Return to Gaia von sakura_18 ================================================================================ Kapitel 4: Reina de Cruces - Königin der Stäbe ---------------------------------------------- Ist es ein Traum oder ist es Wirklichkeit? 425 Tage sind inzwischen vergangen seit ich entführt wurde. Noch ist niemand gekommen um mich zu retten und ich zweifle daran, dass je jemand kommt, doch dann ändert sich alles. Der Tag schien normal, bis zu einem Augenblick. Luca sagte auf einmal, dass wir mit dem Training weiter machen, obwohl sie einen freien Tag angekündigt hatte und wäre das alles nicht genug, legt sie mich am Bett in Fesseln. Ich frage mich wieso, das hat sie seit Monaten nicht mehr getan. Dann entdecke ich eine Botschaft. Ich muss fliehen. Mit zusätzlichen Briefen verschwinde ich mit meinem Zeug. Tagelang geschieht nichts und es ist zum verrückt werden, denn Pallas lässt sich einfach nicht blicken, doch dann geschieht erst das Schreckliche. Gerade als ich eine Brücke überquere, bemerke ich wie mir Sechs vermummte Leute folgen. Ich ahne, dass sie nichts Gutes im Sinn haben. Also reite ich in den Wald und so fängt die Verfolgungsjagd an. Ich kann sie nicht abhängen, muss mich verteidigen und angreifen. Später sehe ich in einem Crusado meine alten Freunde. Sie retten mir das leben… Endlich konnte Hitomi erleichtert ausatmen. Sie war in Sicherheit und zu ihrem Glück noch in die Arme ihrer Freunde gelaufen. Als sie nach endlosen Stunden wieder von Aris abstieg, zog sie jemand sofort in eine enge Umarmung und dann als man ihr das ganze Gesicht ableckte, wusste sie schon ganz genau wer es war. „Merle, nicht so stürmisch!“ sagte sie kichernd, obwohl ihre Wunden schmerzten. „Aber wir haben uns doch so lange nicht mehr gesehen“, lachte auch das Katzenmädchen und drückte sie ganz fest. „Ich hab dich auch vermisst, Merle“, gab sie ehrlich zu, löste sich nach einigen Sekunden von ihr und sah sich interessiert um. Eine menge Männer sahen sie grinsend an. „Allen, Gardes und auch alle anderen, es freut mich euch nach all der Zeit wieder zu sehen und ich bedanke mich, dass ich so kurzfristig zu euch stoßen durfte, “ sagte sie lächelnd und sank in einen leichten Knicks. Sie hörte lautes Gelächter und hörte dann Allen’s einzigartig, sanfte und leichte Stimme. „Es ist uns eine Ehre, Hitomi. Du bist uns immer willkommen.“ Dann kam er Hitomi näher, kniete sich runter und küsste sanft ihren unverletzten Handrücken. Als er langsam aufstand, sah sie ihm schmunzelnd entgegen und sie erkannte seine minimale Veränderung. Sein blondes Haar lag ihm nur noch bis zur Schulter, doch sonst schien er noch derselbe, zumindest äußerlich. Er sah noch beinahe so aus wie vor etwa Sechs Jahren. Sein Alter hatte ihm nichts angetan. Er war nun etwa 30 Jahre alt, wenn sie sich nicht irrte und das tat sie zu ihren Gunsten selten. Statt der Uniform eines Ritters trug er nun eine staatliches Gewand, welche sie nun leider nicht identifizieren konnte. Es verschlug ihr den Atem, als Hitomi wieder einmal auffiel wie sehr ihm Amano ähnelte. Wie konnten zwei Menschen aus unterschiedlichen Welten sich so ähnlich aussehen? Sie konnte nicht leugnen, dass Allen wirklich gut aussah, erkannte aber nun wie lächerlich ihre Gefühle ihm gegenüber gewesen waren. Eine alberne Schwärmerei, nichts weiter. Erneut wurde ihr klar, wie sehr sie Van liebte und wie viel er ihr bedeutete. Ihr wurde warm ums Herz als sie an ihn dachte und zugleich spürte sie einen schmerzhaften Stich. „Es ist schön dich zu sehen… aber könntest du mir einen kleinen Gefallen machen?