Tiefenrausch von Rotmantel (Rapture of the Deep) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2: fremde Gestade ------------------------------------ ---20. August 2089, Klein-Irland, Biosphäre Euratopia--- Der Nachmittag brach allmählich herein, als sich ein vom vielen Schlaf schon fast wieder ermüdeter Hai aus dem Bett, beziehungsweise der Schlafcouch quälte. Mit seiner Schwanzflosse balancierte er seinen Gang aus, während er zu seiner Küchennische herübertorkelte. Seine Hände streckten sich Hilfe suchend nach der Schrankreihe vor und krallten sich an dieser fest, leichte Kratzer auf dem sowieso schon ramponierten Holzimitat hinterlassend. Nachdem er sich so stehend versichert hatte, dass die Biosphäre aufhörte, Saltos zu schlagen, ließ er vorsichtig von der Theke ab und drehte mit einer Hand den Kaltsalzwasserhahn auf, während er mit seiner Schwanzflosse dem Kühlschrank einen Stoß versetzte, der so heftig war dass die Tür, welche eindeutig schon bessere Tage gesehen hatte, queitschend aufschwang. Die Becken der aktuellen Zeit unterschieden sich eigentlich nicht sonderlich von den Becken, wie es sie vor 60 Jahren gab, bis auf die Tatsache, dass sie vier Ventile besaßen. Zwei für Süß- und zwei für Salzwasser. Die Bewohner waren dazu angehalten für so viele Zwecke wie möglich Salzwasser zu benutzen, da Süßwasser sehr viel schwerer zu beschaffen war und deswegen streng rationiert wurde. Er wusch sich das Gesicht und trank auch ein paar Schluck von dem kühlen Nass, welches aus dem Metallhahn sprudelte. Das war einer der Vorteile, eigentlich ein Brackwasserlebewesen zu sein...er vertrug kleinere Mengen normales Salzwasser problemlos. Nachdem er wieder einigermaßen klar im Kopf war, drehte er das Wasser ab und bückte sich hinunter zu seinem Kühlschrank. Seine dunkelgelben Augen wanderten durch die Fächer, die zugestellt waren mit leeren oder vergammelten Nahrungsmittelkartons und -dosen, dem ein oder anderen Kleidungsstück, dass er, als er schnell aufräumen musste weil weiblicher Besuch anstand, einfach dorthin geräumt hatte, und einer Tube Zahnpasta. Er zuckte mit den Schultern, nahm sich die Zahnpasta und las ihre Rückseite während er sich auf den Weg zum Bad machte. Dort angekommen schnappte er sich seine Zahnbürste und putzte sich die Zähne, dann verdrückte er den Rest der Tube. Der stechend-minzige Geschmack und die Konsistenz ließen ihn sich schütteln während er anfing, sich anzuziehen. Er steckte noch alles wichtige ein, dazu den Notizzettel mit der Addresse seiner potentiellen Arbeitgeberin, dann machte er sich auf den Weg zu dem... Bewerbungsgespräch. Während er so durch die, im Vergleich zu gestern Nacht, um einiges belebteren Straßen schlenderte, sinnierte er über seine neue Berufsperspektive. Natürlich war es nur ein einziges Zufallsangebot, aber Stripper, das wäre doch vielleicht was. Er sah nicht allzu schlecht aus und hatte keine Probleme vor Frauen nackt zu sein. Eigentlich die perfekten Anlagen. Was anderes fiel ihm auch nicht gerade ein, um sich unter Wasser zu halten. In den Biosphären selbst waren Söldner, Tagelöhner und Abenteurer nunmal weitaus weniger gesucht und er war nicht gerade heiß darauf, in illegale Geschäftsbereiche abzurutschen. Während er sich an den Leuten vorbeidrängte, die entweder gerade auf dem Weg zur Arbeit, auf dem Weg von der Arbeit nach Hause oder zu einer der wenigen Freizeitmöglichkeiten waren, kam er auf die Große Plaza mitten im Herz