Digimon Battle Generation von Alaiya ([Digimon Tamers] Wenn Welten kollidieren) ================================================================================ Episode 45: Das Ende der Welt? ------------------------------ Episode 45: Das Ende der Welt? Die Krisensituation, die sich in den vergangenen Tagen in Tokyo entwickelt hat, breitet sich immer mehr aus. Gestern kam es auch in anderen Teilen Japans zu Sichtungen der digitalen Wesen, die in Tokyo bereits für Schäden in Milliardenhöhe sorgten, während heute Morgen derartige Sichtungen aus Korea und China gemeldet wurden. Noch immer ist nicht geklärt, was es mit diesen Wesen auf sich hat. Es scheint einzig klar, dass sie aus der digitalen Welt kommen. Zuständige Behörden haben bisher keine genauen Angaben gemacht.                                                                        – Bericht im Newsfeed von CNN vom 26. Juli Shinjuku, Tokyo – 26. Juli 2011 Die Sonne schien heiß von einem strahlend blauen Himmel, vor dem sich die Struktur der digitalen Welt klar abzeichnete. Das Wetter schien sich nicht dran zu stören, dass die Welt kurz vor ihrem Ende zu stehen schien und auch nicht darum, dass aufgrund der Erdbeben viele Klimaanlagen ausgefallen waren. Shoji war sich nicht sicher, was er überhaupt in der Stadt machte, wo er seine Zeit vielleicht doch besser damit verbracht hätte, für die nächsten Trimesterprüfungen zu lernen, da er im letzten Schuljahr gute Noten brauchte, um es einfacher zu haben, überhaupt für die Aufnahmeprüfungen der Universität zugelasen zu werden, doch wenn er so darüber nachdachte: Wenn die Welt in einer Woche unterging, war es auch egal, ob er theoretisch hätte die Todai oder eine andere respektierte Universität hätte besuchen können. Davon abgesehen konnte er sich einfach nicht konzentriern. „Shoji“, hörte er ein leises Knurren von Gazimon, das ganz angespannt zu sein schien, während Shoji am Rand des Shinjuku Central Parks saß und mit seinem Handy die neusten Internetberichte über die sich immer weiter ausbreitenden Erdbeben durchlas. Kurz darauf bemerkte auch er, dass die Erde anfing zu beben, was Verwirrung und Panik bei einigen anderen Parkbesuchern auslöste. Nicht, dass der Park allzu voll war. Die Ereignisse der letzten Tage und Wochen hatten dafür gesorgt, dass viele Menschen in ihren Wohnungen blieben oder sogar die Stadt verlassen hatten. Doch nach allem, was sie nun wussten, konnte man nirgendwohin fliehen. Die ersten der seltsamen Anomalen Wesen waren nicht nur außerhalb Tokyos, sondern offenbar in Korea und China aufgetaucht und es tauchten immer mehr von ihnen in immer kürzeren Abständen auf – wenngleich sie nirgendwo so häufig erschienen, wie in Tokyo. Erstaunlicher Weise war bisher niemand direkt durch eins dieser Wesen umgekommen. Viel mehr war es so, dass ihre Einflüsse auf die Umwelt zu Todesfällen geführt hatten. Durch Stromausfälle, von denen es mehrere gegeben hatte, waren mehrere Menschen in Krankenhäusern gestorben, da nicht überall die Notstromversorgung beim wiederholten Mal schnell genug eingesetzt hatte. Auch hatte es technische Störungen gegeben, die zu Verkerhsunfällen geführt hatten und vergleichbares. „Glaubst du, dass wir irgendetwas tun können, Gazimon?