“ fragte Hitomi ihn und versuchte so leise wie möglich zu sein. „Ja, natürlich Hitomi, was auch immer du möchtest. Dein Wunsch sei mir Befehl, “ sagte er schmunzelnd mit einer vertrauten, beruhigenden Stimme. Sie konnte nichts machen, als sein Lächeln zu erwidern. Es zog sie förmlich dazu an. „Es ist wirklich nichts Großes. Ich habe einige Verletzungen, “ damit zog sie ihren inzwischen zerfetzten Umhang aus, so dass man an verschiedenen Stellen, die offenen Wunden und ihr strömendes Blut sah. „Deshalb würde ich dich gerne um ein wenig Verbandszeug bitten.“ Einige zogen scharf die Luft ein und sie spürte wie alle Blicke fassungslos auf sie gerichtet waren. Es war ihr wirklich mehr als unangenehm. Sie fragte sich, wieso sie nicht vorher gesehen hatte, dass sie in dem Kampf vorhin verletzt wurde. „Oh mein Gott, Hitomi, was hast du denn gemacht?!“ rief Merle geschockt. Die Verletzte hätte beinahe gelacht. „Konntest du das vorhin etwa nicht sehen?“ Betroffen klappte Merle‘s Mund auf und schloss sich dann beschämt wieder, bevor sie wegsah. „Und was meinst du, Allen? Hast du etwas hier?“ richtete sie ihre eigentliche Frage an den Ritter und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er schien ziemlich geschockt, hatte sich aber ziemlich schnell im Griff. Wie von einem echten Ritter erwartet. „Ja, natürlich, folge mir bitte und du Merle kannst uns ruhig Gesellschaft leisten.“ Jeder war in seine eigenen merkwürdigen Gedanken versunken, als sich alle drei gemeinsam in Bewegung setzten. Van stand im Arbeitszimmer nahe seinem Fenster und blickte wie so oft auf den Mond der Illusionen. Eigentlich sollte er seinen heutigen Stapel Papierkram durchforsten, doch im Moment ließ er sich nur von seinen Gedanken treiben. Es war schmerzhaft, aber auf masochistische Art und Weise fühlte es sich gut an. Immerhin hatte er nach Stundenlangen durchwälzens eine Pause verdient, wie er fand. Van fragte sich ob er Allen’s Rat folgen sollte. Sogar Allen, der schon zu Anfang an Hitomi’s Rückkehr geglaubt hatte, war nun vom Gegenteil überzeugt. Er meinte, eine Frau oder auch eine Mätresse, wenn es sein musste, würden in seinem Leben nicht schaden. Anscheinend wusste jeder besser bescheid und meistens stieg ein unnachgiebiger Zorn in ihm auf, so dass er jedes Mal explodieren könnte, doch dieses eine Mal fühlte er sich einfach nur schuldig. Wenn er gesagt hätte, dass der Wunsch des ehemaligen Ritters schon lange in Erfüllung gegangen war… Van wusste nicht wie Allen dann reagiert hätte. Er fühlte sich ja selbst so Schrecklich deswegen. Van wünschte sich jeden einzelnen Augenblick auszulöschen und er verabscheute sich zutiefst, dass er es nicht konnte. Er hatte sich doch geschworen nie ein anderes Mädchen als Hitomi zu lieben -wenn auch nur auf körperlicher Basis- aber wieder Mal hatte er sein Versprechen gebrochen. Er wollte noch nicht einmal, dass Hitomi zurückkehrte. Wie könnte er ihr so in die Augen sehen? Doch wieder belog er sich selbst. Er war so ein furchtbarer, egoistischer Mensch, dass er nichts anderes wollte als sie wieder in seine Arme zu nehmen. Er konnte nicht anderes. Aber lebte sie überhaupt noch? Verzweifelt, krallte er seine Finger in die Fensterbrüstung und schloss seine rot-braunen Augen. Er wusste es nicht und seine Angst um sie wurde Tag für Tag schwerer. Alpträume raubten ihm seinen erholsamen Schlaf. Sie fühlten sich so echt und schmerzhaft an, dass er sich manchmal wirklich wünschte Hitomi nie kennengelernt zu haben. Obwohl er es schon so lange kannte, war es