von Klein Irland. Die Wichtigkeit dieses Ortes war vor allem daran zu erkennen, dass die Decke höher wurde und in der Mitte eine Statue stand, welche eine Meerjungfrau darstellte die auf dem Irischen Wappensymbol, der Harfe, spielte. Um sie herum war ein Brunnen angelegt worden und ein paar Wasserdüsen versprühten ein zurückhaltendes, aber dennoch schön anzusehendes Wasserspiel. Für die meisten Bewohner Klein-Irland war dies jedoch nichts neues und so wurde einer anderen Besonderheit der Plaza mehr Aufmerksamkeit geschenkt, nämlich dem Nachrichtenmonitor, welcher sich vor der Hauptverwaltung der Stadt befand. Einige Leute scharten sich um die übermannshohe Säule, um die neuesten Geschehnisse in Euratopia und Umgebung zu erfahren. Heutzutage gab es keine direkte Zeitung mehr. Es gab kaum anständiges Papier, sodass diejenigen, die unbedingt darauf bestanden, eine physische Kopie bestimmter Nachrichtenthemen eines Tages zu erhalten, dafür einfach eine Gebühr in der Verwaltung bezahlten. Auch Arran konnte sich seiner Neugier nicht erwehren und warf einen Blick auf die in regelmäßigen Abständen wechselnden Themengebiete. Gerade wurde die Sparte 'Internationales' angezeigt: Schachteinsturz in einer Unterseemine in der Nähe der 'Schmiede', drei Schiffe vermisst, ein weiteres samt Mannschafft zerstört. Die 'Schmiede der Tiefe' war eine etwas kleinere Biosphäre in der Nähe Skandinaviens, welche weniger als klassische Überlebenssphäre, sondern eher zur Produktion von Gütern konzipiert wurde. Ein Schachteinsturz bedeutete, dass die nächsten Monate die Stahlpreise ordentlich in die Höhe gehen würden...das heißt auch die Bootspreise...Mist. Arran schnappte kurz in die Luft vor Frustration, eine Otterdame neben ihm zuckte zusammen, ihr Kopf ruckte zwischen dem Monitor und ihm hin und her, dann beschloss sie, das Weite zu suchen in einem Tempo das man als zivilisierte Flucht bezeichnen könnte. Arran las weiter, bei einer anderen Nachricht blieb sein Blick hängen. Phantomschiff bei der Straße von Gibraltar entdeckt, Scans des Patroullienschiffs ergaben dass es ohne Crew fuhr und laut Aussage des Kapitäns war es verschwunden vor der Sichtgrenze. Dies ist die dritte verzeichnete Begegnung mit ähnlichen Schiffen in vier Monaten Er verdrehte die Augen. Es war weithin bekannt, dass die Grenzwächter eine Truppe von Trunkenbolden und Idioten waren, die gerade soweit ausgebildet waren, bei Gefahr einen Funkspruch abzusetzen damit die ordentliche Kavallerie anrückte. Er schaute noch ein wenig weiter, doch bevor er den Artikel 'UAPA rüstet auf, Beginn des dritten Weltkrieges?' lesen konnte, blätterte der Monitor weiter zum Feuilleton, sodass sich sein Interesse schnell in Luft auflöste. Der Hai streckte sich kurz seufzend, während er sich langsam von dem Monitor entfernte. Langes stehen bereitete ihm immer ein wenig Unbehagen. Sein Blick begann wieder umher zu schweifen, aber da die restlichen Gebäude an der Plaza entweder der Regierung gehörten oder Restaurants und ähnliches waren und er gerade kein Geld für teures Essen verschleudern konnte und wollte, machte er sich wieder auf in Richtung potentielle Geldquelle. Es dauerte eine kleine Weile, da er durch halb Klein-Irland musste, um in das Viertel zu kommen, in dem 'Chips' wohnte. Als er in die akute Nähe kam, stockte er kurz. Sein Blick schweifte über die Häuser. Sie waren zweistöckig. Der Teufel sollte ihn holen, das Mädchen mit dem er in der Nacht