“, fragte er leise. Gazimon, das zu seinen Füßen halb unter der Parkbank saß, sah ihn aus den Augenwinkeln an. Es schien verunsichert und erwiderte nicht sofort etwas. Dann sah es zum Himmel auf. „Ich weiß es nicht, Shoji“, sagte es. „Bisher haben wir alle Gegner besiegen können und auch Takato und die anderen haben es geschafft, aber…“ Es ließ seine Ohren hängen. „Ich weiß nicht, was das richtig wäre.“ Shoji verstand was es meinte. Denn auch er war sich noch immer nicht sicher, ob es das richtige war gegen die Anomalie zu kämpfen, oder ob sie nicht viel eher sich bemühen sollten, diese irgendwie davon zu überzeugen, nicht länger anzugreifen. „Vielleicht finden Lee-san und seine Kollegen in den USA eine Lösung“, murmelte er schließlich, auch wenn er nicht wirklich daran glaubte. „Ja. Sie haben auch eine Lösung gefunden, D-Reaper zu besiegen, oder?“, meinte Gazimon, obwohl es diese Geschichte, wie auch Shoji, nur aus Erzählungen kannte. „Ja…“ Shoji seufzte. Er steckte sein Handy weg und sah sich um. Das Beben hatte mittlerweile wieder aufgehört, doch der Park hatte sich schnell geleert. Doch während er den Weg, an dem er saß, hinabsah, erkannte er einen roten Haarschopf, der ihm sehr bekannt vorkam. „Makino-san“, murmelte er. Kurz überlegte er, ob er sie ansprechen sollte, entschied sich dann aber dafür. „Makino-san! Ruki-san!“, rief er zu ihr hinüber, woraufhin sie sich umblickte. Auch Renamon, das ihr immer versteckt folgte, erschien neben ihr und sah zu ihnen hinüber. Kurz hob Ruki die Hand zum Gruß und ging dann zu ihnen hinüber. „Hey“, sagte sie, als sie nur noch einen knappen Meter von der Bank entfernt war. „Hey“, erwiderte Shoji. Er rückte ein wenig zur Seite, damit sie sich neben ihn setzen konnte, auch wenn so noch immer das am Boden sitzende Gazimon zwischen ihnen war. „Was macht ihr hier?“, fragte Ruki. Shoji zuckte nur mit den Schultern. „Ich weiß es selbst nicht. Und ihr?“ „Wir wollten zu Hypnos“, erwiderte sie mit matter Stimme. „Ich wollte fragen, ob es irgendetwas gibt, was wir tun können.“ Daraufhin nickte Shoji. „Ja… Vielleicht können wir etwas tun.“ Die Wahrheit war, dass er daran nicht glaubte, aber es würde ihm zumindest das Gefühl geben etwas zu tun. „Kann ich dich begleiten?“ Ruki antwortete nicht direkt, nickte aber knapp. „Natürlich.“ Sie stand jedoch nicht auf und als Shoji sie ansah, wusste er, dass etwas nicht stimmte. „Was ist los?“, fragte er. Sie schüttelte mit dem Kopf, doch ihre im Schoß gefalteten Hände spannten sich an. „Ich hasse es“, sagte sie schließlich, schwieg dann aber erneut. Shoji wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte, denn er war sich nicht sicher, was sie meinte. Hasste sie es, so untätig zu sein? Nichts tun zu können? Oder… Ihm kam ein Gedanke. Konnte es sein, dass sie von Ryou sprach? Doch er wusste nicht, was er sagen sollte, denn er wollte sich nicht in ihre privaten Angelegenheiten einmischen. Eigentlich ging es ihn nichts an, aber… Vielleicht war es doch besser, wenn sie darüber redete? Woher sollte er das wissen? Er hatte mit solchen Dingen keine Erfahrung. „Ich wünschte, wir könnten mehr tun“, meinte er schließlich. „Ich wünschte, wir könnten Leute beschützen, aber diese seltsamen Wesen…“ „Wir sollten nicht gegen sie kämpfen“, erwiderte Ruki leise. „Takato sollte nicht gegen sie kämpfen und… Dieser Idiot schon gar nicht.“ „Akiyama-san?“, fragte Shoji. Ruki biss sich in die Unterlippe und sah ihn dann an. „Er ist ein unüberlegter Idiot. Ohne ihn hätten wir dieses Schlamassel vielleicht gar nicht.