immer fürs neue erschreckender. Doch er konnte nichts an seinen Gefühlen ändern. Wäre er nicht durch seinen Titel als König an dieses Land gebunden, wäre er schon lange über alle Berge und wäre Merle nicht gewesen, wäre er wohl wirklich nicht mehr hier. Unbewusst drückte er den Anhänger an seinem Hald fester, so dass er bald fürchten müsste ihn zu zerquetschen. Er wusste, was er damals gespürte hatte war echt gewesen. Er hatte sich Hitomi’s Gefühle und Gedanken nicht eingebildet. Sie waren wirklich da gewesen, doch niemand verstand ihn, sogar Merle, die dabei gewesen war, wollte es nicht verstehen. Sie sagte es zwar, aber er wusste sie glaubte nicht daran. Hitomi hatte nach seiner Hilfe gerufen und er fühlte sich schrecklich, dass er ihr nicht helfen konnte. Wie denn? Auf die Erde konnte er nicht und ob sie sich in Gaia aufhielt wusste er nicht, obwohl er nicht groß daran glaubte. Ihre Stimme damals noch ein letztes Mal zu hören, war für ihn wie Balsam für seine geschundene Seele gewesen. Daraus hatte er übermächtige Hoffnung geschöpft. Er wünschte sie sich endlich wieder in seiner Nähe, auch wenn sie keine Berührung zuließ. Ihre bloße Anwesenheit wäre wie Himmel auf Erden. Hitomi sah dem Katzenmädchen aufmerksam dabei zu, wie sie die Wunde an ihrem rechten Oberschenkel verband. Sie hatte bis eben nicht darauf geachtet, aber nun sah auch sie Merle’s Veränderung. Ein Wunder, dass Hitomi sie gleich erkannt hatte. Merle war ziemlich erwachsen geworden und es stand ihr wirklich gut. Ihr Haar war inzwischen so lang geworden, das es Merle bis zur Hüfte reichte, welche sie zu einem hohen Zopf zusammengebunden hatte. In ihrem Gesicht konnte man das kleine Mädchen von früher noch gut wiedererkennen, auch wenn sie sehr viel älter und reifer wirkte. Ihre wohlgeformten Kurven schmiegten sich großzügig in das kurze, hautenge Kleid und es überraschte Hitomi wie… sexy sie darin aussah!? Sie brauchte einen Moment um richtig zu realisieren an was sie gerade gedacht hatte. Es war einfach zu absurd. Beinahe musste sie auflachen und biss sich dabei versehentlich in die Zunge. Na toll, eine weitere Wunde, wenn auch so klein, war wieder einmal ein echter Glückstreffer. Ein bitteres Lächeln schlich sich auf ihre sanften Züge, als es ihr langsam dämmerte. Ihr Abenteuer auf Gaia war wohl länger her, als sie gedacht hatte. „Merle, du hast dich verändert?!“ Es klang wohl eher nach einer Frage als einer Feststellung. „Ach nein, wirklich?!“ kam ihre spöttische Antwort mit einem schelmischen Grinsen auf dem Gesicht. Hitomis Lächeln wandelte sich in ein erheitertes Schmunzeln. „Nein, weißt du ich hab das nur so gesagt“, erwiderte Hitomi und befeuchtete instinktiv ihre Lippen. „Also von dir kann man ja auch nicht gerade behaupten, dass du dich sehr verändert hättest.“ „Denkst du?“ „Ja, auf alle Fälle“, meinte Merle und grinste wie ein Honigkuchenpferd. Einen Moment sahen sich ohne mit der Wimper zu zucken in die Augen, doch dann brachen beide in schallendes Gelächter aus. Merle beruhigte sich als erste, strich noch ein letztes Mal über die nun behandelte Wunde. „So, fertig! Ich habe all deine Wunden so versorgt, wie es Allen mir gezeigt hat. Vorsichtshalber sollte Millerna doch nochmal einen Blick darauf werfen, immerhin bin ich keine Ärztin so wie sie, aber jetzt solltest du dich wieder anziehen. Wir sollten zurück und Allen will sicher mit dir über diese Sache sprechen, ich übrigens auch.