Tiefenrausch von Rotmantel (Rapture of the Deep) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Es war irgendwie so, als würde dein bester Freund dich verraten. Das, was für uns so lebensnotwendig war, für die ganze Erde so lebensnotwendig war, erwies sich plötzlich als langsam eskalierende Todesfalle. Wer hätte gedacht, wer hätte erwartet, dass das Ende der Welt, wie wir sie kennen, eine Apokalypse könne man sagen, ausgerechnet auf diese Art und Weise herannahte? Die Sonne. Lieferant von Wärme, Licht, Strom und nicht zuletzt Endorphinen, Vitamin D und der ach so schicken Bräune. So präsentierte die Sonne sich uns immer. Natürlich gab es einige negative Aspekte: Sonnenbrand, Dürren, Hautkrebs und Waldbrände. Aber nichtsdestotrotz liebten wir sie, oder nicht? Die Sonne war Bestandteil von Verehrung. Einige Religionen mögen einem bei diesem Satz in den Sinn kommen, allerdings heißen doch auch noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts Menschen, die gerne in der Sonne liegen, Sonnenanbeter. Sie war der wichtigste Faktor in vielen Aspekten unseres Lebens. Dann kam der Moment, der alles änderte. Ein Meteorit stürzte vom Himmel. Nicht so ein winziger, welcher dann irgendeinem zufälligen Passanten Superkräfte verpasst. Auch kein gewaltiger, der die Erde halb vernichtet, sondern genau richtig, könnte man sagen. Dank Astronomen und Evakuierungsmaßnahmen wurde kaum jemand verletzt oder gar getötet, ja selbst die Zerstörung hielt sich im Rahmen, doch das wahre Ausmaß der Katastrophe sollte sich erst in einigen Monaten herausstellen. Unsere klügsten Köpfe entdeckten, dass die Temperaturen auf der Erde in einem Ausmaß anstiegen, welches nicht durch globale Erwärmung oder ähnliche Konzepte erklärt werden konnte. Es stellte sich heraus, dass durch den Einschlag des Meteors die Erdumlaufbahn destabilisiert wurde und der blaue Planet sich nun dem Zentrum des Sonnensystems immer weiter annäherte, bis er wieder eine stabile Umlaufbahn fand. Die Welt hielt den Atem an. Schneller als jede andere Meldung bisher breitete sich die Hiobsbotschaft über den Planeten aus. Als die Welt wieder ausatmete, war es Chaos, Anarchie, Endzeitstimmung, welche über die Menschheit und ihre sogenannte Zivilisation fegte. Beinahe hätte die Menschheit es geschafft, sich selbst auszuradieren, noch bevor die Sonne es tat. Dann, wieder ein paar Monate später, die Entwarnung. 'Nur' die Erdoberfläche würde nach und nach unbewohnbar werden. In den Meeren jedoch, in einigen hundert Metern tiefe, wären die Temperaturverhältnisse auch noch dann erträglich, wenn die Erde sich auf ihrer nächsten stabilen Bahn eingefunden hätte. Bündnisse wurden gebildet, Ressourcen und Arbeitskräfte mobilisiert, denn die Wissenschaftler gaben der Menschheit knapp 20 Jahre. 2 Jahrzehnte um die Sachen zu packen, die sich in etwa 6 Jahrtausenden in Regalen und Abstellkammern so angesammelt hatten. Und die neue Behausung würde nicht viel Platz für Kitsch, Kunst und Co. lassen... Wir kämpften gegen Naturkatastrophen, Bürgerkriege, Ressourcenknappheit und unsere eigenen Abgründe, die sich in einer solchen Stresssituation auftaten. Doch gegen alle Erwartungen haben wir es geschafft, die 'Humanity, FUCK YEAH'-Shirts wurden gedruckt und einige wenige Auserwählte erhielten das goldene Ticket, dass ihnen erlaubte, die Menschheit weiterbestehen zu lassen. Heute müssen wir uns vor der Sonne verstecken, wie vor einem zornigen Gott, der danach trachtet, seine Schützlinge zu vernichten. Unsere Kinder und Enkelkinder wissen nicht, wie es sich anfühlt, die wärmende Sonne auf der Haut und den frischen Wind im Haar zu spüren. Alles was sie kennen, sind Halogenlampen und der Luftzug, der entsteht, wenn die Luft- und Wärmetauscher ihre rastlose Arbeit vollbringen. Sie werden nie das zwitschern von Vögeln hören, stattdessen raubt ihnen der alltägliche Lärm der Maschinen, die uns hier unten am Leben halten, den Schlaf. Wir mussten fliehen von der Oberfläche der Erde, zurück dorthin, wo einst unsere Urahnen als Amphibien und Fischartige gelebt hatten, vor abermillionen von Jahren. Aber wenn man unser leben heute mit dem Leben vergleicht, das wir vor drei Generationen auf der Oberfläche hatten, erscheint einem die Wahl zwischen in der Hitze verbrennen und in der Tiefe leben wie die sprichwörtliche Entscheidung zwischen Pest und Cholera. Wir fristen unser Dasein dichtgedrängt in sogenannten Biosphären, ernähren uns von Fisch und Algen, atmen lauwarme, abgestanden schmeckende Luft und sind uns selbst der größte Feind. Denn auch wenn die kriege aufgehört haben, so bekommt einem die klaustrophobische Atmosphäre unserer mechanisierten Luftblasen auf Dauer nicht sonderlich. Völlig entfremdet von der Natur, eingepfercht wie Hühner in Käfighaltung, mit nichts weiter als dem, was wir uns selbst herstellen können hier unten. Für eine echte, noch haltbare Gemüsekonserve werden an den richtigen Orten Hunderte von Credits gezahlt. Und genau da kommen die Art von Menschen ins Spiel, die schon seit Jahrhunderten vom Rest der Menschheit entweder verachtet oder bewundert werden: Abenteurer, Glücksjäger, Schatzsucher. Sie sind es, die in den Tiefen der Meere und in kurzen und wenigen Besuchen an der Oberfläche die Überbleibsel des vergangenen Zeitalters suchen. Kunst, Kultur und Konserven. Gegenstände von echten und von ideellem Wert. Doch die Anzahl der wirklich wertvollen Dinge ist gering im Vergleich zur Konkurrenz, die man als ein solche Bergungsmannschaft hat. Und diese ist meistens mit allen Wassern gewaschen und würde selbst für ein einfaches Buch von der Oberfläche über Leichen gehen. Alles in allem ist es ein riskanter, nicht lohnenswerter Beruf, allerdings gibt es genug Geschichten von Leuten, die damit das große Glück gefunden haben. Vielleicht wurden diese jedoch auch nur von Personen gestreut, die solche Bergungscrews als billige Hilfsarbeiter für allerlei andere Drecksarbeit anheuern wollen, denn diese nehmen im Normalfall dankend an, damit wieder Geld in die Proviant- und Benzinkasse reinkommt. Alles in allem auf seltsame Art und Weise ein funktionierender Wirtschaftskreislauf. Aber in den erdrückenden, geheimnisvollen tiefen der Meere gibt es nicht mehr viel, das wirklich gewöhnlich ist und eine weite, unentdeckte Welt, wie sie sich uns heutzutage demonstriert, braucht neue Entdecker und Abenteurer, auf die eine oder andere Weise... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)