“ Wieder wusste Shoji nicht, was er erwidern sollte. Sollte er ihr zustimmen? Denn eigentlich stimmte er ihr zu. Doch er wollte Ryou auch nicht schlecht reden. „Das wissen wir nicht“, meinte er vorsichtig, doch Ruki sah ihn scharf an. „Glaubst du das wirklich? Du hast gesehen, was an der Station passiert ist!“, fuhr sie ihn an. „Ruki“, kam es von Renamon, das halb hinter ihr stand. „Entschuldige, bitte“, seufzte sie und stand schließlich auf. „Komm, lass uns gehen.“ Etwas verwirrt sah Shoji sie an, stand dann aber selbst auf und sah kurz zu Gazimon, um sicher zu gehen, dass es ihm folgte. „Wisst ihr, was mit den Anomalien ist, die außerhalb Tokyos erschienen ist?“, fragte Gazimon nun, während es neben ihnen hertrottete. „Soweit ich weiß, hat sich Takato um die in Japan gekümmert, doch ich weiß nicht, was mit den anderen Anomalien passiert ist“, erwiderte Ruki. „Takato-san kann sich aber nicht um alle kümmern“, meinte Shoji zweifelnd. „Ich weiß“, erwiderte Ruki leise. Dann schwiegen sie, da keiner von ihnen zu wissen schien, was sie sonst noch sagen sollten. So liefen sie schweigend nebeneinander her, bis sie schließlich zum Eingang des Metropolitan Government Buildings kamen. „Weißt du, wer heute da ist?“, fragte Shoji, während sie auf einen Aufzug warteten, der sie zur Hypnoszentrale bringen konnte. Ruki schüttelte den Kopf. „Ich glaube kaum, dass Takato da ist und Ryou sowieso nicht.“ „Yamaki-san wird wahrscheinlich da sein“, warf Renamon ein. „Ja“, murmelte Shoji. „Und seine Frau?“ „Nein, Reika passt heute auf Namiko auf“, erwiderte Ruki, woraufhin Shoji nur nicken konnte. Es überraschte ihn nicht, dass Ruki davon wusste, wo sie doch meistens auf Namiko aufpasste. Mit einem „Pling“ verkündete der Aufzug, dass er angekommen war und auch während der Fahrt mit dem Aufzug herrschte jene unangenehme Stille, die für Aufzugsfahrten so typisch ist, wenn niemand so recht weiß, was er sagen soll. Wenigstens funktionieren die Aufzüge noch, dachte Shoji. Denn es wäre nicht so untypisch, dass Aufzüge durch die Erdbeben ausfielen oder ausgesetzt wurden, um Unfälle zu vermeiden. Zur selben Zeit war Reika, wie Ruki es gesagt hatte, daheim. Auch sie machte sich Sorgen wegen der Situation und es war ihr in den letzten Tagen zur Gewohnheit geworden, dass der Fernseher meistens lief, wenn sie nicht bei Hypnos war. Und die Nachrichtensender der Welt berichteten laufend von neuen Ereignissen, weiteren Erdbeben und den Wesen dieser Anomalie, die nun auch außerhalb Japans aufgetaucht waren. Sie seufzte. Sie konnte kaum mehr tun, als sich zu Sorgen, sich um alle zu Sorgen. Sie machte sich Sorgen um ihre Tochter, fürchtete, dass dieser etwas geschehen konnte. Sie machte sich Sorgen um ihren Mann, da sie merkte, dass Mitsuo langsam unter dem Stress zusammenzubrechen drohte. Sie machte sich Sorgen um die Tamer, die auch in die ganzen Kämpfe mit hineingezogen wurden, während sie wusste, dass auch sie unter den vergangenen Ereignissen litten. Doch was sollte sie tun? Was konnte sie tun? Von allem was sie wusste, würde diese Welt irgendwann verschwinden. Sie hatte mittlerweile zu genüge gesehen, wie diese Anomalien auch diese Welt beeinflussten und nun wo immer und immer mehr dieser Wesen auftauchten, konnten sie irgendwann nichts mehr dagegen tun. Und dann? Was würde dann passieren? Natürlich – einen Weg gab es noch: Der Code, den sie Takato gegeben hatten, die rote Karte. Es wäre möglich, diesen Code auch anderen Tamern zu übertragen, doch sie