“ Sie lächelte Hitomi freundlich an, doch Hitomi sah das versteckte hinterhältige Funkeln in ihren Augen. Innerlich seufzend zog sie sich ihre Rüstung wieder an - zuckte überrascht zusammen, als die Wunden zum ersten Mal mit dieser in Berührung kamen. Es tat ziemlich weh, ja fast unerträglich. Bis eben hatte sie beinahe nichts gespürt, nur wie ein dumpfer Schmerz. Doch jetzt, da ihre Haut an den Panzer rieb, spürte sie die Schmerzen umso mehr. Wahrscheinlich war ihr mit Adrenalin vollgepumpter Körper daran schuld. Auf dem Crusado wurde mit jeder weiteren Sekunde die verging, die Qual spürbar grösser. Wohl nicht unbemerkt, denn deutlich spürte sie Merle’s Blick auf sich. „Was ist?“ fauchte Hitomi sie unabsichtlich schneidend an. Diese schien unbeeindruckt und umging ihre Frage. „Ist alles in Ordnung mit dir?“ erkundigte sich Merle stattdessen. Die Braunhaarige log wie aus der Kanone geschossen. „Mit mir ist alles in bester Ordnung!“ Dann stand Hitomi auf, öffnete die Tür und wandte sich noch ein letztes Mal an Merle. „Können wir gehen?“ Diese schien nur ein seltsam, nachdenkliches Nicken für sie übrig zu haben. „Du hast deinen Titel als Ritter… verloren?!“ Hitomi lauschte argwöhnisch Allen’s Geschichte, während er anfing leicht zu schmunzeln. „So glauben die meisten, ja, aber in Wahrheit habe ich es vorgezogen meinen Posten als Ritter abzudanken. Nach dem Krieg fand ich es als die weiseste Entscheidung Asturia den Rücken zu kehren und dafür in die Fußstapfen Freids zu treten.“ Er machte eine kurze, abwesende Pause. „Chid war noch ein Kind, inzwischen bald ein hochangesehener Mann, doch damals war er allein mit den Aufgaben eines Herzogs. Ich wollte mich um ihn und Serena kümmern. Sie lebt nun auch dort mit mir zusammen. Ich wollte in der schweren Phase, die sie durchmachte bei ihr sein und so schien es die Beste Lösung für alle zu sein. Als Ritter des Himmels hätte ich kaum Zeit gehabt für sie gehabt und so kann ich mich mit dem Namen eines Generals von Freid schmücken.“ Er sah nachdenklich aus dem kleinen, kreisförmigen Seitenfenster und schien an seine guten, alten Zeiten zu denken. Hitomi versuchte ihren Seufzer zu unterdrücken. Sie freute sich, dass es ihren Freunden nach all dem Krieg wieder besser ging, so schien es ihr jedenfalls. Doch was ihr wirklich zu schaffen machte, waren diese Schuldgefühle, die sie quälten. Sie verstand sie nicht. Es war ihre Entscheidung gewesen auf die Erde zurückzukehren und obwohl sie es für möglich hielt, fühlte sie sich nicht nur Van schuldig. Mit jeder weiteren Sekunde, die sie bei ihren Freunden verbrachte, fühlte sie nicht nur Freude. Es war beinahe zum verrückt werden, doch da sprach Allen plötzlich weiter und innerlich dankte sie ihm dafür ihre Gedanken unterbrochen zu haben. „Natürlich fiel es mir alles andere als leicht. Ich musste meine ganze Mannschaft zurücklassen und auch Asturia dem Land in dem mein Zuhause gewesen war, aber im Nachhinein betrachtet, denke ich, war es die richtige Entscheidung.“ Er sah so voller Stolz und Anmut aus, so dass Hitomi einmal heftig schlucken musste. Allen hatte sich wirklich kein bisschen verändert. Sie bewunderte ihn noch immer für sein gezügeltes Temperament. Er war so, wie man sich einen echten Ritter vorstellte. Es war seltsam keinen Ritter in ihm zu sehen. Allen war wie dazu geboren. „Weshalb sitzt du dann hier mit deiner Mannschaft? Wenn deine Worte der Wahrheit entsprechen, solltest du eigentlich in dem Land Freid horsten, oder etwa nicht?