeit das letzte Mal zu den Sues gesprochen. Ich für meinen Teil … halte das für ziemlich abgehobenes Gewäsch.“ Die Chaosfee wird immer verblüffter: Es ist also wahr; Torquemada hatte sie nicht belogen, um sie für seine Sache zu gewinnen. Die MSTing-Organisation in ihrer heutigen Form dient tatsächlich nicht der Feenschale, sondern agiert unabhängig von den älteren Autoren, und die MSTing-Sues selbst halten die Feenschale allenfalls für einen Mythos. Sie musste wahrlich länger in ihrer FF versiegelt gewesen sein, als sie sich vorgestellt hatte. „Wie dem auch sei“, meint Helga schließlich abwinkend. „Aus deiner beharrlichen Ignoranz unseren Fragen gegenüber schließe ich, dass auch du nicht weißt, wie wir MSTsaw oder unsere Herrin finden können?“ „Nun, … nein“, antwortet die Chaosfee stockend. „Wir sind hier, weil wir uns selbst auf die Suche machen wollten. MSTsaw ist vor einigen Stunden erst in meine Welt eingedrungen und hat einige unserer Freunde entführt.“ „Ach, so so“, macht Helga und tippt sich selbst nachdenklich ans Kinn. Sie rückt ihren Rosenhut gerade und sieht die Chaosfee eindringlich an. Dar Pha geht dazwischen. „In diesem Fall schlage ich vor, dass wir uns zunächst verbünden und gemeinsam nach MSTsaw suchen. Weitere Differenzen bezüglich der Organisation und den Machtkämpfen zwischen Taldeer und Torquemada ließen sich sicherlich klären, nachdem der Fall abgeschlossen ist.“ „Ja, ich stimme zu. Eine hervorragende Idee“, sagt die Chaosfee schnell und nickt bekräftigend. Auch wenn sie sich nach wie vor nicht sicher ist, worum es hier eigentlich geht, so ist ihr ein Waffenstillstand mit den MSTing-Sues mehr als lieb. Andererseits scheint keine der Frauen sie auch nur zu kennen, abgesehen von diversen Erzählungen der anderen Anführer. Diese MSTing-Sues wissen nicht, wer sie ist, und sie haben kein gesteigertes Interesse daran, sie zu vernichten. Als hätte sie ihre Gedanken gelesen, lehnt Helga sich dann vor. „Meine liebe Chaosfee, ich darf fragen, woher du von den Geschichtsmythen der Organisation weißt? Die Feenschale ist ein Begriff, der sich lediglich in einigen verstaubten Wälzern in unserer Bibliothek finden lässt.“ Die Chaosfee spürt bereits, wie die Hitze auf ihre Wangen steigt und gibt sich alle Mühe, nicht allzu überrumpelt zu wirken. „Mag es sein, dass du selbst für einige Zeit Mitglied in der Organisation gewesen bist?“ „Nun … so in der Art. Das ist allerdings ziemlich lange her.“ „Interessant.“ Dar Pha, Helga und die Chaosfee fahren überrascht herum und bemerken den Bookman, der mit verschränkten Armen auf einem halbwegs heil gebliebenen Dachaufbau steht und zu ihnen herab blickt. „Bookman! Wir haben Sie nicht bemerkt“, japst Dar Pha überrumpelt und sieht sofort zu Rayne, die nach wie vor ihren Blick über die wieder in tiefe Dunkelheit, doch hier und da noch von Feuern erhellte Stadt schweifen lässt. „Ich schon“, kichert die Rothaarige verschlagen. „Ich fand es einfach witziger, euch nicht darauf hinzuweisen.“ Dar Pha facepalmed, während Helga einmal mehr mit den Augen rollt. Die Chaosfee blickt verwundert zwischen den MSTing-Sues hin und her. Diese Frauen scheinen gut befreundet zu sein, und alles andere als die Sues verteufelnden Fanatiker, die sie in Erinnerung hat. Unterdessen macht der Bookman einen Satz vom Dachaufbau und eilt zu ihnen. „Wie ich sehe, sind Sie alle vernünftig und haben die Sinnlosigkeit dieses Kampfes erkannt, wofür ich mich herzlich bedanke. Bitte, jemand muss sich auf den Weg machen und den jungen Gary Sues folgen. Ich nehme an, entweder Eckhardt oder Orianna ist ihnen auf den Fersen.