hatten gesehen, was dieser Code auslösten konnte. Die Erdbeben hatten begonnen, als Takato ihn das erste Mal benutzte und vielleicht war es wegen diesem Code überhaupt soweit gekommen. Von allem was sie wussten, konnte es sein, dass dieser Code es der Anomalie erst möglich machte, zu erscheinen. Doch hatten sie eine Wahl? Wenn es so war, war es eine Teufelsspirale. Es gab kein Entkommen und sie konnten nichts tun. Sie sah auf den Fernseher. Offenbar war eine weitere Anomalie in China erschienen. In der Nähe von Peking. Und offenbar hatten ein paar Tamer den Kampf gegen sie aufgenommen. Doch Reika wusste, dass die Tamer, an deren Seite Perfect-Digimon kämpften, kaum eine Chance hatten. Sie seufzte. Ob sie wohl sterben würden? Es waren auch nur Kinder, Jugendliche, die nicht eine solche Verantwortung tragen sollten. Nun fiel ihr Blick auf die Uhr. Es war bereits nach Vier. Namiko hätte schon vor einer halben Stunde nach Hause kommen müssen. Die ganze Zeit schon hatte dieser Gedanke an ihr genagt, doch sie hatte ihn zuerst verdrängt, da sie wusste, dass ihre Tochter in letzter Zeit gerne beim Weg nach Hause klüngelte, da es aktuell die einzige Zeit war, die sie außerhalb von Schule und Wohnung verbringen konnte. Langsam aber, begann sie sich ernsthafte Sorgen zu machen. Sie nahm das Haustelefon, dass sie mittlerweile immer in Reichweite hatte und wählte die Nummer von Namikos Handy. Nichts. Die Leitung war tot. Reika fluchte und nahm nun ihr Handy heraus. Es war nicht das erste Mal, seit das ganze Chaos begonnen hatte, dass Telefonnetze ausgefallen waren. Immerhin störte die Anomalie die Netzsignale und beschädigte teilweise die physischen Leitungen. Dazu kam, dass die Überlastungen, die mit jedem Auftauchen der Anomalie kamen, das vorhandene Netz noch weiter überstrapaziert wurde. Doch auch das normale Handynetz schien gerade nicht zu funktionieren, zumindest bekam sie nur eine Nicht-Erreichbarkeitsmeldung und sie hatte Namiko eingeschärft, dass sie ihr Handy zu jeder Zeit anhaben sollte. Eine Möglichkeit hatte sie jedoch. Denn besser als das normale Netz, war das mobile Internet ausgebaut, so dass sie, wie viele andere auch, auf Skype ausgewichen waren, wenn das normale Netz nicht funktionierte. Also versuchte sie es so, doch wieder: Ohne Erfolg. Reika war keine Frau, die leicht in Panik verfiel, doch machte sie sich nun langsam aber sicher Sorgen. Sie beschwichtigte sich, denn von allem was sie wusste, konnte Namiko auch einfach zu Ruki gegangen sein. Sie hatte so oft in den letzten zwei Wochen gejammert, dass sie Ruki kaum gesehen hatte, da Reika sich im Moment lieber selbst um ihre Tochter kümmerte – und sei es nur, damit Ruki im Notfall die anderen Tamer unterstützen konnte. Also versuchte sie Ruki zu erreichen – erneut über Skype. Gerade als sie die Hypnoszentrale betraten, hörte Shoji ein Geräusch, dass ihm unbekannt vorkam. Es war das Klingeln eines alten Telefons. Erst als Ruki ihr Handy hervorholte, erkannte er, dass es ein Klingelton gewesen sein musste. Fragend sah er sie an, als sie einen Schritt in Richtung eines der Fenster machte. „Ja, Makino hier“, sagte sie, wie aus Gewohnheit. Shoji konnte nur dumpf die Stimme von dem anderen Ende der Leitung hören, nicht gut genug um Worte verstehen zu können. „Reika-san“, sagte Ruki nun überrascht. „Namiko?“ Kurze Stille Rukis. „Nein“, sagte sie dann und ihre Stimme klang auf einmal angespannt und besorgt. „Nein, sie ist nicht bei mir.