“ fuhr es ihr dann unaufgefordert über die etwas spröden Lippen. Sie hörte ein Glucksen. Das konnte nicht sein, hatte er etwa gerade … gekichert?! Sie konnte es selbst kaum glauben, als schon wieder seine hohe Stimme erklang. „Natürlich Hitomi, du hast vollkommen recht. Ich wäre wohl nicht hier, wenn eines schönen Tages Gardes und die ganze Mannschaft nicht in Freid aufgetaucht wären und nicht nur um deinetwillen bin ich sehr vergnügt deswegen.“ Plötzlich schien etwas Trauriges seine Augen zu trüben. „Nun auf Millerna’s Auftrag hin, wurde ich durch ganz Gaia gesandt. Um welchen Auftrag es sich handelt hat für dich keine Bedeutung. Nur das ich auch in Fanelia war und Van einen Besuch abgestattet habe, so ist auch Merle zu uns gestoßen. Von Van persönlich wurde sie mir empfohlen und ich muss zugeben zu Anfang war ich wirklich sehr skeptisch, doch sie hat sich als redlich nützlich erwiesen.“ Hitomi hörte Merle’s Schnauben, die neben ihr an dem länglichen Holztisch saß. Darauf konnte sie nicht anders und musste einfach grinsen. Es war einfach typisch Merle. „Das will ich auch hoffen“, meinte das Katzenmädchen überzeugt, wie eh und je. „Immerhin war ich höchstpersönlich Van’s Schülerin.“ „Ach ja? Wobei?“ Sie wandte sich mit hochgezogenen Augenbrauen an Hitomi. „Na, im Schwertkampf natürlich, worin denn sonst!“ „Weis ich ja nicht, deshalb frage ich ja.“ Dann kräuselte sie für einen Augenblick ihre Stirn. „Momentmal du wurdest von… Van im Schwertkampf ausgebildet?!“ Es fiel ihr schwer seinen Namen auszusprechen und noch schwerer fiel es ihr zu glauben, dass die kleine vorlaute Merle eine gelernte Schwertkämpferin war. „Ja und nicht nur das. Er hat mich auch gelehrt mit einem Guymelef umzugehen, obwohl ich zugeben muss, dass es mit diesem nicht gerade problemlos läuft.“ Sie schien richtig stolz, so wie sie ihre Brust hervorhob. „Dann können wir ja mal zusammen trainieren“, sagte Hitomi ohne nachzudenken und kaum war es raus, hielt sie sich mit der Hand und weit aufgerissenen Augen den Mund zu. Verdammt! Das war nicht gut, das war ganz und gar nicht gut. Schon die ganze Fahrt hatte sie sich geweigert hier irgendetwas von ihrer misslichen Vergangenheit zu berichten, doch nun war ihr so ein Dummer unterlaufen. Langsam nahm sie die Hand runter und versuchte eine rationale Antwort in ihren kreuz und quer fliegenden Gedanken zu finden. Aber sie fand nichts, die das ohne weitere Fragen erklären konnte. Hitomi spürte bohrende Blicke auf sich. Langsam sah sie auf und sah den beiden in die Augen und wusste welche Fragen in ihren Köpfen rumkreisten. Hitomi würde sie heute nicht für sie beantworten, das schwor sie sich im Stillen, also wartete sie wie sie weiter reagierten. Allen erhob als Erster das Wort. „Hitomi… Wie meinst du das? Möchtest du uns nicht endlich mitteilen, wieso du von diesen mysteriösen Leuten gejagt wurdest?“ Anscheinend sah er, dass sie sich entschieden weigerte auch nur ein Sterbenswörtchen zu sagen. Denn gleich ergänzte er: „Wenigstens seit wann du wieder auf Gaia bist?“ Hitomi sah auf den sauberen Tisch vor sich und richtete ihre glühenden Augen angestrengt auf diesen. Ihr Herz raste und sie biss sich schuldbewusst auf ihre Lippen. Dann stand sie abrupt auf, so dass sie selbst ein bisschen überrascht war. Sie drehte sich um und ging zur Tür. Sie hörte Merle wehleidig ihren Namen sagen und das gab ihr den Rest. Das könnte sie ihnen doch sagen, immerhin wusste sie ja noch nicht einmal das. „Ich bin schon seit etwa mehr als einem Jahr hier…“, sagte sie leise und machte dann eine nachdenkliche Pause. „Und wenn ich es gekonnt hätte, wäre ich sofort nach Fanelia gereist...