telefoniert hatte, gehörte zu den oberen hundert der Stadt...wenn nicht sogar der gesamten Sphäre! Staunend schlenderte er durch die ungewöhnlich sauberen Straßen, man mochte fast sagen, er lustwandelte. Fast wäre er geflissentlich an ihrer Tür vorbeiflanniert, dann fiel ihm jedoch die Hausnummer auf. Er drückte auf die Klingel, welche sich am Tor eines kleinen Vorgartens befand, in dem sich sogar echte Pflanzen befanden. Seine Aufmerksamkeit war sofort gefesselt, sodass er nicht bemerkte, wie ein fein angezogener, etwas gedrungener Mastif sich aus dem Schatten schälte den das Haus warf. Mit einem abschätzigen Blick musterte. "Sie wünschen?" Arran zuckte zusammen. "Huch...der war aber vorher noch nicht hier, ich meine ähm, ich bin Arran." Eine Augenbraue hochziehend antwortete der angesprochene nur: "Aha. Sie wünschen?" Der Hai verzog verstimmt das Gesicht. Wäre er zu mehr Gesichtsmimik in der Lage gewesen hätte es ausgesehen als hätte er eine Schnute gezogen. "Ich wurde eingeladen von einer gewissen Chips, die wohnt hier doch oder?" Wenn er sich verschrieben hatte in seinem halb betrunkenen Zustand, dann würde dies jetzt eine ziemlich peinliche Angelegenheit werden... "Ja, Miss Chips wohnt hier. Ich werde sie anmelden." Es klang eher nach einem 'Ich werde schauen ob sie nicht nur ein Obdachloser sind den Miss Chips in einer betrunkenen Minute in einer Gasse gefunden und dann eingeladen hat.' Vor allem, da Arran nicht hineingebeten wurde, sondern von dem Butler einfach am Gartentor stehen gelassen wurde. Minute um Minute verging und er hatte schon ein wenig das Gefühl, dass irgendwer jetzt an einem der Fenster stand und ein Video für 'Euratopias lustigste Idioten' filmte. Da die Serie aber nach Staffel 1 abgesetzt worden war, schob er die Zweifel beiseite und fing an von einer leicht überhängenden Pflanze Blätter abzuzupfen. Echte Pflanzen schön und gut, aber er konnte einem Lebewesen, das weder schrie noch sich wehrte einfach keinen Respekt entgegenbringen. Eine kurze Weile sah er sich die Blätter genauer an, beschloss dann, sie einem Geschmackstest zu unterziehen und schob sie sich in den Mund, um eine Weile auf ihnen herumzukauen. Der Mastif kam gerade wieder heraus, als Arran das Gesicht verzog und die bitter schmeckende Masse mitten auf die Straße spuckte. Ein Knurren entfuhr dem Butler. Kein leises unterdrücktes, sondern eines dass man auch noch hören könnte, wenn man am anderen Ende eines Kleingartens stand. Der Übeltäter ruckte zusammen, doch Herr Butler hatte seine Beherrschung schon wiedergefunden und trat wieder an ihn heran. "Miss Chips wünscht sie nun zu sprechen. Es wäre uns genehm, wenn sie auf dem Weg zu ihr nicht anfangen würden, auf dem Dekor herumzubeißen." Na das konnte ja heiter werden, dachte der nun etwas peinlich berührte Arran, als er dem Hund ins innere des Hauses folgte. Die beiden gingen durch eine Eingangshalle mit Garderobe und da Arran keine Jacke trug, machte der Butler auch keinen Zwischenhalt. Er führte ihn in ein Treppenhaus, das von einem Flur abzweigte, der mit einigen Bildern behangen war, die allesamt Katzen zeigten. Männliche wie weibliche, alt, jung, dick, dünn. Allerdings sahen sie sich allesamt irgendwie ähnlich und waren ebenfalls allesamt von der selben Rasse. Arran kannte sich damit nicht so gut aus. Er war so ein typischer Hundekerl. Bei denen wussten viele: Das ist ein Dackel, das ein Boxer und der Butler hier war ein Mastif. Auch wenn