“ Wieder kurze Stille, dann: „Ich bin bei Hypnos. Nein, sie ist nicht hier.“ Wieder ein kurzes Schweigen. „Ich suche ihn“, sagte sie dann und sah zu Shoji. „Hol Yamaki-san her“, flüsterte sie zu ihm hinüber. Shoji sah sich um. Er konnte Yamaki nirgendwo sehen, doch konnte es sein, dass er in einem Büro oder im Konferenzraum war. Und auch, wenn sich Shoji nicht sicher war, ob er ihn wirklich stören sollte, ging er – gefolgt von Gazimon los. Denn Rukis Stimme klang besorgt. Tatsächlich hörte er Yamaki, bevor er ihn sah, denn aus einem Raum, dessen Tür geschlossen war, war seine Stimme deutlich zu vernehmen. „No, I cannot talk about this“, sagte er ganz offenbar aufgebracht. „No, I am not allowed to share that information. You need to contact Mr. Aogawa. No. I have no authority over this.“ Shoji verharrte vor der Tür und sah sich um. Ganz offenbar schien Yamaki ein wichtiges Telefonat zu haben und er wusste, dass er nicht stören sollte. Denn was es auch immer war, was Namiko anging, eigentlich konnte es nicht wichtig sein, als ein offenbar internationales Telefonat. Doch Namiko war seine Tochter. Vielleicht sah er es ganz anders. „Mach schon“, sagte Gazimon angespannt. Also seufzte Shoji und klopfte. Dabei überraschte es ihn nicht, dass niemand „Herein“ rief, doch nach kurzem Zögern und einem leichten Stoß seines Partners, öffnete er einfach die Tür. „Was machst du hier?“, fauchte Yamaki ihn an und ließ den Telefonhörer kurz sinken. Dann hob er ihn wieder. „Once again, you need to talk to Mr. Aogawa, I cannot tell you.“ Dabei gestikulierte er Shoji, dass er wieder gehen sollte. Doch während Shoji noch zögerte, was es Gazimon, das nun sprach: „Namiko ist nicht nach Hause gekommen.“ Shoji sah es an, doch natürlich hatte Gazimon die Stimme Reikas wahrscheinlich verstehen können. „Was?“, fragte Yamaki. „Namiko ist nich nach Hause gekommen“, wiederholte Gazimon. „Ihre Frau will mit Ihnen sprechen.“ Für einen Moment noch zögerte Yamaki, dann hob er den Hörer noch einmal. „I cannot talk to you. Please talk to Mr. Aoyama. I need to hang up now, I have another call incoming. Good Bye.“ Damit legte er auf. „Was ist los?“, fragte er noch einmal und Shoji überließ es seinem Digimon zu reden, da es ganz offenbar alles mitbekommen hatte. „Namiko ist noch nicht nach Hause gekommen und Ihre Frau hat bei Ruki angerufen, doch Ruki hat Namiko heute nicht gesehen. Und das normale Telefonnetz scheint nicht zu funktionieren“, erklärte Gazimon schnell. „Kommen Sie mit.“ Die letzte Information überraschte Shoji. Aber es erklärte den seltsamen Klingelton, denn er meinte sich zu erinnern, dass Skype diesen Klingelton verwendete. Wenn Reika also auf diese Software ausgewichen war, machte es Sinn, dass Rukis Handy nicht normal klingelte. Und Yamaki hatte wahrscheinlich auf ein amtliches Telefonnetz zugriff, dass nicht so schnell ausfiel. Gazimon lief nun voraus, während Shoji noch hinter Yamaki folgte, der Ruki nun fast das Handy aus der Hand riss. „Was ist los?“, fragte er nun. „Nein, ist sie nicht.“ Kurz schwieg auch er. „Vielleicht kommt sie noch.“ Ruki sah zu Shoji. „Ich werde sie suchen.“ Daraufhin nickte Shoji. „Ich kann dir helfen.“ „Danke.“ „Ja, ich kann es versuchen“, sagte Yamaki nun. Dann hörten sie einen Alarm. „Was ist das?“, fragte Shoji. „Eine weitere Anomalie“, erwiderte Renamon, das die ganze Zeit still neben Ruki gestanden hatte. Shoji sah, wie Yamaki mit den Zähnen knirschte. „Ich muss auflegen. Ja, ich werde es versuchen. Versprochen.