“ Und hätte keine einzelne Sekunde lang gezögert, dich wieder zu sehen, fügte Hitomi noch in Gedanken hinzu. Hitomi fühlte sich so schwach, matt und elend, als sie endlich bemerkte, dass sie in Asturia angekommen waren. Sie landeten gerade, doch das bekam sie kaum mit. Sie hatte sich neben Aris bequem gemacht und lehnte sich an ihn, welcher direkt neben dem Ausgangstor saß. Ihre Sicht verschwamm mehr und mehr und sie fragte sich was mit ihr los war. Trotz, dass ihre Wunden nun teilweise gut behandelt waren, schmerzte jede einzelne höllisch, so dass sie sich anstrengen musste, nicht aufzuschreien. Plötzlich sah sie vor sich Füße auftauchen. Langsam hob sie ihren Blick und sah in Merle’s besorgte Augen. „Hitomi, ist wirklich alles in Ordnung mit dir?! Du siehst nicht gut aus!“ hörte sie ihre Stimme leise sagen. Merle beugte sich zu ihr runter und streichelte sanft über ihren Kopf. „Komm, wir sind da. Wir sollten so schnell wie möglich zu Millerna. Sie sollte sich das wirklich ansehen.“ Damit zog Merle sie langsam hoch und betrachtete ihr blasses Gesicht. „Du siehst wirklich nicht gut aus. Du musst dich ausruhen.“ „M-Mir geht’s gut“, antwortete Hitomi ihr mit Mühe und zusammengebissenen Zähnen. „So siehst du wirklich nicht aus“, lachte Merle und bemerkte unruhig ihren leicht zitternden Atem. Da wurde das Katzenmädchen plötzlich aus den Gedanken gerissen, als sie Leicht und doch kräftig genug von ihr gestoßen wurde. „H-Hitomi, was soll das?!“ verlangte sie sofort zu wissen und trat hinter ihre Freundin. „I-Ich…“ Hitomi rang leise hechelnd nach Atem. „Kann selbst laufen!“ „Ach ja, wirklich! Du siehst aber aus, als würdest du gleich umkippen, “ protestierte sie als sie schließlich an ihre Seite trat und sie konnte kaum so schnell reagieren, da fiel die Braunhaarige vorneüber. Gerade konnte sie Hitomi noch in ihren Armen auffangen, so dass sie nicht gleich auf dem Boden aufklatschte, doch diese sah nicht mehr gesund aus. „Hitomi? Hitomi?! Wach auf! Mach die Augen auf! Hitomi, Bitte! Du darfst nicht sterben, bevor du Van wiedergesehen hast!“ Jetzt rüttelte Merle heftig an ihr. „ Hörst du! Van, er liebt dich noch immer und ich bin sicher du auch ihn. Ich habe deinen Blick gesehen. Du liebst ihn noch immer, stimmt’s?! Also darfst du nicht sterben. Ich bringe dich um, wenn du stirbst… Was wird dann aus uns, aus ihm…?! Was wird aus Van! Du darfst jetzt nicht so selbstsüchtig sein und uns hier wegsterben! Bitte, Van wird sterben, wenn du es tust… Also bitte, tu‘s nicht!...“ Inzwischen waren auch Allen, Gardes und einige andere zu ihnen getreten, durch das Geschrei und den Tränen des Katzen Mädchens angelockt. Sie konnten nur hilflos dabei zusehen, wie Merle bat Hitomi nicht zu sterben. Sie wussten nicht, was sie tun sollten, noch war der Crusado in Luft höhe. Hitomi sah das einladend, weiße, gleißende Licht als plötzlich Merle’s Stimme zu ihr durchdrang. Zwar nur wie weites Geflüster, doch die nächsten Worte die bei ihr ankamen, ließen sie dem warmen weißen Licht den Rücken kehren und stattdessen der unheimlich, schwarzen Dunkelheit in die Augen treten. Es machte Hitomi Angst und doch kämpfte sie gegen den Drang einfach aufzugeben und ins Licht zu treten. Van, Van, Van, Van…Van! Er war ihr einziger Grund nicht aufzugeben. Er brachte sie dazu weiter bei Bewusstsein zu sein, auch wenn jeder einzelne Atemzug, so schien es ihr, immer schlimmer wurde. In diesem Moment gab es die Tatsache nicht, dass sie furchtbare Angst vor seinen abgekühlten Gefühlen hatte. Es war egal. In dieser Sekunde zählte nur, dass sie ihn vom ganzen Herzen liebte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)