das eigentlich egal war. Aber bei Katzen: Die da hat kurze Haare, die da lange und die da ist so hässlich nackt, was bedeutete dass sie entweder eine dieser komischen neumodernen war oder eine Crystal-Meth Abhängige. Die Katzen auf den Bildern jedenfalls waren relativ langhaarig. Die Treppe führte zu einem weiteren Flur, welcher mit anderen Bildern behangen war, von denen ein paar so aussahen, als seien sie relativ teuer. Der Butler hielt vor einer der Türen an, klopfte zweimal. Eine weibliche Stimme maunzte ein. "Herrein~", dann öffnete dieser die Tür während er stramme Haltung annahm und ihn keines Blickes mehr würdigte, sondern wie eine Salzsäule die Tür aufhielt. Arran musterte den Herrn eine Weile, bevor er sich mit so viel Abstand wie möglich an ihm vorbeidrängte um hinein zu gelangen. Der Raum, der sich nun vor ihm erstreckte, war eindeutig ein Arbeitszimmer. Das war leicht zu erkennen, da er durch einen schweren Schreibtisch dominiert wurde, hinter dem sich ein Lehnstuhl befand, welcher mit der Rückenlehne zur Tür zeigte. Davor stand ein weiterer, einfacher gehaltener Polsterstuhl. Die Wände waren behangen mit der ein oder anderen Urkunde, dazwischen ein paar Kleinodien, die alle sehr orientalisch wirkten. Besonders stach ein Säbel hervor, der um so beeindruckender wirkte, weil er so aussah als wäre er tatsächlich einmal in Gebrauch gewesen. Seine Aufmerksamkeit wurde nun wieder auf den Lehnstuhl fokussiert, als dieser sich langsam drehte. Auf diesem fand eine grinsende Katze im Schneidersitz Platz. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Stuhl wohl für jemanden gebaut war, der ein gutes Stück breiter als die Norm war, sodass sie fast ein wenig verloren darin wirkte. Sie trug ihr rückenlanges, blondes Haar offen und blitzte ihn aus ihren tiefblauen Augen an. Das auffälligste an ihr war wohl, dass ihr Fell das unter einem luftigen violetten Hemd und einer dazu passenden Pluderhose hervorlugte. einen türkiston hatte, offensichtlich gefärbt. "Ich habe sie errrwartet, Mr Strrriper...", schnurrte sie leidenschaftlich bevor sie in ein bösewicht-mäßiges Kichern verfiel. Die Tür hinter ihm fiel mit einem Klicken zu, auch wenn der Hai glaubte, hinter sich vorher noch ein missbilligendes Knurren gehört zu haben. "Ja, das hatte ich erwartet.", murmelte er, während er sich zum Tisch hinbewegte. "...schließlich haben wir gestern telefoniert." fügte er schließlich hinzu. "Nehmen sie doch Platz...Wir haben Verrrrhandlungen zu führen" Diesmal betonte sie das 'r' noch stärker. Er setzte sich auf den Stuhl, dann verzog er ein wenig das Gesicht. "Ich würde es bevorzugen wenn sie mich nicht dauernd so nennen würden. Ich heiße Arran und das hier ist nur ein Gelegenheitsjob für mich, um mich finanziell unter Wasser zu halten." "Nunja, Mr Arrrrran." Also jetzt übertrieb sie es wirklich."Sie wollen also bei meiner Geburtstagsparty die Hüllen fallen lassen?" Von wollen kann nicht wirklich eine Rede sein, dachte er. Trotzdem lautete seine Antwort: "Ja, wenn die Bezahlung stimmt." Die blonde Mieze nickte ein paar Mal, mehr zu sich selbst als zu ihm. "Gut, Gut, Chips braucht noch eine schöne Versüßung für ihre Feierrr, die letzten waren ein wenig...trocken..." Jetzt sprach sie auch noch von sich in der dritten Person... "Nun gut...'Chips'." Arran seufzte und setzte nun sein Business-Face auf. "Spaß bei Seite, ich will das jetzt geklärt haben. Ich bin ein sehr beschäftigter Mann." Lügner, zu