“ Er legte auf und gab Ruki das Handy. „Wir suchen nach Namiko“, sagte Ruki, woraufhin Yamaki nur nickte. Dann liefen auch sie schon los. „Und was ist, wenn sie selbst versucht, gegen die Anomalie zu kämpfen? Wenn sie auch etwas tun will?“, sprach Shoji aus, was er sich nun seit ein paar Minuten fragte. Immerhin konnte er diesen Gedanken nur zu gut nachvollziehen. „Ich hoffe nicht“, flüsterte Ruki und rannte weiter. Sie liefen Treppenhaus und hoben ihre Digivices, noch während sie die ersten Treppenstufen nahmen. Denn sie wussten, dass sie am schnellsten waren, wenn sie als Digimon suchten. Als Sakuyamon und Duftmon! „Matrix Evolution!“, riefen sie beiden, dabei noch weiterlaufend. „Renamon – Shinka! Sakuyamon!“ „Gazimon – Shinka! Duftmon!“ Auf die nächste Stufe traten die größeren Füße der Digimon und dann schwebten sie die nächsten Etagen einfach die Treppe hoch, ehe sie aus dem Dachzugang hervorschossen. „Ich werde zu mir nach Hause fliegen und sehen, ob sie da ist!“, rief Ruki aus Sakuyamons Körper heraus. „Nein!“, wiedersprach Shoji. „Ich weiß, wo du wohnst und kann dort nachsehen. Ich weiß nicht, wo Namiko zur Schule geht. Es ist besser, du siehst da und auf ihrem Schulweg nach.“ Sakuyamon nickte. „In Ordnung.“ Und damit flogen die beiden Digimon in unterschiedliche Richtungen davon. Auch wenn er es natürlich noch nicht wissen konnte, hatte Shoji in gewisser Hinsicht recht. Denn tatsächlich hatte Namiko ganz bewusst beschlossen, nicht nach Hause zu gehen. Dabei ging es ihr weniger darum, dass sie selbst etwas beitragen wollte, denn auch wenn sie erst sieben war, war sie nicht so naiv, zu denken, dass sie und Lumamon allzuviel ausrichten konnten. Doch zumindest hatte sie es satt die ganze Zeit in ihrem Zimmer oder im Wohnzimmer zu sitzen und im Fernsehen zu sehen, was draußen alles passierte. Sie war auch ein Digimon Tamer und zumindest sollte dieser ganze Kram, der gerade in der Stadt geschah, sie nicht davon abhalten, einmal rauszugehen. Immerhin waren Ruki und die anderen ja auch mit zehn Jahren ganz allein für Wochen in der digitalen Welt gewesen! Wieso sollte sie dann zuhause herumsitzen und abwarten, dass vielleicht oder vielleicht nichts passierte. Nicht mal Ruki hatte sie in den letzten Wochen gesehen und auch ihre Mutter war meistens angespannt und machte nicht viel mit ihr. Sie hasste das. Und im Fernsehen liefen auch überall nur noch Nachrichten, so kam es ihr vor. Viele der Animeausstrahlungen waren auch verschoben worden. „Wir sollten nach Hause gehen“, meinte Lumamon sanft, während es mit wachsamen Blick hinter ihr her lief. Namiko verschränkte die kleinen Arme. „Nein, ich will nicht die ganze Zeit zuhause rumhocken und nichts tun.“ „Aber was willst du stattdessen tun?“, erwiderte ihr Partner. „Du weißt, dass ich gegen diese Wesen nicht kämpfen kann.“ Daraufhin seufzte das Mädchen übertrieben schwer. „Ich weiß.“ Sie löste ihre Arme und ließ sie hängen. „Ich wünschte, ich könnte mit dir verschmelzen, so wie Ruki und Renamon es können. Dann könnten wir auch kämpfen.“ Nach einem kurzen Zögern hob das Digimon sie hoch. „Ich weiß. Aber dann würde sich deine Mutter noch mehr Sorgen machen. Und dein Vater. Und das willst du nicht, oder?