“ Er deutet in eine Richtung, in der ein abgelegenerer Sektor der Stadt liegt, in dem sich nach wie vor dichte Rauchschwaden erheben, erhellt von Bränden. „Dort ist es vermutlich zum Kampf gekommen. Unterbinden Sie dieses Unterfangen mit allen nötigen Mitteln! Sollte Orianna die Kämpfende sein, wissen Sie notfalls, wie Sie sie ausschalten können. Eckhardt hingegen … dürfte sich freuen, zu erfahren, dass er sich zurückziehen kann.“ Rayne strafft sich und lässt einmal hörbar ihre Schultern knacken. „Ich mach mich auf den Weg. Wenn mir die Chaosfee netterweise ein Portal öffnet, bin ich dort sogar blitzschnell angekommen.“ „Oh!“, macht die Mary Sue überrumpelt. „Das ist leider nicht möglich. Ich habe diesen Ort noch nie gesehen, muss mir allerdings ein Bild vorstellen, um ein Plothole öffnen zu können.“ „Ah. Na dann~“, murmelt Rayne, ehe sie sich beherzt vom Dach schwingt. Dar Pha eilt ihr geschwind nach, und die Chaosfee bleibt mit Helga und dem Bookman zurück. „Später werde ich Ihnen womöglich einige Fragen stellen, Chaosfee“, murmelt der Bookman leise, während er die Sue mit undefinierbarem Blick ansieht. „Im Moment allerdings sollten wir uns um die Angelegenheit mit MSTsaw kümmern. Ich konnte Meon und die anderen MSTing-Sues auf dem Weg hier her nicht ausfindig machen. Wenn wir uns aufteilen, finden wir sie gewiss schneller.“ „Natürlich“, meint Helga und verbeugt sich kurz. Sie fährt herum und ist keine drei Sekunden später in der Nacht verschwunden. „Torquemada wird ebenfalls bald zu uns stoßen; er und ich müssten uns mittlerweile ausgesprochen haben.“ „Sie … und Torquemada? Aussprechen?“, fragt die Chaosfee und mustert ihn eindringlich. „Das ist eine längere Geschichte. Lassen Sie uns jetzt bitte die anderen Sues suchen.“ Der Bookman wendet sich ab und marschiert mit wehendem Mantel zum Dachsims. „Nein. Warten Sie!“, ruft die Chaosfee fordernd und eilt ihm nach, um ihn an der Schulter zurückzuhalten. „Bitte, ich muss das wissen: Welche Position nimmt die Organisation bezüglich der Feenschale ein?“ Sie sieht ihn eindringlich an und ihre Augen sind von einem undefinierbaren Funkeln erfüllt, welches den Bookman stutzen lässt. „Bezüglich der älteren Autoren, meinen Sie?“, hakt er nach und ringt ihr ein verhaltenes Nicken ab. Der Bookman zögert noch einen Moment. „Nun, das in tiefen Stein gebettete Überbleibsel einer vergangenen älteren Autorin ist sicherlich unser geringstes Problem, Chaosfee. Ich weiß, dass Sie mit Golden zusammenarbeiten. Sie wissen also vermutlich, dass wir uns um einen ganz anderen, älteren Autor Gedanken machen müssen?“ Die Chaosfee haucht überrascht aus. „Sie wissen von Golden und mir?“, fragt sie und weiß nicht länger, was sie mit ihren Händen machen soll. „Natürlich. Nevan und ich sind zwei der wenigen Vertrauten, die Golden hat. Sie spricht mit uns über alles. Über ihre Rettungsaktion bin denkbarerweise aber nur ich informiert.