Hause wartet nur ein Papiertaschentuch und ein Stapel schmutziger Heftchen auf dich. Auch sie schien für einen Moment wirklich ernst zu werden. "Also gut. Übermorgen feiere ich meinen 21. Geburtstag. Ich habe ein paar Freundinnen eingeladen und will in meinem Boot feiern. Du wirst uns den Abend verrrsüßen." fast schon lustvoll rollte sie wieder das 'r'. "Danach machen wir einen kleinen Tauchgang, du kannst ja im Boot warten." Erst freute er sich, doch dann fiel ihm auf, dass sie höchstwahrscheinlich dieses Boot gar nicht selbst fuhr und einen Chauffeur oder sowas hatte. Außerdem wollte er nicht als Straftäter gelten. Sie setzte fort: "Für die ganze Angelegenheit zahl ich dir...hmm, lass mich überlegen...zehntausend credits, klingt das gut?" Gut? GUT? Oh du meine Güte, reiche Leute wissen nicht mit Geld umzugehen. Arrans Herz machte einen Sprung. Er grinste breit, was zu seinem Glück leicht fehlinterpretiert werden konnte, da er immer aussah als wäre er leicht verstimmt wenn er so grinste. Man hätte es fast ein Haifischgrinsen nennen können. "Natürlich...Zehntausend klingt gut...ja...Standarttarif für Leute wie uns.", na klar, als ob er Ahnung von solchen Dingen gehabt hätte. "Gut" maunzte sie doch nicht gerade unbegeistert. "Ich hatte zwar etwas fluffiges erwartet, aber du hast diese 'Bad-Boy'-Attitüde, das mag ich~" wäre in den letzten Worten ein 'r' gewesen, hätte sie es bestimmt gerollt. Sie stand auf. "Ich sehe dich dann Morrgen~ sei so um Fünf am Hafen, dann hast du eine Stunde Zeit, warrrm zu werden~" Sie ging zu einem Schrank in der Ecke und öffnete ihn. Zwischen den Akten lag ein in gelbes Plastik eingewickeltes Paket, das irgendwie so aussah als sei es hastig dort hineingestopft worden. Die Katze holte es heraus, hüpfte fast zu ihm zurück. "Hier..." Plötzlich waren Stimmen vor der Tür zu vernehmen. "Oh Sch...alt gewordene Milch! Mist, verdammter!" raunte sie, drückte ihm dann eilig das Paket in die Hand. "Komm schnell, du musst..." Panisch zog sie ihn Richtung Fenster, entschloss sich dann aber anders als die Tür schon einen Spalt aufging und der Schrank immer noch offen stand. Sie hechtete, ihn immer noch an einem Arm mitziehend Richtung Schrank, ließ ihn auf Höhe des Schreibtisches los und zog den Schrank von innen zu. Arran sah verwirrt Richtung Tür, suchte ein Versteck. Das Fenster war geschlossen und zu weit entfernt. Die Tür hielt kurz inne. Eine männliche Stimme, ebenso das 'r' betonend wie Chips schnurrte ein. "Das hierrr, ist mein...Arrrbeitszimmer. Hier kommen nurrr die wichtigsten Perrrsonen rreeein." 'Oh Mann...', dachte sich Arran. 'Der Kerl übertrieb es echt.' Doch diese Schnurrerei wurde von einem weiblichen Kichern belohnt. Arran sah sich weiter um. Das einzige Versteck, dass auch nur im geringsten Erfolg versprach...war der Schreibtisch. So leise er konnte schob er den Stuhl zurück, kletterte in die freigewordene Nische zwischen den beiden Schreibtischseiten und zog den Stuhl wieder heran. Er war ja sowas von geliefert. Glück für ihn, dass der Schreibtisch einer von der Sorte war, die nach vorne hin geschlossen waren. Die Tür fiel mit einem Klicken ins Schloss. Nun hörte er zwei Personen, welche den Raum betraten. Eine ziemlich fette, gefolgt von einer relativ leichtfüßigen, jedenfalls im Vergleich zu der ersten Person. Mitten im Raum schienen sie stehen zu bleiben. "Oh, Mr. MacPurrson, ich wusste ja nicht, dass sie so ein Abenteurer sind...wieviele