“ „Ich will Ruki und den anderen helfen“, meinte das Mädchen vehement, hielt sich aber am Fell ihres Partners fest, während dieser auf eine anliegende Gartenmauer sprang. Sie waren in einem der äußeren Wohngebiete Shinjukus, das an Shibuya angrenzte. Hier waren viele kleine Ein- und Zweifamilienhäuser mit Miniatorgärten, die oft nicht größer als vier Quadratmeter waren. Es war eine der Gegenden, wo man viele kleine Seitengassen entdecken und erkunden konnte, was normal nicht besonders gefährlich war. Natürlich konnte man immer auf Digimon treffen, doch bisher war es nur drei Mal passiert, das eins dieser Digimon sie angegriffen hatte und Lumamon hatte jedes von diesen ohne Schwierigkeiten besiegen können. Doch nun war es anders und sie wusste das. „Du weißt, dass Ruki-san nicht gegen diese Wesen kämpfen will“, gab Lumamon nun zu bedenken. „Ich weiß“, erwiderte Namiko kleinlaut. Und sie war sich noch immer nicht sicher, ob sie das verstand. Warum wollten sie nicht diese Monster besiegen, die doch offenbar angefangen hatten, diese Welt zu zerstören. Sie hätte darüber so gerne mit Ruki geredet, doch alles was sie gehört hatte, war das, was sie bei ihrer Mutter am Telefon belauscht hatte. Denn niemand würde mit ihr reden. „Wir sollten nach Hause gehen“, wiederholte Lumamon nun. „Ich weiß“, seufzte das Mädchen. „Aber lass uns… Lass uns…“ Doch da fuhr Lumamon auf einmal herum und Namiko konnte erkennen warum: Nicht weit von ihnen entfernt, war ein Stream vom Himmel hinabgeschossen. Es gab einen Tamer in Tokyo, der von diesen Ereignissen gar nichts mitbekam: Steve saß in seinem kleinen Studentenapartment und sah aus dem Fenster. Er hatte von den Kämpfen der vergangenen Tage mitbekommen, doch er wusste, dass es keinen Grund und keine Möglichkeit für ihn gab, sich dabei einzumischen. Immerhin konnten auch er und Leormon, das im Moment auf einen Kissen lag und vor sich hindöste, nicht verschmelzen und demnach nicht eingreifen. Er hatte im Fernsehen gesehen, dass die anderen Tamer gegen diese Anomalie gekämpft und beinahe verloren hatten und wusste auch, dass offenbar nur Dukemon etwas gegen diese Anomalie tun konnte. Vielleicht war es besser, wenn er, sofern es überhaupt noch möglich war, zurück nach Hause flog. Denn langsam aber sicher merkte auch er, dass ein Ausnahmezustand in dieser Stadt begonnen hatte. Viele Dinge – wie auch der Unterricht an der Universität – liefen nicht mehr wie gewohnt und auch der Verkehr war durch die ständigen Erdbeben beeinträchtigt worden. Für ihn gab es nichts zu tun und seine Mutter, die ihn nun schon mehrmals täglich anrief, klang mit jedem Anruf panischer. Ja, sie sollte sich nicht so viele Sorgen um ihn machen. Seufzend schlug er seinen Laptop auf, um nachzusehen, ob es noch vernünftige und bezahlbare Flugverbindungen gab. Was er sah überraschte ihn nicht großartig: Es flogen weniger Verbindungen als üblich vom tokyoter Flughaben ab und die Verbindungen die gingen, waren im Preis gestiegen. Doch letzten Endes hätte er noch genug Ersparnisse, um sich eins der Tickets zu kaufen. Es war ein deprimierendes Gefühl. Als er nach Japan gekommen war, hatte er sich gefreut. Nicht nur, weil es ein Jahr in einem vollkommen fremden Land war, sondern auch, weil es das Land der ersten Tamer war, das Land, wo er und Leormon vielleicht ein etwas anderes Abenteuer erleben konnten. Doch nun sah er, dass diese Träumereien keinen Bezug zur Realität hatten. Auch wenn er sich gefreut hatte und stolz gewesen war, als Takato und die anderen ihn ernst genommen hatten und ihm eine Möglichkeit gegeben hatten, zu helfen, so war er doch nie wirklich eine große Hilfe gewesen. Sie waren einfach zu schwach. „Hey, Leormon“, meinte er zu seinem Partner. Das Digimon öffnete verschlafen ein Auge. „What's up?