“ Hin und wieder knackt es irgendwo, Lichtblitze flackern auf und erlöschen sogleich. MSTsaw erhebt sich kraftlos. Er geht einige Schritte und steigt unbeholfen über den Wall aus kaputten Fernsehgeräten, der ihn umgibt. Ketten und Stacheldraht baumeln schlaff von der Decke wie bizarre Vorhänge. Als er den Wall überwunden hat, bemerkt er neben sich und halb begraben unter Holz und Glas noch einen einzigen Fernseher, der noch immer Bilder sendet; bleichen Nebel, ein Autowrack, ein Stück Straße. MSTsaw geht davor in die Hocke. „Deus Ex Machina“, sagt er trocken und das Bild erlischt für einen Moment. Wenn er nur Alessa hätte, die Herrscherin über dieses absonderliche Universum, das den von ihr geschaffenen Naturgesetzen folgt und sonst keinen... Der Bildschirm aktiviert sich wieder, wirft kaum mehr Licht. MSTsaw sieht ein wirres Geflecht aus Metallringen und spitzen Stäben, darin eingebettet und von Stacheldraht und Ketten gehalten, drei Frauen; der Deus Ex Machina, mit dem MSTsaw den Sues ihre Kräfte raubt. Der alte Mann seufzt geschwächt und fragt sich, ob ihm diese drei wohl genug Macht liefern, um Golden zu vernichten, sofern er sie denn findet. Nevan ist eine MSTing-Sue-Per und unglaublich mächtig, Setha ein Halbengel mit Heilkräften, die ohne Gleichen sind, und Alessa - die menschliche, sterbliche Alessa - verbunden mit ihrer dämonischen Hälfte, die diese Welt geschaffen hat. Ihre Kräfte anzuzapfen, ermöglicht MSTsaw zumindest, teilweise Macht über Silent Hill auszuüben. Doch er bräuchte beide Alessas, um die Kontrolle vollständig zu übernehmen. Ob Golden Alessa kennt? Arbeiten die Sues zusammen? Eine Bewegung. MSTsaw blinzelt überrascht, neigt sich dem Monitor entgegen. Vor dem Deus Ex Machina … steht jemand! MSTsaw erkennt nicht, um wen es sich handelt. Golden?! Er neigt sich noch weiter nach vorn … und setzt wieder zurück, als er so weit am Monitor ist, dass das Bild vor ihm verschwimmt. Nein, nicht Golden; es ist eine große, hager wirkende Gestalt in enger Kapuzenkutte. Irgendetwas ist an den Proportionen der Person anders. MSTsaw verengt die Augen, bemerkt beiläufig, dass er wieder mit beiden sehen kann. „Wer ist das?“, fragt er sich selbst leise. Unter der Kapuze der Gestalt dringt Licht hervor - nicht stark, doch ausreichend genug, um klar zu erkennen, was darunter ist: Eine glatte, wie poliertes Glas wirkende Fläche, hinter der purpurne und lilane und violette Nebel zu wallen und zu tanzen scheinen. Eine Maske? MSTsaw sucht die Hände der still da stehenden Gestalt - und findet sie sogleich, aber nicht auf Hüfthöhe, sondern tiefer hängend. Sie bestehen aus dem gleichen, leuchtenden Material. „WAS ist das?!“, begehrt MSTsaw auf und nimmt etwas mehr Abstand vom Bildschirm. Dieses Ding scheint kein Mensch zu sein. Dann geht ein Ruck durch die Gestalt, als sie unmerklich den Kopf neigt und nun genau in die Kamera zu starren scheint. Ihr merkwürdiges, gewölbtes Gesicht besteht aus nichts als wallenden Farben und verfügt über keinerlei erkennbare Sinnesorgane, doch MSTsaw fühlt sich, als würde die Gestalt ihn ansehen. „Dies ist mein Avatar, MSTsaw - der Avatar des Elypsion“, hallt es durch seine Gedanken. MSTsaws Augen weiten sich langsam. Sekunden später scheint der alte Mann regelrecht entsetzt zu sein. „Ich wusste immer, dass Golden mich eines Tages offen hintergehen würde, denn ich habe sie geschaffen. Ich wusste bereits, dass sie es genau jetzt, in diesem Moment, tun würde, noch ehe du überhaupt von den MSTing-Sues in die Welt der Lebenden zurückgeholt worden bist, MSTsaw; genau so wie ich wusste, dass du kein nützlicher Diener sein und dich ebenfalls gegen mich stellen würdest. Mein Avatar ist die Lösung all dieser Missstände. Nun, da ich ihn geschickt habe, werden sich die Dinge im Multiversum für viele, viele Sues anders entwickeln als geplant.