Piraten haben sie mit diesem Säbel erschlagen?" Die weibliche Stimme war für Arrans geschmack zu hoch, spitz und aufgesetzt. Eindeutig eine Professionelle... Der Mann lachte so laut, dass der Raum zu erbeben schien. "Oh nein, ich bin ein Fechter mit Worrrten und Werrrtpapieren, das ist der Säbel meines Ururgroßvaters, Mahesh Purrakash. Sie müssen wissen..." er klang so als würde er ein wenig durch das Zimmer wandern. "...unsere Familie stellte vor wenigen Jahrzehnten noch für Generationen die Leibwächter des Scheichs von Manipurr, bis mein Ahne beschloss, sein Glück in Grrrroßbritannien zu suchen." "Na das klingt ja fürchterlich interessant, Mr. MacPurrson." Die Frau war eine viel schlechterte Lügnerin als er, stellte Arran fest. Sie tappste nun herüber zum Schreibtisch schien sich auf ihn zu setzen. "Ich mag Kater, die exotisches Feuer im Blut haben." Ihr Ton nahm etwas penetrantes an, als wolle sie jetzt endlich zum Zuge kommen.'Oh nein, bitte nicht. Nicht hier, nicht jetzt, nicht mit mir unter den beiden.' Arran betete alle Gottheiten, von denen er je etwas gehört hatte, auf einmal an. Doch es waren grausame Götter, denn schon bald hörte er das schwere Schnaufen des Katers, das gespielte Stöhnen der Frau und das Rumpeln des Tisches. Er hatte das Gefühl der Himmel würde gleich auf ihn herunterkrachen. Der Hai klammerte sich panisch an das Plastikpaket, als ob es eine Rettungsweste wäre und als ob ihn eine Rettungsweste in dieser Situation helfen würde. Nach einer Viertelstunde, die Äonen gedauert zu haben schien hörten die Geräusche auf...und der Geruch fing an. Er hatte es immer für eine Legende gehalten, dass Kater nach dem...nunja korpulieren anfingen zu stinken wie sonst was...aber nein, wieder etwas dazugelernt. Auch die Frau schien der Geruch abzustoßen, wenn auch nicht so sehr wie Arran, denn sie machte sich relativ schnell daran, sich zu verabschieden. Sie habe noch einen anderen Termin, aber das hier müssten sie unbedingt wiederholen. Der Typ hatte ja auch Geld wie Heu, wie man an seiner Anverwandten sah. Mr. MacPurrson schnaufte noch eine Weile, dann war das Rascheln von Stoff zu vernehmen, gefolgt von schweren Schritten, die sich vom Tisch entfernten. Dieser war zu Arrans vollster Überraschung heil geblieben. Solide Handarbeit eben. Oder eine Intervention irgendeines Gottes. Er vermutete letzteres. Stöhnend hievte sich der Hai unter dem Tisch hervor, nachdem das klickende Geräusch des Türschlosses abermals erklungen war. Fast zeitgleich öffnete sich auch die Schranktür. Eine leise jammernde türkise Katze hüpfte mit zugehaltener Nase Richtung Fenster und öffnete dieses. "Puh, Frischluft." Arran gesellte sich zu ihr. "Das war so ziemlich die bizarrste Situation in der ich jemals war. Und glaub mir, ich hab schon einiges gesehen..." "Das kommt davon, wenn man das Arbeitszimmer seines Vaters missbraucht. Ich wollte doch nur seriös wirken." Sie maunzte frustriert. "Naja, ich denke selbst im Konferenzraum eines Megakonzerns würdest du noch unprofessionell wirken." Antwortete er daraufhin spitz, während er sich schon dran machte, aus dem Fenster zu klettern. "Hey! Das is gemein, du gemeiner...Gemeinling du!" Rief sie so laut sie konnte aus, ohne gleich die Nachbarschaft auf sich aufmerksam zu machen. Doch Arran ließ sich schon in den Garten fallen und war in kürzester Zeit über den Vorgartenzaun verschwunden, ohne zu antworten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)