“, murmelte es leise. „Want to go outside for a bit?“, meinte er. Daraufhin seufzte der kleine Löwe. „Why?“ „Why not?“ Das Digimon streckte sich, ganz wie eine Katze. „Whatever…“ Dann stand es. „Let's go.“ Tatsächlich verhielt sich Leormon einer normalen Katze erstaunlich ähnlich. Jedenfalls in den letzten Wochen hatte es es ein wenig zu sehr genossen, einfach nur herumzuliegen und nicht viel zu tun. Denn auch bevor die Anomalien selbst in Tokyo aufgetaucht waren, hatten sie nicht mehr viel tun können. Ja, es schien beinahe, als sei ihre Rolle in diesem kleinen Abenteuer mit dem Ende des Turniers beendet gewesen. Und vielleicht – so dachte sich Steve – musste er sich damit abfinden. Doch was wollte er überhaupt draußen? Das wusste er nicht genau. Aber ihm ging es ähnlich wie Shoji: Unter den aktuellen Umständen konnte er sich einfach nicht auf das Lernen konzentrieren und vielleicht würde er diese Klausuren ja nicht einmal mitschreiben. Also konnte er genau so gut rausgehen und seine vielleicht letzten Tage in Japan genießen. Am Abend, so dachte er sich, würde er mit seiner Mutter telefonieren und mit ihr darüber reden, ob er zurückkommen sollte, auch wenn er ihre Antwort bereits kannte. San Fransisco – 26. Juli 2011 Auch wenn Steve in den nächsten Stunden noch ganz andere Probleme haben würde, sollte er auch bald erfahren, dass es auch in den USA nicht viel sicherer sein würde, denn auch wenn weder er, noch Ruki oder Shoji oder gar Takato, der noch als Dukemon noch immer auf dem Weg zurück nach Tokyo war, davon sofort erfahren würden, erschien auch in den USA ein Stream. Nun, gut, der Stream erschien nicht auf dem amerikanischen Festland, sondern auf Hawaii, doch zeigte er, dass sich die Anomalie immer weiter ausbreiten konnte. Denn auch diesem Stream folgte eins der seltsamen Wesen und löste eine Panik auf der Insel aus. Doch hier war es bereits oder viel eher noch Nacht, so dass keiner der japanischen Tamer, die sich zur Zeit in Paolo Alto oder San Fransisco befanden etwas mitbekam. Eine Person in San Fransisco gab es jedoch, die den Newsfeed sah, als er auf einem der vielen Bildschirme erschien. Denn Shibumi schlief wenig und nur unregelmäßig. Er hatte weiter an seinem Programm gearbeitet, während ein Teil seiner Rechner weiterhin die wenigen Daten, die er von der Anomalie hatte, analysierte. Mit müden Augen sah er auf den Bildschirm. Er seufzte nicht, sondern senkte den Blick nur wieder und lehnte sich etwas zurück. Denn er wusste nicht, was richtig war. Nein, das war so nicht korrekt: Er wusste, was die richtige Lösung war, doch war es die Lösung die er am wenigsten wünschte. Und nie waren seine Wünsche in Erfüllung gegangen. Doch am Ende machte es ja ohnehin keinen Unterschied: Seine Daten waren nicht komplett und es musste schon ein Wunder geschehen, damit er die Daten rechtzeitig bekam. Er hatte Berechnungen angestellt und so häufig wie diese Wesen in den vergangenen 48 Stunden erschienen waren, gab er dieser Welt, die weit weniger stabil programmiert war und anders als die digitale Welt, nicht so leicht regenerierte, nur noch wenige Tage… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)