“ MSTsaw schluckt. Elypsions Avatar? Ein weiteres Werkzeug des älteren Autors? „Aha“, macht er und erhebt sich, strafft sich und kreiselt langsam mit seinen Schultern auf und ab. MSTsaw schließt die Augen und nimmt einen tiefen Atemzug, hat in Gedanken kurz das fahle Gesicht seines Neffen vor sich. „Deus Ex Machina.“ Dann sieht MSTsaw das gleiche Bild wie eben, aber nicht mehr auf einem Bildschirm, sondern real. Vor ihm, in gut zehn Metern Entfernung, ragt der Deus Ex Machina empor, und davor steht der Fremde. Der Avatar rührt sich um keinen Millimeter, als MSTsaw langsam auf ihn zu kommt, das Gesicht vor Hass und Wahnsinn zu einer Grimasse verzerrt. Seine Schritte hallen über den Steinboden. „Der Avatar des Elypsion? Vermutlich bist du so 'n seelenloses Ding ohne eigene Meinung und wirst von Elypsion direkt gesteuert oder so, was?“ MSTsaw lacht verächtlich. Als er fast heran ist, hebt der Avatar die rechte Hand, mit der er fest umklammert eine kleine Person hält, die MSTsaw bis eben nicht bemerkt hatte. In einer mühelosen Bewegung wirft er ihm den Körper zu. MSTsaw fängt die Person reflexartig auf und hält einen leblosen, kleinen Jungen in Händen, das Gesicht leichenblass und das fettige, schwarze Haar zu einem Seitenscheitel fest zementiert. Verwunderlicherweise hat der Junge einen Schnauzbart. „Aaah, ich sehe schon“, macht MSTsaw gedehnt. „Der Dämon aus dieser FF, die ich MSTen lassen wollte! Und jetzt ist er tot und für mich nicht mehr von Nutzen.“ MSTsaw wirft Dämi wie das Stück Müll, das er ist, zur Seite und deutet auf den Avatar des Elypsion. „Du! Du bist in diesem Multiversum vollkommen wehrlos, Elypsion! Wenn du auch nur einen Furz an Macht hättest, hättest du es nicht nötig, all die Leben zu manipulieren und für dich und deine absurden Pläne auszunutzen!“ MSTsaw reißt beide Hände empor. „Deus Ex Machina!“, ruft er dröhnend und geisterhafte Bewegung kommt in die Ketten und Drähte, die den Deus Ex Machina fixieren. Das Konstrukt wird emporgehoben und verschwindet langsam in der bleiernen Dunkelheit über ihnen. Der Avatar legt den Kopf in den Nacken, als würde er dem Deus Ex Machina nachsehen. Dann hebt er eine Hand, um darauf zu deuten - doch was auch immer er vor hat wird vereitelt, als aus dem Nichts heraus eine Kette vor schnellt und gegen die aus lediglich zwei klobigen Fingern und einem Daumen bestehende Hand des Avatars peitscht, sie zurückschlägt. Ruckartig senkt sich der Kopf der Gestalt und richtet sich auf MSTsaw, der ihm die Zähne zeigt. „Ich werde dich und jeden deiner Diener vernichten! Und mit deinem Avatar fange ich an!“ MSTsaw ruft abermals den Deus Ex Machina an. Blaue Flammen und gleißende Blitze umhüllen seine linke Hand, und in seiner Rechten manifestiert sich ein goldenes, klobiges Schwert mit einem in das Heft geätzten Horusauge. Unzählige Ketten baumeln überall im endlos erscheinenden Raum von der Decke herab; dann geht ein Ruck durch sie hindurch und sie richten sich auf den Avatar wie Schlangen, die ihre Beute fixieren. Tatsächlich kommt Bewegung in die Gestalt. Summende Geräusche dringen unter der Kutte des Avatars hervor, als sich seine Arme langsam in Schwerter verwandeln, bestehend aus violettem, leuchtendem Glas. Elypsions Diener setzt nach vorn und stürmt dem manisch schreienden MSTsaw entgegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)